Johann Jakob Moser

Johann Jakob Moser

Johann Jacob Moser (* 18. Januar 1701, Stuttgart; † 30. September 1785, Stuttgart) war ein bedeutender deutscher Staatsrechtslehrer und mit dem Titel Landschaftskonsulent juristischer Berater der württembergischen Landstände.

Johann Jacob Moser, nach einem Gemälde von Johann Georg Oechslin 1775

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Kindheit

Johann Jacob Moser stammte aus der Familie Moser von Filseck, die der „altwürttembergischen Ehrbarkeit“, also dem evangelischen, pietistisch-bürgerlichen, ständischen Beamten- und Pfarrer-Milieu des Herzogtums Württemberg angehörte.

Schon früh (1716) verlor er den Vater Johann Jacob Moser von Filseck (* 1660 in Stuttgart), Rechnungsrat des Schwäbischen Kreises.

Die Mutter Helene Catharine geb. Misler (* 1672 in Stade, † 1741 in Stuttgart) musste nun ihn und sechs Geschwister durchbringen und konnte ihm nur unter äußersten Einschränkungen eine akademische Laufbahn ermöglichen.

Universität

In seinem dreijährigen, zumeist autodidaktischen Studium der Rechte an der Universität Tübingen wandte er sich besonders dem ius publicum, insbesondere der Reichspublizistik, zu und wurde bereits mit 18 Jahren zum Professor extraordinarius der Juristenfakultät ernannt. Das damit verbundene Einkommen erwies sich aber als unzureichend, so dass er sich nach anderen Erwerbsmöglichkeiten umsehen musste.

Familie

1721 heiratete er Friederike Rosine Vischer, Tochter eines württembergischen Oberratspräsidenten. Ihr ältester Sohn war der am 18. Dezember 1723 in Stuttgart geborene Friedrich Karl von Moser, Jurist, wie sein Vater, politische Schriftsteller und Staatsmann.

Beruflicher Werdegang

1721-1726 versuchte er sich zunächst in Wien. 1724 wurde er Berater des Reichsvizekanzlers Graf Schönborn in Reichsangelegenheiten. Eine Karriere in kaiserlichen Diensten aber blieb ihm verwehrt, auch weil er sich weigerte, zum katholischen Glauben überzutreten.

1726 kehrte er nach Stuttgart zurück, wurde dort wirklicher Regierungsrat und 1727 zum Professor am Tübinger Collegium Illustre ernannt. Es kam jedoch zu Auseinandersetzungen mit der herzoglichen Zensur, so dass er die Professur im Jahr 1732 niederlegte und gleichzeitig als Regierungsrat ausschied. In dieser Krise fand auch seine persönliche Hinwendung zum Pietismus statt.

1736 wurde er Professor Juris Primus Ordinarius an der Universität Frankfurt an der Oder, der zweitgrößten preußischen Universität nach Halle. Aber auch hier geriet er nach kurzer Zeit in Schwierigkeiten mit seinen Kollegen und der Berliner Verwaltung, so dass er im Jahre 1739 ausschied. Er lebte nun als Privatmann in Ebersdorf im Vogtland in der dortigen pietistischen Gemeinschaft, wo er das Teutsches Staats-Recht verfasste. 1747 schloss er sich der Herrnhuter Brüdergemeine des Grafen Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf an und trat kurz darauf, 1747/48, als Chef der Kanzlei in die Dienste des Landgrafen von Hessen-Homburg. 1749 wurde er Dozent einer durch Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel in Hanau errichteten Staats- und Kanzleiakademie zur Ausbildung von Adeligen.

1751 folgte Johann Jacob Moser dem Ruf zum rechtsberatenden Landschaftskonsulenten, also als Rechtsberater der Landstände, im Herzogtum Württemberg. Hier geriet er sofort in den Verfassungskonflikt zwischen den Landständen, die sich auf ihre Rechte aus dem Tübinger Vertrag von 1514 beriefen, und absolutistischen Bestrebungen des Herzogs Carl Eugen von Württemberg. Aber auch bei der auf ihre alten ständischen Vorrechte pochenden Landschaft machte er sich mit Reformvorschlägen zur Förderung von Handwerk, Handel und Allgemeinwohl unbeliebt. Durch die während des Siebenjährigen Krieges (1756-63) – entgegen der Verfassung, weil die Landschaft ihre Genehmigung dazu hätte erteilen müssen – erfolgten Aushebungen von Truppen durch den Herzog, um sie Österreich als Kontingente zu vermieten, verschlechterte sich das Verhältnis von Landschaft und Herzog zusehends. Als Haupt des ständischen Widerstandes wurde seitens des Herzogs insbesondere Johann Jacob Moser angesehen. Im Juli 1759 wurde er verhaftet und ohne gerichtliches Verfahren auf die Festung Hohentwiel in Einzelhaft verbracht.

Johann Jacob Moser überstand die 5-Jährige entbehrungsreiche Haft in Gottvertrauen bei ungebrochener geistiger Verfassung und körperlicher Gesundheit. Um ihn auch in seinem manischen Schreibdrang zu treffen, wurde ihm in dieser Zeit kein Schreibmaterial zur Verfügung gestellt. So schrieb er religiöse Lieder mit Ruß der Feuerstelle auf die Wände – es sollen mehrere hundert gewesen sein. 1764 wurde er auf eine Klage der Landschaft hin nach einem Beschluss des Reichshofrats entlassen. Der Kaiser, Preußen und die Landschaft hatten sich für ihn verwendet. Nunmehr 63 Jahre alt, wurde er in sein Amt als Konsulent der Landschaft erneut eingesetzt, am 16. Juli 1770 aber in den Ruhestand verabschiedet.

Während der nächsten 15 Jahre war Johann Jacob Moser bis zu seinem Lebensende schriftstellerisch tätig.

Literarisches Werk

500-600 Bücher, nicht nur juristischen Inhalts, sondern auch mit religiösen und theologischen Themen stammen aus seiner Feder. Keine Bibliothek der Welt hat alle seine Werke unter einem Dach vereinigt. Er war der schreibend produktivste Jurist deutscher Sprache. Dies bedeutet, dass er im Schnitt etwa jeden Monat seines Lebens als Erwachsener ein Buch produzierte. Diese „Massenproduktion“ führte allerdings manchmal auch zu unsauberen Recherchen und Darstellungen von Fakten in seinen Werken, die einer Überprüfung nicht standhalten.

Johann Jacob Moser verfasste als erster eine vollständige Darstellung des im alten deutschen Reich geltenden positiven Staatsrechtes und zwar nicht abstrakt nach einem naturrechtlich-philosophischen System, sondern durch konkrete Darstellung real geltenden Rechtsnormen, Gesetze, gerichtlicher Entscheidungen, des Herkommens, Archivalien und der Praxis der Kanzleien. Er sammelte den vorgefundenen Rechtsstoff, systematisierte ihn und stellte ihn dann auch systematisch dar. Damit wandte er sich gegen naturrechtlich-deduktive Systeme wie die von Christian Thomasius (1655-1728) und Christian Wolff (1679-1754). Gleiches gilt für seine Völkerrechtslehre, die er nicht aus naturrechtlichen Grundlagen, sondern aus der zwischenstaatlichen Praxis ableitete. Johann Jacob Moser gilt als Begründer des deutschen Staatsrechtes und des positiven Völkerrechts. Er verteidigte die althergebrachte Reichsverfassung, die sich aus einzelnen konkreten Rechtsnormen zusammensetzte und die Rechte, die „Libertäten“, die sie einzelnen Rechtsträgern gegen obrigkeitliche Ansprüche, gegen das, was später als „Absolutismus“ definiert werden würde, gewährte.

Neben der Reichsstaatslehre befasste sich Johann Jacob Moser auch mit der staatsrechtlichen Lage in einzelnen der zahlreichen Territorien des Reiches . Bei deren Vielzahl und Vielfalt konnte er dies aber nicht mit gleicher inhaltlicher Geschlossenheit tun, wie er das für das Reichsrecht geleistet hatte. Seine Hauptwerke sind:

  • Teutsches Staatsrecht, 50 Teile, 1737–1754 (Digitalisate: Band 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, Hauptregister)
  • Neues teutsches Staatsrecht, 20 Teile, 1766–1775
  • Versuch des neuesten Europäischen Völker-Rechts in Friedens- und Kriegszeiten, 10 Teile, Frankfurt 1777–1780


Weitere Schriften

  • De comitatu principali Montepeligardo eiusque praerogativis, Dissertation, Tübingen 1720
  • Grund-Riss der heutigen Staats-Verfassung des Teutschen Reichs : zum Gebrauch academ. Lectionen entworffen, Tübingen 1754
  • Von der Teutschen Reichs-Stände Landen, deren Landständen, Unterthanen, Landes-Freyheiten , Beschwerden, Schulden und Zusammenkünften, Frankfurt und Leipzig 1769
  • Von der reichs-staettischen Regiments-Verfassung. Nach denen Reichs-Gesezen und denen Reichs-Herkommen, wie auch aus denen teutsche, Mezler, Frankfurt 1772-1773 (Digitalisat)
  • Abhandlung verschiedener besonderer Rechts-Materien, 20 Stücke, Franckfurt 1772-1777
  • Familien-Staats-Recht derer Teutscher Reichsstände, Frankfurt 1775
  • Beyträge zu Reichsritterschafftlichen Sachen, 4 Stücke, Ulm 1775
  • Lebensgeschichte Johann Jacob Mosers ..., von ihm selbst beschrieben, Frankfurt 1777–1783
  • Nord-Amerika nach den Friedensschlüssen vom Jahr 1783, 3 Bände, Leipzig 1784–1785

Literatur

  • A.E. Adam, J.J. Moser als württ. Landschaftskonsulent 1751-1771, Stuttgart 1887
  • Hermann Schulze: Moser, Johann Jacob. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 22, Duncker & Humblot, Leipzig 1885, S. 372–382.
  • K.S. Bader, J.J. Moser und die Reichsstädte, in: Esslinger Studien, Bd. 4, 1958
  • K.S. Bader, J.J. Moser, Staatsrechtslehrer und Landschaftskonsulent, in: Lebensbilder aus Schwaben und Franken, Bd. 7, hrsg. v. M. Miller u. R. Uhland, Stuttgart 1960
  • L. Becher, J.J. Moser und seine Bedeutung für das Völkerrecht, Diss. jur. Würzburg 1927
  • C. Bornhak, J.J. Moser als Professor in Frankfurt a.O., in: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, Bd. 11, hrsg. von O. Hintze, Leipzig 1898
  • J.F.W. Camerer, Zur Geschichte der Familie Moser, Stuttgart 1904 (Separatabdruck aus dem Staatsanzeiger für Württemberg)
  • M. Fröhlich, J.J. Moser in seinem Verhältnis zum Rationalismus und Pietismus, Wien 1925 (Deutsche Kultur, hrsg. von Brecht und Dopsch, Lit-hist. Reihe, Bd. 3)
  • Andreas Gestrich, Rainer Lächele (Hrsg.): Johann Jacob Moser. Politiker, Pietist, Publizist. Braun, Karlsruhe 2002, ISBN 3-7650-9055-7
  • A. Laufs, Johann Jakob Moser, Staatsrechtslehrer und Landschaftskonsulent, in: Juristische Schulung, 25. Jahrgang 1985, 670-673.
  • K.F. Ledderhose, Das Leben J.J. Mosers, 2. Aufl., Heidelberg 1852; - Ders., Aus dem Leben der Friederike Rosine Moser geborene Vischer, 2. Auflage, Heidelberg 1852
  • R.v. Mohl, Die beiden Moser in ihrem Verhältnisse zu deutschem Leben und Wissen, in: Monatsblätter zur Ergänzung der (Augsburger) Allgem. Zeitung, Stuttgart (August) 1846;
  • A. Münch, J.J. Moser, der Gefangene vom Hohentwiel, Gießen und Basel 1937 (Menschen, die den Ruf vernommen, Heft 16)
  • K. Eberhard Oehler, Lieder aus dem Kerker. Johann Jakob Moser, der Liederdichter (1701-1785) in Blätter für württembergische Kirchengeschichte 91, 349-358 (1991)
  • R. Rürup, J.J. Moser. Pietismus und Reform, Wiesbaden 1965 (Veröff. des Inst. für Europ. Geschichte Mainz, Abt. Universalgeschichte, hrsg. v. M. Göhring), Bd. 35)
  • E. Schömbs, Das Staatsrecht Johann Jakob Mosers (1701-1785), Diss. jur. Tübingen 1966 (Schriften zur Verfassungsgeschichte, Bd. 8) Berlin 1968
  • Hermann Uhrig, Moser, Johann Jacob, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. 6 (1993), Sp. 177 – 192.
  • A. Verdross, J.J. Mosers Programm einer Völkerrechtswissenschaft der Erfahrung, in: Zeitschrift für Öffentl. Recht, Bd. 3, 1922

Weblinks


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