Johann Joseph Ignaz Ritter von Döllinger

Johann Joseph Ignaz Ritter von Döllinger
Ignaz von Döllinger, ca. 1860
Franz von Lenbach: Ignaz von Döllinger

Johann Joseph Ignaz Döllinger, seit 1868 Johann Joseph Ignaz von Döllinger (* 28. Februar 1799 in Bamberg; † 10. Januar 1890 in München) gilt als bedeutender katholischer Theologe seiner Zeit.

Leben und Wirken

Johann Joseph Ignaz Döllinger wurde 1799 als Sohn des Mediziners und Professors Ignaz Döllinger geboren. Im Jahre 1826 von König Ludwig I. von Bayern an die Universität München berufen, trat er zunächst als entschiedener Gegner des Protestantismus und der Aufklärung hervor. Er schloss sich dem Görres-Kreis an und wurde 1848 in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt. Er war einer der Hauptgegner des Ersten Vatikanums. Entscheidender Anstoß war das Dogma der Unfehlbarkeit des Papsttums, das er ablehnte. Weiterhin setzte er sich für die Trennung von Staat und Kirche ein.

Obwohl Döllinger mit Johann Friedrich von Schulte, Franz Heinrich Reusch und dem späteren Bischof Joseph Hubert Reinkens den Grundstein für die Altkatholische Kirche in Deutschland gelegt hatte, wehrte er sich lange gegen das Schisma mit Rom, wofür ihn sein Zeitgenosse Schulte kritisierte. Auf Döllingers scharfe Attacken reagierte der Erzbischof von München und Freising, Gregor (Leonhard Andreas) von Scherr, O.S.B., mit dessen Exkommunikation im Jahre 1871. Damit war die akademische Karriere des 72–Jährigen jedoch keineswegs beendet: 1872 wurde er Rektor der Universität München, und 1873 berief ihn König Ludwig II. von Bayern auf das Präsidium der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. In den letzten Jahren seines Lebens setzte er sich für die Wiedervereinigung der Christen als sein kirchliches Ideal ein. Döllinger gilt als Vordenker des Gedankens der Ökumene.

Döllinger machte sich auch als Kirchenhistoriker einen Namen. Der Wandlungsprozess Döllingers vom Katholiken zu einem "Altkatholiken", der der altkatholischen Kirche aber niemals angehörte, lässt sich auch in seinem Verhältnis zu Luther nachweisen. Die Radikalität der Ablehnung Luthers, die sich in Döllingers Schriften der 1840er und 1850er Jahre zeigt, findet sich bereits Anfang der 1860er Jahre so nicht mehr. Die Ablehnung der Unfehlbarkeit des Papsttums, ein bereits von Luther bekämpftes Dogma, mag vielleicht einer der Gründe hierfür sein. Die Schriften Döllingers aus den 1840er und 1850er Jahren hatten auf die ultramontane Geschichtsschreibung zum Beispiel hinsichtlich deren Bewertung von Luther und der Reformation einigen Einfluss und zeigte Langzeitwirkung z.B. bei Johannes Janssen, Ludwig von Pastor, Hartmann Grisar und Heinrich Denifle.

Eine jahrzehntelange Freundschaft verband Ignaz von Döllinger mit Lord Acton (1834-1902), dem englischen Historiker und liberalen Katholiken, der den weltlichen Machtanspruch des Papsttums bekämpfte und den bekannten Ausspruch tat: "Macht korrumpiert, absolute Macht korrumpiert absolut."

Literatur

  • Johann Finsterhölzl: Ignaz von Döllinger. Styria, Graz u. a. 1969
  • Horst Fuhrmann: Ignaz von Döllinger. Ein exkommunizierter Theologe als Akademiepräsident und Historiker. Hirzel, Stuttgart u. a. 1999, ISBN 3-7776-0996-X
  • Luise von Kobell: Ignaz von Döllinger. Erinnerungen. Beck, München 1891
  • Peter Neuner: Döllinger als Theologe der Ökumene. Schöningh, Paderborn 1979, ISBN 3-506-70769-8
  • Franz Xaver Bischof: “Theologie und Geschichte. Ignaz von Döllinger (1799-1890) in der zweiten Hälfte seines Lebens." Münchner Kirchenhistorische Studien Band 9, Kohlhammer, Stuttgart Berlin Köln 1997
  • J. Friedrich: Döllinger, Johann Josef Ignaz. In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche (RE). 3. Auflage. Band 4, Hinrichs, Leipzig 1898, S. 724–733.
  • Werner Küppers: Döllinger, Ignaz von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, S. 21–25.
  • J.Friedrich: Döllinger, Ignaz von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 48, Duncker & Humblot, Leipzig 1904, S. 1–19.

Weblinks


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