Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg

Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg
Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz, im Kurmantel mit Allongeperücke und der Ordenskette vom Goldenen Vlies, dessen Ritter er war; Öl auf Leinwand (Jan Frans van Douven, um 1700)
Johann Wilhelm von der Pfalz, Büste von Jan van Delen (1703)

Johann Wilhelm von der Pfalz (auch „Jan Wellem“ genannt, * 19. April 1658 in Düsseldorf; † 8. Juni 1716 ebenda) entstammte der jüngeren Neuburger Linie der Wittelsbacher und war seit 1679 als Johann Wilhelm II. Herzog von Jülich und Berg und ab 1690 auch Erzschatzmeister des Heiligen Römischen Reiches, Kurfürst von der Pfalz und Herzog von Pfalz-Neuburg.

Bedingt durch den Spanischen Erbfolgekrieg, erlangte er auch zeitweise wieder den Besitz der früheren kurpfälzischen Territorien (Oberpfalz und Grafschaft Cham 1707–1714) und konnte das Amt eines Erztruchsessen des Reiches ausüben.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Herkunft

Seine Eltern waren Kurfürst Philipp Wilhelm von der Pfalz und Elisabeth Amalia von Hessen-Darmstadt. Die Erziehung des Kurprinzen übernahmen Jesuiten.

Als Kurfürst

Am 2. September 1690 folgte er seinem Vater als Kurfürst, nachdem dieser ihm bereits eine Dekade zuvor den jülich-bergischen Länderkomplex überlassen hatte. Aufgrund des Pfälzer Erbfolgekriegs residierte Johann Wilhelm nicht im zerstörten Heidelberg, sondern im Düsseldorfer Schloss (damals Residenz des Bergischen Herzogtums).

Um seine großen finanziellen Bedürfnisse befriedigen zu können, verpfändete er das Amt Boxberg für 300.000 Gulden an das Hochstift Würzburg.

Im Frieden von Rijswijk (1697), der den Pfälzer Erbfolgekrieg beendete, erreichte er die Rückgabe der von den Franzosen besetzten pfälzischen Gebiete durch das Zugeständnis, dass die französischen Maßnahmen zur Rekatholisierung in der Pfalz nicht rückgängig gemacht wurden („Rijswijker Klausel“), was dem ebenfalls tief katholischen Jan Wellem nicht schwer fiel. Vor allem deshalb war er in der Pfalz und bei den Protestanten weniger beliebt als im Herzogtum Jülich-Berg, wo er durch prachtvolle Bauten (z. B. Schloss Bensberg), den Ausbau des Düsseldorfer Schlosses und ein aufwändiges Hofleben vielen Künstlern und Handwerkern Aufträge verschaffte. Das Schloss Schwetzingen wurde Sommerresidenz. Zu seinen Leistungen zählt vor allem die Förderung von Kunst und Kultur. In der Residenzstadt Düsseldorf gründete er die Düsseldorfer Gemäldegalerie mit Werken vor allem von Rubens, die heute einen der Kernbestände der Alten Pinakothek in München bildet. Jan Wellems Hofmaler war Hans Frans van Douwen. Am 29. September 1708 erneuerte er den Hubertusorden.

In der Düsseldorfer Altstadt ist das Haus „En de Canon“ erhalten, in dem Jan Wellem mit seinen Bürgern regelmäßig zechte.

Die Grabstätte des am 8. Juni 1716 verstorbenen Johann Wilhelm befindet sich in der ehemaligen Hof- und Jesuitenkirche St. Andreas, der heutigen Dominikanerkirche St. Andreas, in Düsseldorf.

Heirat und Nachkommen

Kurfürstin Anna Maria Luisa

Kurfürst Johann Wilhelm heiratete am 25. Oktober 1678 in Wiener Neustadt die Erzherzogin Maria Anna Josepha (1654–1689), Tochter des römisch-deutschen Kaisers Ferdinand III. und seiner Gattin Prinzessin Eleonora Magdalena Gonzaga von Mantua-Nevers. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor, die jedoch beide bereits am Tag der Geburt verstarben:

  • namenloser Sohn (*/† 6. Februar 1683 in Düsseldorf)
  • namenloser Sohn (*/† 5. Februar 1686 in Wien)

In zweiter Ehe heiratete er am 5. Juni 1691 in Ulm an der Donau die Prinzessin Anna Maria Luisa de’ Medici (1667–1743), Tochter des Großherzogs der Toskana, Cosimo III. de’ Medici und seiner Gattin Prinzessin Margarete von Orléans. Die Ehe blieb kinderlos.

Gedenken

Auf dem Düsseldorfer Marktplatz befindet sich ein 1711 von Gabriel de Grupello geschaffenes Reiterstandbild. Der Legende zufolge soll das Reiterstandbild Jan Wellems vor dem Düsseldorfer Rathaus von den Bürgern gestiftet worden sein und, nachdem dem Künstler das Material ausgegangen war, klopfte sein Gießerjunge an die Türen der Düsseldorfer Bürger und sammelte Spenden in Form von Silberbesteck. Der junge Heinrich Heine sinnierte einem späteren Brief zufolge, wie viele Apfeltörtchen er wohl mit den ganzen Silberlöffeln hätte essen können. Das Denkmal ist auf einer 1964 von Heinz Schillinger gestalteten Briefmarke der Serie Hauptstädte der Länder der Bundesrepublik Deutschland zu sehen.

1914 wurde das Jan-Wellem-Denkmal des Bildhauers Eduard Schmitz in Köln-Mülheim enthüllt. Es befand sich ursprünglich am Wiener Platz und wurde nach Ende des Zweiten Weltkrieges an seinen heutigen Standort, an die Kreuzung Jan-Wellem-Straße / Fürstenberger Straße im Mülheimer Stadtgarten, versetzt.

Am 6. Mai 1955 wurde der Jan-Wellem-Platz in der Düsseldorfer Innenstadt nach Jan Wellem benannt.

Eine Spirituosenfirma aus Haan produziert in Miniaturflaschen „Jan Wellem – Der kurfürstliche Kornbrand“.

Im Rahmen des Internationalen Oldtimer-Festivals auf dem Nürburgring wird jährlich der Jan-Wellem-Pokal auf der Grand-Prix-Strecke gefahren.

Literatur

  • Arthur Kleinschmidt: Johann Wilhelm, Kurfürst von der Pfalz. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 14, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 314–317.
  • Max Braubach: Johann Wilhelm, Pfalzgraf von Neuburg. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974, S. 516–518.
  • Leo Mühlfahrt: Johann Wilhelm von der Pfalz-Neuburg und die jülich-bergischen Landstände 1679–1716, Köln 1963.
  • Otto Wirtz: Jan Wellem – Geliebter Verschwender. Erfurt 2004, ISBN 3-89702-665-1

Weblinks

Vorgänger Amt Nachfolger
Philipp Wilhelm Herzog von Jülich und Berg
1679–1716
Karl Philipp
Herzog von Pfalz-Neuburg
1690–1716
Kurfürst von der Pfalz
1690–1716
Alexander Otto Graf zu Megen
1697–1716

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