Johanna I. (Kastilien)

Johanna I. (Kastilien)
Johanna von Kastilien
Johanna als junge Frau
Johanna von Kastilien mit ihrem ältesten Sohn Karl von Habsburg
Die drei ältesten Kinder Johannas - Karl, Eleonore und Isabella (von links)

Johanna von Kastilien, genannt Johanna die Wahnsinnige; span. Juana la loca (* 14. November 1479 in Toledo; † 12. April 1555 in Tordesillas) war von 1504 bis 1506 Königin, von 1506 bis 1555 nur mehr Titularkönigin von Kastilien und von 1516 bis 1555 auch Titularkönigin von Aragon. Sie war die Tochter der Katholischen Könige Isabella I. von Kastilien (1451–1504) und Ferdinand II. von Aragón (1452–1516).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die junge Infantin fiel schon früh durch eine ungewöhnliche Ernsthaftigkeit und ein allgemein introvertiertes Verhalten auf. Sie wird von Zeitgenossen als sehr klein, sehr zart, mit bleicher Haut und großen dunklen Augen, als immer verschlossen und abweisend und äußerst schweigsam beschrieben. Gemeinsam mit ihren Geschwistern genoss sie eine ausgezeichnete Erziehung durch hervorragende Lehrer und vor allem durch Geistliche. Die religiösen Pflichten spielten eine zentrale Rolle in ihrem Leben, sie sprach fließend Latein. Musik war ihr Lieblingsfach und schon als Mädchen spielte sie sehr gut Gitarre.

Ihre Schwestern wurden Königinnen in England und Portugal: Katharina wurde mit Arthur Tudor - nach seinem Tod mit seinem Bruder Heinrich VIII. von England, Maria von Spanien mit Emanuel I. von Portugal verheiratet. Marias Enkelin Maria Manuela wurde die 1. Ehefrau von Johannas Enkel Philipp II..

Im Zuge einer Allianz mit dem Hause Habsburg wurde sie als 16-jährige mit Philipp dem Schönen (1478–1506) verlobt, den sie 1496 heiratete. Ihr Bruder sollte Philipps Schwester heiraten. Durch diese spanisch-habsburgische Doppelhochzeit sollte der Erzfeind Frankreich geographisch umzingelt werden. Als Philipp Johanna zum ersten Mal sah, bestand er darauf, sofort einen Priester kommen zu lassen, der sie augenblicklich trauen musste. Gleich darauf verschwand das Paar im Schlafzimmer.

Johanna liebte angeblich ihren Ehemann mit großer Heftigkeit und Eifersucht. Zeitweise war sie bestrebt, jedes weibliche Wesen aus der Umgebung Philipps zu entfernen. Aus der Ehe gingen sechs Kinder, darunter zwei nachmalige Kaiser hervor:

  • Eleonore (* 15. November 1498; † 18. Februar 1558) – verheiratet mit Emanuel I., König von Portugal (1469–1521)
  • Karl V. (* 24. Februar 1500; † 21. September 1558)
  • Isabella (* 18. Juli 1501; † 19. Januar 1526) – verheiratet mit Christian II., König von Dänemark (1481–1559)
  • Ferdinand I. (* 10. März 1503; † 25. Juli 1564)
  • Maria (* 17. September 1505; † 18. Oktober 1558) – verheiratet mit Ludwig II., König von Böhmen und Ungarn (1506–1526)
  • Katharina (* 14. Januar 1507; † 12. Februar 1578) – verheiratet mit Johann III., König von Portugal (1502-1557)

1497 verstarb unerwartet ihr Bruder, der Thronfolger Johann (1478–1497). Die Witwe des Thronfolgers Johann, Margarete von Österreich, war zum Zeitpunkt seines Todes schwanger und brachte einen Sohn zur Welt, der jedoch tot geboren wurde. Die nächste in der Thronfolge war Ferdinands und Isabellas älteste Tochter Isabella, die mit dem portugiesischen König Manuel verheiratet war. Sie starb bei der Geburt ihres Sohnes Miguel, der nun der nächste Thronerbe war, jedoch mit anderthalb Jahren ebenfalls starb. Damit wurde Johanna Thronfolgerin. Nach dem Tod ihrer Mutter Isabella 1504 wurde sie Erbin der kastilischen Königswürde.

Nach dem frühen Tod ihres Gatten im Jahre 1506 verfiel Johanna der Sage nach dem Wahnsinn. Angeblich weigerte sie sich, den Sarg mit Philipps Leiche herauszugeben, den sie regelmäßig öffnete, um sich zu vergewissern, dass Philipp lediglich schlafe. Allerdings gibt es auch Aussagen, wonach sie den Sarg nur einmal geöffnet hatte, wie es von ihr erwartet wurde, um zu kontrollieren, dass der richtige Leichnam begraben werden sollte, und der Rest der künstlerischen Freiheit des Erzählers entsprang.

Schließlich wurde sie, angeblich wegen ihres Zustandes, unter der Obhut der Klosterfrauen des Klosters Santa Clara in der Festung von Tordesillas gefangengesetzt. Ob dies tatsächlich aufgrund ihrer psychischen Verfassung geschah oder aus machtpolitischen Gründen, ist Gegenstand der Forschung. Einsam starb Johanna im Jahre 1555 im Alter von 75 Jahren an den Folgen einer Verbrühung. Sie wurde also für die damalige Zeit ungewöhnlich alt. Ihr Grab befindet sich im Dom von Granada, in der Capilla Real, der königlichen Kapelle.

Nachwirken in Literatur und Musik

Die Lebensgeschichte von Johanna der Wahnsinnigen wurde in dem 1994 in deutsch erschienenen Roman Johanna die Wahnsinnige von Catherine Hermary-Vieille literarisch verarbeitet, sowie im 2005 erschienenen Roman der nicaraguanischen Schriftstellerin Gioconda Belli Das Manuskript der Verführung. Auch Jakob Wassermanns Erzählung Donna Johanna von Kastilien (1906) behandelt den Stoff.

Musikalisch beschäftigt sich Gian Carlo Menotti mit dem Stoff in seiner Oper La Loca (in den frühen Aufführungen: Juana la loca) aus dem Jahr 1979.

Literatur

  • Brouwer, Johan: Johanna die Wahnsinnige, Glanz und Elend einer spanischen Königin, ISBN 3-424-01258-0
  • Leitner, Thea: Habsburgs goldene Bräute, Piper 2005
  • Fernández Alvarez, Manuel: Johanna die Wahnsinnige 1479 -1555. Königin und Gefangene, beck’sche Reihe: München 2008
  • Belli, Gioconda: Das Manuskript der Verführung
  • Hermary-Vieille, Catherine, Johanna die Wahnsinnige, Lübbe 1994, ISBN 3-7857-0727-4

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