Johannes Weyer

Johannes Weyer
Kupferstich von Pieter Holsteyn 1660

Johann Weyer (auch: Weier, Wier, Wierus, Piscinarius; * zwischen 24. Februar 1515 und 24. Februar 1516 in Grave an der Maas, im Norden von Brabant; † 24. Februar 1588 in Tecklenburg) war ein Arzt und Gegner der Hexenverfolgung.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Kaufmannssohn besuchte die Lateinschulen in Herzogenbusch und Löwen. In Bonn geriet er unter den Einfluss von Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim. Es ist eher unwahrscheinlich, dass Weyer das Medizinstudium in Paris und Orléans mit der Doktorwürde abgeschlossen hat. Der ihm beigelegte Titel eines Dr. med. ist also wohl unhistorisch. Seine Berufstätigkeit als Arzt begann Weyer in der Umgebung des heimatlichen Grave. 1545 wurde er Stadtarzt in Arnheim. Dort erstellte er 1548 ein medizinisches Gutachten in einem Prozess gegen einen Wahrsager. 1550 holte ihn der Humanist Konrad Heresbach an den Hof Herzog Wilhelms des Reichen von Jülich-Kleve-Berg, dessen Leibarzt er wurde. 1559 wurde ihm Reiner Solenander zur Seite gestellt. 1578 verließ er die Stelle des Hofarztes, sein Sohn Galenus folgte ihm nach. Er starb auf einer Besuchsreise, die ihn zur gräflichen Familie nach Tecklenburg führte, wo er in der Schlosskirche beigesetzt wurde.

Ob Weyer Protestant war, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Wohl aber hat das konfessionell tolerante geistige Klima am Düsseldorfer Hof, das sich an Erasmus von Rotterdam orientierte, ihn angezogen und maßgeblich beeinflusst.

Weyer verfasste mehrere medizinische Schriften, die im Druck erschienen, ist aber vor allem durch seine 1563 erstmals gedruckte Schrift De praestigiis daemonum (Von den Blendwerken der Dämonen) bedeutend. Diese erlebte zahlreiche Auflagen (und Übersetzungen), wurde auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt und beispielsweise von den Hexentheoretikern Jean Bodin und Martin Anton Delrio bekämpft. Sie wurde zum Grundlagenwerk für alle Gegner der Hexenprozesse, indem sie frühere gelehrte Argumente gegen die Verfolgungen systematisierte. Weyer, der sich gegen den Hexenhammer wandte, sah in den angeblichen Hexen vom Teufel irregeleitete kranke Frauen, die der Melancholie verfallen waren und medizinischer Behandlung bedurften.

Ein mäßigender Einfluss Weyers auf die Verfolgungsintensität ist unbestreitbar, wenngleich er diesen im Vorwort zur Kurzfassung De lamiis (1577) überschätzt haben mag. Er dankte Gott, „daß er meine Feder Beweisgründe hat schreiben lassen, deren Veröffentlichung an sehr vielen Orten die Wuth, im Blut Unschuldiger zu waten, verrauchen machte und die wilde Grausamkeit und Tyrannei in der Zerfleischung der Menschen, die ihm das bestriechende Brandopfer ist, verhindert hat. Denn wie ich sehe, ist der Lohn meines Buches über die Blendwerke der Dämonen solcher, daß gewisse hohe Behörden die so elenden alten Weiber, welche das Urtheil des Pöbels mit dem gehässigen Namen Hexen bezeichnet, nicht nur milder behandeln, sondern sogar von der Todesstrafe freisprechen“ (zitiert nach Carl Binz in der ADB).

Ehrungen

In Tecklenburg erinnert nicht nur eine Gedenktafel an der Kirche an den Kämpfer gegen den Hexenwahn, sondern auch der auf dem Schlossberg zu Tecklenburg 1884 errichtete Aussichtsturm („Wierturm“).

Weyers Namen trägt in den Niederlanden die Johannes Wier Stichting, eine humanitäre Ärztevereinigung.

Siehe auch

Hexentheoretiker

Literatur

  • Literatur von und über Johann Weyer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Johann Weyer, De praestigiis daemonum, Von Teufelsgespenst, Zauberern und Gifftbereytern, Schwarzkünstlern, Hexen und Unholden, darzu irer Straff, auch von den Bezauberten und wie ihnen zuhelffen sey : ordentl. u. eigentl. mit sonderm Fleiss in Bücher getheilet, darinnen gründlich und eigentl. dargethan, was von solchen jeder zeit disputiert u. gehalten worden; sampt zu endt angehencktem newem u. vollkommenen Reg. / erstl. durch D. Johannem Weier in Latein beschrieben. Nachmals von Johanne Fuglino [Johann Füglin] verteutscht, jetzund aber nach d. letzten Latein. aussgangenen Orig. auffs neuw vhersehen u. mit vielen heilsamen nützl. Stücken, auch sonderl. hochdienl. newen Zusätzen, so im Latein. nicht gelesen, als im folgenden Blat zufinden, so d. Bodinus mit gutem Grundt nicht widerlegen kan, durchaus gemehret u. bebessert, Frankfurt am Mayn, Basseum , 1586. Unveränderter Nachdruck, Darmstadt, Bläschke, 1969, 575 S.
  • Manfred Hammes: Hexenwahn und Hexenprozesse. S.Fischer Verlag, Frankfurt 1977

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Weyer — Weyer,   Johannes, latinisiert Wiẹrus, Arzt, * Grave (bei Herzogenbusch) 1515, ✝ Tecklenburg 24. 2. 1588; Schüler des Agrippa von Nettesheim. 1550 78 war Weyer Leibarzt von Herzog Wilhelm V. von Jülich Kleve Berg (* 1516, ✝ 1592) und… …   Universal-Lexikon

  • Johannes Ewich — (* 1525 in Hoerstgen; † 7. Februar 1588 in Bremen, auch: Euwyck, Ewych, van Ewick und von Ewich, latinisiert: Ewichius, auch: Äonius) war 1556 Reformator in Hoerstgen, um 1561 der erste graduierte Arzt in Duisburg und von 1562 bis zu seinem Tode… …   Deutsch Wikipedia

  • Johannes Flender — (* 1653 in Siegen; † 1724) war ein deutscher Philosoph und Autor. Leben Er war Prima des Siegener Pädagogiums, in dessen Matrikel sein Name in Flenderus latinisiert ist. Im Matrikel des Bremer Gymnasiums war er mit dem Zusatz Sigenensis Nassova… …   Deutsch Wikipedia

  • Johannes Grevius — bzw. Johann Greve, Greven, de Greve oder die Greffe (* 1584 in Büderich; † 6. Dezember 1622 auf unbekannte Weise während einer Reise nach Speyer) war ein deutscher Pfarrer, remonstratensischer Theologe, Schriftsteller (Hexentheoretiker) und… …   Deutsch Wikipedia

  • Johannes Wierus — Kupferstich von Pieter Holsteyn 1660 Johann Weyer (auch: Weier, Wier, Wierus, Piscinarius; * zwischen 24. Februar 1515 und 24. Februar 1516 in Grave an der Maas, im Norden von Brabant; † 24. Februar 1588 in Tecklenburg) war ein Arzt und Gegner… …   Deutsch Wikipedia

  • Weyer, Johann — (1515–1588)    German physician who argued against the witch hysteria and the alleged workings of the DEVIL through people and PACTs. Johann Weyer accepted the existence of DEMONs and their ability to wreak evil and cause POSSESSION, but he… …   Encyclopedia of Demons and Demonology

  • Johann Weyer — Johann Weyer, alias Wier, Wierus, Piscinarius, llamado también Johannes (entre el 24 de febrero de 1515 y el 24 de febrero de 1516 – el 24 de febrero de 1588) era un médico holandés,ocultista y demonologo, el discípulo y el seguidor de Heinrich… …   Wikipedia Español

  • Johann Weyer — Kupferstich von Pieter Holsteyn 1660 Johann Weyer (auch: Weier, Wier, Wierus, Piscinarius[1]; * zwischen 24. Februar 1515 und 24. Februar 1516 in Grave an der Maas, im Norden von Brabant; † 24. Februar 1588 in Tecklenburg) war ein …   Deutsch Wikipedia

  • Johann Weyer — Johannes Wier a.k.a. Johann Weyer, in Latin Ioannes Wierus and Piscinarius, (c. 1515, Grave ndash; February 24, 1588) was a Dutch physician, occultist and demonologist, disciple and follower of Heinrich Cornelius Agrippa. He was among the first… …   Wikipedia

  • Liste der denkmalgeschützten Objekte in Weyer (Oberösterreich) — Die Liste der denkmalgeschützten Objekte in Weyer enthält die denkmalgeschützten, unbeweglichen Objekte der Gemeinde Weyer im oberösterreichischen Bezirk Steyr Land, wobei die Objekte teilweise per Bescheid und teilweise durch Verordnung… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”