Johanniterkomturei Bubikon

Johanniterkomturei Bubikon
Das Ritterhaus in Bubikon heute
Eingangsbereich mit Kapelle

Das Ritterhaus Bubikon (Koordinaten: (705155 / 236001)47.2665348.828191508Koordinaten: 47° 16′ 0″ N, 8° 49′ 41″ O; CH1903: (705155 / 236001), 508 m ü. M.) ist eine erhaltene ehemalige Kommende des Johanniterordens in der Gemeinde Bubikon in der Schweiz. Die Kommende wurde zwischen 1191 und 1198 gegründet und 1528 (Ordenskonvent) bzw. 1789 (Kommende) aufgehoben. Die Gebäude gelten als besterhaltene Johanniterkommende in Europa und sind seit 1936 im Besitz der Ritterhausgesellschaft Bubikon, die sie unterhält und als Museum betreibt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Stiftung

Älteres Wappen der Grafen von Toggenburg, wie es auf der Bildplatte des Tischgrabs von Diethelm V. in Bubikon erscheint

Das genaue Datum der Stiftung der Kommende ist unbekannt, sie muss aber zwischen 1191 und 1198 erfolgt sein. Belegt ist die Stiftung durch zwei undatierte Urkunden und ein Stifterbild in der Kapelle der Kommende, das die Jahreszahl 1192 trägt. Traditionell gilt deshalb 1192 als Gründungsjahr. Als Patron wurde Johannes der Täufer gewählt.

Die Stiftung erfolgte nach neuerer Forschung während eines Erbschaftsstreits zwischen den Familien der Toggenburger und «Neu»-Rapperswiler. 1190 sind die hochfreien Herren von «Alt»-Rapperswil im Mannestamm ausgestorben. Verschiedene Adelssippen in der Umgebung meldeten ihre Erbansprüche an den Gütern und Rechten der «Alt»-Rapperswiler an. Neben, unter anderen den Wetzikon, Bonstetten, Regensberg und «Neu»-Rapperswil haben auch die Toggenburger Besitz aus der Erbmasse übernommen oder okkupiert.[1]

Bild des Ritterhauses Bubikon aus dem 16. Jahrhundert mit den Wappen von Diethelm von Toggenburg, des damaligen Komturs Johann von Hattstein und der Kommende

Freiherr Diethelm V. von Toggenburg schenkte umstrittene Güter in den heutigen Gemeinden Bubikon, Hinwil und Wetzikon dem von ihm bevogteten Kloster St. Johann im Obertoggenburg, um auf diese Weise die Güter seinen Konkurrenten zu entziehen. Da es offenbar zu Streitigkeiten zwischen den Erben kam, entzog Diethelm dem Kloster die Güter wieder und schenkte einen Teil davon, den Hof und die Kirche von Bubikon, auf Rat von Papst Coelestin III. dem «Spital des Heiligen Johannes jenseits des Meeres», also dem Johanniterorden, um die Armen zu versorgen.[2]

Nach der Vergabe des Bauplatzes und der Kirche in Bubikon durch Diethelm von Toggenburg, übertrugen auch die Herren von «Neu»-Rapperswil weitere umstrittene Güter in Wangen, Hinwil und Winterthur an die Kommende Bubikon, und es kam zu einem Ausgleich zwischen den beiden Adelssippen. Somit sind die Toggenburger und die «Neu»-Rapperswiler als Stifterfamilien der Kommende zu betrachten. Das Stifterbild in der Kapelle, das wohl um 1220 entstand, hält die weiteren Umstände der Gründung der Kommende fest.[3]

Nach längeren Streitigkeiten zwischen dem Kloster St. Johann und dem Johanniterorden entschied der Bischof von Konstanz, Konrad II. von Tegerfelden, im Dezember 1215 am Laterankonzil, dass die Güter beim Johanniterorden verbleiben sollen, dieser aber eine Entschädigung an das Kloster St. Johann zu zahlen habe.

Es ist unklar, ob eine vermutete Teilnahme Diethelms am dritten Kreuzzug bei der Stiftung eine Rolle gespielt hat. Die Bildplatte des Tischgrabes Diethelms V. (1207/1450) aus der Kapelle der Kommende liegt heute im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich. Ein Abguss befindet sich in der Kapelle in Bubikon.

Besitzungen

Karte der Niederlassungen der Ritterorden in der Schweiz im Mittelalter

Den Kern der Kommende bildeten die Gebäude nahe der heutigen Gemeinde Bubikon, die in mehreren Phasen seit der Gründung entstanden. Die Güter der Kommende wurden durch Kauf und Schenkung weiter erweitert, so kamen die Pfarrkirchen von Tobel, Hinwil, Flaach, Wald ZH, Buchs ZH und Wangen ZH, Güter im Aargau, die Vogtei über den Hof Alt-Hellberg in Gossau ZH, weitere Güter und Rechte in Hinwil und Dübendorf, die Vogteien bzw. Gerichte in Ringwil (Hinwil), Wangen ZH und Hermikon dazu. In Bubikon, Ringwil, Hinwil und Grüt (Wetzikon) gelang der Aufbau von Gerichtsherrschaften. 1287 war die Kommende so wohlhabend, dass Komtur Heinrich von Lichtensteig die Herrschaft Wädenswil aufkaufen konnte. Von Bubikon aus wurden zur Verwaltung der umfangreichen Besitzungen weitere Kommenden gegründet in Tobel (1226), Leuggern (vor 1251), Wädenswil (nach 1287) und Küsnacht, die sich bis auf Tobel später von Bubikon lösten und eigenständig wurden. Der Visitationsbericht von 1495 gibt detailliert Auskunft über die Besitzungen, die Kollaturen und die Einkünfte. Bubikon brachte damals dem Orden einen Reingewinn von 446 rheinischen Goldgulden im Jahr.

Bei der Aufhebung der Kommende 1789/90 umfasste die Kommende Lehen und Eigengut im Umfang von 2'000 Jucharten Land. Dazu kamen die niedere Gerichtsbarkeit in Bubikon, Ringwil, Hinwil und Grüt, die Kollaturen in Bubikon, Hinwil und Wald sowie weitere Herrschaftsrechte und Zehntanteile in 46 Dörfern und 24 Erblehenshöfen.[4]

Entwicklung unter der Herrschaft der Stadt Zürich

Die Gebäude der Kommende im 18. Jahrhundert
Die Kommende im 16. Ih., nach Zeller-Werdmüller

1408 kam die Kommende Bubikon als Teil der Landvogtei Grüningen unter die Hoheit der Stadt Zürich. Nach dem Aussterben der Rapperswiler (1283) und der Toggenburger (1436) fiel die Unterstützung durch den lokalen Hochadel weg. Die Johanniter bewahrten deshalb im Alten Zürichkrieg strikte Neutralität und versuchten zwischen den Parteien zu vermitteln. Trotzdem wurde die Kommende 1443 von den Schwyzern geplündert.

Nach der Reorganisation des Johanniterordens im 15. Jahrhundert unterstanden die Kommenden in Bubikon und Wädenswil direkt dem Grossprior von Deutschland als Camerae priorales (deutsch «Tafelgut»), weshalb fortan ein Drittel der Einnahmen aus Bubikon an den Sitz des Grosspriors in Heitersheim abgeliefert wurde. Seit 1445/1467 war deshalb der Grossprior von Deutschland auch Komtur von Bubikon. In seiner Abwesenheit verwaltete ein Schaffner (Verwalter klösterlicher Besitztümer) die Kommende. Die Besitzungen in und um Zürich wurden von einem Verwalter besorgt, der in einem Amtshaus in der Stadt wohnte. Die zahlreichen Rechtsstreitigkeiten zwischen der Kommende Bubikon, ihren Untertanen und Hintersassen sowie dem zürcherischen Landvogt in Grüningen boten der Stadt Zürich ausreichend Raum, ihre eigene Landeshoheit zu Ungunsten des Johanniterordens auszubauen. 1493 wurde schliesslich unter der Vermittlung Zürichs der sogenannte «Hausbrief» aufgesetzt, der bis 1798 gültig blieb. In diesem Herrschaftsvertrag wurden für die Eigenleute und Untertanen von Bubikon in 38 Artikeln die Huldigungs-, Erbschafts- und Fallverhältnisse (Feudalabgaben an die Grundherrschaft), die Gerichtsordung, das eheliche Güterrecht und die Pfändungssachen geregelt. Ab 1523 fungierte dann der Rat von Zürich als Appelationsinstanz für die Eigenleute und Untertanen. Trotzdem gelang es den Komturen, bis 1798 der Kommende Bubikon eine vergleichsweise privilegierte Stellung unter den Gerichtsherrschaften im Herrschaftsgebiet der Stadt Zürich zu bewahren. Dank einem Privileg von Kaiser Karl IV. von 1378 galt die Kapelle Bubikon zudem als Freistätte.

Der Ordenskonvent in Bubikon wurde zuerst von einem Prior geleitet, dann nach 1260 von einem Komtur. Er sollte nach 1367 vier Priester und sechs Laienbrüder umfassen. 1522 amtete der spätere Chronist Johannes Stumpf als Prior von Bubikon, als in Zürich die Reformation unter Zwingli begann. Stumpf schloss sich der Reform an, konnte aber nicht verhindern, dass es zu chaotischen Zuständen in der Kommende kam. 1525 wurden die Gebäude in Bubikon durch aufständische Bauern geplündert (Bildersturm). 1528 kam es zu einem Konflikt zwischen Stumpf und dem Schaffner von Bubikon, der am katholischen Glauben festhielt. Seither stand die Kommende unter der Aufsicht des Rates von Zürich. Erst 1532 erhielt der Johanniterorden die Kommende wieder zurück, allerdings mit der Auflage, dass ein reformierter Bürger von Zürich die Stelle des Schaffners bekleidete und die Kollaturpfarreien durch reformierte Pfarrer besetze, die vom Rat zu bestätigen waren. Die Inventare der Kirchen, die während der Reformation zerstört bzw. verkauft worden waren, mussten abgeschrieben werden. Seitdem wies Bubikon zwar keinen Konvent mehr auf, die Güter und Einkünfte blieben dem Orden aber erhalten. 1532 bis 1798 verpachtete der Grossprior von Deutschland das Amt des Schaffners von Bubikon an Bürger von Zürich. Der Schaffner führte die gesamte Verwaltung, führte die Buchhaltung zuhanden des Grosspriorats in Heitersheim und übte die niedere Gerichtsbarkeit aus. 1616 bot der Orden der Stadt Zürich die Kommende Bubikon zum Kauf an, diese konnte aber das nötige Kapital nicht aufbringen. Nur das Amtshaus in Zürich mit seinen Gütern sowie die Kirchen und Gerichte von Buchs und Wangen wechselten für 20'000 Gulden an Zürich.

Aufhebung und weitere Geschichte der Gebäude

Die Gerichtsherrschaft der Komturei Bubikon im Stadtstaat Zürich 1789

Die endgültige Aufhebung der Kommende erfolgte am 16. Juni 1789, als der Grossprior Johann Josef Benedikt von Reinach die gesamten Güter, Einkünfte und Herrschaftsrechte in Bubikon für 100'000 Gulden an den Zürcher Bürger Hans Georg Escher zu Berg am Irchel verkaufte. Dieser verkaufte im folgenden Jahr alle Gerichte, Kollaturen, Grundzinsen, Zehntgefälle etc. für 108'241 Gulden an die Stadt Zürich, behielt aber den Grundbesitz und das Ritterhaus – er konnte also einen beträchtlichen Gewinn verbuchen.

Im 19. Jahrhundert wechselten die Gebäude der Kommende mehrmals den Besitzer. Während einzelne Gebäudeteile in Mietwohnungen unterteilt wurden, dienten andere landwirtschaftlichen Zwecken. Die Umnutzung der ehemaligen Kapelle in einen Schweinestall und einen Getreidespeicher fand allerdings bereits nach der Reformation statt. Der ehemalige Chor der Kapelle wurde 1819 abgebrochen. Die Steine sowie zahlreiche Grabplatten fanden Verwendung beim Bau der nahegelegenen Spinnerei Chämmoos. Zwischen 1873 und 1879 wurden in der im Obergeschoss des Kirchenschiffs eingebauten Wohnung katholische Gottesdienste abgehalten.

Da sich der Bauzustand der Gebäude zusehends verschlechterte, entstand die Idee, im Ritterhaus eine Bezirks-Armenanstalt einzurichten, weil man so hoffte, dass die Anlage als Gesamtes erhalten werden könnte. Erst 1935 konkretisierten sich die Bemühungen zur Erhaltung und Renovation des Ritterhauses. Mit dem Erlös einer von über 10'000 Menschen besuchten Freilichtaufführung sowie grosszügiger Spenden von Firmen, Privaten und der Unterstützung des Kantons Zürich, kaufte die 1936 gegründete Ritterhausgesellschaft Bubikon einen Grossteil der Gebäude. Zwischen 1938 und 1959 wurden die Gebäude in mehreren Etappen renoviert und zum Teil wieder in den Urzustand zurückgeführt. In der Schweiz wurde das Ritterhaus landesweit durch einen Modellbogen des Pädagogischen Verlages des Lehrer- und Lehrerinnenvereins Zürich bekannt.

Das Ritterhaus Bubikon steht als Denkmal unter dem Schutz des Bundes. In einem Teil der Gebäude werden seit 1941 in einem Museum die Geschichte der Komturei, des Johanniterordens sowie die Waffensammlung J.J. Vogel und die Münzsammlung der Erbengemeinschaft Paul Hotz mit Münzen des Johanniter-/Malteserordens präsentiert. Das Archiv der Kommende befindet sich heute im Staatsarchiv Zürich unter der Signatur C II 3.

Wappen

Das Wappen der Kommende weist ein Schwarzes B auf gelbem Grund auf. Es ist heute noch im Wappen der Gemeinde Bubikon vertreten.

Siehe auch

Portal
 Portal: Malteserorden – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Malteserorden

Literatur

  • Markus Brühlmann / Michael Tomaschett: Johanniterkommende Bubikon «Kreuz und Quer». Museumsführer. Ritterhausgesellschaft Bubikon: Bubikon 2000 ISBN 3-9522014-0-5
  • Roland Böhmer: Kapelle des Johanniterhauses Bubikon. Schweizerische Kunstführer GSK, Serie 79, Nr. 789. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte: Bern 2006 ISBN 3-85782-789-0
  • Erwin Eugster: Adlige Territorialpolitik in der Ostschweiz. Kirchliche Stiftungen im Spannungsfeld früher landesherrlicher Verdrängungspolitik. Zürich 1991.
  • Veronika Feller-Vest: «Bubikon». In: Petra Zimmer / Patrick Braun (red.): Die Johanniter, die Templer, der Deutsche Orden, die Lazariter und Lazariterinnen, die Pauliner und die Serviten in der Schweiz. Bd. 1. (Helvetia Sacra IV, Bd. 7). Schwabe Verlag: Basel 2006 ISBN 3-7965-2153-3
  • Roberto Fröhlich: Die Eigenleute des Johanniterhauses Bubikon. Diss. Zürich 1993. (Zürcher Studien zur Rechtsgeschichte 25)
  • Hans Lehmann: Das Johanniterhaus Bubikon. Geschichte, Baugeschichte und Kunstdenkmäler. Ritterhausgesellschaft Bubikon, Zürich o.J. (Sonderdruck aus Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. 35, Heft 1–3)

Weblinks

Quellen

  1. Eugster, Geschichte des Kantons Zürich Band 1. Werd Verlag, Zürich 1995, S. 215-216
  2. ad hospitale transmarinum sancti Iohannis [...] ut pauperibus predicti xenodochii libris pensionibus in eternum deserviat (UBZürich I, 235 Nr. 354), zit. n. Feller-Vest: «Bubikon», S. 136.
  3. Eugster, Territorialpolitik, S. 261–270.
  4. Fröhlich, Eigenleute, S. 55–61.

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