John William Polidori

John William Polidori
John Polidori

John William Polidori (* 7. September 1795 in London; † 24. August 1821) war ein englischer Schriftsteller sowie Leibarzt und Reisebegleiter des Dichters Lord Byron.

Inhaltsverzeichnis

Leben

John William Polidore war der älteste Sohn von Gaetano Polidori, einem italienischen Exilpolitier und Wissenschaftler sowie Anna Maria Piere, einer englischen Gouvernante. Das Ehepaar hatte insgesamt vier Söhne und vier Töchter. Seine Schwester Frances Polidori heiratete den gleichfalls im Exil lebenden Wissenschaftler Gabriele Rossetti. John William Polidore ist daher der Onkel von Maria Francesca Rossetti, Dante Gabriel Rossetti, William Michael Rossetti und Christina Rossetti. Die Kinder aus dieser Verbindung kamen allerdings alle nach dem Tod von John William Polidore zur Welt.

John William Polidori war einer der ersten Schüler des damals frisch gegründeten Ampleforth College und studierte nach 1810 an der University of Edinburgh. Er promovierte dort mit einer These zum Schlafwandeln und erhielt seinen Doktortitel in Medizin am 1. August 1815 im Alter von 19 Jahren. Ab 1816 arbeitete Polidori für Lord Byron als dessen Leibarzt und begleitete diesen unter anderem während einer Reise durch Europa. Am Genfer See lernten diese unter anderem Percy Bysshe Shelley, die damals noch nicht mit Shelley verheiratete Mary Shelley (Geburtsname Mary Godwin) und deren Stiefschwester Claire Clairmont kennen. Nicht enden wollender Regen zwang die Gruppe für Tage in der Villa Diodati zu bleiben. Man vertrieb sich die Zeit, um sich unter anderem über den Naturphilosophen und Dichter Erasmus Darwin zu unterhalten, dem man nachsagte, in Experimenten tote Materie belebt zu haben, sprach über Galvanismus und über die Möglichkeit, künstliches Leben zu schaffen. Vor dem Kaminfeuer in Lord Byrons Villa las man sich nachts gegenseitig Schauergeschichten vor Lord Byron schlug schließlich vor, dass jeder eine eigene Schauergeschichte zur Unterhaltung beisteuern solle. Mary Shelley entwar daraufhin die Geschichte von Frankenstein oder Der moderne Prometheus. Lord Byron begann eine Geschichte, die Polidori spater als Basis seiner eigenen Erzählung The Vampyre aufgriff und weiter ausbaute. Mit dieser schuf Polidori nicht nur die erste Vampirerzählung der Weltliteratur, sondern begründete gleichsam mit der Figur des Lord Ruthven den Typus des modernen Vampirs. Dieser prägt das Genre bis heute. Nicht zuletzt Anne Rices Gentleman-Vampire sind von Polidori inspiriert.

Nach der Trennung von Lord Byron reiste Polidori in Italien und kehrte dann nach England zurück. Dort wurde ohne Polidoris einwilligung die Geschichte im April 1819 im New Monthly Magazine und Byron zugeschrieben. Sowohl Polidori als auch Byron bemühten sich beide, diese Falschzuschreibung aufzuklären. Die Geschichte blieb das einzige, zu Lebzeiten veröffentlichte literarische Werk von Polidori. Sein langes, von Byron stark beeinflusstes Gedicht The Fall of the Angels erschien erst nach seinem Tode im Jahre 1821. Seine von seiner Schwester bearbeiteten Tagebücher erschienen 1911.

Polidori starb unter nicht ganz geklärten Umständen am 24. August 1821. Der unter Depressionen leidende und unter einer drückenden Last von Spielschulden stehende Polidori beging möglicherweise Selbstmord durch die Einnahme von Cyanwasserstoff. Allerdings lautete damals das offizielle Verdikt, das er an einer natürlichen Ursache gestorben sei.

Gegenstand zeitgenössischer Romane ist Polidori in Der kalte Sommer des Doktor Polidori von Reinhard Kaiser, in Der Vampir von Tom Holland sowie in Lord Byrons Schatten von Frederico Andahazi.

Werke (Auswahl)

  • Ernestus Berchtold. The modern Oedipus. Longman & Brown, London 1819.
  • The Fall of the Angels. A sacred poem. Warren Books, London 1821.
  • Der Vampyr. Eine Erzählung. edition scaneg, München 1991, ISBN 3-89235-509-6.

Literatur

  • Frederico Andahazi: Lord Byrons Schatten. Roman. Rowohlt, Reinbek 2001, ISBN 3-498-00060-8.
  • Tom Holland: Der Vampir. Ullstein, München 2003, ISBN 3-548-25347-4.
  • Reinhard Kaiser: Der kalte Sommer des Doktor Polidori. Roman. Frankfurter VA, Frankfurt/M. 1991, ISBN 3-627-10200-2.

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