Josef Otto Plassmann

Josef Otto Plassmann

Joseph Otto Plassmann (* 12. Juni 1895 in Warendorf in Westfalen; † 12. Januar 1964 in Celle) war ein deutscher Germanist und NS-Propagandist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Joseph Otto Plassmann war der Sohn des Arnsberger Oberlehrers und späteren ordentlicher Honorar-Professors für Astronomie Joseph Plassmann. Die von ihm selbst zu verschiedenen Anlässen gefertigten Lebensläufe weisen erhebliche Differenzen auf. Als gesichert kann angenommen werden, dass er von 1901 bis 1905 die katholische Volksschule in Münster besuchte und ab 1905 das Gymnasium Paulinum, ebenfalls Münster. Nach dem Abitur nahm er an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster das „Studium der germanischen, anglistischen und romanischen Philologie“ auf und befasste sich daneben auch mit der Altertums- und Volkskunde.[1]

Im Jahr 1944 gab Plassmann an, vom 1. September 1914 bis zum 6. November 1916 im Infanterie-Regiment 13 gedient zu haben. Bis zum 15. Februar 1915 sei er als Frontkämpfer eingesetzt gewesen. Sein letzter Dienstgrad war der eines Gefreiten. An Orden und Ehrenzeichen habe er erhalten: Eisernes Kreuz II. Klasse (1914), Verwundetenabzeichen, Kriegsverdienstkreuz II. Klasse und das Ehrenkreuz für Frontkämpfer.[2]

In einem Lebenslauf, datiert 18. September 1943, und beim Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vorgelegt, gab er an, im Winter 1914/15 in Russland an Kopf und Lunge schwer verwundet worden zu sein. Nach seiner Genesung habe er sein Studium in Münster fortgesetzt.[3] An anderer Stelle wiederum gab Plassmann an, er habe sich zur Deutschen Zivilverwaltung nach Brüssel im besetzten Belgien gemeldet, wo er im Heeresgefolge bis November 1918 als Hilfsreferent flämische Volkspolitik, Sprachenfragen und Schulfragen bearbeitete und unter anderem die Kommission zur Festsetzung der Sprachgrenze in Brabant leitete. Zu dieser Zeit lernte er Herman Wirth kennen.

Von 1919 bis 1921 war Plassmann Zugführer der Einwohnerwehr in Münster. Ab 1920 verfasste Plassmann zahlreiche Aufsätze und Bücher völkischen, volkstümlichen und germanenkundlichen Inhalts. Ende 1920 legte er die Staatsprüfung für das Höhere Lehramt (Deutsch, Englisch und Französisch) ab und 1921 promovierte er mit der Vorlage einer Dissertation über Die Werke der Zuster Hadewych, („eines der ältesten niederländischen Literaturdenkmäler und ein frühes Zeugnis der germanischen Mystik“) zum Dr. phil.[4]

Wegen seiner Kriegsverletzungen wurde er sowohl für die von ihm angestrebte Bibliothekslaufbahn, wie auch für den höheren Schuldienst abgelehnt. Danach arbeitete Plassmann als freier Schriftsteller und Privatgelehrter „im Sinne einer Wiederbelebung des germanischen Gedankens“ und übersetzte die „Orphischen Hymnen“ und die „Epistolae obscurorum virorum“. Während seiner Klinikaufenthalte 1924 in Davos lernte Plassmann Wilhelm Gustloff kennen, den Schweizer Landesgruppenleiter der Auslandsorganisation der NSDAP, kennen. Aus dieser Bekanntschaft entwickelte sich eine Zusammenarbeit, die bis zur Ermordung Gustloffs andauerte. In dieser Zeit lernte er außerdem den Verleger Eugen Diederichs kennen und arbeitete mit ihm an der Schriftenreihe „Deutsche Volkheit“, welche einen Aufriss der deutschen Geschichte und Volkskultur vom volkhaften Gesichtspunkt aus versuchte. Ab 1927 beteiligte er sich auch an den Forschungen von Wilhelm Teudt. Plassmann wurde Teudts wissenschaftlicher Berater. Allerdings hielt er Teudt für einen Laien und riet ihm, die altgermanischen Sprachen zu lernen, um sich ein eigenes Urteil in wichtigen Dingen erlauben zu können. Teudt war jedoch nicht dazu zu bewegen.[5]

1929 trat er dem Nationalsozialistischen Kriegsopferverband der NSDAP bei. Von 1936 bis 1943 war er Herausgeber der Zeitschrift „Germanien, Monatshefte für Germanenkunde“, dem Organ der Organisation Ahnenerbe. Ab 1933 leitete er die Wanderausstellungen von Herman Wirth. 1936 wurde er auf Vorschlag des SS-Brigadeführers Hermann Reischle Abteilungsleiter im Rassenamt der SS und wurde damit in den Persönlichen Stab des Reichsführer-SS (Heinrich Himmler) aufgenommen. Ende 1937 wurde er Leiter der Lehr- und Forschungsstätte für germanische Kulturwissenschaft und Landschaftskunde des SS-Ahnenerbes.

Nach Beginn des 2. Weltkrieges im Juli 1939 wurde Plaßmann vom „Ahnenerbe“ im Rahmen der Umsiedlung der Südtiroler in Bozen eingesetzt. 1940 wurde er als SS-Hauptsturmführer dem Einsatzkommando West unter Helmut Knochen zugeteilt. 1943 habilitierte Plassmann sich in Tübingen bei Hermann Schneider, 1943 wurde er Dozent an der Universität Tübingen für Germanenkunde und Nordische Philologie. Im März 1944 übernahm er eine Lehrstuhlvertretung für germanische Volkskunde an der Universität Bonn, am 26. Oktober 1944 wurde er dort zum außerordentlichen Professor ernannt.

Plassmann wurde 1945 entlassen und 1958 emeritiert. Nach 1945 wies er mehrfach darauf hin, dass er zu keiner Zeit Mitglied in der NSDAP war. Tatsächlich konnte bis heute kein Beleg für eine solche Mitgliedschaft gefunden werden. Darauf weist auch Gerd Simon in seiner Studie hin. Plassmann beschrieb sich selbst als „Widerständler“ und betonte in diesem Zusammenhang wiederholt, dass er im September 1937 wegen einer Zeugenaussage gegen die Hitler-Jugend aus der SS entfernt worden war. 1954 wurde er Vorsitzender des Bund deutscher Kriegsbeschädigter und Kriegshinterbliebener (BDKK).

In der Deutschen Demokratischen Republik wurden Plassmanns Schriften Germanische Kulturgeschichte (1935) und Ehre ist Zwang genug (1942) auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[6]

Werke

  • Geschichte der Stadt Münster in Westfalen. Von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart (1925)
  • Das Leben des Kaisers Friedrich II. von Hohenstaufen (1927)
  • Das Leben Kaiser Konrads des Zweiten des Saliers (1928)
  • Wikingerfahrten und Normannenreichen (1929)
  • Das Leben Kaiser Ottos des Großen. Nach den Quellen erzählt
  • Der Schmuck im nordischen Volksglauben (1938)
  • Deutschösterreichs germanische Sendung (1939)
  • Deutsches Land kehrt heim. Ostmark und Sudetenland als germanischer Volksboden (1939)
  • Kleine Kostbarkeiten aus Kunst und Geschichte (1940)

Literatur

  • Esther Gajek: Joseph Otto Plassmann. Eine akademische Laufbahn im Nationalsozialismus. In: Kai Detlev Sievers (Hrsg.): Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte der Volkskunde im 19. und 20. Jahrhundert. Wachholtz, Neumünster 1991, ISBN 3-529-02475-9.
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. 2. durchges. Auflage. Fischer, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-10-039309-0.

Einzelnachweise

  1. Plassmann: Weltanschaulicher und politischer Lebenslauf, 11.02.1937 (Quelle: Personalakte Plassmann, Bundesarchiv (BA) und Berlin Document Center (BDC), 702 + 819 K, + NS 21).
  2. ebenda
  3. Lebenslauf Plassmann, 18.9.1943, BA BDC REM, Personalakte Plassmann Bl. 5358-60 K.
  4. Personalakte, ebenda
  5. Gedächtnisprotokoll Plassmann vom 19. Mai 1963, IfZ M ZS/A-25/2 Bl. 270
  6. http://www.polunbi.de/bibliothek/1953-nslit-p.html

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Josef Kyselak — Joseph, auch Josef Kyselak (* 22. Dezember 1795 oder 1799 in Wien; † vermutlich 17. September 1831 ebenda) war Alpinist und Hofkammerbeamter in Wien. Bekannt wurde er weniger für seine Reisebeschreibungen als für die merkwürdige Gewohnheit, auf… …   Deutsch Wikipedia

  • Josef Abs — Hermann Josef Abs in den 1970er Jahren Hermann Josef Abs (* 15. Oktober 1901 in Bonn; † 5. Februar 1994 in Bad Soden am Taunus) war ein bekannter deutscher Bankier und von 1957 bis 1967 Vorstandssprecher der Deutschen Bank AG …   Deutsch Wikipedia

  • Hermann Josef Abs — in den 1970er Jahren Hermann Josef Abs (* 15. Oktober 1901 in Bonn; † 5. Februar 1994 in Bad Soden am Taunus) war ein bekannter deutscher Bankier und von 1957 bis 1967 Vorstandssprecher der Deutschen Bank AG …   Deutsch Wikipedia

  • Gymnasium Paulinum Münster — Gymnasium Paulinum Schultyp Gymnasium Gründung 797 (nicht eindeutig belegt) Ort Münster Bundesland …   Deutsch Wikipedia

  • Paulinum Münster — Gymnasium Paulinum Schultyp Gymnasium Gründung 797 (nicht eindeutig belegt) Ort Münster Bundesland …   Deutsch Wikipedia

  • Kyselak — Joseph, auch Josef Kyselak (* 22. Dezember 1795 oder 1799 in Wien; † vermutlich 17. September 1831 ebenda) war Alpinist und Hofkammerbeamter in Wien. Bekannt wurde er weniger für seine Reisebeschreibungen als für die merkwürdige Gewohnheit, auf… …   Deutsch Wikipedia

  • Gymnasium Paulinum — Schulform Gymnasium Gründung 797 (nicht eindeutig belegt) Ort Münster Land …   Deutsch Wikipedia

  • Wewelsburg — p3 Wewelsburg Die Wewelsburg, aus dem Almetal gesehen Entstehungszeit …   Deutsch Wikipedia

  • Fälbl — Christoph Fälbl (Wien 2008) Christoph Fälbl (* 6. Mai 1966 in Wien) ist ein österreichischer Schauspieler und Kabarettist. Christoph Fälbl hat die Gastgewerbefachschule in Wien absolviert (Koch, Kellner, Rezeptionist, gastronomischer Fachmann)… …   Deutsch Wikipedia

  • Heinrich Himmler — Heinrich Himmler, Aufnahme von F. Bauer, 1942 Heinrich Luitpold Himmler (* 7. Oktober 1900 in München; † 23. Mai 1945 in Lüneburg) war ein deutscher Politiker (NSDAP) in der Zeit des Nationalsozialismus …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”