Joseph I. (Spanien)

Joseph I. (Spanien)
Joseph Bonaparte als König von Spanien

Joseph Bonaparte (* 7. Januar 1768 in Corte (Korsika); † 28. Juli 1844 in Florenz), eigentlich Giuseppe Buonaparte, war der älteste Bruder Napoléons und wurde von ihm erst zum König von Neapel (1806–1808) und dann zum König von Spanien (1808–1813) ernannt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Dank eines königlichen Stipendiums für verarmte französische Adlige konnten Joseph und Napoléon Bonaparte 1779 zusammen ein Internat in Autun besuchen. Ursprünglich sollte er die Laufbahn eines Geistlichen antreten, studierte dann aber wie sein Vater Carlo Buonaparte Jura an der Universität in Pisa und arbeitete als Rechtsanwalt und Richter und vorübergehend als Diplomat in Rom. Das spätere Konkordat mit der römisch-katholischen Kirche von 1801 trägt dank seiner geschickten Verhandlungsführung deutlich seine juristischen Züge.

Napoléon setzte ihn 1806–1808 als König von Neapel – Joachim Murat wurde sein Nachfolger – und 1808 dann auch als König von Spanien ein. Joseph wollte ursprünglich Mönch werden; sein Verhältnis zu Napoléon galt als gespannt. Nach der für Frankreich verlorengegangenen Schlacht von Vitoria musste er sich 1813 aus Spanien zurückziehen. Nach dem Sturz seines Bruders ging er zuerst 1814 ins Exil in die Schweiz, wo er bis zur Rückkehr Napoleons aus Elba auf Schloss Prangins residierte. Während der Herrschaft der Hundert Tage führte Joseph die Regierungsgeschäfte in Paris. 1815 emigrierte er für 17 Jahre nach Bordentown, New Jersey, in den Vereinigten Staaten, wo er eine Farm in der Nähe von New York führte. Er starb in Florenz und wurde wie Napoléon im Invalidendom in Paris bestattet.

Julie Clary und ihre zwei Töchter (Gemälde von François Gérard, 1808/09)

Herrschaft

Nach der Abdankung von Karl IV. und Ferdinand VII. wurde Joseph am 6. Juni 1808 von Napoléon I. unter Beteiligung des Kastilienrates zum König von Spanien proklamiert. Nachdem es bereits im Mai 1808 zu Aufständen gekommen war, breitete sich nach seiner Proklamation der Widerstand aus. Dieser mündete in einem dauerhaften Kleinkrieg, der die gesamte Regierungszeit Josephs überschattete.

Joseph war bemüht, die politischen und wirtschaftlichen Grundlagen des Staates zu modernisieren. Im Juni 1808 wurde in Bayonne eine verfassungsgebende Versammlung einberufen. Diese hatte zwar ständischen Charakter, war jedoch aufgrund der überstürzten Einberufung teilweise willkürlich zusammengesetzt. In der ausgearbeiteten Verfassung wurden zwar einige Sonderrechte der Provinzen beschnitten, allerdings konnten weder die Abschaffung der Privilegien von Adel und Kirche noch die Einführung des Code civil durchgesetzt werden. Die Verfassung von Bayonne ermöglichte Joseph sich zumindest auf Teile der spanischen Liberalen und Reformer stützen. Aufgrund der schwierigen militärischen Lage konnte der Verfassung von Anfang an nicht im ganzen Land Geltung verschafft werden. Eine Verwaltungsreform blieb bereits in Ansätzen stecken. Lediglich die Abschaffung des Kastilienrates zugunsten der einzelnen Ministerien und die Einteilung des Landes in Präfekturen nach französischem Vorbild konnten erreicht werden.

Der andauernde Guerilla-Krieg verhinderte auch eine Sanierung der Staatsfinanzen. Während der Regierungszeit Josephs war es nicht möglich, einen ordentlichen Staatshaushalt aufzustellen. Spanien stand in dieser Zeit ständig am Rand des Staatsbankrotts.

Die Herrschaft Josephs war von Anfang an stark eingeschränkt. Zum einen unterstanden die Befehlshaber faktisch Napoléon I. Erst Ende März 1812 wurde Joseph offiziell der Oberbefehl über die im Land befindlichen französischen Truppen übertragen. Zum anderen behielt sich Napoléon I. wichtige Entscheidungen selbst vor. In einer Proklamation im Januar 1810 verkündete er schließlich, dass er Spanien aufteilen könne, wenn es sich weiterhin feindlich verhielte. In Folge dieser Proklamation errichtete er vier Militärregierungen (Aragonien, Katalonien, Navarra und Biskaye), die ihre Provinzen nach Kriegsrecht regieren sollten. Zwar konnte Joseph die Zusage erreichen, über Maßnahmen in deren Gebiet informiert zu werden, jedoch erwies sich diese in der Praxis als wertlos. Wenn noch berücksichtigt wird, dass weitere Landstriche von der Junta kontrolliert wurden, wird deutlich, dass Joseph über umfangreiche Teile Spaniens keine reelle Macht ausüben konnte.

Im Laufe des Jahres 1813 verschlechterte sich seine militärische Lage (siehe Spanische Geschichte). Napoléon I. war spätestens nach der Niederlage in der Schlacht von Vitoria bereit, den Krieg in Spanien dadurch zu beenden, dass er Spanien räumte und Ferdinand VII. wieder als spanischen König anerkannte. In Folge des Vertrags von Valençay vom 11. Dezember 1813 musste Joseph daher auf die Herrschaft über Spanien verzichten.

Nachkommen

Joseph Bonaparte heiratete 1794 Julie Clary, eine Tochter von François Clary (* 1725). Ihre Schwester war Désirée Clary, die Ehefrau von Jean Baptiste Bernadotte.

Weblinks

WDR-Reportage 200 Jahre Bonaparte König von Spanien

Vorgänger Amt Nachfolger
Ferdinand VII. König von Spanien
1808–1813
Ferdinand VII.
Ferdinand IV. König von Neapel
1806–1808
Joachim Murat

Wikimedia Foundation.

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