Jozsef Eötvös

Jozsef Eötvös
József Eötvös

Baron József Eötvös von Vásárosnamény (* 13. September 1813 in Buda; † 2. Februar 1871 in Pest) war ein ungarischer Schriftsteller und Staatsmann.

Inhaltsverzeichnis

Frühe Jahre

Er wurde als Sohn des Barons Ignác Eötvös und der Baroness Lilien in Buda geboren. Nach einer exzellenten Ausbildung trat er in den Staatsdienst als stellvertretender Notar ein und wurde schon früh von seinem Vater in die Welt der Politik eingeführt. Er verbrachte viele Jahre in Westeuropa, wo er neue Ideen sowohl auf dem Gebiet der Literatur als auch der Politik in sich aufnahm und Bekanntschaft machte mit den führenden Vertretern der Romantik. Nach seiner Rückkehr nach Ungarn verfasste er sein erstes politisches Werk, "Prison Reform", und in der Nationalversammlung von 1839/1840 machte er großen Eindruck durch seine Eloquenz und Gelehrtheit. In einer seiner ersten Reden (die 1841 veröffentlicht wurde) trat er für die Gleichstellung der Juden ein.

Schriftsteller und Politiker

In der Folgezeit verbreitete Eötvös seine progressiven Ideen in der nationalliberalen Zeitung "Pesti Hírlap". Er vertrat den Standpunkt, dass die notwendigen Reformen nur von einer verantwortungsvollen und rein nationalen Regierung in einem auf dem Prinzip der Selbstverwaltung aufgebauten Verwaltungssystem durchgeführt werden könnten. Für den Fortbestand der im Karpatenbecken lebenden Völker sei ein starkes Ungarn vonnöten, das sich jedoch nicht zu einem reinen Nationalstaat entwickeln dürfe; es sollte vielmehr die "billigen" politischen und sprachlichen Forderungen der zum Selbstbewusstsein erwachten Nationalitäten erfüllen und diesen einen höheren Grad an Freiheit bieten, als sie in den Nachbarstaaten erhalten könnten.

Diese Auffassungen finden sich in seinem Roman "Der Dorfnotar" (1844-1846), einer der Klassiker der ungarischen Literatur, sowie in seinem weniger bekannten historischen Roman "Der Bauernkrieg in Ungarn" von 1850 und die Komödie "Lang lebe die Gleichheit!". 1842 heiratete er Anna Rosty. Sein glückliches Privatleben hinderte ihn jedoch nicht daran, weiter öffentlich Karriere zu machen.

Revolution von 1848

József Eötvös als Kultusminister in der ersten ungarischen Regierung (ganz unten rechts), außerdem Ministerpräsident Batthyány (ganz oben), Lajos Kossuth (oben links), Ferenc Deák (oben rechts), Gábor Klauzál (in der Mitte links), Paul III. Anton Fürst Esterházy (in der Mitte rechts), Bertalan Szemere (ganz unten links), Lázár Mészáros (unten links) und István Széchenyi (unten rechts)

Eötvös galt bereits als einer der führenden Schriftsteller und Politiker Ungarns. Seine Redekunst hatte eine solche Anziehungskraft, dass sogar der Palatin, der österreichische Erzherzog Joseph, diese in Anspruch nehmen musste, wenn er die volle Aufmerksamkeit der Magnatentafel wünschte. In der Revolution von 1848 traten die liberalen Ideen Eötvös' einen Siegeszug an. Eötvös wurde Kultusminister in der ersten ungarischen Regierung unter dem liberalen Ministerpräsidenten Lajos Batthyány. Sein Einfluss ging jedoch weit über sein eigenes Fachgebiet hinaus. József Eötvös, Ferenc Deák und István Széchenyi verkörperten die pazifistische und moderate Seite des Ministerrats.

Aus Protest gegen den politisch radikaleren Lajos Kossuth zog sich Eötvos jedoch im Herbst 1848 nach München zurück. Obwohl dort den Stürmen des Unabhängigkeitskrieges entzogen, diente er seinem Land dennoch weiter mit Stift und Feder. Sein Werk "Einfluß der herrschenden Ideen des 19. Jahrhunderts auf den Staat" (1851-1854, deutschsprachige Ausgaben in Wien und Leipzig) beeinflusste nachhaltig Literatur und öffentliche Meinung in Ungarn.

Nach 1848

Nach seiner Rückkehr im Jahre 1851 hielt sich Eötvös von allen politischen Bewegungen fern. 1859 veröffentlichte er "Die Garantien der Macht und Einheit Österreichs" (deutsche Ausgabe Leipzig im selben Jahr). In der Nationalversammlung von 1861 war Eötvös einer der loyalsten Anhänger Franz Deáks. Der erzwungene Friede, der während der nächsten Jahre vorherrschte, ermöglichte es ihm, sich wiederum der Literatur zuzuwenden, und 1866 wurde er zum Präsidenten der ungarischen Akademie der Wissenschaften berufen.

Minister unter Gyula Andrássy

In den Nationalversammlungen von 1865 und 1867 kämpfte er erneut mit vollem Eifer an der Seite Déaks, mit dessen Politik er sich nun vollständig identifizierte. Bei der Bildung der Regierung um Gyula Andrássy im Februar 1867 nahm er erneut das Amt des Kultusministers an. Er war damit der einzige Minister von 1848, der in sein Amt zurückkehren konnte. Eötvös hatte nun endlich die Möglichkeit, einige seiner lebenslangen Ideale umzusetzen. Im selben Jahr verabschiedete die Nationalversammlung seinen Gesetzesentwurf zur Gleichstellung der Juden; seine weiteren Bemühungen in Richtung Religionsfreiheit waren jedoch weniger erfolgreich, hauptsächlich aufgrund des Widerstands der Katholiken.

Sein größter Verdienst jedoch war die Verabschiedung des nationalen Schulgesetzes. Dieses Gesetz sah das umfassendste Schulsystem in Ungarn seit den Tagen Maria Theresias vor. Als guter Katholik (in Religionsfragen war er ein Schüler Montalemberts) bereitete Eötvös das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit einiges Missfallen. Er verteidigte hartnäckig den Ausgleich mit Österreich und saß während der Abwesenheit Andrássys dem Ministerrat vor. Die Anstrengungen der letzten Jahre waren jedoch zuviel für seine nachlassende Gesundheit, und er starb in Pest am 2. Februar 1871. Am 3. Mai 1879 wurde ihm zu Ehren ein Standbild auf dem Eötvos Platz in Pest errichtet.

Bedeutung

Eötvös nimmt einen ebenso großen Stellenwert in der ungarischen Literatur wie der ungarischen Politik ein. Seine Besonderheit, sowohl als Schriftsteller als auch als Politiker und Staatsmann, liegt darin, dass Eötvös ein wahrer Philosoph war, ein Philosoph im Herzen und in der Theorie. In seinen Gedichten und Romanen brachte er, in eine künstlerische Form gekleidet, all seine großen Ideen zum Ausdruck, für die er im gesellschaftlichen und politischen Leben stritt. Seine besten Verse finden sich in seinen Balladen, und dennoch ist seine Lyrik unbedeutend im Vergleich mit seinen Romanen.

Nach Eötvös benannt wurde das 1895 in Buda nach dem Vorbild der Pariser École Normale Supérieure gegründete Baron-Jósef-Eötvös-Kollégium, eine Lehrerbildungsanstalt mit angeschlossenem Internat, die lange Zeit als die führende Eliteschule Ungarns galt und heute der (ihrerseits nach Loránd Eötvös benannten) Eötvös-Loránd-Universität eingegliedert ist.

Werk (unvollständig)

  • 1840: "Das erforene Kind" (orig.: A megfagyott gyermek), Gedichte
  • 1842: "Der Karthäuser" (orig.: A karthauzi), Roman
  • 1846: "Der Dorfnotar" (orig.: A falu jegyzője), Roman
  • 1850: "Der Bauernkrieg in Ungarn" (orig.: Magyarország 1514-ben), historischer Roman
  • 1851-54: "Der Einfluß der herrschenden Ideen des 19. Jahrhunderts auf den Staat"
  • 1858: "Die Schwestern" (orig.: A nővérek), Roman
  • 1859: "Die Garantien der Macht und Einheit Österreichs"

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