- Amundsen
- Dieser Artikel behandelt den Polarforscher Roald Amundsen. Zur Beschreibung der Brigg Roald Amundsen siehe Roald Amundsen (Schiff).
- Die Eroberung des Südpols. J.F. Lehmann, München 1912)
- mit Lincoln Ellsworth: Den første flukt over polhavet, 1926 (dt. Der erste Flug über das Polarmeer, Grethlein, Leipzig 1927)
- Mitt liv som polarforsker, 1927 (dt. Mein Leben als Entdecker. E.P. Tal, Leipzig 1929)
- Roald Amundsen: Die Jagd nach dem Nordpol. traveldiary history, SDS Verlag, Hamburg/Norderstedt 2007, ISBN 978-3-935959-01-8
- Calic, Edouard: Kapitän Amundsen. Rostock, Hinstorff, 1961, ASIN B0000BH1U7
- Brennecke, Detlef: Roald Amundsen. Reinbek, Rowohlt, 1995, ISBN 3499505185
- Fischer, Heinrich: Amundsen am Südpol. München, Bayer. Rundfunk, 1989
- Huntford, Roland: Scott & Amundsen. München, Heyne, 2000, ISBN 3453177908
- Langner, Rainer-K.: Duell im ewigen Eis. Frankfurt, Fischer, 2005, ISBN 3596149088
- Bomann-Larsen, Tor: Amundsen. Bezwinger beider Pole. Hamburg, Mare, 2007, ISBN 3866480687
- Meissner, Hans-Otto: Mein Leben für die weiße Wildnis Stuttgart, 1982, ISBN 3129200436
- "Legendäre Nordwest Passage in Alaska - Amundsen schafft den Durchbruch" von Louise Osmond (Channel 4 / 2004)
- Literatur von und über Roald Amundsen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von Amundsen bei Gutenberg
- Biografie (englisch)
- Biografie, Wetterprotokoll u. a.
- Amundsenmuseum (norwegisch)
- Suche nach Amundsens Flugzeugwrack (englisch)
Roald Engelbregt Gravning Amundsen (* 16. Juli 1872 in der Kommune Borge, heute Fredrikstad, in der Provinz Østfold, Norwegen; verschollen und vermutlich † 18. Juni 1928 in der Arktis nahe der Bäreninsel) war ein norwegischer Polarforscher. Er erreichte am 14. Dezember 1911, vor seinem britischen Rivalen Robert Falcon Scott, mit vier Begleitern als erster Mensch den Südpol.
Inhaltsverzeichnis |
Leben
Herkunft
Amundsen war das fünfte Kind des Schiffseigners Jens Amundsen und dessen Frau Gustava Sahlquist. Sein Vater hatte insbesondere durch Sklavenhandel zwischen China und Mittelamerika in den 1850er-Jahren ein beträchtliches Vermögen erworben. Gustava Amundsen, die knapp 16 Jahre jüngere Tochter eines Verwaltungsbeamten, lebte ebenfalls in China. Der erste Sohn der beiden, Jens Ole Antonius, wurde 1866 eben dort geboren. Erst danach kehrte das Ehepaar zurück nach Norwegen, wo es ein Haus in Hvidsten, knapp 50 km südlich von Kristiania (heute Oslo), bezog. Es folgten 1868 und 1870 zwei weitere Söhne, Gustav und Leon. Als vierter Sohn wurde 1872 Roald geboren. Sein Name ist altnordisch und bedeutet so viel wie „der Ruhmvolle“.
Jugendzeit und Ausbildung
Kurz nach Roalds Geburt zog die Familie auf Gustava Amundsens Drängen nach Kristiania. Dort trat sein Vater eine Stelle im Handelsministerium an und die Familie bezog eine herrschaftliche Villa gleich hinter dem Schloss von Kristiania.
Bereits in seiner Kindheit interessierte sich Roald für Berichte von Polarreisenden. Besonders gefesselt war er von den Büchern John Franklins, eines britischen Polarforschers, der bei seinem Versuch, die Nordwestpassage zu entdecken, 1847 ums Leben kam. Durch sein Interesse an diesen Berichten sanken Amundsens Schulleistungen dramatisch ab, und er hatte bereits damals den Wunsch Polarforscher zu werden. Ab 1881 ging er auf das „Gymnasium Otto Andersen“ in Kristiania. Fünf Jahre später, 1886, starb sein Vater auf einer Reise nach England. Somit musste sich seine Mutter allein um den Haushalt und die Familie kümmern. Roald zeigte sich durch den Tod seines Vaters allerdings nur wenig betrübt. Durch die Arbeit des Vaters im Handelsministerium war dieser nur sehr selten zu Hause gewesen, so dass keine enge Bindung zwischen den beiden hätte entstehen können.
Im Laufe der Zeit nahm sein Interesse für die Polargebiete weiter zu. Auch versuchte er, sich den körperlichen Strapazen von Polarreisen auszusetzen. Im Winter 1889 wagte der 16-Jährige mit drei weiteren Schulkameraden eine mehrtägige Wanderung durch die Berge westlich von Kristiania. Seine schulischen Leistungen litten weiterhin unter der Leidenschaft für die Polarforschung, und 1890 legte er sein Abitur nur mit der Note 4 ab.
Studium und erste Expeditionen
Seine Mutter beäugte das Interesse des Jungen mit Argwohn und stand dem sehr kritisch gegenüber. Amundsen beschloss daher, sich vorerst mit diesem Thema nur in der Freizeit zu beschäftigen, und begann ein Studium in Zoologie, Philosophie, Französisch, Deutsch und Latein an der Königlich-Norwegischen Frederiks-Universität Kristiania. Eigentlich wollte er Medizin studieren, wurde jedoch nicht zugelassen. Seine schlechten Leistungen setzten sich fort; das sogenannte Zweite Examen, notwendig zum Studieren an der Universität, bestand er gerade noch mit der Note „ausreichend“. In Zoologie erhielt er sogar ein „mangelhaft“.
Am 9. September 1893 starb seine Mutter. Amundsen schrieb später darüber: Mit großer Erleichterung verließ ich kurz darauf die Universität, um mich mit ganzer Seele in den Traum meines Lebens zu stürzen. Er heuerte auf verschiedenen Schiffen als Matrose an und bereiste so zwischen 1894 und 1896 weite Teile der Welt. 1895 legte er sein Steuermannspatent in Kristiania ab. Außerdem bereiste er, solange er in Norwegen war, die meisten der unzähligen norwegischen Gletscher.
1896 bis 1899 nahm Amundsen an der Belgica-Expedition in die Antarktis des Belgiers Adrien de Gerlache teil. Es war seine erste Expedition. Da sich Gerlache als unfähig erwies, war Amundsen als Zweiter Offizier de facto Leiter der Expedition, bei der Teile der westantarktischen Küste vermessen und erforscht wurden. Durch diese Tat wurde Fridtjof Nansen auf ihn aufmerksam und unterstützte ihn in den folgenden Jahren. Nach seiner Rückkehr nach Norwegen unternahm er unter anderem eine Fahrradtour durch Westeuropa und leistete seinen Wehrdienst ab. Unter anderem reiste er nach Hamburg, um sich vom angesehenen Physiker Georg von Neumayer in geomagnetischen Meßtechniken unterweisen zu lassen.
Von 1903 bis 1906 erkundete er die Nordwestpassage mit Hilfe des Schiffes Gjøa. Dafür erhielt er 1906 das Großkreuz des Sankt-Olav-Ordens. Norwegen war erst kurz zuvor, nämlich 1905, unabhängig geworden und feierte Amundsen als Nationalhelden. Zwar ist die Nordwestpassage inzwischen strategisch nicht mehr so bedeutsam wie in früheren Jahrhunderten, doch die Durchquerung zeugt von der hohen Leistung Amundsens als Kapitän.
Die Eroberung des Südpols
→ Hauptartikel: Amundsens Fram-Expedition
In der Folgezeit plante Amundsen eine Expedition zum Nordpol. Sein Interesse erlosch jedoch, nachdem Peary behauptet hatte, den Nordpol erreicht zu haben. Schließlich beschloss Amundsen, den Südpol als Erster zu erreichen. Zur selben Zeit versuchte dies jedoch auch der Brite Robert Falcon Scott, und es kam zu einem Wettlauf zwischen den beiden.
Da Norwegen noch nicht lange unabhängig und außenpolitisch noch nicht allgemein anerkannt war, befürchtete Amundsen im Falle einer Bekanntgabe seines Zieles Schwierigkeiten mit der norwegischen Regierung zu bekommen, da diese der englischen Regierung freundschaftlich verbunden war. Um seine Unternehmung nicht zu gefährden, hielt er sein Ziel – den Südpol – geheim und teilte es der Mannschaft erst unterwegs mit, wobei er ihnen freistellte, ihn weiter zu begleiten. Alle folgten ihm jedoch.
Im August 1910 erreichte Amundsen die Antarktis, am 20. Oktober 1911 startete seine Expedition zum Südpol nach einem Fehlstart aufgrund zu kalter Witterung. Bereits am 14. Dezember kam er am Südpol an und erreichte damit sein Ziel 35 Tage früher als sein Rivale Scott.
Zeit nach der Südpolexpedition bis zum Tod
In den folgenden Jahren war Amundsen ein gefragter Mann; er veröffentlichte seine Reiseberichte und hielt Vorträge. Während des Ersten Weltkrieges engagierte sich Amundsen auch politisch. Er kritisierte den U-Boot-Krieg des Deutschen Reiches scharf und gab dem deutschen Botschafter in Oslo persönlich eine Ehrung des Deutschen Kaisers zurück. Außerdem investierte er sein Geld in Schiffsbeteiligungen. Dabei zeigte er eine geschickte Hand und hatte nach zwei Jahren die für damalige Verhältnisse beträchtliche Summe von einer Million Kronen erwirtschaftet.
Zwischen 1918 und 1920 versuchte Amundsen, sich mit einem Schiff durch die Arktis treiben zu lassen. Wegen gesundheitlicher Probleme schlug die Expedition jedoch fehl, dafür wurde die Nordostpassage durchquert. In den folgenden Jahren erforschte Amundsen Teile Nordkanadas und beschäftigte sich intensiv mit der Luftfahrt, die er als die „Zukunft des Reisens und Erforschens“ ansah.
1925 startete Amundsen gemeinsam mit dem Amerikaner Lincoln Ellsworth seine erste Flugexpedition in die Arktis. In den folgenden Jahren entdeckte Amundsen das Flugzeug als ein Instrument zur Polarforschung. Mit dem Italiener Umberto Nobile und Ellsworth wagte Amundsen 1926 die Überquerung der Arktis in einem Luftschiff.
Am 18. Juni 1928 brach er als Leiter einer Rettungsexpedition für Umberto Nobile, dessen Luftschiff in der Arktis abgestürzt war, auf und kam dabei ums Leben.
Expeditionen
Die Belgica-Expedition 1896 bis 1899
→ Hauptartikel: Belgica-Expedition
1895 lernte Amundsen in Brüssel den Belgier Adrien de Gerlache de Gomery kennen. Dieser plante bereits seit längerem eine Expedition zur Antarktis und schlug dem jungen Amundsen vor, als Zweiter Offizier an der Expedition mit dem Schiff Belgica teilzunehmen. Amundsen, der im selben Jahr sein Steuermannspatent erworben hat, willigte ein. Es war Amundsens erste Polarexpedition.
Die Expedition stand jedoch von Beginn an unter keinem guten Stern, de Gerlache erwies sich als übereifrig und inkompetent. Auch wurde die Mannschaft erst kurz vor der Abreise zusammengestellt. Amundsen stritt sich während der Fahrt oft mit de Gerlache über dessen mangelhafte Kompetenz. Bereits auf der Hinfahrt ertrank ein Matrose.
Im März 1898 wurde die Belgica vom Packeis gefangen. Erst nach einem Jahr und unter großen Kraftanstrengungen gelang es, wieder offenes Wasser zu erreichen. Während dieser Zeit herrschte an Bord eine niedergeschlagene Stimmung, gleichzeitig verschlechterte sich der Gesundheitszustand der Besatzung Tag für Tag. Der Schiffsarzt, Frederick Cook, verordnete der Besatzung eine strenge Diät aus Pinguin- und Robbenfleisch, um Mangelerkrankungen wie Skorbut vorzubeugen. Amundsen war zu diesem Zeitpunkt der Einzige, der Erfahrung mit dem Erlegen von Robben hatte. Gemeinsam mit de Gerlache und Cook gelang es ihm auch, die Mannschaft zu motivieren und davon zu überzeugen, die Hoffnung noch nicht aufzugeben. Dies war eine umso schwierigere Aufgabe, nachdem am 5. Juni 1898 ein Mitglied der Besatzung, der Physiker Danco, starb.
Im März 1899 gelang es der Mannschaft nach mehr als vier Wochen Arbeit, eine 600 m lange Fahrrinne durch das Eis in das offene Meer zu schlagen und die Belgica zu befreien. Im Juni 1899 erreichte sie sicher den Hafen von Antwerpen.
Die Nordwestpassage
Nach seiner Rückkehr nach Norwegen leistete Amundsen seinen Wehrdienst ab und erforschte die norwegische Gletscherwelt. Bald reiften auch Pläne, in die kanadische Arktis zu reisen und die noch immer nicht bezwungene Nordwestpassage zu durchqueren. Da Amundsen Teilnehmer der erfolgreichen Belgica-Expedition war, fiel es ihm nicht schwer, Sponsoren zu gewinnen. Vor allem Fridtjof Nansen setzte sich für den jungen Forscher ein und gewährte ihm seine Unterstützung.
Auf diese Weise vorbereitet gelang es Amundsen mit seinem aus Holz gebauten Schiff Gjøa und sechs Mann Besatzung, in den Jahren 1903 bis 1906 die Nordwestpassage vom Atlantik zum Pazifik zu durchfahren. Allerdings war die ermittelte Route von der Baffin Bay über den Lancastersund und den Peelsund für regelmäßige Schifffahrt nicht geeignet, da die Meerestiefe stellenweise weniger als einen Meter betrug. Dies schmälert jedoch nicht die nautische und exploratorische Leistung der sieben Norweger, die Nordwestpassage erstmals von Osten nach Westen bezwungen zu haben, an der sich während mehr als vier Jahrhunderten viele Expeditionsteams versucht hatten. Amundsens Expeditionsteam fand bei seiner Reise Skelettreste und Geräte der verschollenen Expedition von John Franklin.
Die Expeditionsmitglieder verbrachten zwei Winter (1903 bis 1905) auf der King-William-Insel nahe einer Gegend, an der später die Inuit-Siedlung Gjoa Haven entstehen sollte. Amundsen selbst erforschte in diesen eineinhalb Jahren die Lebensgewohnheiten und Überlebenstechniken der hier ansässigen Netsilik-Inuit. Die Inuit brachten ihm dabei beispielsweise den Gebrauch von Hundeschlitten bei, und er übernahm ihre Fellkleidung zum Schutz vor der Kälte. In der Zeit ihres Aufenthalts auf der Insel kam es auch zu engeren Kontakten zwischen den Seeleuten und weiblichen Ureinwohnern, weshalb bei nicht wenigen heutigen Siedlungsbewohnern Verwandtschaftsbeziehungen zu den Norwegern bestehen. Der 1978 in Gjoa Haven gestorbene Luke (Luck) Quadlooq behauptete kurz vor seinem Tod, ein Sohn Amundsens zu sein. [1]
Am 17. August 1905 hatte das Schiff die arktischen Inseln durchquert. Amundsen reiste 800 Kilometer über Land bis zur Siedlung Eagle in Alaska, um seinen Erfolg telegrafisch am 5. Dezember 1905 in die Heimat zu melden. Nach einer weiteren Überwinterung erreichte das Schiff schließlich 1906 Nome in Alaska.
Der Südpol
→ Hauptartikel: Amundsens Fram-Expedition
Nach der erfolgreichen Expedition in der Nordwestpassage begann Amundsen mit seinen Plänen für eine Expedition zum Nordpol, verwarf diese jedoch, nachdem er von den vermeintlichen Erfolgen von Frederick Cook und Robert Peary hörte. Da er aber große Schulden hatte, brauchte er einen Erfolg, den er vorweisen konnte, und fasste kurzerhand den Entschluss, statt dessen zur Antarktis aufzubrechen und zu versuchen, als Erster den Südpol zu erreichen. Am 9. August 1910 stach er mit der „Fram“ in See, dem Schiff des Polarforschers Fridtjof Nansen. An Bord waren 97 grönländische Schlittenhunde, die Bauteile für eine Hütte und Proviant für zwei Jahre. Eigentlich wäre für die Nordpolfahrt keine Hütte gebraucht worden, aber Amundsen behauptete, es wäre eine Beobachtungshütte, die auf dem Packeis aufgestellt werden sollte. Dass sie zur Überwinterung in der Antarktis dienen sollte, gab er erst später bekannt. Von seinen neuen Plänen unterrichtete er nur seinen Bruder Leon, da er zum einen vermeiden wollte, dass Nansen ihm das Schiff wieder verweigern könnte und wahrscheinlich auch, um seinen Rivalen Robert Falcon Scott nicht zu informieren, der acht Wochen vor ihm mit dem gleichen Ziel aufgebrochen war. Der Schiffscrew teilte er die Routenänderung erst auf See in Höhe von Madeira mit, wobei alle Mitglieder den Plan akzeptierten. Leon Amundsen gab der Presse das Ziel der Reise am 2. Oktober 1910 bekannt.
Am 14. Januar 1911 erreichte das Schiff das Ross-Schelfeis an der Bucht der Wale. Hier baute Amundsen sein Basislager auf, welches er Framheim nannte. Die Position lag etwa 111 Kilometer näher am Pol als die von Scott gewählte Station am McMurdo-Sund. Die Auswahl der Bay of Whales war ein großes Wagnis, denn die Station selbst lag nicht auf festem Land, sondern auf der Eiskante. Shackleton hatte dieses Wagnis gescheut, weil er befürchtete, dass sich die Station von der Eiskante lösen würde. Dass er dieses Risiko zu Recht in Erwägung zog, beweist der Umstand, dass Amundsens Hütte später nicht mehr gefunden werden konnte. Man nimmt daher an, dass seine Station von der Eiskante abgebrochen ist und auf die See hinausgetrieben ist. Amundsen nahm dieses Risiko bewusst in Kauf, wobei er es für kalkulierbar hielt. Seit Ross hatten alle von der Bay of Whales berichtet und er deutete dies so, dass an dieser Stelle Grundkontakt bestehen müsste. Diese Annahme war falsch; sie bewies aber, dass er sich um Risiken Gedanken machte und sie nicht unnötig einging.
Im Gegensatz zu Amundsen hatte Scott allerdings eine bereits durch Ernest Shackleton erforschte Route über den Beardmore-Gletscher in das Antarktische Plateau gewählt. Amundsen musste seinen Weg durch das Transantarktische Gebirge erst noch suchen. Die Monate nach seiner Ankunft in der Antarktis nutzte Amundsen, um mehrere Lager für die Reise anzulegen und sich an die arktischen Verhältnisse zu gewöhnen. Den antarktischen Winter nutzte die Crew, um die Ausrüstung zu verbessern, insbesondere die von Amundsen mitgebrachten Hundeschlitten.
Der Aufbruch zum Südpol erfolgte am 20. Oktober 1911 gemeinsam mit Olav Bjaaland, Helmer Hanssen, Sverre Hassel und Oscar Wisting nach einem vorausgegangenen Fehlstart aufgrund zu niedriger Temperaturen. Sie erreichten den Pol am 14. Dezember 1911, die Entdeckung wurde jedoch erst am 7. März 1912 bekannt gegeben. Die Gruppe kam dabei den Rivalen aus dem Vereinigten Königreich um 35 Tage zuvor. Amundsen schlug sein Camp am Pol auf und nannte es „Polheim“. Scott fand bei seinem Eintreffen nur noch das Zelt und einen Brief von Amundsen vor. Während Scott seine Expedition zwar als Zweiter bis zum Pol führte, auf dem Rückweg allerdings gemeinsam mit seinen Begleitern das Leben verlor, war die Expedition von Amundsen verhältnismäßig glatt abgelaufen. Dies lag vor allem an seiner besseren Planung sowie an den Hundeschlitten. Amundsen beschrieb seine Reise in dem Buch Die Eroberung des Südpols, 1910–1912.
Eine genaue Untersuchung der Daten aus den Tagebüchern der Expeditionsteilnehmer zeigten später, dass Amundsen den Südpol sehr präzise mit maximal 200 Meter Abweichung erreicht hatte, Scotts Abweichung betrug etwa 450 Meter. Diese Zahlen sind letztlich mit Unwägbarkeiten belastet; sie repräsentieren jedoch die unterschiedlichen Genauigkeiten der beiden Expeditionen.
Damals war Amundsen auf Messungen mit dem Sextanten angewiesen. Das Foto „Taking an observation at the Pole“ ist von Olav Bjaaland mit seiner Kamera aufgenommen worden (Amundsens Fotos sind verloren, weil seine Kamera defekt war bzw. seine Fotografien misslangen). Es zeigt links Amundsen, der mit einem Sextant die Sonnenhöhe misst. Auf der Kiste steht ein künstlicher Horizont. Dies ist eine bewegliche Glasscheibe oder eine Quecksilberlösung, in der sich die Sonne spiegelt. Sein Kamerad (vermutlich Helmer Hanssen) beugt sich über den künstlichen Horizont offensichtlich, um Wind abzuschirmen. Der gemessene Winkel ist durch zwei zu teilen, da er durch die Spiegelung ja zuvor verdoppelt worden ist.
Amundsen führte drei Tage lang Messungen rund um die Uhr durch, weil in hohen Breiten die Entfernung zum Pol sich am besten über die sogenannte Meridianabweichung nachweisen lässt. Um Mitternacht zeigt die Sonne zum Südpol, die Differenz zwischen Deklination und Sonnenhöhe ist die Entfernung zum Pol. Nicht nur am Pol gilt: Mittag und Mitternacht ist nicht etwa bei Sonnenhöchst- und -tiefststand, sondern wenn Deklination und Sonnenhöhe die gleiche Steigung (hier 8"/h; im Frühling und Herbst 60"/h) haben, ihre Differenz also maximal ist. Dieses Maximum lässt sich leicht messen, nicht aber der Zeitpunkt. Exakt 6 h früher und später sind Deklination und Sonnenhöhe gleich; dieser Zeitpunkt lässt sich leicht messen. Bei einer Entfernung von 30" (1 km) zum Pol steht die Sonne 6 h lang auf konstanter Höhe, um dann in 18 h um 3' zu steigen und auf dieser neuen Höhe wieder 6 h lang zu bleiben. Am Südpol ist die Steigung der Sonnenhöhe immer gleich der Steigung der Deklination: es ist immer Mittag und zugleich auch Mitternacht.
In Amundsens Buch „Die Eroberung des Südpols“ findet sich ein Anhang, in welchem seine Messergebnisse wissenschaftlich nachgerechnet und bewertet worden sind. Danach spricht einiges dafür, dass Olav Bjaaland und Helmer Hansen den Südpol in einer Entfernung von einigen hundert Metern passiert haben. Amundsen selbst dürfte dem Südpol bis auf eine Entfernung von ein bis zwei Kilometern nahe gekommen sein. Um sicher zu gehen, dass man den Südpol auch tatsächlich überschritten hatte, ordnete Amundsen an, dass seine Kameraden in der Form eines Kreuzes in drei Richtungen marschieren sollten und die Endpunkte mit Fähnchen markieren sollten. Er wollte sicher gehen, dass er jedenfalls das Gebiet um den Südpol vollständig erreicht hatte.
Nachdem Amundsen vom Südpol zurückgekehrt war, wurde er in seiner norwegischen Heimat mit großem Jubel empfangen. Die internationale Presse respektierte zwar Amundsens Leistung, doch wurde sein Erfolg vom Tod seines Rivalen Robert Falcon Scott überschattet. Insbesondere die britische Presse beschuldigte Amundsen, für den Tod Scotts verantwortlich zu sein.
Die Nordostpassage
Gleich nach seiner Rückkehr von der Südpolexpedition plante Amundsen eine Expedition, die ihn in die Arktis führen sollte. Anstatt jedoch mit dem Schiff zu reisen, wollte Amundsen diesmal ein Flugzeug benutzen. Damals waren Flugzeuge noch recht neu, doch Amundsen faszinierte die Vorstellung, mit einem solchen Gefährt den Nordpol zu erreichen. So erwarb er am 11. Juni 1914 den ersten in Norwegen vergebenen Flugschein.
Doch bereits zwei Monate später begann der Erste Weltkrieg. Amundsen musste dadurch seine Pläne vorerst begraben. Er beschloss allerdings eine „klassische“ Expedition per Schiff durch die Arktis zu wagen. Sein Plan sah vor, irgendwo in der östlichen Arktis ins Eis einzudringen und sich über vier bis fünf Jahre durch das Eis treiben zu lassen. Dafür gab er den Bau eines Schiffes in Auftrag, die Maud, die er mit einer Finanzhilfe des norwegischen Parlamentes finanzierte.
Am 16. Juni 1918 lief das Schiff im norwegischen Tromsø aus. Allerdings hatte die Mannschaft gleich zu Beginn mit überraschend starkem Treibeis zu kämpfen. Dies führte dazu, dass sich Amundsen am 18. September dazu entschloss, an der nordsibirischen Küste zu überwintern.
Die Probleme hörten jedoch nicht auf. Amundsen zog sich Ende September einen Splitterbruch an der linken Schulter zu, nachdem er schwer gestürzt war. Kurz nachdem dieser Bruch auskuriert war, wurde er dann am 8. November von einem Eisbären angefallen und erlitt dabei vier tiefe Rückenverletzungen.
Am 10. Dezember vergiftete Amundsen sich bei wissenschaftlichen Arbeiten mit Kohlenmonoxid. Er selber behauptete, nach einigen Stunden wieder völlig gesund zu sein. Der Schiffsarzt Oscar Wister sah dies jedoch anders: „Das war eine böse Geschichte und sein Herz hat sich nie mehr davon erholt“.
An einen planmäßigen Expeditionsverlauf war so nicht mehr zu denken. Erst am 18. Januar 1919 konnte das Schiff wieder aufbrechen. Doch auch in den folgenden Monaten kam es nur langsam voran. Am 23. September desselben Jahres musste Amundsen erneut an der nordsibirischen Küste überwintern. Pläne, per Schlitten den Nordpol zu erreichen, zerschlugen sich. Amundsen fasste bei der zweiten Überwinterung den Entschluss, nunmehr nach Alaska mit dem Schiff zu fahren und sich nicht im Packeis treiben zu lassen. Teile der Besatzung besuchten und erforschten die indigene Bevölkerung der nordsibirischen Küste und gingen auf eigene Reisen. Erst Anfang März 1920 konnte die Maud wieder losfahren. Inzwischen war auch die Motivation bei allen Beteiligten an einem Tiefpunkt angelangt. Am 20. Juli 1920 erreichte das Schiff den Hafen von Nome in Alaska.
Weitere Expeditionen
1925 flog Amundsen gemeinsam mit Lincoln Ellsworth mit zwei Flugbooten des Typs Dornier Wal an die Position 87° 44' nördlicher Breite und erreichte damit die bis dahin dem Nordpol am nächsten gelegene Position mit einem Flugzeug. Bei der Landung wurde eines der Flugzeuge beschädigt, und Amundsen und seine Crew brauchten mehr als drei Wochen, um eine Startpiste für ihr Flugzeug zu bauen. Mit etwa 400 Gramm Nahrung pro Tag schafften sie über 600 Tonnen Eis und Schnee zur Seite. Mit sechs Mann bestiegen sie das verbleibende Flugzeug und kehrten heim, wo sie bereits verschollen geglaubt waren.
Im folgenden Jahr unternahmen Amundsen und Ellsworth die erste Überquerung der Arktis in dem 106 m langen Luftschiff „Norge“, gemeinsam mit dessen Erbauer Umberto Nobile. Sie starteten in Spitzbergen am 11. Mai 1926 und landeten zwei Wochen später in Alaska. Wahrscheinlich waren sie zugleich die ersten, die den Nordpol am 12. Mai auf dem Luftweg erreicht hatten, da an dem Erfolg von Richard Byrd drei Tage vor ihnen starke Zweifel aufkamen.
Amundsen starb vermutlich 1928, als sein Flugzeug, ein Flugboot des Typs Latham 47 mit 1000 PS, in der Arktis nahe der Bäreninsel verloren ging. Er war am 18. Juni 1928 aufgebrochen, um Umberto Nobile, dessen Luftschiff „Italia“ zu Boden gegangen war, zu retten. Dies geschah auf den Tag genau 25 Jahre nachdem er seine Tätigkeit als Polarforscher auf der Gjøa begonnen hatte. Amundsens Flugzeug, eine französische Leihgabe, ist bis heute nicht gefunden worden. Man fand jedoch einen Schwimmer des Flugzeugs, der Bearbeitungsspuren trug. Wahrscheinlich hatten Amundsen und seine Gefährten versucht, sich damit zu retten.
Ehrungen
Die Amundsen-Scott-Südpolstation ist nach Roald Amundsen und seinem Rivalen benannt, die Amundsen-See im Südpolarmeer trägt ebenfalls seinen Namen. Auch einer der größeren Krater am Südpol des Mondes heißt Amundsen-Krater. Ebenso fährt die einzige Brigg (Schiffstyp mit zwei Masten) unter den deutschen Traditionsseglern unter seinem Namen (siehe Schiff Roald Amundsen). Das Geburtshaus außerhalb von Fredrikstad ist heute Gedenkstätte und Museum und wird durch eine gemeinnützige Stiftung verwaltet. Die NASA benannte eine der beiden Deep-Space-2-Sonden nach Amundsen.
Siehe auch
Literatur
TV - Dokumentation
Einzelnachweis
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Amundsen, Roald |
ALTERNATIVNAMEN | Amundsen, Roald Engebreth Gravning |
KURZBESCHREIBUNG | norwegischer Polarforscher |
GEBURTSDATUM | 16. Juli 1872 |
GEBURTSORT | Kommune Borge, heute Fredrikstad |
STERBEDATUM | Juni 1928 |
STERBEORT | Arktis |
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