Julius Robert Oppenheimer

Julius Robert Oppenheimer
Robert Oppenheimer (ca. 1944)

Julius Robert Oppenheimer (* 22. April 1904 in New York, NY, USA; † 18. Februar 1967 in Princeton, New Jersey) war ein US-amerikanischer theoretischer Physiker deutsch-jüdischer Abstammung, der vor allem während des Zweiten Weltkriegs für seine Rolle als wissenschaftlicher Leiter des Manhattan-Projekts bekannt wurde. Dieses im geheim gehaltenen Los Alamos National Laboratory in New Mexico stationierte Projekt hatte zum Ziel, die ersten Nuklearwaffen zu entwickeln. Robert Oppenheimer gilt als „Vater der Atombombe“, verurteilte jedoch ihren weiteren Einsatz, nachdem er die Folgen ihres Einsatzes gegen die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki gesehen hatte.

Nach dem Krieg arbeitete Robert Oppenheimer als Berater der neu gegründeten amerikanischen Atomenergiebehörde und nutzte diese Position dazu, sich für eine internationale Kontrolle der Kernenergie und gegen ein nukleares Aufrüsten zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten einzusetzen. Nachdem er sich mit seinen politischen Ansichten das Missfallen vieler Politiker während der McCarthy-Ära zugezogen hatte, wurde ihm 1954 die Sicherheitsberechtigung entzogen. Von direkter politischer Einflussnahme ausgeschlossen, setzte er seine Arbeit als Physiker in Forschung und Lehre fort.

Ein Jahrzehnt später wurde Robert Oppenheimer durch den US-amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy als Zeichen seiner politischen Rehabilitierung der Enrico-Fermi-Preis verliehen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die Vorfahren seines Vaters kamen ursprünglich aus Hanau. Roberts Vater, Julius S. Oppenheimer, emigrierte 1888 in die USA und arbeite dort als Textilimporteur. Roberts Mutter, Ella Friedman, war Kunsterzieherin. Sie hatte eine Maler-Ausbildung in Paris absolviert und besaß ein Atelier in New York. Oppenheimer hatte einen Bruder Frank Oppenheimer (1912-1985), der ebenfalls Physiker war.

Schule

Oppenheimer ging auf die Schule der „New York Society for Ethical Culture“ in New York. Ab der dritten Schulklasse erhielt er Unterricht von einem privaten Chemielehrer. 1921 ging Oppenheimer mit zehn Bestnoten von der Ethical Cultural School. Oppenheimer sagte später über seine Kindheit: „Meine Kindheit hatte mich in keiner Weise darauf vorbereitet, daß es grausame, bittere Dinge auf dieser Welt gibt“. Sein „behütetes Familienleben“ habe ihm nicht „die normale, gesunde Möglichkeit eingeräumt, jemals ein Lausbub zu sein“.

Studium

1922 begann Oppenheimer sein Studium an der Harvard-Universität, das er 1925 mit „summa cum laude“ abschloss. Sein Hauptfach war Chemie, er belegte jedoch auch Fächer wie Griechisch, Architektur, Kunst und Literatur. Erst im dritten Studienjahr begeisterte ihn der Professor Percy Bridgman für die Physik. Anschließend fuhr er für weitere Studien ans „Cavendish Laboratory“ der Cambridge University unter Leitung von Ernest Rutherford, wo man ihm experimentelle Arbeiten zuwies, für die er wenig Neigung zeigte. Es kam dort auch zu einer persönlichen Krise, die eine psychologische Behandlung erforderlich machte. Nach überstandener Krise wandte er sich der theoretischen Physik zu, für die er außerordentliches Talent bewies.

Oppenheimers Forschungen

1926 veröffentlichte Oppenheimer mehrere Arbeiten über die quantenmechanische Behandlung komplexer Fragen der Atomstruktur. Durch diese Arbeiten wurde Max Born auf Oppenheimer aufmerksam und bot ihm einen Platz als Doktorand in Göttingen an. Hier, an der Universität Göttingen, einem der damals weltweit führenden Zentren der Atomphysik, kam es zum Gedankenaustausch zwischen dem jungen Oppenheimer und den großen Atom-Wissenschaftlern der Zeit, Werner Heisenberg, Pascual Jordan, Niels Bohr, Wolfgang Pauli, Enrico Fermi, Paul Dirac und Edward Teller.

Schnell wurde Oppenheimer einer der großen Wissenschaftler der Quantenmechanik. Von 1926 bis 1929 veröffentlichte er sechzehn bedeutende Beiträge zur Quantenphysik.[1] 1927 promovierte Oppenheimer „mit Auszeichnung“ bei Max Born über theoretische Untersuchungen von Spektren. Anschließend nahm er eine Assistenzprofessor-Stelle in Berkeley, Kalifornien, an. 1928 besuchte er nochmals mit einem Forschungsstipendium Europa. 1927 starb Robert Oppenheimers Vater und hinterließ ihm und seinen Geschwistern ein beachtliches Vermögen. Oppenheimer bildete in Kalifornien eine aktive Schule theoretischer Physiker. Dass in der damaligen, vom spanischen Bürgerkrieg gekennzeichneten Atmosphäre kommunistische Neigungen unter Intellektuellen gang und gäbe waren, denen auch viele Freunde Oppenheimers anhingen, wurde ihm später in der McCarthy Zeit negativ ausgelegt.

1939 veröffentlichte er auch Arbeiten zur Astrophysik, u.a. eine frühe Untersuchung über Neutronensterne[2] und eine Untersuchung über den gravitativen Kollaps schwerer Sterne zu Schwarzen Löchern (der Name „Schwarzes Loch“ kam allerdings erst in den 1960er Jahren auf).[3]

Manhattan-Projekt

Hauptartikel: Manhattan-Projekt

Während des Zweiten Weltkriegs wuchs bei der amerikanischen Regierung die Sorge, dass das nationalsozialistische Deutschland als erste Nation eine Atombombe bauen könnte. Um dies zu verhindern, wurde mit dem Manhattan-Projekt die Entwicklung einer amerikanischen Atombombe forciert.

Nachdem er 1941 Kitty Harrison geheiratet hatte, übernahm Oppenheimer 1942 die ihm angebotene wissenschaftliche Leitung des Manhattan-Projekts. Es war unter anderem seine Aufgabe, die besten Wissenschaftler des Landes für das geheime Projekt zu gewinnen. Oppenheimer verlegte das Projekt in die Wüste von New Mexico, wo in über 2.000 Metern Höhe das Los Alamos National Laboratory errichtet wurde. Diese Forschungseinrichtung beherbergte schließlich etwa 3.000 Menschen.

Die Forschungen in Los Alamos wurden abgeschlossen. Die erste Atombombe der Welt wurde Trinity genannt und sollte in der Wüste von New Mexiko gezündet werden. Neun Kilometer davon entfernt wurde ein Bunker errichtet. Um 5:30 Uhr am 16. Juli 1945 wurde Trinity gezündet.

In Bezug auf dieses Ereignis zitierte Oppenheimer in einem Interview von 1965 die Zeile

„Now, I am become Death, the destroyer of worlds.“

„Jetzt bin ich der Tod geworden, Zerstörer der Welten.“

– aus der „Bhagavadgita“, dem heiligen Buch der Hindus.[4]

Am 6. August 1945, also 21 Tage nach Trinity, wurde „Little Boy“ (dt. kleiner Junge) über Hiroshima abgeworfen. Drei Tage später, also am 9. August 1945 warfen die USA „Fat Man“ (dt. dicker Mann) über Nagasaki ab. Insgesamt kamen durch die beiden Atombomben 126.000 Menschen sofort um und 90.000 Menschen starben offiziell an den Folgen.

Nachkriegszeit

Oppenheimer geriet zunehmend in Konflikt mit seiner Rolle als „Vater der Atombombe“. 1947 übernahm er den Vorsitz eines Beratungskomitees der amerikanischen Atomenergiebehörde (Atomic Energy Commission, AEC). Dort riet er von der Wasserstoffbombe ab. Daraus entwickelte sich ein Konflikt mit dem Vorsitzenden der AEC, Lewis L. Strauß (und auch mit Edward Teller, der treibenden Kraft in der Entwicklung der Wasserstoffbombe, dessen Arbeit Oppenheimer behinderte). Die Auseinandersetzungen zwischen Oppenheimer und Strauß spitzten sich derart zu, dass Oppenheimer schließlich - in der McCarthy-Ära - von Strauß als möglicher Spion der Sowjetunion denunziert wurde. Material für seine Anschuldigungen bekam Strauß vom FBI, die Oppenheimers Vergangenheit erkundeten und ihn zeitweise rund um die Uhr überwachten.[5].

1954 wurde Oppenheimer daher zu einer Sicherheitsanhörung geladen. Er wurde des „Umgangs mit bekannten Kommunisten“ beschuldigt, womit sein Bruder Frank Oppenheimer und seine Ex-Frau und Studenten und Bekannte aus seiner Zeit in Kalifornien in den 1930er Jahren gemeint waren wie David Bohm. Außerdem beschuldigte man ihn, gegen die Wasserstoffbombe zu sein, womit er seine Aufgabe nicht erfülle. Doch die Untersuchungskommission musste bald einräumen, dass Oppenheimer seine Meinung frei äußern durfte und keines Verrats schuldig sei. Sie stellte allerdings auch fest, dass er (in Sachen der H-Bombe) „aus welchen Motiven auch immer die Interessen der Vereinigten Staaten geschädigt habe“.[6]

Doch man entzog Oppenheimer trotzdem seine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“. Dies bedeutete, dass er nicht mehr an Geheimunterlagen kam und seine diesbezüglichen Tätigkeiten als Regierungsberater beendet waren. Damit war auch Oppenheimers politischer Einfluss beschnitten. In der Presse fand diese Entscheidung größtenteils ein positives Echo.[7] In Physikerkreisen war man dagegen teilweise empört. Besonders Edward Teller bekam die Folgen seiner für Oppenheimer negativen Aussage vor dem Ausschuss zu spüren[8] und wurde von seinen ehemaligen Kollegen teilweise wie ein Paria behandelt[9].

Oppenheimer kehrte in das Institute for Advanced Studies zurück. In wissenschaftlichen Kreisen erhielt er große Unterstützung und wurde 1954 zum Direktor des Institute for Advanced Study wiedergewählt. Erst neun Jahre nach der Anhörung wurde Oppenheimers Arbeit während des Manhattan-Projekts offiziell gewürdigt. Im November 1963 schlug Präsident Kennedy vor, ihm den Enrico-Fermi-Preis zu verleihen, was unter seinem Nachfolger Johnson erfolgte. Seine „politische Unbedenklichkeit“ erhielt er nicht zurück.

Am 18. Februar 1967 starb Robert Oppenheimer an Kehlkopfkrebs.

Theaterstück

Heinar Kipphardt schrieb das Theaterstück „In der Sache J. Robert Oppenheimer

Verweise

  1. u.a. die „Born-Oppenheimer-Näherung“ in der Arbeit mit Born „Die Quantentheorie der Moleküle“, Annalen der Physik Bd. 84, 1927, S.459
  2. mit George Michael Volkoff "On massive neutron cores", Physical Review, Bd. 55, 1939, 375; Tolman-Oppenheimer-Volkoff-Grenze
  3. mit Snyder On continued gravitational contraction. Physical Review 56, 1939, 455
  4. J. Robert Oppenheimer im NBC-Interview 1965. atomicarchive.com. Abgerufen am 2007-01-11.
  5. Goodchild Oppenheimer, S.237, oder z.B. der Review von Polenberg (Herausgeber) In Sachen J. Robert Oppenheimer 2002, [1]. Insbesondere war das während der Verhandlung gegen Oppenheimer so. Er wurde auch abgehört - in den FBI Akten sind zu dieser Zeit auch die Tischgespräche Oppenheimers verzeichnet.
  6. Goodchild, loc.cit. S.269
  7. Goodchild, loc.cit. S.274
  8. auf die Frage des Anklagevertreters Roger Robb, ob er Oppenheimer, den er zuvor als den Vereinigten Staaten gegenüber „loyal“ beschrieb, für ein Sicherheitsrisiko halten würde, antwortete er: „In sehr vielen Fällen habe ich Dr.Oppenheimer auf eine Weise handeln sehen ... die für mich sehr schwer zu verstehen war...Insofern wäre es mir lieber, wenn sich die lebenswichtigen Interessen der Nation in Händen befänden, die ich besser verstehe und denen ich mehr traue.“ Goodchild, loc.cit. S.262
  9. Goodchild S.294

Literatur

  • Kai Bird, Martin J. Sherwin, American Prometheus. The Triumph and Tragedy of J. Robert Oppenheimer, Reprint, B&T 2006, ISBN 0-375-72626-8
  • Peter Goodchild J. Robert Oppenheimer, Buchclub Ex Libris, Zürich, 1982 (zuerst englisch BBC, London 1980)
  • Heinar Kipphardt: In der Sache J. Robert Oppenheimer, edition suhrkamp Nr. 64, ISBN 3-518-10064-5
  • Paul Strathern: Oppenheimer & die Bombe, Fischer Verlag, ISBN 3-596-14119-2
  • Klaus Hoffmann: J. Robert Oppenheimer, Schöpfer der ersten Atombombe, Springer-Verlag, ISBN 3-540-59330-6
  • Abraham Pais, J. Robert Oppenheimer. A Life, Oxford University Press 2006, ISBN 0-19-516673-6
  • Haakon Chevalier, Der Mann der Gott sein wollte., Berlin, Weimar. Aufbau 1971. Roman.
  • Priscilla J. McMillanThe Ruin of J. Robert Oppenheimer: And the Birth of the Modern Arms Race, Viking Press, 2005, ISBN 0-670-03422-3 .
  • Robert Jungk: Heller als tausend Sonnen: Das Schicksal der Atomforscher, Heyne-Sachbuch, 1956, ISBN 3-453-04019-8.

Verfilmung

Weblinks


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