Julius Wagner von Jauregg

Julius Wagner von Jauregg

Julius Wagner von Jauregg (* 7. März 1857 in Wels; † 27. September 1940 in Wien) war ein österreichischer Psychiater. Für die Entdeckung der therapeutischen Bedeutung der Malaria-Impfung bei der Behandlung von progressiver Paralyse erhielt er 1927 den Nobelpreis für Medizin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die oberösterreichische Landes-Nervenklinik in Linz ist nach Julius Wagner-Jauregg benannt.

Der berühmte Arzt wurde als Sohn des Finanzjuristen Johann Adolf Wagner geboren. Dieser erhielt erst 1883 als Finanzrat in Wien, also zu einem Zeitpunkt, als seine beiden Söhne Julius und Fritz (der jüngere Sohn wurde später Sektionschef und Generalpostdirektor und war einer der Pioniere der österreichischen Luftfahrt) bereits erwachsen waren, den erblichen Adelstitel Ritter von Jauregg. Die Familie lebte seit 1872 in Wien, wo Julius Wagner auch die Matura ablegte und 1874 das Studium der Medizin an der Universität Wien begann, das er 1880 mit der Promotion zum Doktor der Medizin abschloss. Bis 1882 arbeitete er am Institut für allgemeine und experimentelle Pathologie an der Universität und wurde nach einem kurzen Zwischenspiel am Departement für Innere Medizin Assistent von Maximilian Leidesdorf an der so genannten Niederösterreichischen Landesirrenanstalt. Die Psychiatrie war ursprünglich nicht der von Wagner-Jauregg bevorzugte Fachbereich der Medizin - der als ehrgeizig, unnachgiebig und hart beschriebene Jungarzt und begeisterte Sportler (Bergsteiger, Schwimmer, Reiter) nutzte aber die gegebene berufliche Chance. 1885 habilitierte er sich für das Fach Nervenkrankheiten und Psychiatrie und hielt Vorlesungen über die Pathologie des Nervensystems.

1889 wurde Wagner-Jauregg der Nachfolger von Richard von Krafft-Ebing an der Neuropsychiatrischen Klinik der Universität Graz. Einer seiner Forschungsschwerpunkte war der in der Steiermark häufige Kretinismus. Er erzielte gute Erfolge bei dessen Vorbeugung sowie der Vorbeugung des Kropfes durch die Beimengung geringer Mengen Iod zum Trinkwasser und Speisesalz. Beides hatte er nicht zuletzt bei seinen tagelangen Fußwanderungen durch die steirischen Gebirgsgegenden studiert.

Im Jahr 1893 wurde Wagner-Jauregg außerordentlicher Professor für Psychiatrie und Nervenkrankheiten und Direktor der Niederösterreichischen Landesheil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Geisteskranke in Wien. 1902 wechselte er an die Psychiatrische Klinik der Wiener Universität im Allgemeinen Krankenhaus, und 1911 kehrte er auf seinen früheren Posten zurück.

Nachdem Wagner-Jauregg um 1900 den damals berühmtesten österreichischen Operettenschauspieler, Alexander Girardi, auf Betreiben von dessen Frau für geisteskrank erklärt hatte, ohne ihn untersucht zu haben, wurde auf Initiative der Schauspielerin Katharina Schratt, einer Freundin von Kaiser Franz-Joseph, die „Neurologie-Reform“ eingeleitet.

Bereits 1883 war Wagner-Jauregg die heilende Wirkung von Fieberanfällen bei Patienten aufgefallen, die an Paralyse erkrankt waren. Nachdem Versuche mit Tuberkulin in Graz nur geringe Erfolge gezeigt hatten, gelang es ihm 1917, durch das Herbeiführen von Fieber mit Hilfe von Erregern der Malaria die als Folge der Neurolues, einer Form der Syphilis, auftretende Progressive Paralyse erfolgreich zu behandeln (Malariatherapie), wobei künstlich herbeigeführte Malaria kaum übertragbar war. Für diese Entdeckung wurde Wagner-Jauregg 1927 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Diese Therapie wurde bis zum Aufkommen der Antibiotika praktiziert.

Während des ersten Weltkriegs war Wagner-Jauregg auch für die Behandlung von Kriegsneurosen zuständig und bemühte sich sehr, Simulanten von echten psychisch Kranken zu trennen. Dass er in diesem Zusammenhang elektrische Zwangstherapien anwandte, führte später zu Kritik und aufgrund politisch motivierter Artikel in Zeitungen führte dies sogar zu einer Verhandlung im Parlament. Sigmund Freud äußerte sich in der entsprechenden Untersuchung nicht unkritisch aber letztlich zugunsten von Wagner-Jauregg, da diese Behandlung sich als sehr wirksam erwiesen habe. Auch nach Eintritt in den Ruhestand 1928 blieb dieser bis zu seinem Tod weiterhin wissenschaftlich aktiv.

Persönliches

Julius Wagner-Jauregg war in erster Ehe mit Balbine Frumkin verheiratet, von der er sich 1903 als geschieden bezeichnete. Er heiratete in zweiter Ehe Anna Koch. Das Ehepaar hatte die Kinder Julia (* 1900) und Theodor (* 1903, später Doktor der Chemie).
Er betrieb gerne Sport, vor allem Reiten und Bergsteigen.
Privat trug er ausschließlich Anzüge und Mäntel aus blauem Tuch, deren Schnitt dem Sonntagsgewand eines Bergbauern nachempfunden war. So genügte bei Bedarf eines neuen Kleidungsstückes ein Anruf bei seinem Schneider ohne vorherige Anprobe.
Bücher, die er las, pflegte er (mit Ausnahme von Fachbüchern) als broschierte Ausgabe zu kaufen und in handliche Einzelteile zu zerlegen. Diese pflegte er bei Spaziergängen und während Straßenbahnfahrten zu lesen.[1]

Verhältnis zum Nationalsozialismus

Seit Ende der 1990er Jahre bemühte sich die österreichische Partei Die Grünen darum, dass nach Wagner-Jauregg benannte Straßen, Plätze und Gesundheitseinrichtungen umbenannt werden, und dass seiner Grabstätte auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 32 C, Nummer 18) der Status des Ehrengrabs aberkannt wird. Man warf Wagner-Jauregg Verbindungen zur NSDAP, die Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut sowie die Vertretung eugenischer und rassenhygienischer Ideen vor.
Das Frauenwahlrecht bezeichnete Wagner-Jauregg als „Entartung“. Diese und andere Vorwürfe, erhoben in dem Bericht einer Historikerkommission zur Untersuchung der Ehrengräber auf dem Wiener Zentralfriedhof von 1938 bis 1945, führten zu einer umfangreichen Untersuchung, die vom Land Oberösterreich in Auftrag gegeben wurde. Nach deren Bericht (siehe den unten stehenden Weblink) war Wagner-Jauregg zwar gesellschaftspolitisch konservativ und unterstützte als Mitglied die Großdeutsche Volkspartei. Sein erst wenige Monate vor seinem Tod gestellter Antrag auf Mitgliedschaft in der NSDAP wurde aber postum „wegen Rasse ... zurückgestellt“ (Wagner-Jaureggs erste Frau war Jüdin gewesen). Der Nobelpreisträger vertrat, dem Zeitgeist entsprechend, auch eugenische Ideen, wurde aber in dem Bericht letztlich als „nicht historisch belastet“ eingestuft.

Publikation

  • Verhütung und Behandlung der Progressiven Paralyse durch Impfmalaria (im Handbuch der experimentellen Therapie, 1931).

Sekundärliteratur

  • Eissler, Kurt: Freud und Wagner-Jauregg vor der Kommission zur Erhebung militärischer Pflichtverletzungen, Wien : Löcker, 1979, Neuausgabe 2006
  • Whitrow, Magda: Julius Wagner-Jauregg (1857–1940). Facultas Universitätsverlag, Wien 2001.

Einzelnachweise

  1. Große Österreicher,Ueberreuter,1985, Hrsg.Thomas Chorherr, Autorin: Pia Maria Plechl

Siehe auch

Weblinks


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