Kain und Abel

Kain und Abel
Dieser Artikel erläutert die biblische Gestalt Kain - für anderen Bedeutungen siehe Kain (Begriffsklärung).
Tizian: Kain und Abel. (1570/76, Santa Maria della Salute, Venedig)
Die Ermordung Abels durch Kain auf einem Gemälde von Jan van Eyck

Kain (hebr. קין‎, arabischقابيل‎ Kabil) ist gemäß der Erzählung der Bibel (1. Buch Mose) und des Korans der erste Sohn von Adam und Eva, den ersten Menschen, die Gott auf der Erde erschaffen hatte. In der biblischen Darstellung erschlug Kain seinen jüngeren Bruder Abel.

Inhaltsverzeichnis

Die biblische Darstellung

In Gen 4,1–24 EU findet sich die biblische Erzählung über Kain und Abel, die ältesten Söhne Adams und Evas. Kain, der Ackerbauer, war neidisch auf seinen Bruder Abel, den Hirten, weil Gott dessen Opfer vorzog. In der Folge kamen ihm böse Gedanken, er hörte nicht auf die Ermahnungen Gottes und erschlug schließlich seinen Bruder. Damit wurde er laut Bibel und Koran zum ersten Mörder. Kain wurde für seine Tat von Gott verstoßen, jedoch als Zeichen für die weitere Beschützung durch Gott mit dem so genannten Kainsmal versehen.

Die Erzählung von Kain und Abel folgt in der Bibel direkt auf die Geschichte vom Sündenfall. Beide Erzählungen sind parallel gestaltet. Während jedoch in der ersten Erzählung ein „vertikales“ Vergehen beschrieben wird (Menschen vergehen sich gegen Gott), wird nun ein „horizontales“ Vergehen beschrieben: Menschen töten sich gegenseitig.

„Kains Brudermord“ im Ulmer Münster von Hans Acker, um 1430

Gemäß dem biblischen Bericht zeugten Adam und Eva viele weitere Kinder. Kain übersiedelte in das Land Nod, wo er eine Familie und eine Stadt Henoch gründete.

Die Darstellung endet mit der Wiedergabe des Stammbaums von Kain, durch den das Wachsen der Menschheit verdeutlicht wird. Anders als bei den Nachkommen des Set, des nachgeborenen, dritten Sohns Adams und Evas, werden die Lebensalter dieser Urväter nicht angegeben. Da die Nachkommen Kains bis zur Sintflut aber nur sieben Generationen umfassen (Henoch, Irad, Mehujael, Metuschael, Lamech, und dessen Kinder), anstatt der neun Generationen nach Set, müssten die Kainiten sogar noch höhere durchschnittliche Lebensalter als diese erreicht haben. Zu Kains Nachkommen gehören Jubal, Stammvater der Zither- und Flötenspieler, Tubal-Kain, Stammvater der Schmiede, und Jabal, Stammvater der Hirten, sowie deren Schwester Naama.

Da laut (Gen 6 EU) in der großen Flut alle Menschen außer Noach und seiner Familie umkamen, stellte sich die Frage, wie die Söhne Lamechs zu Begründern wichtiger Berufsgruppen werden konnten. Dies wurde in der jüdischen Tradition beantwortet, indem man die (in der Bibel namenlosen) Frauen Noachs und seiner drei Söhne Sem, Ham und Jafet zu weiblichen Nachkommen Lamechs erklärte. Allerdings wurden die „Menschentöchter“, die mit den „Gottessöhnen“ die Nephilim zeugten, die Riesen und Helden der Vorzeit, ebenfalls traditionell mit den weiblichen Nachfahren Kains identifiziert, die entweder die Engel zum Abfall von Gott verleiteten, oder die frommen Nachfahren des Set zum Götzendienst verführten.

Noch in der Zeit der geteilten Königreiche von Israel und Juda existierte ein Stamm der Keniter (anscheinend ein Clan von nomadischen Wanderschmieden), die sich auf Kain zurückführten (Num 24,21 EU).

Legendarisches

Der Legende nach soll die Bluttat Kains in einer Grotte an dem Berg Jabal Arbain, nordwestlich von Damaskus, geschehen sein. Dort befindet sich heute eine kleine Moschee. Das angebliche Grab Abels befindet sich an der heutigen Autobahn zwischen Damaskus und Beirut, ca. 30 km vom Jabal Arbain entfernt.

Frühe Rezeptionsgeschichte

Von den ersten Christen wurde Abels Ermordung als Vorläufer aller Vergehen an Unschuldigen begriffen. Auch die Kreuzigung Jesu wird in diesen Zusammenhang eingereiht (vgl. Matth. 23,35; Luk 11,50-51) sowie die Christenverfolgungen im Römischen Reich. Im Judasbrief des Neuen Testaments wird Kain zum „Vater der Gottlosen“. Laut erstem Johannesbrief (3,12) stammt Kain vom „Bösen“ ab, was sich mit jüdischen Legenden trifft, die nicht Adam, sondern Satan zum Vater Kains machen. All diese Varianten widersprechen jedoch der biblischen Aussage. Denn hier bleibt der Schutz Gottes über Kain trotz der Tat bestehen.

In den ersten nachchristlichen Jahrhunderten bezog sich nach Angaben des Kirchenvaters Epiphanius von Salamis die gnostische Sekte der Kainiten auf Kain als Träger der Erkenntnis.

In den Apokryphen ist Kain auch unter dem Namen Diaphotos zu finden.

In seinen Antiquitates Judaicae beschreibt der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus, wie Kain die von Gott erschaffene einfache Ordnung des Lebens kompliziert machte, indem er Städte mit Mauern errichten ließ und zum Beispiel das Maß erfunden haben soll. Flavius' Darstellung Kains deckt sich streckenweise mit dem biblischen Bericht und teilt mündliche jüdische Tradition mit.

In der christlichen Kunst steht die Ermordung Abels durch Kain häufig als Symbol für den Opfertod Jesu Christi.

Neuzeitliche Rezeption

  • Die christliche Mystikerin Anna Katharina Emmerick beschrieb Kain als Stammvater der farbigen Menschen, wobei sie die dunkle Hautfarbe als das Kainsmal beschreibt, das auf den ganzen Leib überging. Auch soll Kain der erste Mensch sein, der Fleisch gegessen hat, da ihm die Erde verflucht worden sei. Er gründete eine Stadt, die nach seinem Sohn Henoch benannt wurde.[1]
  • Lord Byron verfasste 1821 eine dramatische Bearbeitung des biblischen Stoffes unter dem Titel Cain.
  • Der anarchistische Schriftsteller und Revolutionär Erich Mühsam gab vom April 1911 bis zum Juli 1914 sowie vom November 1918 bis zum April 1919 die politisch-literarische Zeitschrift Kain – Zeitschrift für Menschlichkeit heraus. Weiterhin trägt ein Kapitel in Hermann Hesses Demian den Namen Kain.
  • Die US-amerikanische Schriftstellerin Sydney Bristowe machte Kain in ihrem 1927 publizierten Roman Sargon the Magnificent zum mesopotamischen Herrscher Sargon von Akkad (ca. 2350-2279 v.Chr.).
  • John Steinbeck versetzte die biblische Geschichte in seinem Roman East of Eden in den Kontext Kaliforniens im 19. und frühen 20. Jahrhundert.
  • In den Romanen von Karl Edward Wagner tritt die Figur des Kain als unsterblicher Krieger Kane auf. Die Strafe Gottes ist dort die Unsterblichkeit. Kain ist dazu verdammt, ewig zu leben und ansehen zu müssen, wie die Menschen, die er liebt, sterben. So wird Kain doppelt bestraft.
  • Jakob Lorber erzählt in den Büchern Die Haushaltung Gottes (3 Bände) von Kain (Cahin) und Henoch und dessen Stadt und einer zuletzt technisch hochstehenden Zivilisation, die durch die (selbst verschuldete) Sintflut untergegangen ist und deren Zentrum dort lag, wo sich heute das Kaspische Meer befindet.[2]
  • Die deutsche Rockgruppe Subway to Sally veröffentlichte am 15. April 1996 auf ihrem Album Foppt den Dämon! ein Lied namens Kain, in dem er seinen Bruder aus „Hass, Verzweiflung, Gier und Verrat“ auf dem Feld erschlug.

Siehe auch

Literatur

  • George Gordon Byron: Kain – ein Mysterium. Superbia-Verl., 2005 – ISBN 3-937554-07-6
  • Manuel Vicent: Mein Name ist Kain. Residenz-Verl., 1991 – ISBN 3-7017-0695-6
  • Dieter Wyss: Kain – eine Phänomenologie und Psychopathologie des Bösen. Königshausen und Neumann, 1997 – ISBN 3-8260-1390-5
  • Jakob Lorber: Die Haushaltung Gottes, Lorber Verlag, 1981 – ISBN 3-87495-200-2
  • Die Apokryphen: Verborgene Bücher der Bibel. Weltbild-Verl., 2006 – ISBN 3-86047-474-X

Quellen

  1. Emmerich, Geheimnisse des Alten und Neuen Bundes, Kapitel 5
  2. Lorber, Die Haushaltung Gottes, Band 1, Kapitel 24

Weblinks


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