Kaiserschimmel

Kaiserschimmel
Lipizzaner
Wichtige Daten
Ursprung: Lipica, bei Gründung Inner-Österreich, heute Slowenien
Hauptzuchtgebiet: ehemalige k.u.k. Monarchie Österreich-Ungarn
Verbreitung: gering, gefährdete Haustierrasse
Stockmaß: 155–165 cm
Farben: Milch-Schimmel, selten Braune, Rappen, Füchse und Falben
Haupteinsatzgebiet: Reit- und Fahrpferd

Der Lipizzaner, dieser Name taucht 1786 zum ersten Mal auf, ist die älteste Kulturpferderasse der Welt. Der Karster, wie er früher genannt wurde, ist eng mit dem Hause Habsburg verbunden. Den Namen bekam diese Rasse vom Gestüt Lipica, einem ihrer Zuchtstätten in der ehemaligen Habsburger Monarchie.

Inhaltsverzeichnis

Für Hintergrundinformationen zur Pferdebewertung und -zucht siehe: Exterieur, Interieur und Pferdezucht.

Exterieur

Die meisten Lipizzaner (etwa 95% im Gestüt Lipica) sind Schimmel, haben also als Fohlen eine dunkle Farbe und werden mit vier bis zehn Jahren als ausgewachsene Pferde weiß. Es kommen aber auch vereinzelt andere Fellfarben vor. Heute gibt es neben Schimmeln nur noch gelegentlich Braune, Rappen und Füchse, ursprünglich gab es bei den Lipizzanern jedoch auch alle anderen Farben bis hin zu Falben, Isabellen, Blauschimmeln, Schecken und Tigerschecken. Die Gemälde des Hoftiermalers Johann George von Hamilton zeugen von dieser Farbenvielfalt.

Der Typ des Lipizzaners hat sich gute 300 Jahre lang nicht wesentlich verändert. Er wirkt elegant, mittelgroß und kompakt; kurz gesagt athletisch. Härte und Ausdauer zeichnen ihn aus. Hals, Kopf und Schultern passen sehr gut aufeinander. Das Stockmaß liegt heute meist zwischen 155 und 165 cm. Der Lipizzaner trägt heute nur mehr vereinzelt einen markanten Ramskopf bzw. eine Ramsnase, was auf den alt-spanischen Einfluss zurückzuführen ist. Seine Hinterhand ist stark bemuskelt, die Fesselung schräg. Die Hufe sind aufgrund der Aufzucht auf Karstböden überaus hart und sehr wohlgeformt. Mähne und Schweif sind ausgeprägt und feinhaarig, allerdings weniger üppig als bei Andalusiern. Der Rücken ist mittellang bis lang und kräftig (entsprechend den unterschiedlichen Anforderungen an die zwei Zuchtziele Reitpferd versus Zugpferd). Die Bewegungen des Lipizzaners wirken graziös und sind durch einen federnden Gang ausgezeichnet. Er ist in der Gesamterscheinung hoch aufgerichtet. Er ist für einen guten Galopp geschaffen, der jedoch vielfach erst durch Gymnastizierung gefördert werden muss, doch seine Knieaktion neigt dazu, hoch zu sein, was zu einer guten Kadenz in Piaffe und Passage führen kann; zudem ist wenig Widerrist vorhanden.

Interieur

Der Lipizzaner präsentiert sich grundsätzlich munter und freudig. Sein Charakter ist freundlich und ausgeglichen; ruhig aber eifrig. Der Zucht liegt eine angenehme Rittigkeit zugrunde. Er lernt schnell und arbeitet mit Eifer. Trotz des gutmütigen Wesens hat er eine auffällige Ausstrahlung zu eigen und ebenso eine gehörige Portion Mut. All diese positiven Interieureigenschaften resultieren aus einer systematischen Jahrhunderte langen Selektion auf eben diese Leistungsmerkmale. Die Ausbildung an der Spanischen Hofreitschule war zugleich Leistungsprüfung. Nur Hengste, die sich durch ihre Leistungsbereitschaft und Intelligenz bewährten, wurden zur Zucht herangezogen.

Verwendung

Lipizzaner, österreichische Zucht
Courbette, Gemälde von Ludwig Koch

Lipizzaner sind bekannt für ihren Einsatz in der klassischen Dressur an der Spanischen Hofreitschule. Besonders die Schulsprünge und Lektionen der Hohen Schule fallen dieser Pferderasse, auch durch Selektion auf eben diese Fähigkeiten, besonders leicht. Einsatzschwerpunkte sind Dressur und Fahren, wobei hier unterschiedliche Zuchtziele zugrunde liegen, die beide von der Internationalen Lipizzanerzuchtvereinigung anerkannt sind. Obwohl aufgrund Ihrer Größe und hohen Kadenz im heutigen Dressur-Turnierreiten benachteiligt, sind einzelne Lipizzaner immer wieder erfolgreich auf Turnieren vorgestellt worden.

Zuchtgeschichte

Seit langem ist der Lipizzaner mit der Spanischen Hofreitschule in Wien gemeinhin assoziiert, in der Lipizzaner gemäß der klassischen Reitkunst ausgebildet werden, die im 16. Jahrhundert entstanden ist. Früher wurden sie für den kaiserlichen Hof gezüchtet - für Karussells, als Reit- und Paradepferde und als Kutschpferde.

Der Name Lipizzaner (die Schreibweise mit einem p und zwei z entstammt einem Schreibfehler, ursprünglich schrieb man "Lippizaner") stammt von seinem Stammgestüt Lipica in Slowenien. Lipica liegt in der Nähe von Triest, der italienische Name der Ortschaft lautet Lipizza. Im Jahre 1580 wurde mit Pferden der iberischen Halbinsel das Gestüt Lipica und die Rasse der „Spanischen Karster“ begründet. Der Lipizzaner führt spanisches, neapolitanisches und arabisches Blut, aber kein so genanntes "bodenständiges Karster" Blut.

Der raue, karge, gebirgige Karst, in dem Lipica liegt, hat bei den Lipizzanern Langlebigkeit, Gesundheit, starke Knochen, harte Hufe, Zähigkeit und Widerstandsfähigkeit bewirkt. Im Bundesgestüt Piber werden die jungen Lipizzaner deshalb den ganzen Sommer auf Hochalmen mit rauer, karger und steiniger Umgebung gehalten.

Bei der im Jahre 1915 erfolgten kriegsbedingten Evakuierung aller Lipizzaner aus Lipizza, wurde die Herde aufgeteilt. Ein Teil (der Kleinere) ging nach Kladrub, der andere Teil verblieb in Österreich, wurde aber nach dem Ersten Weltkrieg wieder nach Lipizza (jetzt Italien und ein Gewinner des Krieges) gebracht. Italien beanspruchte auch die Pferde aus Kladrub, da aber die Tschechen auch auf Seiten der Kriegsgewinner waren, haben sie die Pferde aus Kladrub aber nie an Italien abgetreten. Später kam diese Lipizzaner Herde nach Topol'cianky (heute Slowakei). Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurden alle Gestüte im Einflussbereich der deutschen Wehrmacht nach Hostau evakuiert, auch Lipizza. Nach dem Krieg wurden die Pferde aus Lipizza zwischen Italien und Österreich aufgeteilt. Die Nachkommen der italienischen Pferde werden heute in Monterotondo weitergezüchtet.

Das Gestüt Piber versorgt die Spanische Hofreitschule in Wien mit den bekannten Schulhengsten. Auch in Lipica findet sich heute wieder eine bedeutende Zucht mit einer eigenen Reitschule.

Während der verschiedenen „Umzüge“ die die Lipizzanerzucht – meist im Rahmen von Kriegen – erfahren hat, blieben regelmäßig Tiere zurück, mit denen dann auch teilweise durch private Züchter weitergezüchtet wurde. Eine systematische, auch auf Reit- (und nicht nur Fahr-)zwecke gerichtete Zucht durch Privatzüchter ist allerdings erst deutlich nach dem zweiten Weltkrieg zu erkennen. Gründungen von Zuchtverbänden aus Privatzüchtern, wie von anderen Rassen längst bekannt, sind sogar noch jüngeren Datums. Dennoch gibt es mittlerweile in vielen Ländern Europas, in den USA, Südafrika und Australien Zuchtverbände, die sich zusammen mit den großen Staatsgestüten zu einem internationalen Lipizzanerverband (Lipizzan International Federation) zusammengeschlossen haben.

Lipizzanergestüte und Stätten im Gebiet des ehemaligen Österreich-Ungarn (Blau: Kladrub)

Daher werden Lipizzaner heute in ganz Europa gezüchtet, weiterhin vor allem aber in den staatlichen Bundesgestüten des ehemaligen Österreich-Ungarischen Reiches in:

Große Privatzüchter sind u.a.:

  • Tempel Farms (Illinois, USA)
  • South African Lipizzaner Center (Johannesburg, Süd Afrika)
  • Haras des Launes (la Roque d'Anthéron, Frankreich)

Brandzeichen

Aufgrund der zahlreichen staatlichen Gestüte in verschiedenen Ländern und der Privatzuchtverbände gibt es für Lipizzaner keine einheitliche Brennung, wenn auch bestimmte Traditionen von zumindest den größeren Gestüten ähnlich gehandhabt werden. Im folgenden sollen die wichtigsten Brände beschrieben werden, soweit Informationen vorliegen.

  • Piber: linke Kruppseite: "P" mit Krone darüber; linke Sattellage: Linienbuchstabe des Vaters, rechts Nummer, darunter Liniensymbol der Mutter; rechte Sattellage: Fohlenregisternummer; linke Ganasche: "L"
  • Lipica, Monterotondo: li. Sattellage: Lebensnummer; li. Ganasche: "L"
  • Topoľčianky: li. Kruppseite "STR" mit nach oben versetztem "T"; li. Sattellage: Linienbuchstabe des Vaters, rechts davon Nummer, darunter Liniensymbol der Mutter; re Sattellage: Fohlenregisternummer; bei Stuten: li. Kruppseite:
  • Szilvásvárad:li. Sattellage: Linienbuchstabe des Vaters, Nummer (bei Hengsten), Liniensymbol der Mutter, darunter Fohlenregisternummer; re. Sattellage: "B" zwischen zwei Geweihschaufeln, rechts davon Geburtsjahr (zwei Ziffern)
  • Simbata de Jos: li. Sattellage: Linienbuchstabe des Vaters, schräg rechts darunter Liniensymbol der Mutter, schräg rechts darüber Nummer (bei Hengsten); re. Sattellage: Fohlenregisternummer, "F" (für Fagaras)
  • Dakovo: li. Kruppseite: "D" mit Querstrich durch die senkrechte Linie;
  • Lipik: li. Kruppseite: "L" mit Querstrich, li Sattellage:
  • LIpizzanerzuchtverband Deutschland: aktuell li. Kruppseite: barockes "L", Fohlennummer
  • Zuchtverband Slowenien: li Schulter: Lindenblatt; li. Sattellage: Nummer

Die Linienbuchstaben der Vater sind je nach Gestüt unterschiedlich ausgeführte, verschnörkelte Formen der Anfangsbuchstaben der Hauptlinien, als "C": Conversano, "F": Favory, "J": Incitato, "M": Maestoso; "N": Neapolitano, "P": Pluto, "S": Siglavy, "T": Tulipan.

Die Linienzeichen der Abstammungslinien der Mütter, also der Linie deren Väter, sind demgegenüber graphische Symbole: Conversano: ein Kreis oder eine Ellipse mit einem Querstrich; Favory: ein Rechteck; Incitato: ein nach oben offener Kreis; Maestoso: eine Krone bzw. "M"; Neapolitano: verschiedene Diagonalkreuze (ein oder zwei Schwerter symbolisierend); Pluto: Wellenlinie; Siglavy: schräger Pfeil oder Dreieck; Tulipan: nach oben offener Kreis mit senkrechtem Strich darunter

Die Nummern können durchlaufende Fohlennummern sein, die in aufsteigender Folge vergeben werden, Hengstnummern, die die Nummerierung des Hengstes in seiner Linie zeigen ("der dritte Siglavy") oder Fohlenregisternummern, die jahresweise vergeben werden (?).

Der L-Brand ist ein Zeichen des Stammgestütes. Den Traditionsbrand erhalten nur in Piber, Monterotondo oder Lipica gezüchtete Lipizzaner. Dieses L scheint auf Kaiser Leopold I. zurückzugehen, wenn es natürlich auch gut zu "Lipica" passt.

Lipizzaner in Lipica auf der Weide

Stammväter

Im 18. und 19. Jahrhundert sind sechs Hengste nach Lipica verbracht worden, die aufgrund ihrer Bedeutung für die Zucht der Lipizzaner benennungstechnisch zu Stammvätern gemacht worden sind. Seit damals wird unter Berücksichtigung der von diesen Hengsten abstammenden Linien gezüchtet, wobei die männlichen Nachkommen nach der Stammlinie ihres jeweiligen Vaters benannt werden. Die sechs Linien sind benannt nach diesen Hengsten (Datum der Geburt):

  • Pluto (Frederiksborger war weiß, aber vermutlich kein Schimmel sondern ein weiß geborener Tigerschecke, rein spanisch gezogen, 1765)
  • Conversano (neapolitanischer Rapphengst, rein spanisch gezogen, 1767; aus der Zucht des Haus Acquaviva[1], einem im 10. Jh. aus Bayern nach Italien umgezogenen Adelsgeschlecht)
  • Maestoso (Kladrub, rein spanisch gezogen, 1773)
  • Favory (Falbe, Kladrub, rein spanisch gezogen, 1779)
  • Neapolitano (brauner Neapolitaner, rein spanisch gezogen, 1790)
  • Siglavy (rein arabischer Schimmel, Syrien, 1810)

Von den ursprünglichen 23 Stutlinien befinden sich heute nur noch 14 in Piber selbst.

Weitere Hengste haben nur in bestimmten Gestüten zu weiteren Stammlinien geführt (Incitato, Tulipan).

Slowenische 20-Cent-Münze

Münzen

Ein Lipizzaner mit Reiter war bis zur Euro-Umstellung auf den österreichischen 5-Schilling-Münzen abgebildet. Ebenso befinden sich Lipizzaner auf der slowenischen 20-Cent-Münze.

Sonstiges

Die Evakuierung der Lipizzaner nach dem zweiten Weltkrieg aus dem russisch besetzten Bereich ist als "Rettung der Lipizzaner" vor allem in die amerikanische Alltagskultur eingegangen (wobei US-Verbände maßgeblich am Transport beteiligt waren) und hat zu deren Bekanntheitsgrad in den USA beigetragen. Zu dieser Aktion ist ein Film ("Die Flucht der weißen Hengste") gedreht worden, in dem Robert Taylor den damaligen Leiter der Spanischen Hofreitschule, Alois Podhajsky spielt und von diesem gedoubelt wurde.

1944 wurden einige Lipizzaner von Graf Jankovich-Besan nach Südafrika gerettet. Dort wurde eine weitere Reitschule nach klassischem Vorbild gegründet.

Quellen

  1. http://www.murgesehorse.com/eng/index.uk.html

Literatur

  • Heinz Nürnberger: Auf den Spuren der Lipizzaner. 1998 Olms Ag Hildesheim, ISBN 3-487-08393-0
  • Heinz Nürnberger: Der Lipizzaner. 1993 Westarp Wissenschaften Magdeburg, ISBN 3-89432-404-X
  • Martin Haller: Lipizzaner. 2003 Cadmos Verlag Brunsbek, ISBN 3-86127-384-5
  • Ilona Kirsch: Lipizzaner - Individualisten für Idealisten - ein Rasseportrait abseits von Glanz und Glamour. Fruehtau-Verlag Kiel, ISBN 3-9808715-1-7
  • Dr.Georg Kugler & Dr. Wolfdieter Bihl (Pichler Verlag, Vienna/2002 - ISBN 978-3854312840)

Siehe auch

Weblinks


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