- Kamelschreibweise
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Binnenmajuskel (die, Plural Binnenmajuskeln) oder Binnenversal, auch Binnenversalie, nennt man einen Großbuchstaben (Versalie, Majuskel) im Wortinnern (Binnen~).
Eine Sonderform, die Auszeichnung der einzelnen Wortbestandteile bei zusammengesetzten Wörtern, wird als Kamelversalie bzw. Camel Caps (engl. „Kamelgroßbuchstaben“) oder CamelCase („KamelSchrift“) bezeichnet, weil die Binnenmajuskeln wie Kamelhöcker aussehen. Beispiele sind „SonnenStudio“, „SparAktion“ oder gar „BlumenErde“ [1].
Inhaltsverzeichnis
Verwendung
Die weitaus verbreitetste Form der Binnenmajuskel in Lateinschriften ist, die Auszeichnung des Anfangsbuchstabens durch eine Majuskel vom ganzen Wort auf die einzelnen semantischen Bestandteile (Lexeme) auszudehnen, also morphologische Kriterien auch orthographisch zu kennzeichnen. Die daraus resultierende Schreibweise trägt den englischen Namen camel caps („Kamel-Großbuchstabe“; caps ist die Kurzform von capitals, „Großbuchstaben“), auch camelcase (in Anspielung auf upper/lower case, englisch für „Groß-/Kleinschreibung“), als Verdeutschung Kamelschreibweise oder Höckerschreibweise. In Lernmaterialien zu Programmiersprachen ist häufig auch der Anglizismus Mixedcase zu finden (dann zur Demonstration oft auch selbst mit Binnenmajuskel: MixedCase).
Verwendung im Deutschen
Im Deutschen finden sich Binnenmajuskeln bei verschiedenen Autoren der Zeit vor der Vereinheitlichung der Rechtschreibung, die konsequent bei zusammengesetzten Substantiven alle Teilwörter großschrieben („RechenMaschine“). Aus anderen Gründen zu einer Binnenmajuskel führte die „Größer-als-Großschreibung“ der Namen Gottes (GOtt, HErr), die vor allem während des Barocks weit verbreitet war. In der Lutherbibel dient die Binnenmajuskel E in HErr (neben der durchgehenden Schreibweise in Versalien: HERR) bis heute zur Unterscheidung des Gottesnamens JHWH (gesetzt als HErr) vom allgemeinen „Herrn“ (hebr. adnj). Als Beispiel siehe Hesekiel 13 (Lutherbibel).
Nach den heutigen Rechtschreibregeln sind Binnenmajuskeln nicht zulässig, finden jedoch seit einiger Zeit immer größere Verbreitung, insbesondere bei Markennamen und in der Werbung. Häufig werden sie in Produktnamen verwendet, weil eine besondere Schreibweise als Markenname geschützt werden kann, z. B. NetCologne. Ein bekanntes frühes Beispiel aus dem Englischen ist CinemaScope. Vorreiter in Deutschland waren frühzeitig der Computerhersteller Apple beim Mac OS (ColorSync, AirPort, MacCheck) und später die Deutsche Bahn mit Begriffen wie BahnCard und RegionalExpress. Auch die FernUniversität in Hagen verwendet diese Form der Namensdarstellung.
Eine besondere, weit verbreitete Form der Binnenversalie ist das Binnen-I (z. B. LeserInnen). Es hat sich in den Medien der feministisch geprägten Szenesprache als Ersatz für das dort unerwünschte generische Maskulinum eingebürgert, auch wenn verschiedene regelkonforme geschlechtsneutrale Schreibweisen existieren (z. B. Leser/-innen, Leser(innen) oder Leserinnen und Leser).
Eine Binnenmajuskel entspricht in den meisten Fällen nicht der deutschen Rechtschreibung und ist damit aus formaler Sicht falsch. Eine der wenigen Ausnahmen bilden Eigennamen (GutsMuths, McPherson, DeJong).
Beispiele
Diese Aufstellung nach dem Nachweisjahr zeigt, dass die CamelCaps über die Informationstechnik in den Sprachgebrauch gefunden haben, und sich ab etwa 1995 auch auf andere Bereiche auszudehnen begannen.
- 1953: CinemaScope
- 1969: CompuServe
- 1972: PolyGram
- 1975: MicroSoft (heute: Microsoft)
- 1979: VisiCalc
- 1982: AutoCAD, WordPerfect
- 1983: NetWare
- 1984: LaserJet
- 1985: PageMaker
- 1987: EuroCity, in der Folge auch InterCity (ursprünglich Intercity) und InterRegio sowie weitere Zuggattungen
- 1991: QuickTime, PowerBook
- 1992: OutKast, ThinkPad, BahnCard
- 1993: LinMot
- 1994: EarthLink, PlayStation
- 1995: easyJet, GoldenEye, FrontPage, eBay (im Logo als "ebaY" buchstabiert)
- 1997: AppleWorks
- 1998: iMac, DaimlerChrysler, PricewaterhouseCoopers, BayArena
- 1999: BlackBerry, CloneCD, ExxonMobil, SpongeBob, ThyssenKrupp
- 2000: iPod, OpenOffice.org, FedEx (vorher Federal Express), GlaxoSmithKline
- 2001: iTunes, GameCube, iDrive, BitTorrent, JadeWeserPort
- 2002: ConocoPhillips, RedEye, MediaWiki (2001?)
- 2006: MacBook, iTV
- 2007: iPhone
- 2008: HafenCity, offizieller Stadtteilname in Hamburg [2]
Da diese Art, Begriffe zu schreiben, sehr in Mode gekommen ist, passiert es immer häufiger, dass Binnenmajuskeln auch fälschlicherweise eingesetzt werden: TransAmerica (Transamerica), FireFox (Firefox), UseNet (Usenet), TimeWarner (Time Warner), GameBoy (Game Boy), MicroSoft (Microsoft, ursprünglich korrekt, oft MS abgekürzt), MacWorld (Macworld), KarmelKorn (Karmelkorn), PhotoShop (Photoshop, ursprünglich korrekt) und BlackBox (Black Box).
Verwendung in anderen Sprachen
In einigen Bantusprachen wie isiZulu, isiXhosa und isiNdebele bezeichnet ein Großbuchstabe den Beginn des Wortstammes, wenn dieser ein Eigenname ist. Auch im Irischen wird der Wortstamm gebeugter Wörter, die ein Präfix erhalten, durch einen Großbuchstaben verdeutlicht. So bedeutet Sliabh na mBan „Berg der Frauen“, wobei mBan die gebeugte Form von Bean ist. Bestimmte traditionelle Schreibungen von Familiennamen kennen die Binnenmajuskel. Beispiele sind schottische Namen wie McDonald oder MacIntosh, irische Namen wie FitzGerald oder FitzPatrick sowie niederländische Namen wie DeJong oder DeCoster. Das niederländische IJ muss am Wortanfang als zwei aufeinanderfolgende Großbuchstaben I und J geschrieben werden. Beispiel: IJsselmeer. Dies ist technisch gesehen jedoch keine Binnenmajuskel, da <IJ> wie ein Buchstabe behandelt wird, und unterschieden werden muss von <I+J>. In der SAMPA-Lautschrift stellen Großbuchstaben bestimmte Laute dar. Im Italienischen kann ein Großbuchstabe im Wort stehen, wenn an einen Infinitiv das höfliche Personalpronomen der dritten Person angefügt wird, so z. B. in portarLe („Ihnen bringen“).
Verwendung in Programmiersprachen
Für Quelltexte von Computerprogrammen gibt es verschiedene Konventionen für die Verwendung von Binnenversalien in Bezeichnern (zum Beispiel die Ungarische Notation, aber auch persönliche Konventionen), oder Binnenversalien werden einfach verwendet, um lange Namen übersichtlicher zu machen („checkInputBuffer“). Diese Schreibweise hat sich durchgesetzt, weil Bezeichner normalerweise keine Leerzeichen enthalten dürfen. Eine alternative Lösung dieses Problems ist die Verwendung des Unterstrichs oder Bindestrichs anstelle von Leerzeichen. Welche Variante verwendet wird, hängt vom Programmierstil ab. In Java und Basic ist die Verwendung von Binnenmajuskeln bei der Benennung von Methoden und Variablen gebräuchlich. Die Variante mit dem Unterstrich findet man in C, Perl und vermehrt in PHP (bis zu Version 4, danach blieb die Variante nur aus Gründen der Kompatibilität enthalten). In Sprachen aus der Lisp-Familie ist der Bindestrich üblich.
Wenn man von CamelCase spricht, dann ist meist die lowerCamelCase-Variante gemeint, bei der der erste Buchstabe kleingeschrieben ist. Oft findet man aber auch die UpperCamelCase-Variante – auch PascalCase genannt, bei der der erste Buchstabe großgeschrieben wird. In der .NET-Welt ist es üblich für lowerCamelCase Variante einfach von CamelCase und für die UpperCamelCase Variante von PascalCase zu sprechen.[3]
Wiki-Links
Auch einige Wiki-Systeme verwenden Binnenversalien, um Links innerhalb des Wikis zu erzeugen, man spricht hier von CamelCase-Verlinkung. Prominente Beispiele dafür sind das MoinMoin, WikiWikiWeb, UseModWiki und TWiki-Software. Auch MediaWiki – die Software unter der Wikipedia betrieben wird – unterstützt diese Schreibweise für wiki-interne Links, allerdings ist sie standardmäßig deaktiviert.
Literatur
- Joachim Grzega: Eigentümliche Schreibgebräuche. Zur Verwendung von Apostrophen und inneren Großbuchstaben. In: Joachim Grzega: Sprachwissenschaft ohne Fachchinesisch. 7 aktuelle Studien für alle Sprachinteressierten. Shaker Verlag, Aachen 2001, ISBN 3-8265-8826-6, S. 57-70.
Weblinks
Einzelnachweise
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