Kammerdiener

Kammerdiener
Kammerdiener (Radierung von Abraham Bosse, 17. Jh.)

Ein Diener (auch Hausdiener oder Kammerdiener, beim Adel oft Leibdiener, bei Monarchen auch Kammerhusar) ist im herkömmlichen Sinne ein Mitglied des Hausgesindes (veraltet: ein Domestike), also ein abhängig Arbeitender, der für seinen Arbeitgeber oder Dienstherrn bestimmte häusliche Pflichten erfüllt, die dieser nicht ausüben kann oder möchte.

Inhaltsverzeichnis

Kennzeichnung

Dazu gehören üblicherweise das Vorlegen, Reinigen und Bügeln der Kleidung, Rasur, Frisur, Maniküre, der Einkauf sowie diverse Botengänge; teilweise auch das Putzen, Waschen und Kochen. Manchmal führten Diener auch den Haushalt ihres Herren (als „Wirtschafter“) oder waren als Kämmerer, als Kammerherren oder Kammerdiener beschäftigt – alles Tätigkeiten, die von in der gesellschaftlichen Rangordnung höherstehenden Menschen als „nicht standesgemäß“ eingestuft werden.

Der Arbeitstag eines Dieners dauerte üblicherweise 17 oder mehr Stunden. Frei hatte er einen halben Tag pro Woche, zumeist am Sonntagnachmittag.

Seit den Zeiten der ersten Früh- und Hochkulturen hat es Hausdiener gegeben, die in der Regel im Abhängigkeitsverhältnis der Sklaverei untergeordnet waren, allerdings auch den sozialen Aufstieg als Freigelassene erlangen konnten.

Ein Kammerdiener reicht seinem Herrn eine Zeitung auf einem Tablett. (Deutschland, um 1900)

Ein gewisses Vertrautheits- oder Vertrauensverhältnis und die Einhaltung zeremonieller, höfischer Etikette haben dabei stets eine große Rolle gespielt. Für Hausdiener, die direkten Kontakt mit ihrer Herrschaft hatten, waren Eigenschaften wie Höflichkeit, Treue, Aufrichtigkeit, Diskretion und Unterwürfigkeit wichtig. An manchen Kaiser- oder Königshöfen waren die Kammerherren oder Kammerdiener diejenigen, die direkten Zugang zu ihrem Herrn hatten und die das Privatleben des Herrschers bis ins kleinste Detail kannten. Seit der Neuzeit weitgehend in ein Lohnverhältnis umgewandelt, änderte sich an den Aspekten des Dienstverhältnisses nicht mehr viel zum Positiven. Die Redensart „der Diener seines Herrn“ beschreibt immer noch die zum Teil sklavische Verbundenheit oder das Unterwürfigkeitsgepräge des Verhältnisses.

England

Die Dienerschaft in einem englischen Haushalt war streng hierarchisch organisiert. An der Spitze stand der Butler, dem insbesondere organisatorische Aufgaben zukamen. Die restliche männliche Dienerschaft war aufgeteilt zwischen den Footmen und den Valets.

Ein Valet, auch Gentleman's Valet, stand als Gegenstück zur Lady's Maid zur ständigen persönlichen Verfügung eines männlichen Familienmitglieds. Ihm kamen Aufgaben wie An- und Umkleiden, Bedienung außerhalb der Essenszeiten und persönliche Besorgungen zu. Oft war der Valet weitaus häufiger mit einem Hausherrn zusammen als dessen Ehefrau.

Der Footman hingegen hatte allgemeinere Aufgaben: er servierte bei Tisch, schenkte Getränke aus oder kümmerte sich um Gäste. Da er oft (im Gegensatz zum „privaten“ Valet) repräsententative Aufgaben übernahm, war es wichtig, das er groß, jung und gutaussehend war - ein größerer Footman konnte für seine Dienste mehr Lohn verlangen. Footmen verließen den Dienst mit fortschreitendem Alter oder stiegen zum Butler auf.

Theater

Die Figur des Dieners ist eine traditionelle Figur des Theaters, insbesondere der Komödie. Sie hat ihren Ursprung in den Sklavengestalten des antiken Theaters. Die Commedia dell'Arte schuf zwei verschiedene Dienertypen: Dem schlauen Intriganten einerseits stand der naive Tölpel andererseits gegenüber. Im 18. Jahrhundert bildete sich ein neuer Dienertyp heraus: In der italienischen Komödie wie Carlo Goldonis Der Diener zweier Herren (1745) und in der Opera buffa, etwa Leporello in Don Giovanni (1787) oder Figaro in Der Barbier von Sevilla (1775) und Die Hochzeit des Figaro (1784) spielen die Diener häufig den komischen, karikierenden Gegenpart zu ihren Herren. Hier traten, am Vorabend der Französischen Revolution, die Diener, welche zuvor nur als Randfiguren erschienen, immer mehr selbst in den Mittelpunkt des Geschehens.

Im 19. Jahrhundert dagegen trat die Dienerfigur, nun meist als Kammerdiener, wieder in ihre traditionelle Funktion zurück. Im Theater stellte der Diener als bevormundender Butler die Verhältnisse auf den Kopf. Erst im 20. Jahrhundert machten Hugo von Hofmannsthal in Der Unbestechliche (1923) und Bertolt Brecht in Herr Puntila und sein Knecht Matti (1940) erneut das Verhältnis des Dieners zu seinem Herrn zum Hauptthema.

Übertragene Bedeutung

Als Diener (einen Diener machen) wird auch die männliche Höflichkeitsform einer tiefen Verbeugung bezeichnet. In weniger expliziter Form, als Verbeugung, besteht sie bis heute fort. Ihr entspricht bei Mädchen der allerdings kaum mehr gebräuchliche Knicks.

Ein Stummer Diener ist ein Möbelstück in Form eines kleinen Gestells im Schlaf- oder Ankleidezimmer, auf dem man ein Jackett oder einen kompletten Anzug hängen kann, ohne dass die Bügelform verloren geht.

Diener! wird als gesprochene Grußformel im Itzgründischen verwendet.

In der lateinischen Form Servus ist der Begriff als Grußformel in weiten Teilen Süddeutschlands sowie in Österreich geläufig.

Bekannte Diener

Fiktive Diener

  • James Stevens - Butler im Hause Lord Darlingtons. Eine Figur des berühmten Romans von Kazuo Ishiguro The Remains of the Day (Was vom Tage übrigblieb, 1989)

Literatur

  • Thorsten Heese: Von Mohren und Menschen. Der afrikanische Diener der Äbtissin Johanna Charlotte. In: Historisches Jahrbuch für den Kreis Herford, 1997, S. 67–78
  • Dorothea Klenke: Herr und Diener in der französischen Komödie des 17. und 18. Jahrhunderts. Eine ideologiekritische Studie. Lang, Frankfurt, u. a. 1992, ISBN 3-631-44456-7
  • Heinrich XXVIII. Prinz Reuß zu Köstritz: Der korrekte Diener. Handbuch für Herrschaften und deren Diener. Parey, Berlin, 1900 (Volltext bei Wikisource)

Siehe auch

Weblinks


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