Kani juni kai

Kani juni kai

Als Hofrang wurde in Japan von der Nara- bis zur Heian-Zeit (Anfang 8. bis Ende 12. Jahrhundert) die gesellschaftliche Stellung der dem Tennō dienenden Beamten, meist Adeligen, zur Zeit der direkten Kaiserherrschaft bezeichnet. Die durch die Ränge geschaffene Stratifizierung war ein wichtiger Teil des im Rahmen des Taihō-Kodex geschaffenen Verwaltungssystems Ritsuryō.

Inhaltsverzeichnis

Klassifizierung der Adeligen und Beamten

Die Rangfolge der Adeligen richtete sich in der japanischen Frühzeit nach dem ihren Familienverbänden (uji) zukommenden erblichen Standestiteln (kabane).

Mützenränge

Kan’i jūni kai (jap. 冠位十二階) ist ein altjapanisches Rangsystem, das unter Shōtoku Taishi im Jahr 603 nach chinesischen Vorbildern geschaffen wurde. Es erlaubte, eine Person unabhängig vom kabane zu befördern oder degradieren.[1] Das Ernennungs- und Entlassungsrecht von Beamten der obersten drei Ränge hatte der Tennō inne, Beförderungen bei den Rängen 4 und 5 erfolgten nach Vorschlag der Kanzler.

Die Rangfolge der insgesamt 12 Klassen (sechs Grade mit jeweils einer höheren und einer niedrigerer Stufe) wurde durch die Farbe der „Mütze“ der Amtstracht unterschieden:

  1. 大徳 Daitoku (dunkles Violett)
  2. 小徳 Shōtoku (helles Violett)
  3. 大仁 Dainin (dunkles Braun)
  4. 小仁 Shōnin (helles Braun)
  5. 大礼 Dairai (dunkles Rot)
  6. 小礼 Shōrai (helles Rot)
  7. 大信 Daishin (dunkles Gelb)
  8. 小信 Shōshin (helles Gelb)
  9. 大義 Daigi (dunkles Weiß)
  10. 小義 Shōgi (helles Weiß)
  11. 大智 Daichi (dunkles Schwarz)
  12. 小智 Shōchi (helles Schwarz)

Bei Daigi und Shōgi gibt es in der modernen Forschung Diskussionen, wie man dunkles Weiß und helles Weiß unterschied.

Erstmals wurde dieses System 647 (13 Stufen) modifiziert. Im 5. Jahr Kōtoku (649) wurde ein 19-stufiges Rangsystem (kan'i) eingeführt. Die Unterscheidung erfolgte ebenfalls durch Kopfbedeckung.[2] Weitere Änderungen fanden bei der Ausarbeitung der Taika-Reformen 646 (26 Stufen) und 685 (12 der Kaiserfamilie vorbehaltene und 48 einfache Ränge) statt. Den Abschluss fanden diese bei 701 (18 fürstliche und 30 gemeine Stufen).

Die unteren Ränge waren jeweils in 4 Stufen unterteilt, z. B. „6. oberer“ bzw. „folgender“ Rang, mit je einer oberen und unteren Stufe. Die Ränge 1-3 waren nur in 2 Grade unterteilt. Weiterhin wurde zwischen „inneren“ (Beamte bei Hofe) und „externen“ Rängen (in der Provinz) unterschieden. Die ersteren erforderten u. a. Residenz der Familie in der Hauptstadt. Das System der klassenmäßigen Abstufung der Gesamtbevölkerung legt die Grundlage der späteren (erblichen) vierstufigen Gliederung im Shogunat.

Beamte und Ränge[3]

Aus den Rängen, die immer auch ein Gradmesser gesellschaftlicher Stufung sind, ergeben sich gewisse Pfründen und Privilegien (z.B. hinsichtlich Eskorten oder Ehrenbezeugungen). Zwischen Dienstposten und Rängen der Amtsinhaber bestand eine gewisse „Angemessenheit des Ranges“ (kan'i-sōtō). Der für die Übernahme eines Amtes erforderliche Hofrang konnte einem Kandidaten nach Vollendung des 25. Lebensjahres verliehen werden, bei entsprechend hohem kabane auch schon mit 21. Damit hing der Rang von der Herkunft und der Bildung des Kandidaten ab.

Die obersten drei Ränge bildeten den Kreis der Großwürdenträger, die kuge. Alle Ränge vom fünften aufwärts berechtigten den Inhaber ins Antlitz des Herrschers zu treten, sie bildeten die sogenannten denjōbito. In gewissen Fällen war es unumgänglich, einer verdienten Persönlichkeit den fünften Rang zu verleihen, jedoch ohne Vortragsrecht. Für diese Zwecke wurde 728 eine spezielle externe Stufe des „fünften folgenden Rangs untere Stufe“ geschaffen; anfangs mit gleichen Bezügen und Rechten wie die inneren Ranginhaber. Die Privilegien wurden später abgebaut. Gewöhnliche Höflinge und Beamte (jige) standen im 6.-8. Rang. Darunter gab es den Einstiegsrang Daisō-i.[4]

Als Sondergruppen zu betrachten sind postum verliehene Ehrenränge (zo-i), die der Familie des Verstorbenen bessere Versorgung sicherten. Dieser war normalerweise 3 Stufen höher als der des Verblichenen. Nach 718 wurden noch provisorische Ränge (shaku-i), meist an niedere Provinzbeamte verliehen, teilweise auch an Gesandte. Ordinierte buddhistische Mönche waren dem 6. Rang gleichgestellt.

Verdienstränge

Als militärisches Gegenstück zu den zivilen Rängen wurden Verdienstränge (kun’i), ebenfalls in 12 Stufen, die jedoch keineswegs gleichwertig waren, verliehen. Nach Abschluss eines Feldzugs wurde ein Meritenregister (kumbo) erstellt. Die direkte Erhebung in den 6. Rang erfolgte z.B. nach Ablieferung von 40 Feindesköpfen. Mit den Rängen waren keine Einkommen und wenige Privilegien verbunden. Ab dem 8. Rang erfolgte Steuer- und Fronerlaß, in der 9. Klase nur Fron- und Wehrpflichtbefreiung. Im 8. Jahrhundert erfolgten etwa 12000 Verleihungen, die meisten in den unteren Klassen. Im 9. Jahrhundert häufen sich Verleihungen an assimilierte (fu-shū, dt. „Unterworfene") Emishi, die oft gleichzeitig noch spezielle „Barbarenränge“ erhielten. Die Verleihungen enden mit dem Übergang von der allgemeinen Wehrpflicht zur kondei-Miliz.

Ausbildung

Die Ausbildung von Söhnen aus entsprechenden Familien unterstand dem Shikibushō, dem eine Daigaku - als „Verwaltungsfachschule“ mit bis zu 400 Studenten - nachgeordnet war. Der Zugang stand 13- bis 16-jährigen Kindern und Enkeln kaiserlicher Prinzen sowie solchen aus Familien des 5. Rangs oder höher automatisch offen. Angehörige des 6.-8. Rangs durften auf Antrag studieren, mussten in späterer Zeit jedoch eine Aufnahmeprüfung bestehen. Ab 730 sind Stipendien bekannt, die sich später in „Postgraduiertenstellen“ wandelten. Prüfungen fanden erstmals 702, danach immer im 2. und 8. Monat statt, jedoch wurde schon während der Ausbildung „gesiebt.“ Bestehen der abschließenden Kanzleiprüfung (ryō-shi) setzte Kenntnisse mehrerer der 13 chinesischen Klassiker voraus. Darauf folgte auf Vorschlag die „Ministerprüfung“ des „Reifen Talents“ bzw. „Kenner der Klassiker.“ Diese Prüfungen waren weniger umfangreich als ihre chinesischen Vorbilder. Der Hofrang war von der Examensnote abhängig. „Durchfaller“ und Relegierte konnten als Ausbilder der Söhne des Landadels in den Provinzen Verwendung finden. Weiterhin gab es noch Studenten der chinesischen Aussprache (myōon-dō), Schriftkunde (myōsho-dō), Rechtskunde (10; myōhō-dō), Literatur (monjō-dō) und Mathematik (30; san-sei). Später waren die Graduierten so zahlreich, dass ihre Dienstzeit auf vier Jahre begrenzt wurde. Insgesamt waren die Aufstiegschancen gering. Die Ausbildung war mehr für Söhne aus mittelrangigen Familien attraktiv, die der höchsten Ränge erhielten ihr Amt als Geburtsrecht. Verschiedene Professuren wurden im Laufe der Zeit innerhalb gewisser Klans erblich.

Dem Kunaishō nachgeordnet war das Tenyaku-ryō, das auch für die Ausbildung von Medizinern (9 Jahre für innere Medizin und Akupunktur, 7 Jahre für Chirurgen und Kinderärzte), Masseuren, Exorzisten (je 5 Jahre) und Apothekern zu sorgen hatte.

Weiterhin bestanden noch Schulen für Himmels- bzw. Kalenderkunde und Mantik (im onyō-ryō) sowie Geburtshilfe (für Frauen). Neben diesen staatlichen Stellen bestanden noch einige private Ausbildungsstätten, die ebenfalls auf die Beamtenexamina hinführten. Sie standen jedoch meist nur Angehörigen des Hochadels offen. Zwar sollte in jeder Provinz eine Ausbildungsstätte für den Landadel bestehen, deren Standards waren jedoch niedrig, mit Ausnahme der Lehranstalt des Dazaifu) in Kyushu.

Das staatliche Ausbildungssystem brach in der mittleren Heian-Zeit zusammen, die Ausbildung erfolgte dann ausschließlich in den privaten Lehranstalten der großen Familien. Den Versuch anderen Bildungsschichten Zugang zu wissenschaftlicher Ausbildung zu schaffen, unternahm 829 Kūkai, indem er in Heian-kyō eine Privatschule eröffnete. Dieses Experiment misslang.[5]

Bestallung

Erfolgreichen Absolventen wurden bei guter Abschlussnote entsprechende Einstiegsposten zugewiesen. Ansonsten war noch ein Vorbereitungsdienst zu leisten. Söhnen und Enkeln von Großwürdenträgern wurde ein Einstufungs-Bonus in Form eines „Schattenrangs“ zugestanden. Dabei wurde zwischen Haupt- und Miterben unterschieden. Einen Bonus konnte es auch bei „pietätvollen“ Söhnen geben. Dies führte dazu, dass durch Geburtsrecht Qualifizierte keine Ausbildung absolvierten. Nach 702 war das Bestehen einer Prüfung Voraussetzung der Bestallung. Kandidaten aus hofranglosen Familien wurden eine Stufe niedriger bestallt. Die Einstiegsränge waren meist höher als ihre chinesischen Äquivalente.

Beurteilung und Beförderung

Die Leistungen der Staatsdiener wurden von ihren Vorgesetzten jährlich, zu einem fixen Datum, beurteilt (kōbun; 9 Noten geregelt im Kōka-ryō). Das für die Beurteilung nötige Schreibmaterial musste von den Beurteilten selbst gestellt/bezahlt werden. Die Beurteilung richtete sich nach geleisteten Arbeitstagen (mindestens 240), sittlichem Verhalten und Pflichterfüllung (für die Leistungskataloge bestanden). Diese Benotung (kōtei) – gegen die Einspruch möglich war – wurde in einer Zeremonie bekanntgegeben, für die Anwesenheitspflicht bestand. In den unteren Rängen erfolgten Beförderungen pflichttreuer Beamter einigermaßen regelmäßig aufgrund entsprechender beim Ministerium eingereichter Listen. Distriktbeamte und militärische Führer wurden von den entsprechenden Provinzverwaltungen beurteilt (4 Noten). Beamte, die die schlechteste Note erhielten, waren sofort aus dem Amt zu entfernen.

Die Beurteilungen (langdienender „innerer“ Beamter) innerhalb einer Dienstperiode, die bis 705 im allgemeinen 6 Beurteilungszeiträume (), umfasste - nach 706 noch 4 - akkumulierten (kekkai) sich und führten in den Rängen unter 5 zu Beförderungen nach einem komplizierten Berechnungsmodus in den auch die Seniorität mit einfloss. Die Regeln wurden mehrfach geändert[6]. Für Provinzbeamte (auch beim Lehrpersonal hakase) galten einfachere Regeln, die Dienstperiode dauerte 10 (nach 706: 8) Jahre. „Externe“ Beamte hatten eine Anwesenheitspflicht von 140 Arbeitstagen, bei 12/10jährigen Dienstperioden, mit einem 3-stufigen Bewertungssystem. Des Weiteren bestanden noch Misch- und Sonderformen z.B. für Distriktbeamte im kinai oder Wachpersonal/Gefolge des Hochadels (200 Arbeitstage).

Besonders streng waren die Anforderungen für Beförderungen in den 5. Rang, und damit den Bereich leitender Positionen, sowie in den 3. Rang, den Zirkel der Großwürdenträger bzw. kuge. Derartige Beförderungen (in 3. Rang[7] oder höher) nahm der Tennō selbst vor. Solche in den 4. und 5. Rang (oder über mehr als 3 Stufen), erfolgten nach Vortrag auf kaiserlichen Befehl. In der ausgehenden Nara-Zeit entstand der Brauch Beförderungen am 7. Tag des 1. Monat vorzunehmen. Die Formalien für die Damen (nyōju'i[8]) des kaiserlichen Palastes, die dem „Nakatsukasashō“ (Zentralministerium) unterstanden, unterschieden sich nur unwesentlich, fanden jedoch unregelmäßiger statt.

Für Inhaber des mindestens 8. Zivilrangs oder 12. Verdienstranges bestand die Möglichkeit sich von Bestrafungen freizukaufen. Der Grundbetrag war 1 kin Kupfer bei Vergehen gegen Private, das doppelte gegen den Staat, für die Ablösung pro 10 Stockschlägen. (Abgelöste) Strafen flossen jedoch in die Beurteilungen von Beamten mit ein.

Nominell wurden die Ränge Höflingen bis 1871 weiterhin verliehen, sie waren jedoch schon zu Beginn des Ashikaga-Shōgunats - ebenso wie die Macht des Kaisers - bedeutungslos geworden.

1884-1945

Auch nach der Reform des japanischen Adels nach westlichen Vorbildern (Kazoku) 1884 wurden an japanische Staatsbürger weiterhin Hofränge (ikai oder kurai) verliehen. Diese hatten jedoch nur noch zeremoniell-symbolischen Wert. Auch wurde die Anzahl der Stufen verringert - es wurde nur noch in „wirkliche“ und „folgende“ Ränge unterschieden. Die neuen Adligen erhielten automatisch einen ihrem Adelsrang entsprechenden Hofrang, Barone z.B. wurden in den 4. Hofrang eingereiht. Der „erste wirkliche Rang“ wurde hohen Würdenträgern nur postum verliehen. Die seit Nakatomi no Kamatari († 669) übliche Praxis der Erhöhung am Sterbebett bestand also fort.[9]

Literatur

  • Ishihara Masaakira (1764-1821): Kan'i-tsūkō. (zu Mützenrängen)
  • Hans Dettmer: Die Urkunden Japans vom 8. ins 10. Jahrhundert. Band 1: Die Ränge. Wiesbaden 1972, ISBN 3-447-01460-1
  • Gerhild Endreß, Hans Dettmer (Hrsg.): Japanische Regierungs- und Verwaltungsbeamte des 8.-10. Jahrhunderts. Wiesbaden 1995/2000, 2 Bände, ISBN 3-447-04308-3 (A); (ohne Kenntnis von Dettmer, Die Urkunden Japans vom 8. ins 10. Jahrhundert nicht verständlich.)
  • J. I. Cramp: “Borrowed” T'ang Titles and Offices in the Yōrō-Code in: Occassional Papers (Michigan University) No. 2 (1952), S. 35-58

Quellen

Erst seit etwa 1967 wurden die Taihō-Ränge wissenschaftlich korrekt interpretiert, wobei zahlreiche Fragen zum Verhältnis zwischen Verdienstrang und Hofrang noch ungeklärt sind.

  1. Das Nihon Shoki XXII (Suiko 11/12/5) beschreibt die Einführung des Klassifizierungssystems.
  2. Nihon Shoki XXV (Taika 5/2)
  3. Der gesamte nachfolgende Abschnitt nach: Hans Dettmer: Die Urkunden Japans vom 8. ins 10. Jahrhundert.
  4. Dettmer, S. 17
  5. Hans Dettmer: Studium der japanischen Geschichte. Darmstadt 1987, ISBN 3-534-08876-X, S. 82f
  6. Keiun 3/2/16 [706]: Verkürzung der Dienstperiode; Tempyō Hōji 1/5/20 [757]: zu schnelle Beförderung in zu hohe Ränge; Tempyō Hōji 8/11/28 [764]: Wiederherstellung der vorigen Regelung (Keiun 372/16); Daidō 2/10/19 [807]: Regulierung des Kodex; Kōnin 6/7/17 [815]: Verbindlichkeit der Keiun-Regelung festgeschrieben. Abschließende Regelung im Engishiki.
  7. Die Namen und Ränge (mit zugehörigen Ernennungsdaten) der Amtsinhaber, die mindestens 3. Rang hatten, sind im Kugyō bunin überkommen.
  8. Vgl. Nyōin-shōoden; in: Kluge, I. L. (Hrsg.); Ostasiatische Studien, Berlin 1959 (Akademie); Der Beitrag Hermann Bohners gibt die Übersetzung dieses vor 1360 vollendeten Werks aus dem Gunsho-ruijō (Biographien). Der Inhalt beschränkt sich auf Kurzbiographien der Prinzessinnen und Kaisergemahlinnen bzw. deren Rangerhöhungen. Diese sind zwar strenggenommen Familienangelegenheiten der kaiserlichen Familie, jedoch waren die Formalien für alle Hofdamen analog gültig.
  9. Japan Peers

Siehe auch


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