Kapholländisch

Kapholländisch
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Afrikaans

Gesprochen in

Republik Südafrika, Namibia
Sprecher 6,44 Millionen (Muttersprachler)
6,75 Millionen (Zweit-oder Drittsprachler mit selben Sprachkenntnissen wie Muttersprachler)
12 - 16 Millionen (Zweit-oder Drittsprachler mit Grundkenntnissen für einfache Kommunikation) Oktober 2007
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache von Republik Südafrika
Anerkannte Minderheitensprache in: Namibia
Sprachcodes
ISO 639-1:

af

ISO 639-2:

afr

ISO 639-3:

afr

Afrikaans (wörtlich afrikanisch), früher auch Kapholländisch oder Kolonial-Niederländisch genannt, ist eine der elf Amtssprachen in Südafrika. Es gehört zum westgermanischen Zweig der indogermanischen Sprachen und ist aus dem Niederländischen entstanden. Seine Grammatik hat eine starke Regularisierung durchgemacht, und es ist die einzige germanische Sprache, die den Ablaut komplett abgebaut hat.

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung

Afrikaans wird hauptsächlich in Südafrika gesprochen, außerdem von kleineren Gruppen in anderen Staaten des südlichen Afrikas wie Namibia, Simbabwe, Botsuana, Lesotho, Malawi und Sambia.

Afrikaanssprecher in Südafrika

In Südafrika ist Afrikaans die Muttersprache von nahezu sechs Millionen Menschen oder 13 % aller Einwohner (laut den amtlichen Volkszählungsdaten von 2001). Damit liegt es unter den elf offiziellen Landessprachen hinter isiZulu und isiXhosa auf dem dritten Platz. Seit etwa Mitte der 1980er Jahre gibt es mehr nichtweiße als weiße Muttersprachler. Von allen Afrikaans-Muttersprachlern in Südafrika sind 53,0 % farbig, 42,4 % weiß, 4,2 % schwarz und 0,3 % asiatischstämmig (zur Unterscheidung siehe auch Demographie Südafrikas).

Nach dem aktuellen Community Survey 2007, sowie der Mid-Year Estimation 2007 und unabhängigen Umfragen und Informationen können nun erstmals seit 2001 genauere Schätzungen über die aktuelle Sprachsituation gemacht werden.

Muttersprachler Afrikaans
weiß 2,76 Millionen
farbig 3,44 Millionen
schwarz 0,24 Millionen
Inder unter 10 000
Gesamt 6.44 Millionen
Afrikaans-Zweitsprachler mit Sprachfähigkeiten von Muttersprachlern
weiß 0,88 Millionen
farbig 0,43 Millionen
schwarz 5,44 Millionen
Inder keine aktuellen Schätzungen
Gesamt 6.75 Millionen
Afrikaans-Zweit- oder -Drittsprachler mit ausreichenden Sprachfähigkeiten für einfache Kommunikation (basic knowledge)
weiß 0,52 Millionen
farbig 0,52 Millionen
schwarz 12 - 16 Millionen
Inder keine aktuellen Schätzungen
Gesamt keine aktuellen Schätzungen

59 % der Weißen und 79 % der Farbigen in Südafrika sprechen Afrikaans als Muttersprache (39 % und 19 % Englisch). Daneben gibt es Millionen Menschen, die Afrikaans als zweite oder dritte Sprache sprechen.

Afrikaans wird in drei großen Dialektgebieten gesprochen. Das größte ist der Westen mit den Provinzen Westkap und Nordkap, in denen unter anderem die „Kapfarbigen“ zu 90 % Afrikaans sprechen. Im Transvaal und dem Oranje-Freistaat am Ostkap wird es vor allem von Weißen gesprochen, es gibt allerdings auch viele schwarze Zweitsprachler. Das dritte Gebiet befindet sich in Namibia, wo das sogenannte „Orange River Afrikaans“ die Muttersprache von 200.000 Menschen (11 % aller Einwohner) ist und als Lingua franca zwischen den Bevölkerungsgruppen gilt.

Weltweit gibt es etwa 16 bis 20 Millionen Menschen, die sich auf Afrikaans verständigen können.

Geschichte

Afrikaans ist eine durch die seit dem 17. Jahrhundert bestehende Isolierung vom Ursprungsgebiet entstandene eigenständige Ausbausprache, die sich aus dem Niederländischen entwickelt hat. Sie unterscheidet sich von diesem einerseits durch vielfältige Neuerungen auf dem Gebiet der Grammatik, andererseits durch diverse Entlehnungen.

Erste Sprachkontakte und Entstehung

1652 wurde Kapstadt im Auftrag der Niederländischen Ostindien-Kompanie gegründet. Die ersten Bewohner der Stadt waren vor allem Beamte und Seefahrer, die nur zeitweise dort lebten und noch reines Niederländisch sprachen. Mit der Gründung von Stellenbosch begann 1679 die systematische Besiedelung der Gebiete um Kapstadt durch niederländische Bürger.

Bis 1714 erhielten die sogenannten Trekburen (Zugbauern) pachtfreies Weideland an den Grenzen der Kapkolonie, was eine schnelle Ausbreitung ins Landesinnere ermöglichte. Zu dieser Zeit bestand enger Sprachkontakt zu den viehzüchtenden Nama. Die Pockenepidemie 1713 hatte zur Folge, dass sich viele Nama bei den Niederländern verdingten und schließlich in dieser Sprachgruppe aufgingen. Der Kontakt mit den Nama trug Anfang des 18. Jahrhunderts zum Beginn eines signifikanten Flexionsabbaus bei.

Ende des 17. Jahrhunderts und im gesamten 18. Jahrhundert wurden sehr viele Versklavte, die Malaiisch oder Kreolportugiesisch sprachen, aus Südostasien verschleppt. Auch das von diesen unvollständig erlernte Niederländisch hatte Einfluss auf den Flexionsabbau und sorgte ebenfalls für eine Vereinfachung der Grammatik.

Ab etwa 1775 kann Afrikaans als eigenständige Sprache gesehen werden, da zu diesem Zeitpunkt die meisten Bewohner der Kapkolonie kein Niederländisch mehr beherrschten.

Konkurrenz mit dem Englischen und Entwicklung zur Staatssprache

Zweisprachiges Hinweisschild Afrikaans-Englisch am Blyde River Canyon

1806 ging die Kapkolonie in britischen Besitz über. Von nun an steht Afrikaans in ständiger Konkurrenz zum Englischen, das ein deutlich höheres Prestige hat. Der Kontakt mit dem Englischen hat zu einer Fülle von Entlehnungen in vielen Bereichen der Sprache geführt.

1875 gründete sich in Paarl die Genootskap van Regte Afrikaners, eine Vereinigung, die auf die Anerkennung des Afrikaans als eigenständige Sprache hinarbeitete - zu diesem Zeitpunkt galt es immer noch als Dialekt des Niederländischen. Der Verein gab ab 1876 die erste Zeitschrift auf Afrikaans heraus, Die Afrikaanse Patriot („Der afrikanische Patriot“). Außerdem erschienen verschiedene weitere Bücher auf Afrikaans, darunter Grammatiken und Wörterbücher.

Am 5. Mai 1925 wurde in Südafrika das Niederländische als Staatssprache abgeschafft und Afrikaans neben Englisch als Amtssprache in der Südafrikanischen Union anerkannt.

"Taalmonument", Sprachdenkmal bei Paarl, Westkap

1975 errichtete die südafrikanische Regierung in Paarl, dem Gründungsort der Genootskap etwa 50 km nördlich von Kapstadt, das Afrikaanse Taalmonument, ein Denkmal, das die Bedeutung der Sprache Afrikaans symbolisieren soll. (Taal ist das afrikaanse – und niederländische – Wort für „Sprache“).

Status während der Apartheid und heute

Im Apartheidsstaat sollte 1976 Afrikaans auch für die schwarze Bevölkerung als Unterrichtssprache zwangsweise eingeführt werden. Da viele schwarze Jugendliche die Sprache jedoch nur wenig und oft unzureichend sprachen, kam es am 16. Juni 1976 in Soweto zu massiven Schülerprotesten, die brutal niedergeschlagen wurden. Weltberühmt ist das Foto des in den Armen eines Mitschülers sterbenden zwölfjährigen Hector Peterson. Mit der Ablehnung der Sprache Afrikaans entstand der „Mythos Soweto“ und damit ein Schwelbrand, der später als Zeitenwende im Widerstand gegen die Apartheid angesehen wurde.

Spätestens seit Anfang der 1990er Jahre gibt es mehr nichtweiße als weiße Sprecher des Afrikaans. Die Bezeichnung Afrikaner, die sich ursprünglich nur auf die weißen Sprecher bezog, wird mittlerweile für alle Sprecher angewendet. Dennoch besteht teilweise immer noch das Vorurteil, es sei vor allem die Sprache der Weißen.

Rechtschreibung und Aussprache

Stärker als im Niederländischen richtet sich im Afrikaans die Rechtschreibung nach der Aussprache. Die im Niederländischen noch unterschiedenen Buchstaben g und ch sind im Afrikaans zu g zusammengefallen. Lediglich die grafische Unterscheidung zwischen y und ei ([ɛĭ]) sowie zwischen v und f ([f]) ist aus etymologischen Gründen beibehalten worden.

Afrikaans Niederländisch Deutsch
gaan [xɑːn] gaan [xaːn] gehen
nag [nax] nacht [nɑxt] Nacht
vry [frɛĭ] vrij [vrɛĭ] frei
beide [bɛĭdə] beide [bɛĭdə] beide
vyf [fɛĭf] vijf [vɛĭf] fünf

Die Unterscheidung zwischen offenen und geschlossenen Silben ist wie auch im Niederländischen wichtig für die Schreibung der langen oder diphthongierten Vokale: in betonten offenen Silben können nur Langvokale stehen und werden daher stets einfach geschrieben (va-der 'Vater'), in geschlossenen Silben werden Langvokale stets doppelt (naam 'Name'), Kurzvokale stets einfach (kat 'Katze') geschrieben. Dies führt teils zu größeren graphischen Unterscheidungen innerhalb eines Paradigmas, wenn geschlossene Silben mit langem Vokal durch Flexion zu offenen Silben werden (brood - bro-de), oder wenn geschlossene Silben mit kurzem Vokal durch Flexion zu offenen Silben würden und durch Einfügung eines Konsonanten geschlossen gehalten werden (kat - kat-te).

Buchstabenkombinationen wie oe, eu, ie, ei, ui, ou sind kurz bis mittellang und werden im Schriftbild nicht verdoppelt.

Da die ehemals nur quantitative Unterscheidung (kurz - lang) sich bei den Vokalpaaren e - ee, o - oo und u - uu durch Lautwandel zu einer qualitativen Unterscheidung entwickelt hat, wurden für die langen Versionen von e, o und u die Buchstaben ê, ô und û eingeführt.

Die Aussprache des Afrikaans ist wegen der Nähe der Rechtschreibung einfach. Bis auf wenige Ausnahmen kann jeder Buchstabe auf nur eine Weise ausgesprochen werden. Eine Ausnahme bilden stimmhafte Laute, die am Ende einer Silbe Auslautverhärtung erfahren, eine weitere die Buchstabenkette -tjie am Ende von Diminutiven, die [ci] gesprochen wird.

In der Regel wird die erste Silbe eines Wortes betont. Ausnahmen sind Wörter mit den Vorsilben ver-, be-, ge-, ont-, her-, bei denen die zweite Silbe betont wird.

Vokale

In unbetonten Silben treten nur kurze Vokale auf. In schnell gesprochener Sprache werden sie häufig zu [ə] abgeschwächt. In betonten offenen Silben stehen nur lange Vokale, in betonten geschlossenen Silben können lange und kurze Vokale stehen.

Einzelvokale

Vokal in geschlossener Tonsilbe in offener Tonsilbe
kurz lang lang
[i], [iː] (wie deutsches ie) diep [dip] 'tief' vor r: vier [fiːr] 'vier' geskiedenis [xə'skiːdəˌnəs] 'Geschichte'
[y], [yː] (wie deutsches ü) nuus [nys] 'Neuigkeiten' vor r: muur [myːr] 'Mauer' mure ['myːrə] 'Mauern'
[u], [uː] (wie deutsches u) boek [buk] 'Buch' vor r: broer [bruːr] 'Bruder' moeder ['muːdər] 'Mutter'
[ɛ], [ɛː] (wie kurzes ä in Männer) net [nɛt] 'Netz' vor r: werk [vɛːrk] 'arbeiten', hê [hɛː] 'haben'
[æː] (wie langes ä in Mähne) vor rd, rs, rt: perd [pæːrt] 'Pferd'
[œ], [œː] (wie kurzes ö in können) vurk [fœrk] 'Gabel' brûe ['brœːə] 'Brücken'
[ɔ], [ɔː] (wie kurzes o in offen) bottel ['bɔtəl] 'Flasche' môre ['mɔːrə] 'morgen'
[a], [ɑː] (wie deutsches a) nat [nat] 'nass' naam [nɑːm] 'Name' vader ['fɑːdər] 'Vater'
[ə] (wie unbetontes e) kind [kənt] 'Kind'
Vokal in unbetonter Silbe
[ə] (wie unbetontes e) geskiedenis [xə'skiːdəˌnəs] 'Geschichte'

Diphthonge

Diphthong in geschlossener Tonsilbe in offener Tonsilbe
[ɪə] (wie ea in engl. fear) peer [pɪər] 'Birne' nege ['nɪəxə] 'neun'
[ʊə] (wie kurzes u + [ə]) hoor [hʊər] 'hören' olie ['ʊəli] 'Öl'
[ɛĭ] (wie ay in engl. may) vyf [fɛĭf] 'fünf', steil [stɛĭl] 'steil' my [mɛĭ] 'mein', beide ['bɛĭdə]'beide'
[øə] (wie langes ö + [ə]) seun [søən] 'Junge' meule ['møələ] 'Mühle'
[œŭ] (wie o in brit. engl. go) oud [œŭt] 'alt' blou [blœŭ] 'blau'
[œĭ] (wie frz. oeuil) uit [œĭt] 'aus' suiker ['sœĭkər] 'Zucker'

Doppelvokale

Doppelvokal in offener Tonsilbe
[iu] (wie i in Mieter + u) leeu [liu] 'Löwe'
[ui] (wie u in tun + i) goeie [xui] 'gute/r/s'
[oːi] (wie o in Mond + i) nooi [noːi] 'Mädchen'
[aːi] (wie a in Vater + i) draai [draːi] 'drehen'

Konsonanten

Die Konsonanten b, d, f, h, j, k, l, m, n, p, t werden wie im Deutschen ausgesprochen, p, t und k sind jedoch nicht aspiriert.

Konsonant Position Aussprache nach IPA Beispiel
g zwischen l bzw. r und e [g] berge ['bεrgə] 'Berge'
g alle anderen Positionen [x] (ach-Laut) gaan [xɑːn] 'gehen', berg [bεrx] 'Berg'
ng Silbenende [ŋ] kussing ['køsəŋ] 'Kissen'
r überall [r] (Zungenspitzen-r) rekenaar ['rɪəkənɑːr] 'Rechner, Computer'
s überall [s] (stimmloses s) kos [kɔs] 'Kosten', siek [sik] 'krank', gesond [xə'sɔnt] 'gesund'
sj überall [ʃ] (deutsches sch) Sjina ['ʃina] 'China'
tj überall [c] (zwischen tj und tsch) bietjie ['bici] 'bisschen', tjop [cɔp] 'Kotelett'
v überall [f] (deutsches f) vry [frəĭ] 'frei'
w nach d, k, s, t [w] (englisches w) twee [twɪə] 'zwei', swem [swεm] 'schwimmen'
w alle anderen Positionen [v] (deutsches w) sewe ['sɪəvə] 'sieben'

Grammatik

Hauptartikel: Grammatik des Afrikaans

Die Grammatik des Afrikaans ist sehr einfach, da die meisten Flexionsendungen konsequent abgebaut wurden. Außerdem ist Afrikaans die einzige germanische Sprache, die den Ablaut komplett abgeschafft hat.

Substantive

Substantive haben wie im Englischen kein grammatisches Geschlecht. Der bestimmte Artikel ist im Singular und Plural immer die, der unbestimmte Artikel im Singular 'n (gesprochen wie ein unbetontes e ((Schwa), [ə]):

Afrikaans Deutsch
die man, die vrou, die kind der Mann, die Frau, das Kind
'n man, 'n vrou, 'n kind ein Mann, eine Frau, ein Kind

Flexion

Die häufigste Pluralendung ist -e:

Singular Plural Deutsch
voet voete Fuß
bus busse Bus
man manne Mann
minuut minute Minute

Substantive, die auf einen langen Vokal + d oder g enden, verlieren den Konsonanten normalerweise:

Singular Plural Deutsch
oog Auge
tyd tye Zeit
vraag vrae Frage

Weitere Endungen sind unter anderem -te (oft bei kurzem Vokal + g oder s) und -s (bei Diminutiven und vielen Wörtern auf -l oder -r):

Singular Plural Deutsch
nag nagte Nacht
amp ampte Amt
liedjie liedjies Liedchen
moeder moeders Mutter
voël voëls Vogel

Relationen im Satz

Unterschiedliche Satzelemente werden im Afrikaans nicht durch Fälle ausgedrückt, es gibt keine Kasusflexion.

Der herkunftsanzeigende Genitiv wird durch eine Umschreibung mit van gebildet, der besitzanzeigende Genitiv durch Nachstellung eines se. Die Phrase vor dem se darf dabei sehr lang sein und sogar einen Relativsatz enthalten.

Afrikaans Deutsch
die boeke van Gordimer Gordimers Bücher (Die Bücher von Gordimer = die Bücher, die von Gordimer geschrieben wurden)
die man se hond Der Hund des Mannes (Dem Mann sein Hund)
die man wat ek gister gesien het se hond Der Hund des Mannes, den ich gestern sah

Objekte können im Afrikaans zur besseren Verständlichkeit durch ein vorgestelltes vir (eigentlich 'für') eingeführt werden, ein Zwang hierzu besteht allerdings nicht. Bei Verben, die zwei Objekte erfordern, kann das vir nur das indirekte Objekt markieren.

Afrikaans Deutsch
Ek sien die man. Ich sehe den Mann.
Ek sien vir die man. Ich sehe den Mann.
Ek gee die man die boek. Ich gebe dem Mann das Buch.
Ek gee die boek vir die man. Ich gebe dem Mann das Buch.

Aus dem Englischen übernommen und durch den Objektmarker erweitert ist der häufige Abschiedsgruß Sien vir jou later.

Pronomina

Die Personalpronomina für das Subjekt des Satzes sind:

Afrikaans Deutsch
ek ich
jy du
hy er
sy sie
dit es
ons wir
julle ihr
hulle sie
u Sie (Höflichkeitsform)

Die Pronomina für Objekte sind:

Afrikaans Deutsch
my mich / mir
jou dich / dir
hom ihn / ihm
haar sie / ihr
dit es / ihm
ons uns
julle euch
hulle sie
u Sie/Ihnen (Höflichkeitsform)

Das prädikative Possessivum unterliegt keiner Kongruenz mit dem Bezugsnomen:

Afrikaans Deutsch
Dis my huis(e). Es ist mein Haus/Es sind meine Häuser.
Dis jou huis(e). Es ist dein Haus./Es sind deine Häuser.
Dis sy huis(e). Es ist sein Haus./Es sind seine Häuser.
Dis haar huis(e) Es ist ihr Haus./Es sind ihre Häuser.
Dis ons huis(e). Es ist unser Haus./Es sind unsere Häuser.
Dis julle huis(e). Es ist euer Haus./Es sind eure Häuser.
Dis hulle huis(e). Es ist ihr Haus./Es sind ihre Häuser.
Dis u huis(e). Es ist Ihr Haus./Es sind Ihre Häuser. (Höflichkeitsform)

Auch das Possessivpronomen wird nicht flektiert, es gibt keine Unterscheidung nach Numerus oder syntaktischer Funktion:

Afrikaans Deutsch
Dis myne. Es ist meins./Es sind meine.
Dis joune. Es ist deins./Es sind deine.
Dis syne. Es ist seins./Es sind seine.
Dis hare. Es ist ihr./Es sind ihre.
Dis ons s'n. Es ist unseres./Es sind unsere.
Dis julle s'n. Es ist eures./Es sind eure.
Dis hulle s'n. Es ist ihres./Es sind ihre.
Dis u s'n. Es ist Ihres./Es sind Ihre. (Höflichkeitsform)

Verben

Infinitiv (Grundform)

Der Infinitiv im Afrikaans kommt in drei Formen vor:

a) om te + Verb:

Afrikaans Deutsch
Ek weet nie wat om te doen nie. Ich weiß nicht, was zu tun ist.
Ek hou daarvan om te sing. Ich liebe es, zu singen.
Ek hou daarvan om in die stortbad te sing. Ich liebe es, unter der Dusche zu singen.

b) te + Verb (feste Fügungen)

Afrikaans Deutsch
Jy behoort te weet. Du solltest wissen.
Jy hoef dit nie te doen nie. Du musst das nicht machen / tun.

c) Hilfsverb + Verb

Afrikaans Deutsch
Ek kan praat. Ich kann sprechen.
Ek sal sing. Ich werde singen.
Ek wil sing. Ich möchte singen.
Ek moet praat. Ich muss sprechen.

Gegenwart

Es gibt keinen Unterschied zwischen dem Infinitiv und den Präsensformen des Verbs. Die Verbformen sind in allen Personen und Numeri gleich (Beispiel loop 'laufen'). Nur zwei Verben haben unregelmäßige Präsensformen: wees 'sein' und 'haben':

Infinitiv loop wees
1. Sg. ek loop ek is ek het
2. Sg. jy loop jy is jy het
3. Sg. (mask., fem., neutr.) hy, sy, dit loop hy, sy, dit is hy, sy, dit het
1. Pl. ons loop ons is ons het
2. Pl. julle loop julle is julle het
3. Pl. hulle loop hulle is hulle het
Höflichkeitsform u loop u is u het

Vergangenheit

Es gibt nur eine Vergangenheitsform, das Perfekt. Es wird bis auf eine Ausnahme (wees ’sein’) mit dem Hilfsverb und der Vorsilbe ge-, die vor den Infinitiv gestellt wird, gebildet. Die Satzstellung ändert sich wie im Deutschen:

Afrikaans Deutsch
Ek sien die man. Ich sehe den Mann.
Ek het die man gesien. Ich habe den Mann gesehen.

Bei acht Verben gibt es zusätzlich zum Perfekt noch eine Präteritumform:

Infinitiv Perfekt Präteritum Deutsch
wees het gewees was sein
het gehad had haben
kan kon können
moet moes müssen
wil het gewil wou wollen
sal sou werden
weet het geweet wis wissen
dink het gedink/gedog dog denken

Zukunft

Das Futur wird mit den Hilfsverben gaan (bei Absichten) und sal (bei nicht beeinflussbaren Ereignissen) und dem Infinitiv gebildet. Die Satzstellung ändert sich wie im Deutschen:

Afrikaans Deutsch
Ek sien die man. Ich sehe den Mann.
Ek sal die man môre sien. Ich werde den Mann morgen sehen. (z. B. bei der Arbeit)
Ek gaan die man môre sien. Ich werde den Mann morgen sehen. (ich habe einen Termin mit ihm)

Konjunktiv

Der Konjunktiv wird allgemein mit der Vergangenheitsform des Verbs sal 'werden', sou, gebildet. Um eine andere Einstellung des Sprechers zum Verb auszudrücken, werden außerdem die Vergangenheit anderer Modalverben (z. B. wil 'wollen') hinzugezogen:

Afrikaans Deutsch
Ek sou die motor koop. Ich würde das Auto kaufen. (an Stelle des Angesprochenen)
Ek sou graag die motor wou koop. Ich würde das Auto gerne kaufen. (Absicht des Sprechers)
Ek sou die motor gekoop het. Ich hätte das Auto gekauft. (= Ich würde das Auto gekauft haben.)

Der Konjunktiv dient vor allem als Ausdruck der Nichtwirklichkeit und irrealer Bedingungssätze. Im Bedingungssatz wird im Gegensatz zum Deutschen die einfache Vergangenheit verwendet:

Afrikaans Deutsch
As ek jy was, sou ek die motor gekoop het. Wenn ich du wäre, hätte ich das Auto gekauft.
Hy sou my kon help as hy wou. Er hätte mir helfen können, wenn er es gewollt hätte.

Adjektive

Man unterscheidet die Adjektive nach ihrem Gebrauch. Adjektive können attributiv oder prädikativ gebraucht werden. Viele Adjektive werden, wenn sie als Attribut vor einem Substantiv stehen, flektiert, d. h. sie erhalten die Endung -e. Dabei kommt es zu den für das Afrikaans so typischen aussprachebedingten Lautveränderungen:

Afrikaans Deutsch
prädikativ attributiv prädikativ attributiv
Die kos is smaaklik. Die smaaklike kos. Das Essen ist lecker. Das leckere Essen.
Die seep is glad. Die gladde seep. Die Seife ist glatt. Die glatte Seife.
Die man is wreed. Die wrede man. Der Mann ist grausam. Der grausame Mann
Die kamer is muf. Die muwwe kamer. Das Zimmer ist muffig. Das muffige Zimmer.
Die man is doof. Die dowe man. Der Mann ist taub. Der taube Mann.
Die kussing is sag. Die sagte kussing. Das Kissen ist weich. Das weiche Kissen.
Die berg is hoog. Die h berg. Der Berg ist hoch. Der hohe Berg.
Die water is koud. Die koue water. Das Wasser ist kalt. Das kalte Wasser.
Die man is besig. Die besige man. Der Mann ist beschäftigt. Der beschäftigte Mann.
Die man is lank. Die lang man. Der Mann ist groß. Der große Mann.
Die seuntjie is jonk. Die jong seuntjie. Der Junge ist jung. Der junge Junge.
Die klere is nuut. Die nuwe klere. Die Kleidung ist neu. Die neue Kleidung.

Eine Ausnahme bilden die sogenannten Farbadjektive. Sie werden nicht flektiert:

Afrikaans Deutsch
prädikativ attributiv prädikativ attributiv
Die rok is rooi. Die rooi rok. Das Kleid ist rot. Das rote Kleid.
Die sneeu is wit. Die wit sneeu. Der Schnee ist weiß. Der weiße Schnee.
Die skoene is swart. Die swart skoene. Die Schuhe sind schwarz. Die schwarzen Schuhe.

Außerdem werden viele einsilbige Adjektive (und auch ein paar zweisilbige auf -er) nicht flektiert. Beispiele hierfür sind:

bitter 'bitter', dapper 'tapfer', dik 'dick', laat 'spät', lekker 'lecker', mooi 'schön', vuil 'schmutzig', siek 'krank', suur 'sauer', swaar 'schwer', vet 'fett', warm 'warm', bang 'ängstlich', arm 'arm', vars 'frisch', ryk 'reich'.

Afrikaans Deutsch
prädikativ attributiv prädikativ attributiv
Die koffie is bitter. Die bitter koffie. Der Kaffee ist bitter. Der bittere Kaffee.
Die blomme is mooi. Die mooi blomme. Die Blumen sind schön. Die schönen Blumen

Werden diese Adjektive jedoch im übertragenen Sinne gebraucht, so werden sie flektiert:

Afrikaans Deutsch
prädikativ attributiv prädikativ attributiv
Die beddelaar is arm. Die arme pasiënt. Der Bettler ist arm. Der arme Patient.
Die afskeid was bitter. Die bittere afskeid. Der Abschied war bitter. Der bittere Abschied
Die vrugte is ryp. Op 'n rype ouderdom. Die Früchte sind reif. In einem reifen Alter.

Adverbien

Adverbien, auch Umstandsworte genannt, stehen beim Verb, Substantiv oder Adjektiv. Sie bestimmen die Art und Weise, den Zeitpunkt und den Grund einer Handlung. Sie unterscheiden sich im Afrikaans meist in ihrer Form nicht von den Adjektiven.

Adjektiv Adverb
Jy is baie vinnig. (Du bist sehr schnell.) Jy stap baie vinnig. (Du gehst sehr schnell.)
Sy is goed. (Sie ist gut.) My dogterjie kan goed lees. (Mein Töchterchen kann gut lesen.)
Hierdie woordeboek is sterk uitgebrei en volledig hersien. (Dieses Wörterbuch wurde stark erweitert und völlig überarbeitet.) Dis 'n sterk uitgebreide, volledig hersiene woordeboek. (Es ist ein stark erweitertes und völlig überarbeitetes Wörterbuch.

Zur Bildung von Adverbien wird häufig auch der Wortstamm verdoppelt:

Afrikaans Deutsch
Die skape loop wei-wei op die veld. Die Schafe weiden auf dem Feld. (wörtlich: 'Die Schafe laufen weidend auf dem Feld.')
Die boeke lê plek-plek op die tafel. Die Bücher liegen verstreut ('hier und da') auf dem Tisch.
Die kinders klim een-een uit die bus uit. Die Kinder steigen eins nach dem anderen aus dem Bus.

Verneinung

Das letzte Wort einer Sinneinheit, in der ein Negationswort auftaucht, ist immer nie 'nicht', wodurch in vielen Fällen eine doppelte Verneinung entsteht.

Afrikaans Deutsch
Ek werk nie. Ich arbeite nicht.
Niemand werk nie. Niemand arbeitet.
Ek sien niks nie. Ich sehe nichts.
Ek het vir niemand gesien nie. Ich habe niemanden gesehen.
Ek wil nie werk nie. Ich will nicht arbeiten.
Niemand het die man wat gister gesterf het geken nie. Niemand hat den Mann, der gestern gestorben ist, gekannt.
Ek het die man nog nooit gesien nie. Ich habe den Mann noch nie gesehen.
Ek kan die boek nêrens vind nie. Ich kann das Buch nirgendwo finden.

Diminutive

Diminutive werden wie im Niederländischen häufig gebraucht, die Bildung der korrekten Form gehört zu den komplexeren Aspekten der Sprache. Eine Besonderheit des Afrikaans ist die Möglichkeit der Dopplung von Diminutiven. Dies ist deshalb möglich, da manche Wörter, die früher Diminutive darstellten, nicht mehr als solche angesehen werden. Beispiele hierfür sind ertjie (Erbse) und mandjie (Korb), für die die Diminutive ertjietjie und mandjietjie gebildet werden können.

Wortschatz

Der niederländische Grundstamm

Etwa 95 % des Wortschatzes des Afrikaans stammen aus dem Niederländischen. Allerdings haben sich aufgrund von Herkunft und Berufen der ersten Kolonisten (vor allem Bauern aus dem Norden und Seeleute) einige Begriffe aus holländischen Dialekten und der niederländischen Seemannssprache (z. B. kombuis 'Küche', ndl. keuken) im Afrikaans als Standard etabliert. Ebenso haben sich im heutigen Niederländischen als antiquiert geltende Wörter gehalten (z.B. navorsing 'Nachforschung' > ndl. onderzoek), außerdem haben manche Begriffe einen Bedeutungswandel erfahren (z. B. pad 'Trampelpfad' > 'Weg, Straße, Autobahn'. Oder: fontein 'Quelle', ndl. bron). Der Wortschatz des Afrikaans hat sich im 20. Jahrhundert durch technische Neuerungen um ein Vielfaches vergrößert. Die Sprachkommission der staatlichen Akademie für Wissenschaft und Kunst gibt seit 1917 eine südafrikanische Grammatik mit Wortlisten und Schreibregeln (Afrikaanse woordelys en spelreëls (AWS)) heraus. Vorbild bei den bewussten Neologismen ist meist das Niederländische (siehe auch Weblinks).

Der fremdsprachliche Einfluss

Fremdsprachige Wörter sind vor allem aus dem Englischen und Deutschen (Sprachen von Kolonisten), dem Malaiischen und Kreolportugiesischen (Sprachen ehemaliger Sklaven) sowie Bantu- und Khoisan-Sprachen (Sprachen der Einheimischen) entlehnt.

Das wohl am häufigsten gehörte Lehnwort ist baie 'viel, sehr', das aus dem Malaiischen banja(k) stammt. Weitere Beispiele für Wörter mit malaiischem Ursprung sind piesang 'Banane', piering 'Untertasse' , baadjie (badju) 'Jacke', bar (baharu) 'unverschämt', kapok 'Schnee', katel 'Bett', soebat 'pflegen', doepa 'alkoholisches Getränk', baklei (berkahali) 'kämpfen' 'und sjambok 'Peitsche'.

Beispiele von Lehnwörtern aus dem Xhosa, einer der Bantusprachen, sind kaya 'Haus', aikona 'nein' und in neuerer Zeit ubuntu in etwa 'menschenfreundlich'.

Aus dem Khoikhoi haben wir eina 'au!', aitsa etwa 'schön gemacht' oder auch 'Ausdruck des Erstaunen' und abba '(ein Kind) auf dem Rücken tragen' .

Den stärksten Einfluss auf das Afrikaans hat das Englische ausgeübt. Dieser Einfluss spiegelt sich jedoch nicht so stark im Bereich direkter Wortentlehnungen wider (obwohl es diese durchaus gibt, z. B. spiets, engl. 'speech'), sondern vor allem bei Lehnübersetzungen (z. B. sypaadjie, engl. 'side-walk'; dit reën katte en honde, engl. 'It's raining cats and dogs').

Entlehnungen aus dem Deutschen sind aufgrund der Ähnlichkeit zum Niederländischen oft schwer auszumachen.

Sprachbeispiel

Mit wenig Mühe können Afrikaanssprecher und Niederländer die jeweils andere Sprache lesen und verstehen; für Sprecher des Hochdeutschen ist es etwas schwieriger. Deutschen mit Bezug zum Plattdeutschen fällt der Zugang jedoch sehr viel leichter. Obwohl Afrikaans in der Sprachwissenschaft allgemein als eigenständige Sprache betrachtet wird, steht es heute immer noch näher zur niederländischen Standardsprache als mancher Dialekt in den Niederlanden und Flandern. Dies und die niedrigeren südafrikanischen Arbeitslöhne führten u.a. dazu, dass manches niederländische Unternehmen ab Ende des 20. Jahrhunderts seine Kundenbetreuung oder Callcenter-Abteilung nach Südafrika verlagerte.

Afrikaans: Nuwe navorsing toon, dat wêreldverwarming 'n impak op sandduine in Suid-Afrika kan hê. Dit sal beteken dat woestynagtige gebiede kan uitbrei en die bestaan van duisende mense kan benadeel. Volgens die tydskrif NATURE word voorspel, dat die duine kan skuif as gevolg van reënval wat daal en windsterkte wat gaan toeneem.

Niederländisch: Nieuw onderzoek toont (aan) dat de opwarming van de aarde invloed op zandduinen in Zuid-Afrika kan hebben. Dit zal betekenen dat woestijnachtige gebieden zich kunnen uitbreiden en het bestaan van duizenden mensen kunnen benadelen. Volgens het tijdschrift NATURE wordt voorspeld dat de duinen kunnen verschuiven als gevolg van afnemende regenval en toenemende windsterkte.

Deutsch: Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass die Klimaerwärmung Einfluss auf Sanddünen in Südafrika haben kann. Dies wird bedeuten, dass sich wüstenartige Gebiete ausbreiten können und so das Leben tausender Menschen beeinträchtigt würde. Der Zeitschrift NATURE zufolge wird vorhergesagt, dass sich die Dünen als Folge sinkender Regenmengen und zunehmender Winde verschieben können.

Literatur

  • Bruce Donaldson: A Grammar of Afrikaans. Berlin u. a. 1993
  • Bruce Donaldson: Colloquial Afrikaans: The Complete Course for Beginners. London/New York 2000
  • Edith H. Raidt: Einführung in Geschichte und Struktur des Afrikaans. Darmstadt 1983
  • Thomas Suelmann: Afrikaans Wort für Wort. Kauderwelsch Band 23. Bielefeld 1997
  • Herman Vekeman; Andreas Ecke: Geschichte der niederländischen Sprache. Bern u.a. 1993
  • F.F. Odendal; R.H. Gouws: Verklarende Handwoordeboek van die Afrikaanse Taal. Stellenbosch 2005

Weblinks

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