- Kappelbrücke
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Die Kapellbrücke ist das Wahrzeichen der Stadt Luzern und eine der bedeutendsten Touristenattraktionen.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Die Kapellbrücke ist die älteste und mit 204,70 Metern die zweitlängste überdachte Holzbrücke Europas. Sie wurde um 1365 als Wehrgang gebaut und verbindet die durch die Reuss getrennte Alt- und Neustadt ("mindere Stadt"). Ursprünglich war die Brücke länger und verband zusätzlich die Peterskapelle mit der Hofkirche. Durch die Auffüllung des Ufers wurde dieser Teil, circa 75 Meter, um 1835 abgebrochen. Im Giebel der Brücke befinden sich 111 dreieckige Gemälde, die wichtige Szenen der Schweizer Geschichte darstellen.
Die Bilder der Kapellbrücke, der Spreuerbrücke und der Hofbrücke sind in dieser Verwendung einmalig. In keiner anderen Stadt Europas wurden gedeckte Holzbrücken mit dreieckigen Bildern ausgeschmückt.
Wasserturm
In der Mitte der Brücke befindet sich der achteckige Wasserturm, welcher bereits um 1300, also noch vor der Kapellbrücke, erbaut wurde und von ihr aus über einen kurzen Quergang erreichbar ist. Der Turm diente wechselweise als Wachturm und Eckpfeiler der Stadtbefestigung (als Teil der ebenfalls noch erhaltenen Museggmauer), als Stadtarchiv und Schatzkammer sowie als Kerker und Folterkammer. Heute beherbergt er einen Souvenirladen sowie das Vereinslokal des Artillerievereins Luzern.
Brand
Die Brücke fiel am 18. August 1993 einer Feuersbrunst zum Opfer, welche nach Vermutungen durch eine weggeworfene Zigarette ausgelöst wurde. Der Brand zerstörte einen Grossteil der Brücke (gut sichtbar anhand des helleren Holzes auf der Abbildung rechts), unter anderem auch 78 der 111 berühmten Bilder. Nach dem Brand 1993 konnten die Überreste von 47 Bildern auf der Brücke geborgen werden. 30 Bilder liessen sich bis 1998 restaurieren. Die Brücke wurde nach einer zum Glück vorhandenen Bestandsaufnahme umgehend wiederaufgebaut, restauriert, am 14. April 1994 eingeweiht und für den Fussgängerverkehr wieder geöffnet.
Die bei der Verkürzung der Brücke um 1835 ausgelagerten 25 Giebelgemälde, die den Werdegang des Heiligen Mauritius als Schutzpatron der Schweiz zeigen, wurden als Ersatz für die unrettbar verbrannten Exponate im Mittelteil der Brücke aufgehängt. An den beiden äusseren Nahtstellen zwischen dem ursprünglich erhaltenen und dem rekonstruierten Brückenteil erinnern schwarz verkohlte Überreste der Originalbilder an den Brand.
Der Bilderzyklus
Der Bilderzyklus umfasste ursprünglich 158 Bildtafeln. 147 Bilder blieben bis 1993 erhalten, davon wurden nach den Verkürzungen der Brücke im 19. Jahrhundert dort noch 110 Bilder gezeigt. Die Holztafeln sind bzw. waren an der Basis zwischen 150 bis zu 181 cm breit und 85 bis 95 cm hoch. Jede Tafel bestand aus drei bis fünf Fichtenholzbrettchen. Nur wenige waren aus Linden- und Ahornholz.
Der Bilderzyklus entstand in der Zeit der Gegenreformation, in der die Stadtoberen in einem evangelisch-reformierten Umfeld Treue zur katholischen Kirche propagierten. Die Tafeln sind in diesem Sinn Propaganda. Die Darstellungen aus der luzernischen und eidgenössischen Geschichte sollten beim Passieren der Brücke auf dem Weg in die Stadt daran erinnern, dass ein frommer Lebenswandel -dazu gehörte durchaus auch der Dienst im Militär- und Glück im Leben zusammengehören. Guter "Schweizer" war damals der, den die Stadt und Republik Luzern in Soldverträgen nach Frankreich, Spanien und an das Königreich beider Sizilien ausleihen konnte. Es fing am linken Ufer der Reuss neben der Jesuitenkirche mit dem Bild des Riesen von Reiden an und endete mit der Darstellung des Jesuitenkollegiums, dem heutigen Ritterschen Palais. Dieser kraftstrotzende, mythische Riese galt damals als Ursprung der starken und mächtigen Luzerner.
Das Konzept für die riesige Serie Tafelbilder, die durchaus als "Comic" gelesen werden konnten, stammte -im Auftrag des Rats- vom Stadtschreiber Renward Cysat. Jedes Ratsmitglied (im engeren und im Grossen Rat) konnte eine Tafel für sich und seine Gattin "sponsern" (finanzieren hiess damals stiften). Die "Werbeeinblendung" damals war das Wappen der Spender links unten (vom Betrachter aus gesehen) bzw. auf der gegenüberliegenden Seite das Frauenwappen. Verse, die auf dem Rahmen jedes Bildes stehen, erläutern und ergänzen die Bilddarstellung. Sie wurde dadurch auch gegen "Fehlinterpretationen" geschützt. Ausser dem Luzerner Geschichtsbild ging es auf dem Rückweg um das Leben und Sterben des Heiligen Leodegar, dem Luzerner Stadtpatron, und die Legenden vom schweizerischen Schutzpatron, dem Heiligen Mauritius.
Der aus Zürich weggegangene und hier eingebürgerte katholische Maler Hans Heinrich Wägmann* und seine vier bei ihm in der Werkstatt mitarbeitenden Söhne erhielten den lukrativen Grossauftrag. Wägmann, ein Vertreter der Spätrenaissance, fertigte zunächst eine Skizze des geplanten Bildes auf Papier. Einige Entwürfe sind bis heute erhalten geblieben. (* Von ihm und Cysat stammt auch die älteste bekannte Karte des Kantons Luzern, 1613)
Zum Schutz werden die Bilder auf der Kapellbrücke während der Fasnachtszeit mit Fasnachtsbildern überhängt. Diese sind von diversen Fasnachtsorganisationen oder Guggenmusigen gestaltet worden und werden jedes Jahr wieder neu aufgehängt.
Von den 146 Bilder wurde Kopien angefertigt, auch von den 86 bei dem Brand zerstörten. Es ist ein Streit darüber entbrannt, ob nur die nichtverbrannten Originale oder auch die Kopien an der wiederaufgebauten Brücke angebracht werden sollten[1].
Literatur
- Stadt Luzern (Hrsg.): Kapellbrücke und Wasserturm: der Wiederaufbau eines Wahrzeichens im Spiegel der Restaurierung und Forschung. Stadt Luzern, cop. 1998
- Heinz Horat: Die Bilder der Lebenden und der Toten auf der Spreuerbrücke in Luzern, in: Die Spreuerbrücke in Luzern, Ein barocker Totentanz von europäischer Bedeutung, Luzern 1996, S. 79-280
- Stadt Luzern: Kapellbrücke, Bilderzyklus, Hängeordnung 2002. Stadtrats-Bericht B 24/2002 an den Grossen Stadtrat von Luzern vom 8. Mai 2002 (online als PDF-Datei)
- Stefan Wegmüller: Heilige und Helden. Eine politische Ikonologie der Bildtafeln der Kapellbrücke in Luzern. Zwei Bände. Lizenziatsarbeit Universität Freiburg 2007.
Referenzen
Weblinks
- Georg Carlen: Barockmalerei in der Zentralschschweiz. Vom Hochbarock zum Spätbarock. Die Eroberung des Raums durch die Malerei. Dort auch Abbi von 4 Tafeln: Tafel mit Tells Apfelschuss, Nr. xx, Nr. 55 Jugend vor dem Tor der Stadt, Nr. 69 Papst und päpstliche Schweizergarde aus LU.
- Informationen zum Wasserturm der Luzern Tourismus AG
- 3D-Modell der Kapellbrücke
- Fritz Glauser: Renward Cysat. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
47.0511111111118.3072222222222Koordinaten: 47° 3′ 4″ N, 8° 18′ 26″ O; CH1903: (665998 / 211485)
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