Kapriccio

Kapriccio
Dieser Artikel behandelt den Begriff Capriccio als Gattungsbegriff. Für die Oper von Richard Strauss und Clemens Krauss siehe Capriccio (Oper).

Capriccio (auch Kapriccio, französisch (le) caprice; Mz.: Capriccios; Capriccii, Capricen) bezeichnet Formen der Musik, der Malerei und der Literatur.

Als Begriff der Kunsttheorie bezeichnet es den absichtlichen, lustvollen Regelverstoß, die phantasievolle, spielerische Überschreitung der akademischen Normen, ohne die Norm außer Kraft zu setzen.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Die Herkunft des Wortes ist ungeklärt. Das Etymologische Wörterbuch der deutschen Sprache von Friedrich Kluge vermutet eine Kombination von italienisch capo (Kopf) und riccio (Igel, Seeigel), woraus sich die Bedeutung „Wirrkopf“ oder „eigensinniger, launischer Mensch“ ableiten lässt.

Im modernen Sprachgebrauch gibt es folgende Bedeutungsvarianten:

  • il capriccio (italienisch) = Laune, Schrulle
  • le caprice (französisch) = die Laune
  • la caprice (französisch) = Capriccio (Kunstwerk)
  • kapriziös = launisch, scherzhaft, eigenwillig, geistreich, die Regeln durchbrechend

Musik

Das Capriccio ist ein Musikstück von freiem, spielerischem und scherzhaftem Charakter, das sich wenig bis gar nicht an tradierten musikalischen Formen orientiert. Bekannte Beispiele sind das Capriccio auf die Abreise des geliebten Bruders (BWV 992, ca. 1705) von Johann Sebastian Bach, Die Wut über den verlorenen Groschen (ca. 1795/98) von Ludwig van Beethoven, die 42 Etuden und Capricen für Violine solo (1796) von Rodolphe Kreutzer, die 24 Capricci für Violine solo (Erstdruck 1820) von Niccolò Paganini, das Capriccio Italien (1879/80) von Pjotr Tschaikowski, das Capriccio espagnol (1887) von Nikolai Rimski-Korsakow sowie die am 28. Oktober 1942 in München uraufgeführte Oper Capriccio von Richard Strauß.

Malerei und Graphik

Capriccio von Rome durch Giovanni Paolo Pannini, 1758

In der Druckgraphik des Barock meint der Begriff eine Folge von Blättern mit einem Deckblatt, in kleinem Format, die ohne programmatische Gebundenheit, Szenen starken Improvisationscharakters zeigen und die, ohne sich auf eine Ordnung festzulegen, von einem Bildgegenstand zum nächsten übergehen.

Der Begriff wurde von Jacques Callot eingeführt, der eine 1617 entstandene Serie von Radierungen für den Herzog Cosimo II. de Medici Capricci di varie figure nannte.

Ein berühmter Maler und Graphiker von Capriccios ist Giovanni Battista Piranesi; neben den berühmten Carceri oder Kerker, die an und für sich reine Architekturvisionen sind, hat Piranesi auch zahlreiche römische Porträts und Architekturelemente auf seinen Vedutenstichen willkürlich zusammengestellt. Oft sind diese Capriccii die einzigen Dokumente verlorener antiker Kunstwerke.

Literatur

Im Sinne des Rokoko verwandte Ernst Jünger Capriccios als literarische Form in seinem Werk Das abenteuerliche Herz. Figuren und Capriccios (1938).

Weiterführende Literatur

  • Roland Kanz: Die Kunst des Capriccio. Kreativer Eigensinn in Renaissance und Barock. München 2003, ISBN 3-422-06392-7
  • Ekkehard Mai, Joachim Rees (Hrsg.): Kunstform Capriccio. Von der Groteske zur Spieltheorie der Moderne. Köln 1998, ISBN 3-88375-291-6

Siehe auch

Weblinks


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