Karl Christian Thalheim

Karl Christian Thalheim

Karl Christian Thalheim (* 26. Mai 1900 in Reval; † 1. Juni 1993 in Berlin) war ein deutscher Nationalökonom.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Thalheim studierte ab 1919 an der Universität Leipzig Geschichte, Germanistik und Wirtschaftswissenschaften. 1925 promovierte er über „Das deutsche Auswanderungsproblem der Nachkriegszeit“ in Staatswissenschaften. Von 1920 bis 1928 war Thalheim am Institut für Auslandskunde, Grenz- und Auslandsdeutschtum und bei der dem Institut angeschlossenen Mitteldeutschen Auswanderungsberatungsstelle in Leipzig beschäftigt.[1] 1928 habilitierte er an der Handelshochschule Leipzig im Fach Volkswirtschaftslehre. Zunächst arbeitete er als Privatdozent an der Hochschule, ehe er 1931 zum Lehrbeauftragten für Wirtschaftssoziologie und Sozialpolitik an der Universität Leipzig wurde. Ein Jahr später wurde er außerplanmäßiger außerordentlicher, 1940 planmäßiger ordentlicher Professor an der Universität. Nachdem er ab 1938 Leiter des Weltwirtschafts-Instituts der Universität war, erhielt er 1942 eine Stelle als ordentlicher Professor der Wirtschaftslehre.[2]

Thalheim war Nationalsozialist, trat 1933 der SA, 1934 der NSV und dem NS-Lehrerbund, 1936 dem NS-Dozentenbund, 1937 der NSDAP und 1939 dem NS-Altherrenbund bei.[3] Bereits am 11. November 1933 gehörte er zu den Unterzeichnern des Bekenntnisses der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat.[4]

1941 erschien sein Aufsatz Die natürlichen und gesellschaftlichen Grundlagen der Wirtschaft mit einem Kapitel „Bevölkerung“, in welchem Thalheim schrieb:

Der nationalsozialistische Staat weiß aber auch, dass eine Volksvermehrung nur dann sinnvoll ist, wenn sie von den erbgesunden Familien getragen ist. Nur diese wird daher gefördert, während die Vermehrung der Erbkranken und der Asozialen mit harten, aber für die Zukunft des Volkes notwendigen Mitteln gehemmt wird.[5]

In demselben Aufsatz schrieb er: „Die Reinigung des deutschen Kulturlebens von zersetzenden Einflüssen, die besonders vom Judentum ausgingen, war für eine solche innere Erneuerung eine unbedingte Voraussetzung“.[6]

Zur Politik, der von der NSDAP so bezeichneten „Evakuierungen“ verkündete Thalheim auf einem Vortrag der Deutschen weltwirtschaftlichen Gesellschaft in Berlin am 28. November 1941: Die Zukunft gehört Wanderungen in der Hand des Staates – einer streng gelenkten, nach den Gesichtspunkten des völkischen Gesamtinteresses ausgerichteten Wanderung! [7] Ab 1942 war Thalheim im wissenschaftlichen Beirat der Gesellschaft für europäische Wirtschaftsplanung und Großraumwirtschaft.

1949 wurde er von der Berliner Zentralbank als stellvertretender Leiter der volkswirtschaftlichen Abteilung engagiert, ein Jahr später nahm er dieselbe Position bei der Berliner Industrie- und Handelskammer an. Ab 1951 war er wieder als ordentlicher Professor tätig, er baute das Osteuropa-Institut an der Berliner Freien Universität auf. Thalheim war einer der wenigen deutschen Hochschullehrer, welche ansatzweise eine Schuld reflektierten, behauptete aber noch 1966 in einer Stellungnahme zu seinen in der NS-Zeit verfassten Schriften gegenüber Rolf Seeliger: „Ich habe an den schrecklichen ... Unsinn, der in diesen Sätzen steht, nie geglaubt. Ich bin nie Antisemit gewesen“.[8] 1961 bis 1969 gehörte er dem Direktorium des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien an. 1968 wurde er emeritiert. 1975 bis 1987 war er Vorstand der Berliner Forschungsstelle für gesamtdeutsche wirtschaftliche und soziale Fragen.

Literatur

  • Rolf Seeliger: Braune Universität. Deutsche Hochschullehrer gestern und heute, Band 4, 1966, S. 27-38.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich hier DIE MARIENTHAL-STUDIE: http://agso.uni-graz.at/marienthal/bibliothek/biografien/07_04_Thalheim_Karl_Christian_Biografie.htm
  2. Zeittafel zur Geschichte der Handelshochschule Leipzig: http://www.hhl.de/fileadmin/HHL-Info/Downloads/Downloads/zeittafel.pdf
  3. Rolf Seeliger: Braune Universität. Deutsche Hochschullehrer gestern und heute, Band 4, 1966, S. 33.
  4. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 620.
  5. Zitiert nach Götz Aly, Susanne Heim: Vordenker der Vernichtung. Auschwitz und die deutschen Pläne für eine neue europäische Ordnung. Hoffmann und Campe, Hamburg 1990, ISBN 3-455-08366-8. S. 120 f.
  6. Zitat bei Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer Taschenbuch 2005, S. 620.
  7. Abgedruckt im Nachrichtenblatt der Reichsstelle für das Auswanderungswesen 24 (1942) Hefte 10, 11 und 12 zitiert nach Heim/Aly S. 120.
  8. Zitat bei Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer Taschenbuch 2005, S. 621.

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