Karl Heinrich Marx

Karl Heinrich Marx
Karl Marx
Unterschrift

Karl Heinrich Marx (* 5. Mai 1818 in Trier; † 14. März 1883 in London) war Philosoph, politischer Journalist sowie Kritiker der bürgerlichen Gesellschaft und der klassischen Nationalökonomie. Er strebte eine wissenschaftliche Analyse und Kritik des Kapitalismus an und gilt als einflussreichster Theoretiker des Sozialismus und Kommunismus. Seine Theorien werden bis heute kontrovers diskutiert.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Karl-Marx-Haus in Trier (Geburtshaus, Museum, Brückenstraße 10)
Wohnhaus der Familie Marx in Trier, Simeonstraße 8
Marx als Student (Zeichnung)
Karl Marx’ Frau Jenny
Friedrich Engels und Karl Marx (stehend)
vorn Marx’ Frau Jenny und ihre Kinder Laura und Eleanor (1864)

Jugend und politische Anfänge (1818–1841)

Karl Marx wurde 1818 als drittes Kind des Anwaltes (Hirschel) Heinrich Marx (* 1777; † 1838) und Henrietta Marx (* 1788; † 1863; geborene Presborck) in Trier geboren.

Heinrich Marx stammte aus einer bedeutenden Rabbinerfamilie (ursprünglich Marx Levi). 1816 (oder 1817) konvertierte der Vater zum Protestantismus, da er als Jude unter der preußischen Obrigkeit sein unter napoleonischer Regierung angetretenes Amt als Justizrat nicht hätte weiterführen dürfen. 1824 wurden die Kinder, auch Karl, konvertiert.

Von 1830 bis 1835 besuchte Karl Marx das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Trier, wo er zusammen mit seinem Freund und späteren Schwager Edgar Freiherr von Westphalen mit 17 Jahren das Abitur ablegte. 1836 verlobte er sich in Trier mit Edgars Schwester Jenny von Westphalen (1814-1881).

1835 ging er zum Jurastudium nach Bonn, wo er der „Landsmannschaft der Treveraner“ (Trierer) beitrat; ein Jahr später nach Berlin, wo das Jura-Studium in den Hintergrund trat gegenüber Philosophie und Geschichte. Hier stieß Marx zum Kreis der Jung- oder Linkshegelianer.

Hegel, der 1831 starb, hatte zu seiner Zeit einen starken Einfluss auf das geistige Leben in Deutschland. Das Hegelianische Establishment (auch bekannt als „Alt- oder Rechtshegelianer“) meinte, dass im preußischen Staat die Serie der dialektischen Entwicklungen ein Ende gefunden habe: eine effiziente Bürokratie, gute Universitäten, Industrialisierung und ein hoher Beschäftigungsgrad. Die Linkshegelianer, zu denen Marx gehörte, erwarteten weitere dialektische Änderungen, eine Weiterentwicklung der preußischen Gesellschaft, die sich mit Problemen wie Armut, staatlicher Zensur und der Diskriminierung der Menschen, die sich nicht zum lutherischen Glauben bekannten, zu befassen hatte.

1841 wurde Marx in absentia an der Universität Jena mit einer Arbeit zur Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie[1] zum Doktor der Philosophie promoviert. Auf eine Professur rechnend zog Marx hierauf nach Bonn; doch verwehrte die Politik der preußischen Regierung ihm – wie Ludwig Feuerbach, Bruno Bauer u. a. – die akademische Laufbahn, galt Marx doch als ein führender Kopf der oppositionellen Linkshegelianer.

Um diese Zeit gründeten liberale Bürger in Köln die „Rheinische Zeitung für Politik, Handel und Gewerbe“ als gemeinsames Organ der verschiedenen oppositionellen Strömungen von monarchistischen Liberalen bis zu radikalen Demokraten; Marx wurde ein Hauptmitarbeiter des Blattes, das am 1. Januar 1842 erstmals erschien. Im Oktober 1842 übernahm Marx die Leitung der Zeitung, welche von da an einen radikal oppositionellen Standpunkt vertrat. Aufgrund der Karlsbader Beschlüsse unterlag das gesamte Pressewesen der Zensur, die hinsichtlich der Rheinischen Zeitung besonders streng war. Die preußische Obrigkeit schickte zunächst einen Spezialzensor aus Berlin und als dies nicht half, musste jede Ausgabe in zweiter Instanz dem Kölner Regierungspräsidenten vorgelegt werden. Weil Marx’ Redaktion auch diese doppelte Zensur regelmäßig unterlief, wurde zum 1. April 1843 schließlich das Erscheinen der Zeitung untersagt.

Übergang zum Kommunismus (1842–1849)

Ebenfalls 1843 heiratete Marx seine vier Jahre ältere Verlobte Jenny von Westphalen in der Kreuznacher Pauluskirche. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor, von denen nur die drei Töchter Jenny, Laura und Eleanor überlebten.

Im gleichen Jahr ging Marx nach Paris und begann dort, zusammen mit Arnold Ruge, die Deutsch-Französischen Jahrbücher herauszugeben. Von ihnen erschien allerdings nur die erste Ausgabe und diese auch nur in deutscher Sprache, weil die katholisch geprägten französischen Sozialisten und Kommunisten mit den deutschen Atheisten unter Marx nicht zusammenarbeiten wollten. Die Fortsetzung scheiterte teils an den Schwierigkeiten einer heimlichen Verbreitung in Deutschland, teils an den bald zutage tretenden prinzipiellen Differenzen zwischen den beiden Redakteuren. Ruge blieb der Hegelschen Philosophie und der bürgerlichen Demokratie verpflichtet; Marx begann, sich mit politischer Ökonomie zu beschäftigen und durch Kritik an den französischen Sozialisten einen eigenständigen kommunistischen Standpunkt zu entwickeln.

Die Ökonomisch-philosophischen Manuskripte aus dem Jahre 1844 sind Marx’ erster Entwurf eines ökonomischen Systems, der zugleich die philosophische Inspiration deutlich macht. Marx entwickelt dort erstmals ausführlich seine an Hegel angelehnte Theorie der „entfremdeten Arbeit“.

Allerdings beendete Marx diese so genannten „Pariser Manuskripte“ nicht, sondern verfasste kurz darauf auf dem Höhepunkt der zeitgenössischen Diskussion um den Junghegelianismus zusammen mit Friedrich Engels das Werk Die heilige Familie. Über die gemeinsame Arbeit an den Deutsch-Französischen Jahrbüchern hatte sich mit Engels – der ihn im September 1844 auch einige Tage besuchte – ein reger Briefwechsel entwickelt, der schließlich zu einer lebenslangen Freundschaft sowie einer engen politischen und publizistischen Zusammenarbeit führte. Deren erstes Ergebnis war die im März 1845 veröffentlichte Schrift Die heilige Familie, die sich als Streitschrift „gegen B.[runo] Bauer und Konsorten“ verstand, zu der Engels allerdings nur zehn Seiten beigetragen hat. Marx polemisiert hier gegen die Berliner Junghegelianer um seinen ehemaligen Mentor Bruno Bauer; einen wichtigen Angehörigen dieser Gruppe erwähnt er zunächst aber nicht: Max Stirner, dessen Buch Der Einzige und sein Eigentum im Oktober 1844 erschienen war und von Engels in einem Brief an Marx (19. Nov.) zunächst vorwiegend positiv eingeschätzt wurde.

Marx sah Stirners Buch kritischer als Engels und überzeugte diesen in einer Antwort auf den genannten Brief von seiner Auffassung. Gleichwohl schien er sich Stirners Kritik an Feuerbach partiell zu eigen zu machen und verfasste im Frühjahr 1845 seine berühmten, aber erst postum veröffentlichten Thesen über Feuerbach. Erst im Herbst 1845, nachdem Marx die Verteidigung Feuerbachs gegen die Kritik Stirners an ihm sowie Stirners Replik darauf gesehen hatte, entschloss er sich, selbst eine Kritik Stirners zu verfassen, das Kapitel „Sankt Max“ in der 1845–1846 gemeinsam verfassten Streitschrift Die deutsche Ideologie, das aber erst nach Marx’ Tod veröffentlicht wurde.

Im ersten, der Kritik des junghegelianischen Religionskritikers Ludwig Feuerbach gewidmeten Kapitel der Deutschen Ideologie entwickeln Marx und Engels ein Modell des „praktischen Entwicklungsprozesses“ der menschlichen Geschichte, die sie im Gegensatz zu den Hegelianern nicht als Entwicklungsgang des Geistes, sondern als Geschichte menschlicher Praxis und der sozialen Beziehungen verstehen: „es wird von den wirklich tätigen Menschen ausgegangen und aus ihrem wirklichen Lebensprozeß auch die Entwicklung der ideologischen Reflexe und Echos dieses Lebensprozesses dargestellt.“ (MEW 3:26) Besondere Aufmerksamkeit erfährt dabei das Moment der Teilung der Arbeit als des bestimmenden Faktors der geschichtlichen Entwicklung. Dem ebenfalls materialistisch argumentierenden Feuerbach werfen sie dabei vor, den Menschen als etwas Wesenhaftes, nicht aber als Subjekt sinnlich-praktischer Tätigkeit verstanden zu haben.

Die weiteren Kapitel der Deutschen Ideologie beinhalten eine scharfe Kritik der übrigen Junghegelianer als Vertreter einer – so Marx und Engels – wesentlich idealistischen Gesellschaftskritik. Auch den Vertretern des sogenannten „wahren Sozialismus“ (v.a. Karl Grün) ist ein Kapitel gewidmet. Zu Lebzeiten Marx’ wurde allerdings – nach einigen fehlgeschlagenen Veröffentlichungsversuchen – nur das Kapitel über Karl Grün abgedruckt (1847 in der Zeitschrift Das Westphälische Dampfboot), das vollständige Werk erschien erst 1932 im Rahmen der MEGA.

Marx’ und Engels’ in Abgrenzung gegen die zeitgenössischen sozialistischen und junghegelianischen Strömungen entworfene Grundlegung eines „historischen Materialismus“ stellt durch die Betonung der sozialen und materiellen Triebkräfte der Geschichte einen unmittelbaren Vorläufer der Soziologie dar.

Marx hatte sich außerdem an der Redaktion des in Paris erscheinenden deutschen Wochenblattes Vorwärts! beteiligt, das den Absolutismus der deutschen Länder – besonders Preußens – angriff, unter Marx’ Einfluss bald mit deutlich sozialistischer Ausrichtung. Die preußische Regierung setzte deswegen seine Ausweisung aus Frankreich durch, so dass Marx Anfang 1845 nach Brüssel übersiedeln musste, wohin Engels ihm folgte. Bei einer gemeinsamen Studienreise nach England im Sommer 1845 knüpften sie Verbindungen zum revolutionären Flügel der Chartisten. Marx gab im Dezember 1845 die preußische Staatsbürgerschaft auf, nachdem er erfahren hatte, dass die preußische Regierung vom belgischen Staat seine Ausweisung erwirken wollte.

In Brüssel veröffentlichte Marx 1847 das Buch Elend der Philosophie. Antwort auf Proudhons „Philosophie des Elends“ (Original französisch als Misère de la philosophie. Réponse à la philosophie de la misère de M. Proudhon), eine Kritik der ökonomischen Theorie Pierre-Joseph Proudhons und darüber hinausgehend der kapitalistischen Gesellschaft selbst. Außerdem schrieb er gelegentlich Artikel für die Deutsche-Brüsseler-Zeitung.

Anfang 1846 gründeten Marx und Engels in Brüssel das Kommunistische Korrespondenz-Komitee, dessen Ziel die inhaltliche Einigung und der organisatorische Zusammenschluss der revolutionären Kommunisten und Arbeiter Deutschlands und anderer Länder war; so wollten sie den Boden für die Bildung einer proletarischen Partei bereiten.

So traten sie schließlich in Verbindung mit Wilhelm Weitlings sozialistischem Bund der Gerechten, in dem Marx 1847 Mitglied wurde. Noch im selben Jahr setzte er die Umgründung zum Bund der Kommunisten durch und erhielt den Auftrag, dessen Manifest zu verfassen. Es wurde im Revolutionsjahr 1848 veröffentlicht und ging als Kommunistisches Manifest (eigentlich: Manifest der Kommunistischen Partei) in die Geschichte ein. Im September 1850 wurden Marx und Engels aus dem Bund ausgeschlossen, weil sie mit der Gründung einer eigenen Zentralbehörde in Köln gegen die Statuten verstoßen hatten und die übrigen Mitglieder ihnen „halbgelehrte politische Träumereien“ vorwarfen.

Kurz darauf löste die französische Februarrevolution 1848 in ganz Europa politische Erschütterungen aus; als diese Brüssel erreichten, wurde Marx verhaftet und aus Belgien ausgewiesen. Da ihn inzwischen die neu eingesetzte provisorische Regierung der französischen Republik wieder nach Paris eingeladen hatte, kehrte er dorthin zurück; nach Ausbruch der deutschen Märzrevolution ging Marx nach Köln. Dort war er einer der Führer der revolutionären Bewegung in der preußischen Rheinprovinz und gab die Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie heraus, in der unter anderen erstmals die unvollendet gebliebene Schrift Lohnarbeit und Kapital abgedruckt wurde. Die Zeitung konnte am 19. Mai 1849 zum letzten Mal erscheinen, bevor die preußische Reaktion ihr Erscheinen unterband und Marx zum Staatenlosen erklärte.

Londoner Exil (1849–1883)

Karl Marx im Jahr 1882
Denkmal auf dem Highgate Cemetery in London[2]

Marx kehrte zunächst nach Paris zurück, wurde aber schon einen Monat später vor die Wahl gestellt, sich entweder in der Bretagne internieren zu lassen oder Frankreich zu verlassen. Marx ging daraufhin mit seiner Familie ins Exil nach London, wo er vor allem anfangs in dürftigen Verhältnissen von journalistischer Tätigkeit sowie finanzieller Unterstützung vor allem von Engels überlebte, welcher Marx nach England folgte. Politisch widmete er sich der internationalen Agitation für den Kommunismus und erarbeitete den endgültigen Stand seiner Kritik des Kapitalismus.

In London erschien zunächst Marx’ Werk Klassenkämpfe in Frankreich 1848 bis 1850 (als Artikelreihe 1849–1850); daran anknüpfend Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte (1852) zur Machtergreifung Napoleons III..

Von 1852 an war Marx Londoner Korrespondent der New York Tribune und jahrelang deren Redakteur für Europa. Die Artikel sind keine gewöhnlichen Berichte, sondern umfassende Analysen der politischen und ökonomischen Lage einzelner europäischer Länder, oft als ganze Artikelreihe. Die Mitarbeit an der „Tribune“ endete mit dem Amerikanischen Bürgerkrieg.

In der Folge entstanden Marx’ ökonomische Hauptwerke. Als erste systematische Darstellung der Marx’schen ökonomischen Grundgedanken erschien 1859 Zur Kritik der politischen Ökonomie. Eigentlich als erstes Heft zur Fortsetzung bestimmt, entdeckte Marx bald, dass er mit der Detail-Ausführung des Gesamtplans noch unzufrieden war. So begann er seine Arbeit von neuem, und erst 1867 erschien der erste der drei Bände seines Hauptwerks Das Kapital.

Während er das Kapital ausarbeitete, bot sich Marx auch wieder Gelegenheit zu praktischer Tätigkeit in der Arbeiterbewegung: 1864 beteiligt er sich federführend an der Gründung der Internationalen Arbeiter-Assoziation (kurz Erste Internationale) und nimmt in ihr bis zur faktischen Auflösung 1872 (durch Verlegung der Zentrale in die USA, formeller Auflösungsbeschluß 1876) die leitende Position ein. Marx entwarf die Statuten und das grundlegende Programm, die „Inauguraladresse der Internationalen Arbeiter-Assoziation“, unter denen so disparate Sektionen wie deutsche Kommunisten, englische Gewerkschafter, schweizer Anarchisten und französische Proudhonisten zusammenwirkten. Aus zwei 1865 gehaltenen Vorträgen bei Sitzungen des Generalrats entstand die von seiner Tochter Eleanor 1898 veröffentlichte Schrift Lohn, Preis und Profit.

In den deutschen Staaten trieb Marx zunächst die Schaffung einer revolutionären sozialistischen Partei voran; dies geschah in Abgrenzung zum sozialreformerisch ausgerichteten „Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein“ des früheren Marx-„Schülers“ Ferdinand Lassalle, mit dem er sich in den politischen Zielen entzweit hatte. In Verbindung mit Marx gründete Wilhelm Liebknecht 1869 die „Sozialdemokratische Arbeiterpartei“, welche sich 1875 mit den Lassalleianern zur „Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands“ vereinigte, der späteren „Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“ (SPD). Ab 1871 arbeitete er an der von Liebknecht herausgegebenen Zeitschrift Der Volksstaat mit.

Auch nach der Auflösung der Ersten Internationale blieb Marx in ständiger Verbindung mit fast allen wichtigen Figuren der europäischen und amerikanischen Arbeiterbewegung, die ihn oft für wichtige Fragen persönlich zu Rate zogen.

Die drei Töchter Eleanor, Jenny und Laura waren wie ihre Eltern in der sozialistischen Bewegung tätig. Laura heiratete 1868 Paul Lafargue, Jenny 1872 Charles Longuet, Eleanor lebte ab 1883 zusammen mit Edward Aveling; alle drei Schwiegersöhne Marx’ betätigten sich als sozialistische Agitatoren, die ersten beiden in Frankreich, der dritte in Großbritannien.

Außerdem hatte Marx einen unehelichen Sohn namens Frederick mit seiner aus Deutschland stammenden Haushälterin Helene Demuth; die Vaterschaft übernahm offiziell Friedrich Engels.

An der Vollendung seiner stetig vorangetriebenen ökonomischen Arbeiten hinderte Marx seine zunehmende Kränklichkeit. In den Jahren von 1862 bis 1874 litt er an einer Hautkrankheit, die ihn stark behinderte. Heutzutage wird angenommen, dass es sich dabei um Hidradenitis suppurativa handelte.[3]

1881 starb Jenny Marx, 1883 Tochter Jenny Longuet. Insgesamt sind vier von Marx’ Kindern vor ihm selbst verstorben; die beiden ihn überlebenden Töchter beendeten ihr Leben durch Freitod. Marx verstarb 1883 im Alter von 64 Jahren in London und wurde – unter Anwesenheit von elf Trauergästen – auf dem „Highgate Cemetery“ begraben. Hier errichtete 1954 die Kommunistische Partei Großbritanniens einen Gedenkstein mit der Inschrift: „Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!“ („Workers of all lands, unite!“).

Überblick über das Denken

Karl Marx gilt als einflussreichster Theoretiker des Kommunismus, dessen Schriften die Arbeiterbewegung des 19. Jahrhundert und 20. Jahrhunderts weltweit, von der SPD bis zur KPD, von den sozialistisch-kommunistischen Bewegungen Lateinamerikas, Russlands bis nach Ostasien, entscheidend, wenngleich auf sehr unterschiedliche Weise, geprägt haben. In der modernen Volkswirtschaftslehre wird er den Nationalökonomen zugeordnet. Auch die Philosophie und andere Geisteswissenschaften sowie die Sozialwissenschaften beeinflusste Marx, wobei die Anhänger seiner Theorie in verschiedenen Disziplinen oft unter dem Begriff des Marxismus zusammengefasst werden.

Kommunismus und klassenlose Gesellschaft

Hauptartikel: Kommunismus (Marxismus)

Zusammen mit seinem lebenslangen Freund und Mitstreiter Friedrich Engels bemühte sich Marx um die Entwicklung eines „wissenschaftlichen Sozialismus“, den er vor allem gegen die idealistischen Utopien des Frühsozialismus abgrenzt. Marx versucht nicht, eine fertige Utopie des Kommunismus zu entwerfen, sondern begreift die kommunistische Bewegung als „die selbständige Bewegung der ungeheuren Mehrzahl im Interesse der ungeheuren Mehrzahl“ (Manifest der Kommunistischen Partei, MEW 4:472) deren genauer Charakter sich durch die historischen Bedingungen bestimmt, in denen diese Bewegung agiert. Die Konturen einer kommunistischen, klassenlosen Gesellschaft werden oft nur vage umrissen; eine berühmte Formel lautet:

„An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist.“

MEW 4:482

Eindeutig ist, dass Marx die Bedingung für eine kommunistische Gesellschaft in der Aufhebung des Privateigentums an Produktionsmitteln (Boden, Fabriken, Maschinen etc.) sieht, die nur durch eine grundlegende Änderung der Gesellschaft, die kommunistische Revolution des Proletariats, verwirklicht werden kann.

Kritik der politischen Ökonomie

Um die Bedingungen für eine kommunistische Bewegung zu erfassen, aber auch, um die bestehenden Verhältnisse adäquat kritisieren und damit bekämpfen zu können, bemüht sich Marx Zeit seines Lebens um eine grundlegende ökonomische Analyse der kapitalistischen Gesellschaft. In seinem insgesamt 2200 Seiten umfassenden dreibändigen Hauptwerk Das Kapital (Bd. 1: 1867, Bd. 2 und 3 postum) unternimmt Marx eine fundamentale „Kritik der politischen Ökonomie“. Dies beinhaltet einerseits die Analyse der Warenform, des Kapitals, des Geldes und der kapitalistischen Produktions- und Besitzverhältnisse, in welche die Produktion des gesellschaftlichen Reichtums in der bürgerlichen (d. h. kapitalistischen) Gesellschaft eingebettet ist. Andererseits beinhaltet die Kritik der bürgerlichen Ökonomie auch die Kritik an den klassischen bürgerlichen Theoretikern der Ökonomie wie Adam Smith oder David Ricardo, die Marx mit zum Teil scharfer Polemik angreift. Eine der zentralen Thesen der Marxschen Theorie des Kapitalismus ist der unversöhnliche Klassengegensatz zwischen Proletariat und Bourgeoisie, auf dem der innerhalb der bestehenden Verhältnisse unüberwindbare Antagonismus der kapitalistischen Gesellschaft beruhe.

Geschichtsphilosophie

Die Marx’sche Geschichtsphilosophie wurde als Historischer Materialismus bekannt. Nicht die Ideen werden als grundlegende Bewegungskraft der Geschichte angesehen, sondern die materiellen Verhältnisse, die die Hervorbringung der Ideen grundsätzlich bestimmen:

„Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt.“

Vorwort zur Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13:9

Das bedeutet jedoch keinen Determinismus des Materiellen, sondern eine dialektische Wechselbeziehung zwischen Sein und Bewusstsein, Notwendigkeit und Freiheit:

„Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbst gewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen.“

Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, MEW 8:115

Vom Historischen Materialismus wird der Dialektische Materialismus unterschieden; siehe auch Dialektik bei Marx und Engels.

Philosophie und Religionskritik

Die Aufgabe der Philosophie sieht Marx in ihrer Aufhebung, das heißt in ihrer praktischen Verwirklichung: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt drauf an, sie zu verändern.“ (Thesen über Feuerbach, MEW: 3:7) Marx kritisiert zugleich alle Formen einer idealistischen Philosophie und insbesondere der Religion, die nach Marx nur dazu dient, die Existenz des Menschen durch Träumereien und Trost im Jenseits erträglich zu machen und so das faktische Elend zu verlängern und zu legitimieren. In einem berühmten Ausspruch bezeichnet Marx die Religion deshalb als „Opium des Volks“ (Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, MEW 1:378). Marx zählt damit zusammen mit Ludwig Feuerbach, Friedrich Nietzsche und Sigmund Freud zu den bedeutendsten Religionskritikern der Neuzeit. Religion ist für ihn, wie bereits für Feuerbach, dessen Religionskritik Marx übernimmt und weiterführt, ein ideologisches Hirngespinst der von sich selbst entfremdeten Menschen: „Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen.“ (Ebd., MEW 1:378). Die Überwindung dieses Hirngespinstes bedarf jedoch nicht nur der theoretischen Kritik, sondern der materiellen Veränderung jenes Lebens, das die Religion als „Stoßseufzer der bedrängten Kreatur“ erst nötig macht: „Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf.“ (Ebd., MEW 1:379).

Klassenkampf und Revolution

„Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!“ – Titelblatt der Originalausgabe des Manifests der Kommunistischen Partei (1848)

Das Subjekt der Veränderung der Welt erblickt Marx in der sozialen Klasse des Proletariats, das als diejenige Klasse der Gesellschaft, die auch ihre Güter produziert, als einzige die Macht besitze, eine kommunistische Umwälzung erfolgreich zu vollziehen. Auch sei das Proletariat diejenige Klasse mit dem größten Interesse an einer Revolution, da es durch die kapitalistischen Verhältnisse strukturell und praktisch unterdrückt, ausgebeutet und entfremdet sei. So endet das programmatische Manifest der kommunistischen Partei von 1848 mit den Worten:

„Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung. Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen.“

MEW 4:493

Der Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie vollzieht sich nach Marx als „Diktatur des Proletariats“, als Herrschaft der unterdrückten Mehrheit über die ehemaligen Unterdrücker, als „Expropriation der Expropriateure“, d. h. als „Enteignung der Enteigner“. Die Übergangsphase der Diktatur des Proletariats setzt Marx auch mit dem Sozialismus gleich; der Begriff des Kommunismus ist einem fortgeschrittenen Stadium der klassenlosen Gesellschaft vorbehalten, in welchem der Staat und mit ihm alle Unterdrückungsgewalt unnötig geworden und abgestorben ist und die sich „auf ihre Fahne“ geschrieben hat:

„Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“

Kritik des Gothaer Programms, MEW 19:21

Überblick über das Werk

Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, veröffentlicht in der Zeitschrift „Die Revolution“, New York 1852.

Marx’ Werk wird oft in zwei Phasen unterteilt: „Frühschriften“ (bis 1848) und „reifer Marx“, wobei umstritten ist, inwieweit diese beiden Phasen einen wirklichen Bruch im Denken darstellen. Während lange Zeit sowohl von der Sozialdemokratie wie auch vom Leninismus-Stalinismus nur die späteren, vorwiegend ökonomisch orientierten Schriften rezipiert wurden, hat insbesondere die Neue Linke um 1968 auch die philosophisch orientierten Frühschriften wiederentdeckt, die zum Teil erst 1932 veröffentlicht worden waren.[4]

Im Zentrum der Frühschriften stehen Fragestellungen in der Auseinandersetzung mit der Philosophie Hegels, insbesondere die Frage nach der Entfremdung des Menschen und der Möglichkeit ihrer Aufhebung zugunsten einer politischen Emanzipation. Bedeutende Werke des frühen Marx – zum Teil gemeinsam mit Friedrich Engels verfasst – sind:

Gelegentlich ebenfalls zu den Frühschriften gerechnet wird das mit Engels im Revolutionsjahr 1848 verfasste Manifest der Kommunistischen Partei (MEW 4), das durch seinen programmatischen Charakter jedoch eine Sonderstellung im Marx’schen Werk einnimmt.

Wichtige Werke des späteren Marx, in denen mehr und mehr ökonomische Fragestellungen ins Zentrum rückten, sind:

  • Bd. 1: Der Produktionsprocess des Kapitals (1867, MEW 23)
  • Bd. 2: Der Circulationsprocess des Kapitals (hrsg. von Friedrich Engels, 1885, MEW 24)
  • Bd. 3: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion (hrsg. von Engels, 1894, MEW 25).

Außerdem existieren einige Schriften, in denen Marx Geschichte und Zeitgeschichte untersucht:

Philosophie

Wie viele Philosophen des 19. Jahrhunderts war Marx von der Philosophie Hegels geprägt. Hegel, der als einer der bedeutendsten Philosophen der Neuzeit angesehen wird, vertrat eine idealistische, teleologische Geschichtsphilosophie. Die Schüler Hegels spalteten sich in Linkshegelianer und Rechtshegelianer, wobei letztere den Geschichtsprozess mit der bürgerlichen Gesellschaft als zur Vollendung gekommen und abgeschlossen betrachteten, während die Linkshegelianer die letzte Erfüllung des Geschichtsziels als noch ausstehend einstuften. Marx’ philosophische Position ging insbesondere aus den heftig geführten Auseinandersetzungen innerhalb des Linkshegelianismus hervor, an denen unter anderem Ludwig Feuerbach, Bruno Bauer und Max Stirner, aber auch Michail Bakunin teilnahmen.

Marx übernimmt von Hegel die Denkfigur der Dialektik sowie die Annahme einer Gesetzmäßigkeit der Geschichte. Diese führt er jedoch anders als Hegel nicht auf die Entfaltung des „Weltgeists“ zurück, sondern auf materielle, soziale Bedingungen und Auseinandersetzungen innerhalb der Gesellschaft. Hier wird Marx’ zweiter bedeutender philosophischer Einfluss sichtbar, der Materialismus insbesondere Ludwig Feuerbachs. So versucht Marx, die Hegel’sche Dialektik durch eine Verbindung mit dem Materialismus in Form eines „dialektischen Materialismus“ quasi „vom Kopf auf die Füße“ zu stellen:

„Meine dialektische Methode ist der Grundlage nach von der Hegelschen nicht nur verschieden, sondern ihr direktes Gegenteil. Für Hegel ist der Denkprozeß, den er sogar unter dem Namen Idee in ein selbständiges Subjekt verwandelt, der Demiurg des wirklichen, das nur seine äußere Erscheinung bildet. Bei mir ist umgekehrt das Ideelle nichts andres als das im Menschenkopf umgesetzte und übersetzte Materielle.“

Vorwort zur 2. Auflage des Kapitals, MEW 23:27

Die zentrale bewegende Kraft im bisherigen historischen Entwicklungsprozess der menschlichen Gesellschaft sieht Marx – neben der Auseinandersetzung mit der Natur – im Klassenkampf

„Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen.“

MEW 4:462

Eine besondere Rolle spielen dabei revolutionäre Umwälzungen: „Die Revolutionen sind die Lokomotiven der Geschichte.“ (MEW 7:85) Indem er auf diese Weise die Geschichte auf ihre materiellen Bedingungen zurückführt, setzt Marx an die Stelle des Hegel’schen Idealismus einen „historischen Materialismus“, wie er es nennt.

Eine zentrale Theorie in diesem Kontext ist das Basis-Überbau-Modell, nach dem die gesellschaftlichen Institutionen (Staat, Justiz, Kultur, Wertvorstellungen) zunächst nur der Ausdruck bzw. „Überbau“ einer tieferliegenden „Basis“ von Klassen- und Herrschaftsverhältnissen seien. Gerade der Staat, so Marx, sei nur ein Instrument der Herrschaft, nicht etwa ihre Ursache.

„Die politische Gewalt im eigentlichen Sinne ist die organisierte Gewalt einer Klasse zur Unterdrückung einer andern.“

MEW 4:482

Nicht der kulturelle Überbau, vielmehr vor allem die ökonomische Basis aus Produktivkräften, Produktionsweise und Produktionsverhältnissen sind nach Marx die entscheidenden Bewegungskräfte der Geschichte.

Das Basis-Überbau-Schema wurde vulgärmarxistisch oft als starres Schema zur Reduktion aller kulturellen und geistigen Phänomene auf ökonomische Kategorien missverstanden. Marx berühmte Formulierung, dass das Sein das Bewusstsein bestimme (vgl. MEW 13:9), leistet diesem Missverständnis noch Vorschub. Tatsächlich aber betont Marx explizit die Dialektik der Wechselwirkung zwischen Sein und Bewusstsein. Auch das Bewusstsein kann das Sein verändern – gerade die Möglichkeit von Revolutionen beruht ja auf dieser Freiheit des Menschen, die Verhältnisse bewusst umzugestalten, anstatt sich von ihnen determinieren zu lassen. Obwohl sie nicht frei von entsprechenden Tendenzen ist, versteht Marx’ Geschichtsphilosophie sich doch nicht als mechanistischer Determinismus, sondern als Humanismus, dem es um die Verwirklichung der menschlichen Freiheit geht. Aber diese Freiheit ist eben stets an ihre materielle und soziale Umgebung gebunden.

Kritik der politischen Ökonomie

Titelblatt der Originalausgabe des ersten Bands des Kapitals (1867)

Marx und Engels prägten maßgeblich den Begriff der „kapitalistischen Produktionsweise“ bzw. des Kapitalismus, der am systematischsten in Marx’ Hauptwerk Das Kapital dargestellt wurde. [5] Unter Kapitalismus verstehen sie eine Wirtschaftsordnung, die sich durch Privateigentum an Produktionsmitteln sowie durch Produktion für einen den Preis bestimmenden Markt auszeichnet. Nach Marx verändert sich im Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus zwar die gesellschaftliche Produktionsweise bedeutend, jedoch behält sie ihren Klassencharakter bei. Marx beschreibt die kapitalistische Gesellschaft als Gesellschaft des Elends, der Ausbeutung und der Entfremdung.

Aufbauend auf den Theorien der Vertreter der Klassischen Nationalökonomie, allen voran Adam Smith und David Ricardo, interpretiert Marx die Arbeitswerttheorie neu und formuliert sie um zu seiner Arbeitswertlehre, mit deren Hilfe er die Ausbeutung des Proletariats durch das Kapital zu beschreiben versucht.

Kapitalismus als Klassengesellschaft

Marx definiert zwei Hauptklassen der Gesellschaft:

  • Einerseits die Bourgeoisie bzw. die Klasse der Kapitalisten, welche die zur Produktion notwendigen Produktionsmittel (Boden, Fabriken, Maschinen etc.) besitzen, und die heute im Allgemeinen Arbeitgeber genannt werden. Diese Klasse setzt Marx auch mit der „herrschenden Klasse“ gleich, nach deren Interessen die Gesellschaft strukturiert sei und deren Gedanken die öffentliche Meinung und Ideologie bestimmen: „Die herrschenden Ideen einer Zeit waren stets nur die Ideen der herrschenden Klasse.“ (MEW 4: 480)
  • Andererseits das Proletariat, d. h. die Klasse der Arbeiter, die keine eigenen Produktionsmittel besitzen und deshalb gezwungen sind, Lohnarbeit zu verrichten, um ihre Lebensbedürfnisse zu befriedigen. Auch Angestellte zählen in gewissem Sinne zum Proletariat, wenngleich Marx oft die Produktivität des Herstellens beim Arbeiter betont, während die Angestellten nur bereits hergestellte Produkte zu verkaufen helfen, also keine Arbeit im eigentlichen Sinne, sondern „Dienst“ verrichten. Beide aber leben vom Verkauf ihrer Arbeitskraft an einen Kapitalisten, der ihnen für ihre Arbeit oder ihren Dienst einen Lohn ausbezahlt. Dieser Lohn sei in etwa so bemessen, dass der Proletarier seine Arbeitskraft „reproduzieren“ kann (Essen, Wohnen, Erholung), jedoch anderseits nicht selbst Produktionsmittel kaufen kann, wodurch er von der Lohnarbeit abhängig bleibe. Marx bezeichnet die Lohnarbeit deswegen auch oft als „Zwangsarbeit“.
  • Eine dritte Klasse ist das Kleinbürgertum, d. h. die Klassen der Kleinunternehmer und Selbstständigen. Diese Klasse jedoch werde vom Großbürgertum zunehmend verdrängt und letztlich ins Proletariat hinabgedrängt. Außerdem existiere ein Sub- oder Lumpenproletariat aus Obdachlosen, Bettlern und Tagelöhnern, dem er ebenso wie dem Kleinbürgertum keine gesellschaftliche oder gar revolutionäre Bedeutung beimisst.

Formell sind in der bürgerlichen Gesellschaft alle Mitglieder frei und rechtsgleich. De facto aber können für Marx die Proletarier nur wählen, an wen sie ihre Arbeitskraft verkaufen, d. h. von welchen Ketten sie sich fesseln lassen. Solange das bürgerliche Recht auf Eigentum an Produktionsmitteln herrsche, bedeute juristische Gleichheit zwangsläufig soziale Ungleichheit, die durch die Anerkennung der bürgerlichen Ordnung und des bürgerlichen Staates reproduziert und aufrechterhalten werde.

Gesellschaftlicher Widerspruch und Krise

Die Anhäufung (Akkumulation) des gesellschaftlichen Reichtums erfolge im Kapitalismus also stets nur über die Ausbeutung fremder Arbeitskraft als Lohnarbeit. Der Kapitalist zahle dem Arbeiter nur einen Teil des von ihm im Produktionsprozess geschaffenen tatsächlichen Wertes als Lohn aus – das reale Mehrprodukt der gesellschaftlich verrichteten Arbeit komme aber nicht der Gesellschaft insgesamt zugute, sondern werde privat als Mehrwert angeeignet. Diese private Aneignung des Mehrprodukts, aber auch der schöpferischen Arbeitskraft der Individuen überhaupt, prangert Marx deshalb als Ausbeutung an.

Die vom Kapitalisten gewonnene Profitrate sinke nach Marx jedoch immer weiter, wie er in seinem Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate darstellt. Einerseits sei dieser Fall der Profitrate durch den zunehmenden Einsatz von Maschinen bedingt, da nach der Arbeitswertlehre die wertschöpfende Instanz einzig in der menschlichen Arbeitskraft liege, welche durch den Einsatz von Maschinen kontinuierlich abnehme (Fixes Kapital vs. Variables Kapital). Andererseits sinke die Profitrate auch aufgrund der Konkurrenz der Kapitalisten untereinander, die sich stets unterbieten müssen, um auf dem Markt bestehen zu können. Um diese durch stetig sinkende Einnahmen entstehenden Kosten auszugleichen, müsse der Kapitalist auf der anderen Seite Ausgaben einsparen – vornehmlich durch Senkung der Produktionskosten, d. h. durch Lohnsenkungen der Arbeiter oder durch Verlängerung der Arbeitszeit sowie Steigerung der Arbeitsproduktivität.

Der aus dieser Konstellation unvermeidliche Widerspruch zwischen dem Verwertungsinteresse des Kapitals und den Bedürfnissen des Proletariats bestimmt nach Marx den grundsätzlich antagonistischen Charakter der kapitalistischen Produktionsweise und sei letztlich die Ursache für die regelmäßig auftretenden Krisen des Kapitalismus, die schließlich auch zu revolutionären Erhebungen der Arbeiter führen müssen. Mit der durch die ökonomischen Widersprüche des Kapitalismus bedingten Unausweichlichkeit revolutionärer Aufstände schlage schließlich die weltgeschichtliche Stunde der kommunistischen Revolution. Das Kapital produziere seine eigenen „Totengräber“.

Die Entfremdung der Arbeit

Marx 1839, Bild von I. Grinstein (1961)

Nicht nur in der Ausbeutung des Arbeiters und im unversöhnlichen Widerspruch der Klasseninteressen besteht für Marx das Problem des Kapitalismus. Die ganze Existenz des Menschen, sein Menschsein selbst, sieht er durch die kapitalistischen Verhältnisse entfremdet und geknechtet. Das Wesen der menschlichen Existenz lokalisiert er, im Anschluss an Hegel sowie an Feuerbachs Begriff des „Gattungswesens“, in der Fähigkeit des Menschen, seine Umwelt schöpferisch und frei zu gestalten. Die zentrale Kategorie der Marx’schen Philosophie ist deshalb der Begriff der Arbeit, welche Marx als „Stoffwechsel mit der Natur“ definiert. Arbeit ist für ihn, wie schon für Hegel, die Universalkategorie der menschlichen Existenz:

„Als Bildnerin von Gebrauchswerten, als nützliche Arbeit, ist die Arbeit daher eine von allen Gesellschaftsformen unabhängige Existenzbedingung des Menschen, ewige Naturnotwendigkeit, um den Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur, also das menschliche Leben zu vermitteln.“

MEW 23:57

Im Kapitalismus aber sei die Arbeit auf grundlegende Weise entfremdet und pervertiert. Denn Arbeit im Kapitalismus werde nicht im Interesse der Schaffung von Gebrauchswerten verrichtet, und noch weniger zur Verwirklichung kreativer Schöpferkraft, sondern lediglich zur Erzielung von Tauschwerten. Der Arbeiter könne über seine Arbeitskraft nicht frei verfügen, sondern müsse sie nach den Vorgaben des Kapitalisten einsetzen, für den er arbeitet. Die Güter, die er so produziert, erlebe der Arbeiter nicht mehr als seine eigenen, sondern als fremde; er könne sich in den Ergebnissen seiner eigenen Tätigkeit nicht wiedererkennen. Diesen Prozess bezeichnet Marx, auch hierin Hegel folgend, als „Entfremdung“ bzw. „Entäußerung“.

„Worin besteht nun die Entäußerung der Arbeit? Erstens, daß die Arbeit dem Arbeiter äußerlich ist, d. h. nicht zu seinem Wesen gehört, daß er sich daher in seiner Arbeit nicht bejaht, sondern verneint, nicht wohl, sondern unglücklich fühlt, keine freie physische und geistige Energie entwickelt, sondern seine Physis abkasteit und seinen Geist ruiniert. Der Arbeiter fühlt sich daher erst außer der Arbeit bei sich und in der Arbeit außer sich. Zu Hause ist er, wenn er nicht arbeitet, und wenn er arbeitet, ist er nicht zu Haus. Seine Arbeit ist daher nicht freiwillig, sondern gezwungen, Zwangsarbeit. Sie ist daher nicht die Befriedigung eines Bedürfnisses, sondern sie ist nur ein Mittel, um Bedürfnisse außer ihr zu befriedigen.“

Ökonomisch-philosophische Manuskripte aus dem Jahre 1844, MEW Ergänzungsband I:514

Ideologiekritik

Der Fetischcharakter der Ware

In seinem späteren Werk tritt an die Stelle des philosophisch voraussetzungsvollen Entfremdungsbegriffs (der ja implizit die Vorstellung einer nicht-entfremdeten Arbeit voraussetzt) der Begriff des „Warenfetischismus“, wie er im ersten Band des Kapitals im berühmten Kapitel über den „Fetischcharakter der Ware und ihr Geheimnis“ entwickelt wird. Damit ist die Verschleierung der geleisteten menschlichen Arbeit gemeint, die man einem fertigen, als Ware zirkulierenden Produkt nicht mehr ansieht. Auch dies ist der Sache nach eine Form der Entfremdung, dient im Kontext des Kapitals jedoch nicht mehr so sehr zur Bestimmung des Elends der Arbeiter, sondern zum Verständnis der ideologischen Struktur der kapitalistischen Gesellschaft.

Je weniger die Menschen sich in den Produkten ihrer Arbeit wiedererkennen und sie als von ihnen selbst gemachte Produkte begreifen können, desto selbständiger erscheinen ihnen diese Produkte selbst. Insbesondere in der Form des Geldes und des Kapitals – beide nichts weiter als akkumulierte, angehäufte Waren in abstrakter Form – erscheinen die Produkte der menschlichen Arbeit als verselbständigte, „automatische Subjekte“. (MEW 23:169) Die Verwandlung von Geld in mehr Geld, auf dessen Prinzip der Kapitalismus beruhe, erscheine als selbständige Bewegung des Geldes (etwa in der Form des scheinbar selbsttätigen Zinses), nicht als Resultat menschlicher Arbeit. Dadurch werden, so Marx, die dinglichen Objekte zu Subjekten, und umgekehrt die menschlichen Subjekte zu ohnmächtigen Objekten. Die Warenproduzenten werden von ihren Produkten beherrscht: „Ihre eigne gesellschaftliche Bewegung besitzt für sie die Form einer Bewegung von Sachen, unter deren Kontrolle sie stehen, anstatt sie zu kontrollieren.“ (MEW 23: 89) Die kapitalistische Gesellschaft beruht auf einer grundlegenden Verkehrung, sie steht gewissermaßen auf dem Kopf.

So werden die Produkte zu Fetischen, zu scheinbar magischen Gegenständen. Gleichwohl sei eben dieser Anschein bloßer Schein. Auch wenn die Arbeit nicht mehr wahrgenommen wird, bleibe sie doch die eigentlich wertschöpfende Instanz und die Ursache aller Bewegung. Der Fetischcharakter der Ware sei eine Täuschung, obgleich diese Täuschung kein bloßer Irrtum sei, sondern eine praktische Ursache besitze: die Teilung der Gesellschaft in Arbeitende und Arbeiten-Lassende, d. h. in jene, die Produkte herstellen und andere, denen diese Produkte gehören.

Religion und Religionskritik

Dieser Verkehrung der praktischen Verhältnisse entspricht für Marx das falsche Bewusstsein der Religion, welche nichts weiter als der „richtige“ (d. h. angemessene) Ausdruck einer falschen Gesellschaft sei. Die Religion sei die „Mystifikation“ (MEW 23:838) einer Welt, die selbst quasi-mystische Züge trägt. In der Religion „scheinen die Produkte des menschlichen Kopfes mit eignem Leben begabte, untereinander und mit den Menschen in Verhältnis stehende selbständige Gestalten [zu sein]. So in der Warenwelt die Produkte der menschlichen Hand.“ (MEW 23:86) So sei Religion nicht nur Täuschung, sondern besitze auch eine innere Wahrheit:

„Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elends und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks.“

Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, MEW 1:378

Gleichwohl vermöge die Religion nicht anzugeben, was es mit dem Elend auf sich hat, dessen Ausdruck sie ist, – im Gegenteil, so Marx, täuscht sie darüber mit Hirngespinsten und jenseitigem Trost hinweg. Insofern sei sie ein falsches Bewusstsein, also reine Ideologie. Weil Religion und Gesellschaft also wesenhaft zusammenhängen, nimmt die Religionskritik eine zentrale Stellung bei Marx ein: „die Kritik der Religion ist die Voraussetzung aller Kritik.“ (Ebd., MEW 1:378) Jedoch könne die Kritik am falschen Bewusstsein nur dazu dienen, die Ursache des Irrtums zu erkennen und dadurch die Möglichkeit seiner praktischen Aufhebung ins Bewusstsein rücken. Klassenbewusstsein bedeutet in diesem Sinne für Marx, die sozialen Verhältnisse „objektiv“ wahrzunehmen und die Beteiligung des Menschen an der Reproduktion der kapitalistischen Herrschaft zu erkennen und zu kritisieren. Sie müsse an die Stelle der Mystifikation und des religiösen „Nebelschleiers“ (MEW 23:94) die Bedürfnisse der Menschen selbst stellen, für deren Verwirklichung sie zu kämpfen habe. Die Philosophie müsse zur „revolutionären Praxis“ (MEW 3:7) werden.

„Die Waffe der Kritik kann allerdings die Kritik der Waffen nicht ersetzen, die materielle Gewalt muss gestürzt werden durch materielle Gewalt, allein auch die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift. Die Theorie ist fähig, die Massen zu ergreifen, sobald sie ad hominem demonstriert, und sie demonstriert ad hominem, sobald sie radikal wird. Radikal sein ist die Sache an der Wurzel fassen. Die Wurzel für den Menschen ist aber der Mensch selbst.“

MEW 1:385

Rezeption

Karl Marx

Hauptartikel: Rezeptionsgeschichte (Artikel Marxismus)

Hauptartikel: Kritik am Marxismus

Marx’ Theorie wurde von späteren marxistischen Strömungen durchaus gegensätzlich interpretiert: Das reicht von der sozialreformerischen Politik der Sozialdemokratie über die dogmatischen Interpretationen des „Realsozialismus“ der ehemaligen Sowjetunion oder der Volksrepublik China u. a. m. (vergleiche auch Artikel Kommunistische Partei) bis hin zu undogmatischen Interpretationen von Vertretern der Kritischen Theorie und der Neuen Linken. Die schablonenhafte, ungeprüfte Übernahme isolierter Marx’scher Termini und Konzepte wird oft als „Vulgärmarxismus“ bezeichnet.

Marx-Kritiker

Eugen von Böhm-Bawerk, einer der Begründer der Österreichischen Schule, kritisierte bereits in Zum Abschluß des Marxschen Systems (1896) die seiner Ansicht nach widersprüchlichen Kapitaltheorien im 1. und 3. Bande von Das Kapital.[6] Während Marx im ersten Band unterstellte, dass sich die Waren nach ihren Arbeitswerten austauschen, und nur kurz anmerkte, dass dies nicht die reale Wirtschaftsbewegung widerspiegle, und noch unzählige Zwischenschritte zum Verständnis des Umstands vonnöten wären, wurde erst im dritten Band ausgeführt, weshalb es zu einer Allgemeinen Profitrate komme.[7] Böhm-Bawerk ging von der Annahme aus, dass sich die Veröffentlichung des 2. und 3. Bandes solange verzögerte, weil Marx für die aufgeworfene Problematik keine mit seinen Theorien vereinbare Lösung fand.[7] Tatsächlich wurde das Manuskript, auf welchem der dritte Band basiert, noch vor Niederschrift des ersten Bandes des Kapitals verfasst. Marx Darstellungsweise der Zusammenhänge der kapitalistischen Produktion, der Konstitution von Werten und Preisen, ergab sich daher nicht aus einer Not heraus, sondern war bewusst intendiert. Nach Böhm-Bawerk stünde die Allgemeine Profitrate und die Theorie der Produktionspreise im Widerspruch zum Wertgesetz des ersten Bandes. In diesem Sinne setzt er sich kritisch mit jenen Aussagen im Kapital auseinander, in welchen Marx zu begründen versucht, weshalb sich die Produktionspreise im Rahmen des Wertgesetzes bewegen würden.[8] Die von Böhm-Bawerk aufgeworfene Kritik am marxschen Wertgesetz wurde später auch im Kontext des Transformationsproblems in veränderter Form fortgesetzt.

Zu den bekanntesten Marx-Kritikern zählt Karl Popper, der philosophische und v. a. wissenschaftstheoretische Aspekte bemängelt. Hierzu zählt insbesondere die Immunisierung gegen Kritik.

Marx wurde zuweilen eine antisemitische Haltung unterstellt, vor allem im Zusammenhang mit seiner Schrift Zur Judenfrage von 1843 und Passagen aus privaten Briefen Marx’ aus den Jahren 1862 und 1881, die gegen Ferdinand Lassalle gerichtet waren.[9], [10]

In dem Text Zur Judenfrage forderte Marx die rechtliche Gleichstellung der Juden, vertritt also für seine Zeit eine progressive Position. Eingewandt wurde, dass Marx Begriffe wie „Schacher“ und „Wucher“ unkritisch übernahm und auf diese Weise mit seinen Schriften antisemitische Vorurteile und Klischees reproduziere. Marx hatte selbst jüdische Vorfahren und war in jungen Jahren protestantischen Glaubens. Als Vertreter einer materialistischen Philosophie kritisierte er an allen Religionen, dass sie eine Form der Ideologie und Selbsttäuschung darstellten (vgl. die Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, MEW 1, S. 378 ff.).

Micha Brumlik schreibt unter Verweis auf Marx’ Briefe: „Marx war zeit seines Lebens – zumindest persönlich – ein glühender Antisemit.“ Jedoch fänden sich auch in seinem theoretischen Werk, so vor allem in Zur Judenfrage, antisemitische Thesen.[11]

Der Soziologe Detlev Claussen kritisiert den Text Zur Judenfrage als „unmaterialistisch und unwissenschaftlich“, weil er nicht den Unterschied zwischen vorbürgerlicher und bürgerlicher Gesellschaft anzugeben wisse, und in einer Analyse der Waren- und Geldzirkulation verharre. [12] Dagegen hat Marx in Das Kapital nach Ansicht vieler Sozialwissenschaftler mit einer Kritik der historisch gewordenen ökonomischen Verhältnisse eine Perspektive zum Umgang mit dem Antisemitismus eröffnet, welche aber nicht mehr von ihm selber, sondern erst von Nachfolgern wie zum Beispiel in Theodor W. Adornos und Max Horkheimers 1944 erschienenem Werk Dialektik der Aufklärung aufgegriffen wurde.[13]

Marxistische Diskussionen

Innerhalb des heutigen Marxismus, der in zahlreiche sich teilweise völlig widersprechende Richtungen geteilt ist, werden beinahe alle Elemente der marxschen Theorie kontrovers diskutiert. Besonders umstrittene Punkte sind zum Beispiel:

  • die Rolle der Arbeiterklasse und ihr Verhältnis zu anderen sozialen Bewegungen
  • die Definition (und Organisation) von „sozialistischer Demokratie“
  • die Voraussetzungen einer sozialistischen Umgestaltung einer Gesellschaft
  • verschiedene Fragen der Wertschöpfung
  • Verhältnis Basis und Überbau

Zahlreiche Werke von Marx sind nicht vollendet (er starb dafür zu früh) und auch der Marxismus ist kein abgeschlossenes System. Dies ermöglicht sowohl verschiedenste Interpretationen der Werke von Marx und Engels als auch ein verschiedenes Maß an Einordnung der Theorie, bzw. einzelner Elemente, in einen historischen Kontext.

Auch haben Marx und Engels einige ihrer Ansichten mit der Zeit geändert. Z. B. gibt es widersprüchliche Aussagen darüber, ob eine sozialistische Revolution zwingend in einem hoch entwickelten kapitalistischen Land stattfinden muss, oder ob die Phase des Kapitalismus nicht sogar unter besonderen Umständen übersprungen werden kann, wie Marx in seinem Brief an Wera Iwanowna Sassulitsch schreibt.

Andenken

Obwohl das Andenken des Politikers Marx naturgemäß umstritten ist, würdigte auch die Bundesrepublik Deutschland Marx als Philosophen 1983 zum 100. Todestag mit einer Gedenkmünze mit der Randprägung WAHRHEIT ALS WIRKLICHKEIT UND MACHT. In zahlreichen deutschen Städten (z. B. Berlin, Bonn, Ludwigsburg) gibt es nach Marx benannte Straßen.

Briefmarke der Deutschen Bundespost (Westdeutschland) 1968

1968 wurde eine Gedenkbriefmarke zum 150. Geburtstag von Karl Marx von der Deutschen Bundespost herausgegeben.

In seiner Heimatstadt Trier kann das Karl-Marx-Haus besichtigt werden, was der Stadt im Sommer zahlreiche Touristen aus Asien beschert. Dieses Geburtshaus, heute Museum, stand in der Brückergasse 664 (heute Brückenstraße 10); schon im Oktober 1819 zog die Familie in ein kleines Wohnhaus in der Simeongasse (heute Simeonstraße 8), wo heute eine Gedenktafel an den berühmten Bewohner erinnert.

Im Berliner Stadtbezirk Neukölln wurden 1946 die Berliner Straße und die Bergstraße in Karl-Marx-Straße umbenannt. Nach dem Mauerbau 1961 wurden Teile der Stalinallee in Ostberlin in Karl-Marx-Allee umbenannt. Hierdurch hat Berlin zwei bedeutende Straßen, die Karl Marx gewidmet sind.

In Bonn erinnert in der Stockenstraße eine Gedenktafel an Marx’ Studienzeit in Bonn 1835/36.

In London erinnert in der Deanstreet im Stadtteil Soho eine Gedenktafel an Marx, der dort eine Zeit lang mit seiner Familie wohnte.

Vom 10. Mai 1953 bis zum 1. Juni 1990 hieß Chemnitz Karl-Marx-Stadt und dort befindet sich auch das berühmte Karl-Marx-Monument (Nischel). Weniger bekannt ist die Statue von Marx und Engels im Chemnitzer Park der Opfer des Faschismus vor dem Georgius-Agricola-Gymnasium, die 1923 vom Stadtrat an dieser Stelle im damaligen Karl-Marx-Platz errichtet wurde. Auch in Berlin befindet sich eine Statue von Karl Marx, im Rahmen des Marx-Engels-Forums, das 1986 von der damaligen DDR-Führung errichtet wurde. Ebenso war er in der DDR auf dem 100-Mark-Schein abgebildet. Die Leipziger Universität Alma mater lipsiensis hieß von 1953 bis 1991 Karl-Marx-Universität Leipzig.

In der Wallfahrtskirche St. Vitus in Sankt Veit am Vogau (Ö) ist Marx in einer Deckenmalerei (1921) von Felix Barazutti bei einer Ansprache vor Arbeitern abgebildet.

Es wurden auch ein Berg in Tadschikistan (Pik Karl Marx), die Stadt Marx in Russland, ein heute als General Sherman Tree bekannter Riesenmammutbaum in den USA, und ein 1969 entdeckter Asteroid (2807 Karl Marx) nach ihm benannt.

Auf dem Kim Il-sung-Platz in Nord-Koreas Hauptstadt Pjöngjang befindet sich an einer Hausfassade Portraits von Marx und Lenin in der Höhe einer Etage.[14]

Werke (Auszug)

Elfte These über Feuerbach, Handschrift aus dem Manuskript
Manuskriptseite des Manifests der Kommunistischen Partei
Manuskriptseite des Kapitals

Werkausgaben

Marx’ Schriften und Aufzeichnungen sind bisher – stets zusammen mit den Schriften von Engels – in zwei Werkausgaben erschienen, aus denen heute primär zitiert wird:

  • Marx-Engels-Werke (MEW), Berlin: Karl Dietz-Verlag seit 1956 (bisher 43 Bände)
  • Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA), Berlin (DDR): Dietz-Verlag 1975 ff. / Berlin: Akademie-Verlag 1990 ff. – Die im Vergleich zur MEW-Ausgabe um einiges umfangreichere MEGA-Ausgabe ist bis heute noch nicht vollständig erschienen und weniger gebräuchlich als die MEW-Ausgabe.

Zudem existiert eine auf die wichtigsten Texte reduzierte Digitalausgabe:

  • Karl Marx, Friedrich Engels: Ausgewählte Werke. Digitale Bibliothek Band 11 (CD-ROM), Directmedia, Berlin 1998 ISBN 3-932544-15-3

Eintragungen Marx' in das Poesiealbum seiner Tochter

Karl Marx trug sich folgendermaßen in das Poesiealbum von Jenny Marx Longuet, seiner Tochter, ein. Wann dieser Eintrag getätigt wurde, ist unklar.

Eintrag in das Poesiealbum von Jenny Marx
Frage Antwort
Ihre Lieblingstugend Einfachheit
– beim Mann Kraft
– bei der Frau Schwäche
Hauptmerkmal Zielstrebigkeit
Auffassung vom Glück
Auffassung vom Unglück
Das Laster, das Sie entschuldigen Leichtgläubigkeit
Das Laster, das Sie verabscheuen Kriecherei
Abneigung Martin Farquhar Tupper, Veilchenpuder
Lieblingsbeschäftigung in Antiquariaten stöbern
Lieblingsheld Spartacus, Kepler
Lieblingsheldin Gretchen
Lieblingsdichter Dante, Shakespeare, Äschylus, Goethe
Lieblingsschriftsteller Diderot, Lessing, Hegel, Balzac
Lieblingsblume Lorbeer
Lieblingsfarbe Rot
Lieblings Augen- und Haarfarbe Schwarz
Lieblingsnamen Jenny, Laura
Lieblingsgericht Fisch
Lieblingsmaxime Nihil humani a me alienum puto.
(Deutsch: Nichts menschliches ist mir fremd. – Wörtlich: Ich halte nichts menschliches für mir fremd.)
Lieblingsmotto De omnibus dubitandum. (Deutsch: An allem ist zu zweifeln.)

Siehe auch

Portal
 Portal: Marxismus – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Marxismus

Literatur

Biografien
  • Franz Mehring: Karl Marx – Geschichte seines Lebens. Berlin 1918 (In ML-Werke)
  • W. I. Lenin: Karl Marx. Dietz Verlag, Berlin 1952. ISBN: B0000BKWCB
  • Maximilien Rubel: Marx-Chronik. Daten zu Leben und Werk. Hanser, München 1968
  • Richard Friedenthal: Karl Marx. Sein Leben und seine Zeit. Piper Verlag, München 1981, ISBN 3-492-02713-X
  • Francis Wheen: Karl Marx. Bertelsmann Stiftung, München 2001, ISBN 3-570-00495-3
  • Izumi Omura u. a. (Hrsg.): Familie Marx privat – Die Foto- und Fragebogen-Alben von Marx’ Töchtern Laura und Jenny – Eine kommentierte Faksimileausgabe. Akademie Verlag, Berlin 2005. ISBN 3-05-004118-8
  • Heinrich Gemkow: Karl Marx und Edgar von Westphalen – Studiengefährten in Berlin. In: Beiträge zur Marx-Engels-Forschung, Heft 1 und Heft 3, Marx-Engels-Abteilung im Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Berlin 1977 und 1978.
  • Michael Berger, (Hrsg.): absolute Karl Marx. 1. Auflage. Originaltexte, Interview & ausführliche Biografie. orange Press, 2005, ISBN 3-936-08623-0


Monografien
  • Andreas Arndt: Karl Marx. Versuch über den Zusammenhang seiner Theorie. Bochum 1985.
  • Iring Fetscher: Marx. Herder Verlag, Freiburg/Basel/Wien 1999. ISBN 3-451-04728-4
  • Michael Heinrich: Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung. Zweite durchgesehene und erweiterte Auflage. Schmetterling Verlag, Stuttgart, ISBN 3-89657-588-0
  • Ossip K. Flechtheim, Hans-Martin Lohmann: Marx zur Einführung. 4. Auflage. Junius, Hamburg 2003, ISBN 3-88506-378-6
  • Alex Callinicos: Die revolutionären Ideen von Karl Marx. ISP-Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-89900-114-1
Weitere Literatur
  • Hans-Georg Backhaus: Dialektik der Wertform. Untersuchungen zur Marxschen Ökonomiekritik. Freiburg i. Br. 1997.
  • Erich Fromm: Das Menschenbild bei Marx Mit den wichtigsten Frühschriften von Karl Marx. Europäische Verlagsanstalt Frankfurt am Main, Frankfurt 1963. ISBN: 3-434-00421-1
  • Karl Flechtheim: Karl Liebknecht: Gedanke und Tat. Schriften, Reden und Briefe zur Theorie und Praxis der Politik. Wien 1976.
  • Helmut Fleischer: Marx und Engels. Die philosophischen Grundlinien ihres Denkens. 2. Auflage. K. Alber, Freiburg/München 1974.
  • Eberhard Gockel: Karl Marx in Bonn – Alte Adressen neu entdeckt. Bonn 1999
  • Wolfgang Fritz Haug (Hrsg.): Historisch-Kritisches Wörterbuch des Marxismus in 15 Bänden. Argument Verlag, Hamburg 1994 ff. (Band 1: Abbau des Staates bis Avantgarde)
  • Christian Iber: Grundzüge der Marxschen Kapitalismustheorie. Berlin 2005.
  • Robert Kurz: Marx lesen – Die wichtigsten Texte von Karl Marx für das 21. Jahrhundert. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2000.
  • Rosa Luxemburg: Gesammelte Werke. Bd. 1-5. Berlin 1974.
  • Thomas Masaryk: Die philosophischen und soziologischen Grundlagen des Marxismus. Studien zur sozialen Frage. 1899.
  • Helmut Reichelt: Zur logischen Struktur des Kapitalbegriffs bei Karl Marx, Freiburg i. Br. 2001. Ursprünglich erschienen 1970 in Frankfurt am Main und Wien mit einem Vorwort von Iring Fetscher, zugl. Diss. Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main.
  • Helmut Reichelt: Neue Marx-Lektüre. Zur Kritik sozialwissenschaftlicher Logik, Hamburg 2008, 384 S., ISBN 978-3-89965-287-1. (Inhaltsverzeichnis und Einleitung, Klappentext)
  • T.Rockmore: Fichte, Marx and the German Philosophical tradition. Illinois 1980.
  • Rius (Eduardo del Río): Marx für Anfänger. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 1979; ISBN 3-499-17531-2
  • Wolfdietrich Schmied-Kowarzik: Die Dialektik der gesellschaftlichen Praxis. Zur Genesis und Kernstruktur der Marxschen Theorie. Alber Verlag, Freiburg/München 1981. ISBN 3-495-47446-3.
  • Thomas T. Sekine: The Dialectic of Capital. A Study of the Inner Logic of Capitalism, 2 Bde., Tokio 1986.
  • H.Stuke: Philosophie der Tat. Studien zur Verwirklichung der Philosophie bei den Junghegelianern und den Wahren Sozialisten. Stuttgart 1963.
  • Predrag Vranicki: Geschichte des Marxismus. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1974
Kritik
  • Eugen von Böhm-Bawerk: Zum Abschluss des Marxschen Systems. In: Horst Meixner und Manfred Turban (Hrsg.): Etappen Bürgerlicher Marx-Kritik. Band 1, Andreas Achenbach, Gießen (online). 
  • Eugen Dühring: Cursus der Philosophie als streng wissenschaftlicher Weltanschauung und Lebensgestaltung. London 1875.
  • Roberto Marchionatti: Karl Marx: Critical Responses. Routledge, London 1998, ISBN 978-0415140591. 
  • Paul Anthony Samuelson: Zum Verständnis des Marxschen Begriffs ‚Ausbeutung‘: Ein Überblick über die sogenannte Transformation von Werten in Produktionspreise. In: Hans G. Nutzinger und Elmar Wolfstetter (Hrsg.): Die Marxsche Theorie und ihre Kritik I. Gießen 1974. 
  • Joseph Schumpeter: Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. UTB, Stuttgart 2005, ISBN 978-3825201722. 
  • Piero Sraffa: Warenproduktion mittels Waren. Einleitung zu einer Kritik der ökonomischen Theorie. Suhrkamp, 1976, ISBN 978-3518107805. 
  • Ian Steedman: Marx After Sraffa. Verso, 1985, ISBN 978-0860917472. 

Weblinks

Werk
Biographie- und Lexikaeinträge
Weiteres

Einzelnachweise

  1. Die Dissertation ist abgedruckt in MEW Ergänzungsband I, S. 257-373
  2. Alexander Kluge: Alle Dinge sind verzauberte Menschen
  3. Sam Shuster: The nature and consequence of Karl Marx’s skin disease, in: British Journal of Dermatology, Bd. 158, Ausg. 1, S. 1-3, Januar 2008.
  4. Im Westen wurden einige der Frühschriften erst mit der Ausgabe 1953 durch Siegfried Landshut zugänglich.
  5. Einer präzisen Terminologie zufolge ist von kapitalistischen Produktionsverhältnissen, aber von einer industriellen Produktionsweise zu sprechen. Bei Marx kommen beide Formulierungen vor.
  6. „Ich kann mir nicht helfen, ich sehe hier nichts von einer Erklärung und Versöhnung eines Widerstreites, sondern den nackten Widerspruch selbst“ in Eugen von Böhm-Bawerk: Zum Abschluss des Marxschen Systems. In: Horst Meixner und Manfred Turban (Hrsg.): Etappen Bürgerlicher Marx-Kritik. Band 1, Andreas Achenbach, Gießen, S. 65 (online). 
  7. a b Eugen von Böhm-Bawerk: Zum Abschluss des Marxschen Systems. In: Horst Meixner und Manfred Turban (Hrsg.): Etappen Bürgerlicher Marx-Kritik. Band 1, Andreas Achenbach, Gießen, S. 48ff. (online). 
  8. Eugen von Böhm-Bawerk: Zum Abschluss des Marxschen Systems. In: Horst Meixner und Manfred Turban (Hrsg.): Etappen Bürgerlicher Marx-Kritik. Band 1, Andreas Achenbach, Gießen, S. 66ff. (online). 
  9. Thomas Haury: Antisemitismus von links. Hamburger Edition, Hamburg 2003, S. 164. 
  10. Wolfgang Frindte: Inszenierter Antisemitismus. VS Verlag, Wiesbaden 2006, S. 71 sqq.. 
  11. Micha Brumlik: Deutscher Geist und Judenhass – Das Verhältnis des philosophischen Idealismus zum Judentum. Luchterhand, München 2000, S. 285. 
  12. Wolfgang Frindte: Inszenierter Antisemitismus. VS Verlag, Wiesbaden 2006, S. 85. 
  13. Wolfgang Frindte: Inszenierter Antisemitismus. VS Verlag, Wiesbaden 2006, S. 84-85. 
  14. Arno Maierbrugger: Nordkorea-Handbuch, Trescher Verlag 2004, S. 45


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