Karl Weierstrass

Karl Weierstrass
Karl Weierstraß

Karl Theodor Wilhelm Weierstraß (* 31. Oktober 1815 in Ostenfelde bei Ennigerloh/Münsterland; † 19. Februar 1897 in Berlin) war ein deutscher Mathematiker, der sich vor allem um die logisch fundierte Aufarbeitung der Analysis verdient gemacht hat.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Karl Weierstraß ist auf der Ehrentafel ehemaliger Schüler des Gymnasium Theodorianum in Paderborn genannt. (linke Seite, zweiter Name von oben)

Sein Vater Wilhelm war zu Karl Weierstraß’ Geburt Sekretär beim Bürgermeister von Ostenfelde. Als Karl acht Jahre war, wurde der Vater Steuerinspektor, was dazu führte, dass die Familie viel in Preußen umherziehen musste. Im Sterbejahr seiner Mutter, 1827, erhielt sein Vater einen festen Posten in Paderborn, so dass Karl das dortige Gymnasium Theodorianum besuchen konnte. Nebenher musste er in der Buchführung arbeiten, um die Familienfinanzen zu verbessern, hatte aber trotzdem stets gute Noten und las nebenbei die führende deutsche Mathematik-Zeitschrift Crelles Journal. Von 1834 bis 1838 studierte Karl Weierstraß in Bonn auf Wunsch seines Vaters in Vorbereitung einer Laufbahn als preußischer Verwaltungsbeamter Rechtswissenschaften und Finanzwesen, wobei er nach Felix Kleins Beschreibung [1] ein wenig zu sehr in seinem Corps aufging, einschließlich Mensur und Trinkgelagen. Nebenbei las er aber Werke von Laplace, Abel und Jacobi, was ihn in seiner Hinwendung zur Mathematik bestärkte. Nachdem er 1838 die Universität Bonn ohne Abschluss verließ, ließ sich sein aufgebrachter Vater überzeugen, ihn von 1838 bis 1840 an der Akademie Münster Mathematik und Physik, die seinen Neigungen mehr entsprachen, studieren zu lassen. Dabei hörte er bei Christoph Gudermann, der von Weierstraß sehr beeindruckt war, die Theorie der elliptischen Funktionen. Auf sein Examen bereitete er sich durch Selbststudium in Westernkotten bei Lippstadt vor, wo sein Vater Direktor einer Saline war.

Nach bestandenen Examina unterrichtete er zunächst 1841/2 als Lehrer an Gymnasien in Münster. Hier entwickelte er auch die Grundlagen seiner späteren Theorie komplexer Funktionen, veröffentlichte aber nichts. Ostern 1843 war er in Deutsch-Krone in Westpreußen und seit 1848 in Braunsberg am Lyceum Hosianum tätig. Neben Mathematik unterrichtete er auch die verschiedensten anderen Fächer wie Physik, Botanik und Turnen. Mit dem letztgenannten Fach hatte es eine besondere Bewandtnis: als 1844 in Deutsch-Krone der Turnunterricht eingeführt werden sollte, kam nur Weierstraß als geeigneter Turnlehrer in Betracht. Er hatte in jungen Jahren selbst geturnt und war mit dem Buch von Carl Euler Die deutsche Turnkunst vertraut. Ende Juli 1844 reiste er nach Berlin und bildete sich dort zum Turnlehrer aus.

In völliger Isolation von der mathematischen Welt arbeitete er intensiv an seiner Theorie der Abelschen Funktionen (den unmittelbaren Verallgemeinerungen der elliptischen Funktionen) und publizierte in der Zeitschrift seiner Schule. Aufmerksamkeit erregte aber erst ein Aufsatz in Crelles Journal 1854 Zur Theorie der Abelschen Funktionen, dem 1856 eine ausführlichere Arbeit folgte.

Als Folge erhielt er im selben Jahr die Ehrendoktorwürde der Universität Königsberg, und die führenden Berliner Mathematiker Dirichlet und Ernst Eduard Kummer bemühten sich, ihn nach Berlin zu ziehen. Seit 1856 unterrichtete er Mathematik am Königlichen Gewerbeinstitut (1879 integriert in die Technische Universität Berlin), wurde aber im selben Jahr Professor an der Universität Berlin, während man sich gleichzeitig intensiv bemühte, ihn nach Österreich zu verpflichten. In Berlin bildete sich bald eine große Schule um ihn, deren Kennzeichen die Einführung „weierstraßscher Strenge“ in die Analysis war. Stärker noch als durch seine Veröffentlichungen wirkte er durch die zahlreichen weit zirkulierenden Mitschriften seiner Vorlesungen durch seine Studenten, wie Wilhelm Killing oder Adolf Hurwitz. Mit seinem Berliner Kollegen Leopold Kronecker verstand er sich zunächst gut, es kam aber 1877 zum Zerwürfnis wegen dessen Ablehnung der Mengenlehre von Weierstraß’ Schüler Georg Cantor.

Weierstraß, der niemals heiratete, hatte eine besondere Beziehung zu seiner russischen Schülerin Sofia Kowalewskaja, die er ab 1870 privat unterrichtete, da sie als Frau keine Zulassung an der Universität erhielt. Er machte seinen Einfluss geltend, so dass sie 1874 in Göttingen promovieren und in Stockholm 1884 eine Privatdozentenstelle antreten konnte. Bis zu ihrem Tod 1890 blieb er in ständigem Briefwechsel mit ihr.

Heliogravüre
nach R. von Voigtländer
Pastellbild
von Conrad Fehr
Radierung
von Conrad Fehr
Das Grab von Karl Weierstraß

Schon in seiner Braunsberger Zeit litt er an Gesundheitsproblemen, und Ende 1861 erlitt er einen völligen Zusammenbruch.

Zu seinem 70. Geburtstag wurde ihm als Zeichen der Verehrung und Dankbarkeit ein Fotoalbum mit Porträts vieler seiner Schüler, Freunde und Kollegen überreicht. Zum Anlass seines 80. Geburtstages wurden zwei Gemälde angefertigt: das eine von R. von Voigtländer (nachdem die bekannte Heliogravüre angefertigt wurde) und das andere von dem Maler, Graphiker und Bildhauer Conrad Fehr (1854−1933) nachdem Fehr auch eine Radierung anfertigte. Weierstraß war zu seinem Jubiläum schon seit einem Jahr an den Rollstuhl gefesselt und konnte auf ärztlichen Rat nur für zwei Stunden im Sessel sitzend die Glückwünsche von Schülern, Freunden und Kollegen in seiner Wohnung entgegennehmen. Zwar war er durch körperliche Leiden gezeichnet, erwiderte aber schlagfertig und passend die gehaltenen Ansprachen.

Er starb am 19. Februar 1897 in Berlin an einer Lungenentzündung und wurde auf dem St. Hedwigs-Friedhof in Berlin beigesetzt. Sein Grabstein wurde 1961 durch den Bau der Berliner Mauer an die alte Friedhofsmauer umgesetzt, das Grab liegt im ehmaligen Todesstreifen.

Werk

Sein Hauptwerk galt der logisch korrekten Fundierung der Analysis (zuerst in Vorlesungen 1859/60) und der Entwicklung der Funktionentheorie auf der Basis der Potenzreihenentwicklungen. Er leistete wichtige Beiträge zur Theorie der elliptischen Funktionen, zur Differentialgeometrie und zur Variationsrechnung.

Viele wichtige Konzepte der heute gelehrten Analysis stammen von ihm, z. B. Konvergenzkriterien für Reihen, die Behandlung unendlicher Produkte und der Begriff der gleichmäßigen Konvergenz (Weierstraß-Kriterium). Von ihm stammt der Satz von Bolzano-Weierstraß der besagt, dass jede beschränkte Folge im \mathbb{R}^n wenigstens einen Häufungspunkt hat.

Der Begriff Elementarteiler in der Algebra stammt von ihm. Er bewies 1863 auch, dass der Körper der komplexen Zahlen der einzige endlichdimensionale kommutative Oberkörper der reellen Zahlen ist (veröffentlicht in Hermann Hankel Theorie der complexen Zahlsysteme).

In der Variationsrechnung, über die Weierstraß regelmäßig las, gab er notwendige Bedingungen für Extrema. Bekannt ist auch seine Kritik am Dirichlet-Prinzip, mit dem Bernhard Riemann seine Funktionentheorie begründete.

Weierstraß fand 1872 eine Funktion, die überall stetig, aber nirgends differenzierbar war. Bolzano hatte bereits 1834 ein solches Beispiel angegeben, das die mathematische Fachwelt allerdings nicht zur Kenntnis genommen hatte. In der Folge entdeckten weitere Mathematiker solche Monsterkurven, so genannt, da ihre Existenz der Intuition widersprach.

Weierstraß, der schon die Werke von Jakob Steiner und Carl Gustav Jacobi mit herausgab, überwachte auch das Erscheinen der ersten Bände seiner eigenen Werke, in denen speziell seine Vorlesungen, die viel nicht veröffentlichtes Material enthielten, herausgegeben werden sollten.

Sätze

Weiterhin stammen von ihm

Siehe auch

Schriften

Trivia

An der Universität Paderborn wird in der Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik jährlich der Weierstraß-Preis für herausragende Lehre an je einen Dozenten und einen Mitarbeiter verliehen.

Literatur

  • Wilhelm Lorey. Amtliche Urteile über Weierstraß als Lehrer. Zeitschrift für mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht aller Schulgattungen, Band 47, 1916, 185−188.
  • Reinhard Bölling. Das Fotoalbum für Weierstraß. Kommentiert von Reinhard Bölling. Friedrich Vieweg & Sohn, Braunschweig; Wiesbaden, 1994.
  • Carl Euler. Die deutsche Turnkunst: nach F.L. Jahn und Ernst Eiselen als Leitfaden für angehende Turnlehrer und zum Selbstunterricht: mit genauer Erklärung der Turngeräthe und 22 Abbildungen derselben. Anhuth, Danzig 1840.

Weblinks

Quellen

  1. Entwicklung der Mathematik im 19.Jahrhundert

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