Karyotypisch

Karyotypisch
Das Karyogramm einer Frau

Der Karyotyp bezeichnet in der Zytogenetik die Gesamtheit aller zytologisch erkennbaren Chromosomeneigenschaften eines Individuums oder einer Gruppe genetisch verwandter Individuen. Zu diesen Eigenschaften gehören die Anzahl der Chromosomen einer Zelle ebenso wie ihre Ausbildung, die relative und die absolute Größe, die Lage des Zentromers, Sekundäreinschnürungen, spezifische Bandenmuster sowie die Chromatinverteilung im Chromosom.

Der Karyotyp wird bestimmt, in dem Chromosomen in der Metaphase der Mitose über Chromosomenfärbungen erkennbar gemacht und lichtmikroskopisch untersucht werden. Für die humangenetische Diagnostik hat es sich bewährt, die Chromosomen zu fotografieren und dann paarweise zu einem Karyogramm anzuordnen.

Verwendung in der humangenetischen Diagnostik

Chromosomen einer Frau. Jedes Chromosomenpaar ist mit Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung in einer eigenen Farbe dargestellt. Rechts die Chromosomen eines Metaphasepräparats, oben ein Zellkern. Links sind die Chromosomen zu einem Karyogramm gelegt. Die Chromosomen erscheinen normal. Translokationen wären durch einen Farbwechsel innerhalb eines Chromosoms zu erkennen. Der Farbwechsel beim linken Chromosom 10 ist auf ein darüber liegendes Chromosom 13 zurückzuführen, siehe rechts.

Die Analyse des Karyotyps kann für verschiedene Fragestellungen angewendet werden. So findet sie bei der humangenetischen Diagnostik Verwendung, um lichtmikroskopische Anomalien als Kennzeichen von Erbkrankheiten oder spontanen Chromosomenmutationen festzustellen. Dazu gehören Veränderungen der Chromosomenzahl, wie sie bei Trisomien vorkommen, oder Brüche und fehlerhafte Verschmelzungen in den Chromosomen (Deletionen, Translokationen). Auch das Geschlecht kann bestimmt werden.

Fluoreszenz-Bild von Metaphasechromosomen (blau) mit einer Translokation t(9;22) (q34;q11), bekannt als Philadelphia-Chromosom.

Zur Beschreibung des menschlichen Karyotyps hat sich eine Kurzschreibweise durchgesetzt, die die Gesamtchromosomenzahl, die Art der Geschlechtschromosomen und im klinischen Gebrauch bei Bedarf auch Chromosomenanomalien wiedergibt. Bei gesunden Menschen ergibt sich in dieser Schreibweise 46,XX für Frauen und 46,XY für Männer. Dabei steht X bzw. Y für je ein X-Chromosom bzw. Y-Chromosom. Außerdem können Besonderheiten unter den Autosomen am Ende in Form einer Zahl angegeben werden. Einige bekannte Chromosomenveränderungen werden entsprechend folgendermaßen benannt:

  • 45,X0 -> Karyotyp eines Mädchens / einer Frau mit Turner-Syndrom (Ullrich-Turner-Syndrom / Monosomie X, d.h. ein X-Chromosom fehlt)
  • 45,Y0 -> Karyotyp eines Jungen / Mannes, X-Chromosom fehlt, letal (tödlich)
  • 47,XXY -> Karyotyp eines Jungen / Mannes mit Klinefelter-Syndrom (ein zusätzliches X-Chromosom)
  • 47,XYY -> Karyotyp eines Jungen / Mannes mit Diplo-Y-Syndrom (ein zusätzliches Y-Chromosom)
  • 47,XX+21 -> Karyotyp eines Mädchens / einer Frau mit Down-Syndrom (Trisomie 21)
  • 47,XY+18 -> Karyotyp eines Jungen / Mannes mit Edwards-Syndrom (Trisomie 18)
  • 47,XY+13 -> Karyotyp eines Jungen / Mannes mit Pätau-Syndrom (Trisomie 13)
  • 47,XXX -> Karyotyp eines Mädchens / einer Frau mit dem Triplo-X-Syndrom (ein zusätzliches X-Chromosom)

Verwendung in der taxonomischen Forschung

Sowohl in der Botanik wie auch in der Zoologie spielt die Untersuchung des Karyotyps eine Rolle in der taxonomischen und phylogenetischen Forschung. Bei Pflanzen kann die Karyotypanalyse Einblicke in bestimmte Mechanismen der Artbildung etwa durch Polyploidisierung ermöglichen und auch bei Tieren gibt der Karyotyp nicht selten Hinweise auf evolutive Prozesse. So haben beispielsweise alle großen Menschenaffen einen Karyotyp mit 48 Chromosomen. Detailuntersuchungen zeigten, dass das menschliche Chromosom 2 aus einer Fusion entstand (siehe Artikel Chromosom, Abschnitt Chromosomenevolution).

Literatur

  • Rolf Knippers: Molekulare Genetik. 7. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1997, S. 154 und 155, ISBN 3-13-477007-5.
  • Stichwort Karyotyp In: Herder-Lexikon der Biologie. Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Heidelberg 2003, ISBN 3-8274-0354-5.

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