Kazim Karabekir

Kazim Karabekir
Kazım Karabekir

Musa Kâzım Karabekir oder Kâzım Karabekir Pascha (* 1882 in Istanbul; † 26. Januar 1948 in Ankara) war ein türkischer General im Türkischen Befreiungskrieg und Politiker. Von 1946 bis 1948 war er Parlamentspräsident der Großen Nationalversammlung der Türkei.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Karabekir 1920 auf dem Weg nach Alexandropol während der Kämpfe zwischen der türkischen und armenischen Armee

Karabekir war der Sohn Mehmed Emin Paschas, eines Generals der osmanischen Armee. Der Vater stammte aus Karaman. Aufgrund der Tätigkeit seines Vaters wechselte die Familie oft ihren Wohnsitz. Sein Vater starb 1893 und Karabekir kam mit seiner Mutter zurück nach Istanbul, wo er 1894 mit der Militärschule begann. Karabekir absolvierte 1905 die Militärakademie als Jahrgangsbester. 1906 wurde er als Offizier der dritten Armee auf dem Balkan eingesetzt. Unter den jungtürkischen Offizieren auf dem Balkan spielte er eine wichtige Rolle.[1] Nach Einsätzen in Istanbul und Edirne nahm Karabekir 1912 am ersten Balkankrieg teil im Rang eines Majors. Von April bis Oktober 1913 war er Kriegsgefanger.

Erster Weltkrieg und Krieg mit Armenien

Im Ersten Weltkrieg kämpfte Karabekir in Gallipolli, an der irakischen Front bei Kut und am Kaukasus. In einer Ruhepause nach der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens von Erzincan vom 18. Dezember 1917 zwischen der bolschewistischen Regierung und dem Osmanischen Reich, erfolgt eine vollständige Reorganisation der kaukasischen Armee. Karabekir wird Kommandant eines von drei kaukasischen Armeekorps mit dem Ziel Erzurum und Kars.[2] Mit der Errichtung des Hauptquartiers des 15. Armeekorps in Erzurum im Mai 1919 bereitete Kazim Karabekir, als Oberkommandeur der Ostfront, die Vernichtung [3] des neu gegründeten armenischen Staates vor. Der Plan ein Gross-Armenien zu verhindern verlieh der kemalistischen Bewegung starke Unterstützung. Den Befehl zur Invasion gab Atatürk, sobald klar geworden war, dass die USA nicht mit militärischen Mitteln, die im Auftrag der Pariser Vorortverträge von Woodrow Wilson bestimmte Westgrenze Armeniens verteidigen würden. Kazim Karabekir eroberte die Städte Sarıkamış, Kars und Alexandropol. Allein im Gebiet Alexandropol wurden 60.000 [4] armenische Zivilisten [5]umgebracht. Am 15. November 1920 besiegte er die unvorbereiteten und schlecht ausgerüsteten armenischen Truppen der jungen Republik endgültig. Ein Vorstossen bis zur Hauptstadt Eriwan und damit eine völlige Auslöschung Armeniens, wie sie geplant war, konnte in Sardarabad durch die Armenier verhindert werden. Der türkisch-armenische Krieg kostete Armenien 198.000 Todesopfer. [6] Im Vertrag von Alexandropol der am 2. Dezember 1920 geschlossen wurde verzichtete Armenien auf den Vertrag von Sèvres, der einen armenischen Staat im östlichen Anatolien vorsah und stimmte einer Reduktion seiner Armee auf 1.500 Mann zu.[7][8] Allerdings wurde der Vertrag wegen der sowjetischen Invasion in Armenien nicht mehr ratifiziert. [9] Im Vertrag von Lausanne, der am 24. Juli 1923 geschlossen wurde, wurde der Vertrag von Sèvres revidiert und die Grenzen der Türkei international anerkannt.

Politische Karriere

1920 wurde er für Edirne zum Parlamentsabgeordneten gewählt. Karabekir war immer noch im Armeedienst. So war er immer noch General der ersten Armee im Osten, als er am 29. Juni 1923, diesmal als Abgeordneter aus Istanbul, ins Parlament zog. Er erhielt für seine aussergewöhnlichen Verdienste während des Befreiungskrieges die höchste Auszeichnung, nämlich die Unabhängigkeitsmedaille. Karabekir schied am 26. Oktober 1924 aus dem Armeedienst aus.

Karabekir und Atatürk hatten verschiedene Ansichten über die anstehenden Reformen. So war Karabekir gegen eine zu frühe Abschaffung des Kalifats. Nach seiner Absicht müsse man erst die Mosul-Frage mit den Briten lösen, bevor man das Kalifat abschafft. Denn eine Abschaffung des Kalifats bedeute eine Ausgrenzung der Kurden im Osten. Dies könne dann von den Briten gegen Ankara ausgenutzt werden. Er sollte recht behalten. Nach Abschaffung des Kalifats, am 3. März 1924, brach der Scheich-Said-Aufstand aus. Die Mossulfrage geriet aus dem Fokus, und das Vilayet Mossul wurde Teil des Iraks. Dies verschärfte die Meinungsverschiedenheit zwischen Karabekir und Atatürk.

Karabekir (Vordergrund) als Parlamentspräsident

Zuvor hatte Karabekir am 17. November 1924 die Progressive Republikanische Partei (Terakkiperver Cumhuriyet Fırkası) mit gegründet und wurde später ihr Vorsitzender. Als Atatürk Karabekir wegen des kurdischen Aufstandes von 1925 und eines missglückten Attentats auf sich selbst in Izmir beschuldigte, wurde die Partei am 5. Juni 1925 verboten und Karabekir mit anderen Mitgliedern angeklagt und eingesperrt.

Unter Androhung der Todesstrafe zog sich Karabekir aus der Politik zurück und begann, seine Memoiren über den Befreiungskrieg zu schreiben. Allerdings wurden seine Bücher auf Befehl der Regierung eingesammelt und verboten. Nach Atatürks Tod 1938 wurde Karabekir vom neuen Präsidenten Ismet Inönü rehabilitiert.

1939 kam er als Abgeordneter von Istanbul wieder ins Parlament und wurde am 5. August 1946 zum Parlamentspräsidenten der Nationalversammlung der Türkei gewählt. Bis zu seinem Tod durch Herzinfarkt im Jahre 1948 blieb er im Amt.[10]

Kâzım Karabekir war mit İclal Karabekir verheiratet und hatte drei Töchter mit den Namen Hayat, Emel und Timsal.

Ehrungen

In Istanbul wurde sein Wohnhaus im Jahr 2005 in ein Museum verwandelt. Es trägt den Namen Kazım-Karabekir-Pascha-Museum. Zu Ehren Karabekirs ist eine Grundschule in Tirebolu nach ihm benannt worden.[11] Der türkische Landkreis Kazımkarabekir trägt ebenfalls seinen Namen.[12]

Auch trägt eine Kleinstadt nördlich von Karaman seinen Namen.

Siehe auch

Werke (Auswahl)

  • Ankarada Savaş Rüzgarları, (dt:Kriegswinde in Ankara)
  • Bir Duello ve Bir Suikast, (dt:Ein Duell und ein Attentat), [ISBN 975-7369-39-X]
  • Birinci Cihan Harbi, (dt:Der Erste Weltkrieg) 1-4, [ISBN 975-7369-21-7]
    • Birinci Cihan Harbine Neden Girdik?, (dt:Warum sind wir in den ersten Weltkrieg gegangen), [ISBN 975-7369-21-7]
    • Birinci Cihan Harbine Nasıl Girdik?, (dt:Wie sind wir in den ersten Weltkrieg gegangen), [ISBN 975-7369-22-5]
    • Birinci Cihan Harbini Nasıl İdare Ettik?, (dt:Wie haben wir den ersten Weltkrieg geführt) [ISBN 975-7369-23-3]

Quellen

  1. Raymond Kévorkian: Le Génocide des Arméniens, Odile Jacob, Paris 2006 ISBN 2-7381-1830-5 S.49
  2. Raymond Kévorkian: Le Génocide des Arméniens, Odile Jacob, Paris 2006 ISBN 2-7381-1830-5 S. 862
  3. In einem Telegramm vom 8. November 1920 von Ahmet Muhtar, dem damaligen Außenminister Ankaras, an Kazım Karabekir wird die politische und physische Auslöschung (siyaseten ve maddeten ortadan kaldırmak) des armenischen Staates gefordert. Kazım Karabekir: Istiklal Harbimiz, S. 844 f. (2. Auflage 1969)
  4. Die Zahl entstammt entstammt einem Telegramm von sowjetischen Außenminister Alexander Miasnikian im Juni 1921 an Tschitscherin laut E. Sarkisian und R. Sahakian: Vital Issues in Modern Armenian History, zitiert von Vahakn N. Dadrian: The History of the Armenian Genocide: Ethnic Conflict from the Balkans to Anatolia to the Caucasus Berghahn Books, Providence, Oxford 2004, ISBN 978-1-57181-666-5 S. 360
  5. Der britische Offizier und monatelang Kriegsgefangene Karabekirs, Alfred Rawlinson, in Erzurum, der gegen die Gefangenen in Malta eingetauscht werden sollte, erklärt in seinen Memoiren, angesichts der armenischen Gefangenen, dass deren Vernichtung beabsichtigt sei. Akçam S. 327
  6. Sovietskaya Ensiklopediya Historii, 1961 zitiert von Taner Akçam: A Shameful Act: The Armenian Genocide and the Question of Turkish Responsibility, Metropolitan Books, New York 2006 ISBN 978-0-8050-7932-6 S. 327
  7. Anahide Ter Minassian: La république d'Arménie. 1918-1920 La mémoire du siècle., éditions complexe, Bruxelles 1989 ISBN 2-87027-280-4 S. 229 ff.
  8. Am selben Tag riefen die Bolschewiki die Armenische SSR aus, was das Ende der Demokratischen Republik Armenien bedeutete.
  9. Vahakn N. Dadrian: The History of the Armenian Genocide: Ethnic Conflict from the Balkans to Anatolia to the Caucasus Berghahn Books, Providence, Oxford 2004, ISBN 978-1-57181-666-5, S. 357 ff.
  10. kimkimdir.gen.tr: Biografische Angaben zu Karabekir (türkisch).
  11. Webseite der Kazim Karabekir Grundschule (türkisch)
  12. Webseite des Landratsamtes Kazımkarabekirs (türkisch)

Weblinks


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