Kehlgebälk

Kehlgebälk
Sparrendach mit Holzbalkendecke

Das Sparrendach ist eine der traditionellen Dachkonstruktionen zur Herstellung eines geneigten Daches. Das hölzerne Sparrendach wurde und wird insbesondere bei kleinen Gebäudetiefen von 7 bis 8 Metern und einer Dachneigung von ≥ 30° gebaut.[1] Durch den Einbau eines Kehlbalkens entsteht ein Kehlbalkendach, eine Sonderform des Sparrendaches. Mit dem Kehlbalkendach lassen sich auch größere Spannweiten beziehungsweise Gebäudetiefen realisieren.

Ein anderes Konstruktionsprinzip verfolgt das Pfettendach.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Sparrendach und das Kehlbalkendach gelten als die ältesten Formen der Dachkonstruktionen in Mittel- und Nordeuropa. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden sie in Deutschland durch das Pfettendach verdrängt. Kehlbalkendächer wurden nur noch mit Unterstützung durch einen stehenden Stuhl gebaut. Etwa ab 1940 gab es Bestrebungen, mithilfe von statischen Berechnungen, eine einfache und holzsparenden Bauweise zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang erlangte das Sparren- und Kehlbalkendach wieder größere Bedeutung. Nach dem 2. Weltkrieg wurden in Deutschland viele Einfamilienwohnhäuser mit Kehlbalkendach errichtet.[2]

Konstruktion

Sparrendach mit Stahlbetondecke

Das hölzerne Sparrendach beziehungsweise Kehlbalkendach besteht aus mehreren, hintereinander in Firstrichtung gestaffelten Paaren aus Sparren. Diese Sparrenpaare (Gespärre)[3] bilden zusammen mit einer Konstruktion am Fußpunkt der Sparren einen Dreiecksrahmen. Der Abstand der einzelnen Rahmen kann zwischen 70 und 80 cm liegen und sollte nicht größer als 90 cm sein.[4]

Beim hölzernen Sparren- und Kehlbalkendach sind zwei Sparren am Firstpunkt miteinander verbunden. Beispielsweise durch einen Scherzapfen, eine Verblattung oder durch beidseitig montierte Laschen. Um die Montage der Sparren zu erleichtern wird im First häufig ein Richtholz eingebaut, beispielsweise als Richtlatte. Dieses verbindet die Sparrenpaare in Längsrichtung. Für die eigentliche Längsaussteifung der Dachkonstruktion sind aber hölzerne Windrispen, Windrispenbänder aus Metall, oder eine Aussteifung per Schalung notwendig.

Die waagerechte Verbindung am Sparrenfuß bestand in traditionellen Konstruktionen aus Holzbalken. In neuerer Zeit dient auch eine Geschossdecke aus Stahlbeton als unterer Bestandteil des Dreiecksrahmens.

Holzbalkendecke

Bei der traditionellen Bauweise münden die Sparrenfüße in waagerechten Holzbalken, die gleichzeitig die Geschossdecke bilden. Um die anfallenden Kräfte aufzunehmen wird ein Versatz ausgeführt. Der Deckenbalken ragt über die Kante des Dreiecksrahmens hinaus. Dieser Überstand ist das sogenannte Vorholz. Die Vorholzlänge beträgt in der Regel über 20 cm.[4] Um in diesem Traufbereich eine durchgehende Dachdeckung zu gewährleisten wird oberhalb des Vorholzes ein geneigter Aufschiebling montiert. Durch diese Ausführung entsteht der typische Knick der Dachneigung im Traufbereich von vielen traditionellen Sparrendächern. Es existieren aber auch Traufpunkt-Ausführungen, bei denen die Sparren über die Gebäudeaußenwand hinausreichen.

Stahlbetondecke

Bei neueren Konstruktionen dient eine Geschossdecke aus Stahlbeton als Ringbalken und unterer Bestandteil des Dreiecksrahmens. Die hölzernen Sparrenfüße münden auf einer Aufkantung der Betondecke, beziehungsweise auf einer dort angebrachten Fußschwelle. Es existieren auch Traufpunkt-Ausführungen, bei denen die Sparren, zumindest mit einem Teilquerschnitt, über die Aufkantung und die Gebäudeaußenwand hinausreichen.

Kehlbalkendach

Kehlbalkendach mit Holzbalkendecke

Das Kehlbalkendach ist eine Sonderform des Sparrendaches. Dabei werden die einzelnen Sparrenpaare jeweils durch einen waagerechten Kehlbalken verbunden. Diese Konstruktion kann die Durchbiegung der Sparren unter Last reduzieren. Es können größere Spannweiten beziehungsweise Gebäudetiefen realisiert werden, als sie mit dem einfachen Sparrendach möglich sind.

Eine Rolle spielt das Kehlbalkendach auch beim ausgebauten Dachgeschoss. Hier dient die Gesamtheit der Kehlbalken, die Kehlbalkenlage, als oberer Abschluss des Dachgeschosses. Dessen Raumhöhe bestimmt insofern die Höhenlage der Kehlbalken, häufig in der oberen Hälfte der Dachkonstruktion.

Kehlbalken werden häufig einteilig ausgeführt, können aber auch als mehrteilige Konstruktion (Zange) zusammengesetzt sein. Zur Befestigung des Kehlbalkens an den Sparren existieren unterschiedliche Möglichkeiten (Nägel, Dübel, mit Laschen).

Tragsystem

Statisches System eines Dreiecksrahmens und Verformungslinie unter vertikaler Last
Statisches System eines Dreiecksrahmens mit einem zusätzlichen verschieblichem Kehlbalken und die veränderte Verformungslinie unter vertikaler Last

Beim Sparrendach werden die Lasten ausschließlich von den Sparren aufgenommen. Diese Lasten werden dann zu den Traufen hin abgeleitet. Die dortigen Auflager der Sparren müssen fest und unverschieblich ausgeführt sein. An den Traufen entsteht ein Horizontalschub, der von der obersten Geschossdecke (Holzbalkenlage oder Stahlbetondecke) aufgenommen wird. Die Höhe der entstehenden Zugkraft ist abhängig von der Dachneigung. Für Dachneigungen unter 30° kommt ein Sparrendach daher kaum zum Einsatz.

Für die statische Funktion beziehungsweise für den Lastabtrag eines Sparrendaches ist die geschlossene Dreiecksform Voraussetzung. Damit sind Unterbrechung der Sparren, zum Beispiel als Folge von Fensteröffnungen nur mit erhöhtem konstruktivem Aufwand in Form so genannter Auswechselungen möglich. Durch einen Wechsel werden die dem unterbrochenen Sparren benachbarten Sparren (Wechselsparren) für den Lastabtrag herangezogen.

Kehlbalkendach

Bei größeren Sparrenlängen, bedingt durch große Gebäudetiefen, werden die Sparren durch den Einbau eines sogenannten Kehlbalkens gegen Durchbiegung ausgesteift. Die Lage der Kehlbalken richtet sich allerdings nicht nur nach statischen Anforderungen, da diese häufig auch als Geschossdecke des Dachgeschosses dienen.

Nach dem Tragverhalten wird unterschieden zwischen:

  • Kehlbalkendach mit verschieblichem Kehlbalken
  • Kehlbalkendach mit unverschieblichem Kehlbalken

Unverschiebliche Kehlbalken entstehen durch einen Verbund der Kehlbalken untereinander. So kann beispielsweise durch Bretter oder Platten auf der Kehlbalkenlage eine steife Scheibe (Kehlscheibe) gebildet werden. Um Unverschieblichkeit zu gewährleisten muss diese Scheibe dann wiederum in den Giebelwänden oder weiteren Querwänden rückverankert werden. Jedes Sparrenpaar ist dann in der Höhe der Kehlbalkenlage horizontal gestützt, sodass die Sparren Zweifeldträger bilden. Das Kehlbalkendach mit unverschieblichem Kehlbalken gilt als eine wirtschaftliche Konstruktionsvariante.[5]

Die Kehlbalken können auch durch Stühle unterstützt sein. Geschieht dies mittig, entsteht ein einfach stehender Stuhl unterhalb der Kehlbalkenlage.[6] Der horizontale Balken unter den Kehlbalken wird Stuhlpfette[6] oder auch Stuhlwandpfette[7] genannt. Früher wurden bei großer Länge der Kehlbalken auch zwei Stuhlpfetten als doppelt stehenden Stuhl verwendet.[6] Hier dienten die Stühle nicht nur der Lastabtragung aus den Kehlbalken, sondern wurden gleichzeitig zur Längsaussteifung des Daches verwendet.[6]

Vorteile und Nachteile

Im Holzbau haben Sparren- und Kehlbalkendächer gegenüber dem Pfettendach sowohl Vor- als auch Nachteile.

Als Vorteile gelten:[8]

  • Es gibt keine Stiele im stützenfreien Dachraum, die Lasten aus dem Dach auf die darunterliegende Decke einleiten, daher sind diese Dächer unabhängig vom Geschossgrundriss.
  • Die Kehlbalken eines Kehlbalkendaches können beim Dachausbau genutzt werden. (Beim Pfettendach müssen häufig zusätzliche Hölzer eingebaut werden, um beispielsweise die Unterkonstruktion einer Gipskarton-Beplankung aufzunehmen)
  • Bei größeren Dachneigungen ergibt sich ein vergleichsweise geringerer Holzverbrauch.

Als Nachteile gelten:[9]

  • Große Horizontalkräfte machen aufwendige Drempelkonstruktionen im Traufbereich notwendig.
  • Schwierigkeiten bei Walmkonstruktionen und winkelförmigen Gebäudegrundrissen.
  • Die Errichtung großer Dachgauben ist problematisch, mehr als zwei Sparrenfelder sollten sie nicht einnehmen.
  • Der Abbund ist schwieriger.

Einzelnachweise

  1. Satz nach Hagen Prehl: Hölzerne Dachkonstruktionen, 2. Auflage, Düsseldorf, 2001, Werner Verlag, S. 19
  2. Absatz nach Hagen Prehl: Hölzerne Dachkonstruktionen, 2. Auflage, Düsseldorf, 2001, Werner Verlag, S. 18 und 19
  3. der Begriff Gespärre wird in der Fachliteratur traditionell nicht einheitlich verwendet. So bezieht Tanja Brotrück: Basics Dachkonstruktion, 2007, Birkhäuser, S. 19 in diesem Zusammenhang Gespärre auf den gesamten Dreiecksrahmen
  4. a b Satz nach Tanja Brotrück: Basics Dachkonstruktion, 2007, Birkhäuser, S. 19
  5. Absatz nach Hagen Prehl: Hölzerne Dachkonstruktionen, 2. Auflage, Düsseldorf, 2001, Werner Verlag, S. 24 und 25
  6. a b c d Satz nach Hagen Prehl: Hölzerne Dachkonstruktionen, 2. Auflage, Düsseldorf, 2001, Werner Verlag, S. 45
  7. Satz nach Günther Wasmuth (Hrsg.): Wasmuths Lexikon der Baukunst, Berlin, 1929-1932 (4 Bände), Lemma Stuhlwandpfette. „... die 16/18 bis 18/20 starken Pfetten, die zur Unterstützung von über 3,5 bis 4 m langen Kehlbalken dienen ...“
  8. Aufzählung nach Hagen Prehl: Hölzerne Dachkonstruktionen, 2. Auflage, Düsseldorf, 2001, Werner Verlag, S. 17
  9. Aufzählung nach Hagen Prehl: Hölzerne Dachkonstruktionen, 2. Auflage, Düsseldorf, 2001, Werner Verlag, S. 17

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