Andreas Peter Graf von Bernstorff

Andreas Peter Graf von Bernstorff
A. P. v. Bernstorff

Andreas Peter Graf von Bernstorff (* 28. August 1735 in Hannover; † 21. Juni 1797 in Kopenhagen) war Außenminister des Dänischen Gesamtstaates von 1773 bis 1780 und von 1784 bis 1797. Er folgte dem Radikalreformer Johann Friedrich Struensee nach dessen Sturz und Hinrichtung und setzte die Tradition deutscher Minister an der Spitze des Gesamtstaates fort.

Andreas Peter Graf von Bernstorff war Neffe des Johann Hartwig Ernst Graf von Bernstorff und Vater von Christian Günther Graf von Bernstorff. Er war seit 1763 verheiratet mit Henriette Katharina zu Stolberg-Stolberg. Nach deren Tod 1782 heiratete er im folgenden Jahr ihre Schwester Augusta Louise zu Stolberg-Stolberg, die durch ihren regen Briefwechsel mit Johann Wolfgang von Goethe als Goethes Gustchen in die Literaturgeschichte einging.

Leben

Er studierte in Leipzig und Göttingen und bereiste dann England, die Schweiz, Frankreich und Italien. 1759 trat in den dänischen Staatsdienst ein und wurde 1769 zum Geheimrat befördert. 1772 trat er die Nachfolge seines Onkels Johann Hartwig Ernst von Bernstorff an, der 1770 durch Johann Friedrich von Struensee aus seiner Stellung verdrängt wurde, und wurde 1773 Staatsminister des Äußeren und Direktor der deutschen Kanzlei.

Einen großen Verdienst erwarb er sich dadurch, dass er die schon von seinem Onkel begonnene Unterhandlung mit Russland über den Austausch des Gottorpschen Anteils an Holstein gegen Oldenburg und Delmenhorst im Vertrag von Zarskoje Selo zu dem gewünschten Ende führte.

Während des englisch-französisch-spanischen Seekriegs brachte er, in Verbindung mit Russland, Schweden und Preußen, die bewaffnete Neutralität zustande, welcher Dänemark während verderblicher Kriege zwischen anderen Völkern einen langjährigen Frieden verdankte.

Aber infolge von Differenzen mit der verwitweten Königin Juliane und deren Minister Ove Høegh-Guldberg legte Bernstorff 1780 seine Stelle nieder, um sich auf seine Güter im Mecklenburgischen zurückzuziehen. Sobald jedoch der junge Kronprinz Friedrich VI. 1784 eine Änderung des Staatsrats durchgesetzt und den Einfluss der Königin gebrochen hatte, wurde Bernstorff zurückgerufen und in alle seine Ämter und Würden wieder eingesetzt.

Von da an blieb er bis zu seinem Tod der leitende Mittelpunkt der äußern und innern Verwaltung und erhob Dänemark unter den schwierigsten Verhältnissen zu einer hohen Blüte. Den unvermeidlichen Krieg mit Schweden wusste er wenigstens schnell zu beendigen. Dänemark trat durch Bernstorffs Veranstaltung 1791 sogar mit dem glücklichsten Erfolg als Vermittler zwischen Russland und England im Türkenkrieg auf.

1792 lehnte er eine Einladung der gegen Frankreich alliierten Mächte Österreich, Preußen und Piemont-Sardinien zur Teilnahme am Krieg gegen die Republik ab. Auch später trat er Koalitionen gegen Frankreich nicht bei.

Durch dieses Friedens- und Neutralitätssystem sowie durch wahrhaft wohltätige, alle Gegenstände der Administration, Finanzen, Handel, Schifffahrt, Manufaktur- und Fabrikwesen sowie militärische Angelegenheiten betreffende Maßregeln ist Bernstorff der Wohltäter Dänemarks geworden. Ihm ist besonders die Befreiung des Bauernstandes in Dänemark von persönlichen und wirtschaftlichen Fesseln zu danken. Auch an der Aufhebung der Leibeigenschaft in Schleswig-Holstein hatte er einen bedeutenden Anteil, obwohl sie erst nach seinem Tod erfolgte. Dabei war er ein standhafter Verteidiger liberaler Regierungsprinzipien und erklärte sich stets entschieden gegen jede Beschränkung der Pressefreiheit. Bernstorffs Privatcharakter erscheint überall in dem günstigsten Licht.

Literatur

  • Christian Ulrich Detlev von Eggers: Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Staatsministers von Bernstorff . Kopenhagen 1800.
  • Ole Feldbaek: Andreas Peter Bernstorff als Staatsmann des dänischen Gesamtstaats. In: Zeitschrift für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Bd. 111, 1986, S. 93-103
  • Joergen Hornemann: Danmarks Statsmand, A. P. Bernstorff og hans samtid. Kopenhagen 2001
  • Olaf Klose, Christian Degn: Die Herzogtümer im Gesamtstaat. In: Geschichte Schleswig-Holsteins. Neumünster 1960. (Darin: Das Zeitalter Andreas Peters Bernstorffs 1773-1797, S. 165-215.)
  • Friedrich Wilhelm von Schütz: Lebensgeschichte des dänischen Staatsministers Andreas Petrus Grafen von Bernstorff, Ein Beitrag um den Charakter dieses großen Mannes zu schildern. Altona und Leipzig 1798
  • Erich Trunz, Dieter Lohmeier (Hg.): Staatsdienst und Menschlichkeit, Studien zur Adelskultur des späten 18. Jahrhunderts in Schleswig-Holstein und Dänemark. Neumünster 1980
  • Karl Lorentzen: Bernstorff, Andreas Graf von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 2, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 488–494.
Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text („public domain“) aus Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage von 1888–1890. Bitte entferne diesen Hinweis nur, wenn Du den Artikel so weit überarbeitet oder neu geschrieben hast, dass der Text den aktuellen Wissensstand zu diesem Thema widerspiegelt und dies mit Quellen belegt ist, wenn der Artikel heutigen sprachlichen Anforderungen genügt und wenn er keine Wertungen enthält, die den Wikipedia-Grundsatz des neutralen Standpunkts verletzen.

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