- Keramikspritzgießen
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Unter Pulverspritzgießen (PIM => Powder Injection Molding) versteht man die Anwendung des weitverbreiteten Verfahrens Spritzgießen als neuen Formgebungsprozess. Das Pulverspritzgießen wird nochmal untergliedert in zwei Fertigungsmethoden, in Metallpulverspritzgießen (MIM => Metal Injection Molding) und Keramikpulverspritzgießen (CIM => Ceramic Injection Molding).
Hierdurch ist es möglich, für größere Stückzahlen und/oder technisch anspruchsvolle und komplexe Teile (auch im Mikrobereich) ein effizientes Fertigungsverfahren mit ausgezeichneten Toleranzeinhaltungen zu verwirklichen. Obwohl die Schwindung beim Pulverspritzgießen bei einer Größenordnung von rund 20 % liegt (dies ist vom Binderanteil und von der Korngrößenverteilung des Pulvers abhängig), sind durch den gut reproduzierbaren Prozess sehr genaue und filigrane Bauteile herstellbar.
Zur Herstellung von MIM/CIM-Teilen werden sehr genaue Spritzgusswerkzeuge benötigt, auch die Stähle müssen sehr sorgfältig ausgewählt werden, da das Material sehr abrasiv ist. Ebenso wird fast immer versucht, das geschlossene Werkzeug zu evakuieren.
Der Gesamt-Prozess läuft in vier Stufen ab:
Inhaltsverzeichnis
Materialaufbereitung
Bei der Herstellung von Pulverspritzgießmassen wird mit verschiedenen Bindersystemen gearbeitet. Man versucht Keramik- bzw. Metallpulver für Spritzgießmaschinen zu homogenisieren. Ziel der Aufbereitung ist die Ummantelung aller Pulverpartikel mit dem Bindersystem, die Zerstörung von Agglomeraten und die Herstellung eines homogenen Granulats, der als "Feedstock" bezeichnet wird. Als Ausgangsmaterialien für das Spritzgießen von Metall- und Keramikpulver können alle marktüblichen, sinterfähigen Pulver mit geeigneter Korngröße eingesetzt werden, wie beispielsweise Oxid-, Silikat- und Nitridkeramiken, Carbide, transluzente Keramik, Metalle sowie Metalllegierungen, darunter auch Edelmetalle.
Binder der ersten Generation basierten auf Polyolefin-Wachsmischungen. Durch langsames Erwärmen wurde das Wachs aus dem Grünling ausgeschmolzen. Dieser Vorgang wird als Entbinderung und das dann vorliegende poröse Formteil als Braunling bezeichnet. Insbesondere im Schmelzbereich der Wachse muss extrem langsam aufgeheizt werden, um das Bauteil bei der Verflüssigung durch die Volumenzunahme nicht zu zerstören. In Abhängigkeit von der Wandstärke konnte dieser Schritt mehrere Tage in Anspruch nehmen. Oft ist die Entbinderung der zeitbestimmende Schritt der ganzen Prozesskette und blockiert teure Ofentechnik.
Eine Weiterentwicklung waren teillösliche Systeme. Hier kann ein Teil des Binders in organischen Lösungsmitteln herausgelöst werden. Nachteilig sind oft ökologische Aspekte, weshalb man bemüht ist, die Lösungsmittel im Kreislauf zu führen. Eine Verbesserung stellt die Verwendung von Polyalkoholen oder Polyvinylalkoholen dar, welche wasserlöslich und biologisch abbaubar sind. Vor dem Sintern müssen die Braunlinge vorgetrocknet werden.
Es gibt Bindersysteme, die auf dem katalytischen Abbau von Polyoxymethylen (POM) durch starke Säuren beruhen. Die Polymerketten werden von den Enden her depolymerisiert und zu Formaldehyd abgebaut. Es handelt sich um einen Fest-gasförmig-Phasenübergang. Der Vorgang erfolgt strikt von außen nach innen, das gewährleistet eine beschädigungsfreie Entbinderung. Auch der Entbinderungsfortschritt ist mit 1–3 mm/h sehr hoch und hängt von der Porengröße (bzw. Pulverpartikelgrößenverteilung oder Korngröße) und der Wanddicke (Diffusionsweg der Abbauprodukte aus dem Bauteil) ab. Nachteilig ist, dass spezielle Ausrüstungen aufgrund der Verwendung konzentrierter Säuren und zur Nachverbrennung des Formaldehyds erforderlich sind.
Formgebung
Der Feedstock wird in meist modifizierten Spritzgießmaschinen verarbeitet. Die Massen werden in flüssigkeitstemperierte (Wasser oder Öl) Werkzeuge eingespritzt. Nach dem Spritzgussprozess werden die Bauteile (sog. „Grünteile“) aus dem Werkzeug entformt. Da der Feedstock ein sehr abrasives Verhalten hat, ist es von Vorteil wenn die Plastifiziersysteme hochverschleißfest ausgelegt sind und die Schneckengeometrie an den hohen Füllstoffgehalt angepasst ist. Schnecken und Zylinder aus Hartmetall sind für diesen Prozess sehr gut geeignet. Alternativ werden meist aus Preisgründen auch Schnecken aus pulvermetallurgisch hergestellten Stählen und geschleuderte Bimetallzylinder eingesetzt.
Entbinderung
Es gibt unterschiedliche Bindersysteme, die ebenso unterschiedliche Entbinderungsprozesse benötigen. Man spricht hier von der thermischen, katalytischen oder Lösungsmittelentbinderung (=Extraktionsentbinderung, z.B. mit Wasser oder Aceton). Nach der Entbinderung erhält man bei metallischen Teilen den sog. „Braunteil“ oder „Braunling“ und bei keramischen Teilen den sog. „Weißteil“ oder „Weißling“. Diese sind sehr porös und weisen eine minimale Festigkeit auf. Sie sollten deshalb in dafür vorgesehene Palettiersysteme abgelegt werden.
Sinterung
Nach der Entbinderung werden die Braun- oder Weißteile durch einen weiteren thermischen Prozess verdichtet. Damit werden die Material-Endeigenschaften erreicht, bei diesem Prozess spricht man vom „Sintern“ bzw. „Brennen“.
Folgeprozesse
MIM-Bauteile können nach der Fertigstellung Sintern/Entbindern mit den folgenden Methoden nachbearbeitet werden:
Oberflächenfinish
- Sandstrahlen, Gleitschleifen, Polieren, Läppen
Beschichtungstechnologie
- Dünnschichttechnologie, Galvanisieren, Lackieren
Verbindungstechnik
- Laserschweißen, Löten, Montieren
Wärmebehandlung
- Härten, HIP (Heiß-Isostatisches Pressen)
Spanende Bearbeitung
- Drehen Fräsen, Bohren, Schleifen, Reiben, Honen, Gewindebohren
Umformtechnik
- Biegen, Kalibrieren
Weblinks
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