Khasi (Volk)

Khasi (Volk)

Die Khasi sind ein indigenes Volk im Distrikt East Khasi im indischen Bundesstaat Meghalaya. Ihre Hauptstadt ist Shillong. Es gibt heute noch eine knappe Million Khasi. Von diesem ehemals matriarchalen Volk ist heute der Großteil christianisiert. Ursprünglich lebten die Khasi von Subsistenzwirtschaft und entwickelten mit der Zeit auch Handel mit den Nachbarvölkern.

Die Vorfahren der heutigen Khasi waren aus mongolischen Stämmen hervorgegangen, die sich von Südostasien her in den Bergen von Assam ansiedelten. Die Sprache der Khasi gehört zur Familie der Mon-Khmer-Sprachen.

Inhaltsverzeichnis

Wirtschaft

Die Khasi sind eine Ackerbaukultur. Sie ernähren sich hauptsächlich von Reis, Fisch und Fleisch. Für rituelle und religiöse Festivitäten brauen sie ein starkes Reisbier. Neben dem Ackerbau betreiben die Khasi Viehzucht (Schweine, Rinder) zu Ernährungszwecken. Zu Beginn der Kolonisierung durch die Engländer trieben die Khasi regen Handel mit ihren Nachbarvölkern bis nach Kambodscha. Heute gehen viele Khasi auch zur Universität und einer modernen Berufstätigkeit nach.

Ackerbau

Traditionellerweise betrieben die Khasi Brandrodung. Die Saat wurde zu Beginn der Regenzeit ausgebracht, so dass keine Bewässerung nötig war. Der Boden wurde für die Saat nicht speziell vorbereitet, auch nicht gepflügt. Die Felder waren klein und mit der Zeit entstanden Terrassenbänder an den Hügeln.

Die traditionelle Ackerbauweise der Khasi führte in jüngerer Zeit zu starker Erosion und Bodenschädigung. Deshalb haben jüngere, an Universitäten ausgebildete Khasi neue Anbaumethoden, u.A. den Terrassenbau, erfolgreich eingeführt. Neben dem traditionellen Reis werden auch andere Früchte und Gemüse angebaut - Lichi, Ananas, Ingwer, Kürbisse, Sesam, Zuckerrohr und Mangos. In neuerer Zeit kamen auch Kartoffeln hinzu, die sich jedoch nur zögerlich durchsetzen.

Fischfang

Die Khasi benutzen keine Netze oder Fallen für den Fischfang, sondern haben eine ihnen eigene Methode entwickelt. Dazu wird ein für Fische giftiger Beerensaft in das Wasser des Bachs oder Flusses gegeben. Die auf diese Weise betäubten Fische werden stromabwärts eingesammelt.

Gesellschaft

Die Khasi waren in Stämme organisiert, die ihrerseits aus Sippen und Clans zusammengesetzt waren. Das geistige und weltliche Oberhaupt jeder Sippe war die Sippenmutter. Sie fungierte als Anführerin, Priesterin und Schiedsrichterin ihrer Großfamilie.

Die Zugehörigkeit zu einer Sippe folgte den Regeln der Matrilinearität: Kinder wurden der Sippe der Mutter zugerechnet, der Vater galt nicht als mit ihnen verwandt. Die Verantwortung für die Sippe wurde von der Sippenmutter auf ihre jüngste Tochter vererbt, sofern diese von der Sippe als geeignet angesehen wurde.

Das Land sowie die Erträge aus der Landwirtschaft und dem Handel gehörten der Sippe gemeinsam und wurden durch die Sippenmutter verwaltet. Wie andere Naturvölker auch kannten die Khasi eine strenge, für einzelne Individuen kaum durchbrechbare geschlechtsspezifische Arbeitsteilung.

Die Khasi kannten neben der Sippenmutter auch Häuptlinge. Sippenhäuptling wurde ein Sohn oder ein Neffe der Sippenmutter. Während die Sippenmutter für Haus und Land verantwortlich war, nahm der Häuptling repräsentative Aufgaben außerhalb wahr. Im Auftrag der Sippenmutter führte er auch religiöse Rituale außerhalb des Hauses durch. Als diplomatischer Beauftragter musste der Häuptling Jagden oder andere Anlässe für eingeladene Gäste anderer Sippen organisieren und diese bewirten. Es gab bei den Khasi auch weibliche Häuptlinge. Weder Sippenmutter noch Häuptling hatten über die beschriebenen Aufgaben hinausgehende Privilegien.

Heirat

Die Khasi folgen noch heute den traditionellen Heiratsregeln, nach denen eine Heirat innerhalb derselben Sippe tabu ist. Eine solche Heirat würde zur Verstoßung des Paares führen.

Bei der Hochzeit werden rituell Geschenke wie Betelnüsse zwischen den beiden beteiligten Sippen ausgetauscht.

Die Khasi leben noch heute uxorilokal, d.h. das Brautpaar zieht in das Sippenhaus der Braut. Entgegen anderslautenden Gerüchten gab es bei den Khasi keine Polyandrie. Besuchsehen kommen noch heute vor, wenn auch sehr selten.

Besitz und Erbrecht

Außer dem Schmuck kannten die Khasi kein Privateigentum. Ländereien und Häuser gehörten der Sippe und wurden von der Sippenmutter verwaltet. Die jüngste Tochter erbte neben dem Schmuck der Mutter auch das ka bat ka niam, die religiöse oder spirituelle Verantwortung für die Sippe und das ka iing seng, das zeremonielle Zentrum des Sippenhauses.

Das von einem Mann vor seiner Heirat erarbeitete Vermögen gehörte seiner Mutter, nach einer Heirat seiner Frau.

Religion

Die Religion der Khasi war ein animistisch orientierter Schamanismus. Die Khasi kannten neben einer allmächtigen, gleichzeitig männlichen und weiblichen Gottheit gute und böse Naturgeister, denen Opfer und Gebete dargebracht wurden. Es gab keine Idole oder Götterbilder.

Daneben war der Ahnenkult ein integraler Bestandteil der Khasi-Kultur. Den Ahnengeistern wurden Nahrungsmittel dargebracht, damit sie für Sicherheit und Wohlstand der Sippe sorgten. Wichtigste Ahnin für jede Sippe war die Ka lawbei, die Urmutter oder Gründerin der Sippe.

Zur Khasi-Religion gehörten eine Reihe Tabus, die nicht verletzt werden durften:

  • Das wichtigste Tabu ist noch heute das Inzesttabu, das Heiraten innerhalb einer Sippe verbietet. Für ein Paar, das das Inzesttabu bricht, gibt es keine Absolution - die Frau wird aus der Sippe verstoßen und darf niemals zurückkehren, auch nach ihrem Tod nicht. Ihre Gebeine werden nicht im Familiengrab beigesetzt, womit nach dem Glauben der Khasi abgesichert wird, dass ihr Geist die Sippe nicht stört.
  • für den Häuserbau dürfen keine Nägel verwendet werden und ein Haus darf höchstens drei Steinmauern haben
  • der Altar im Zentrum des Hauses darf nur aus einem Metall bestehen
  • nur alleinstehende Bäume dürfen geschlagen werden, keine Bäume aus einem Wald heraus
  • Gaben und Geschenke dürfen nur mit der linken Hand gereicht werden, niemals mit der Rechten
  • Kuhmilch und Ziegenmilch dürfen nicht getrunken werden

Obwohl die meisten Khasis heute zum Christentum konvertiert sind, haben viele dieser Regeln und Glaubensvorstellungen nach wie vor einen starken - wenn auch nachlassenden - Einfluss auf das Alltagsleben der Menschen.

Rituelle Tänze

Wie andere Naturvölker und Ackerbaukulturen kennen die Khasi eine ganze Reihe von Festen, die in Zusammenhang mit dem Wachstumszyklen der Natur stehen. Diese wurden traditionell mit rituellen Tänzen, Musik und Opfergaben begangen.

  • Das Ka Pom-Blang Nongkrem ist eine Art Erntedankfest, das früher zu Mittsommer stattfand. Während fünf Tagen wurde getanzt und Opfergaben dargebracht, um der allmächtigen Gottheit für eine gute Ernte zu danken.
  • Das Ka Shad Suk Mynsiem ist ein Frühjahrsfest, um die Aussaat zu feiern. Es finden rituelle Tänze und von Frauen durchgeführte symbolische Fruchtbarkeitsriten statt.
  • Der Ka-Shad-Shyngwiang-Thangiap ist ein zeremonieller Tanz der durchgeführt wird, wenn ein Sippenmitglied stirbt. Die Männer spielen dazu auf Bambusflöten und Trommeln. Die Tänze beginnen am Todestag und dauern bis zum Ende der Beerdigungszeremonie.
  • Der Ka-Shad-Kynjoh Khaskain ist ein ritueller Tanz der begangen wird, wenn ein neues Haus gebaut wurde und die Sippe dort einzieht. Der Tanz beginnt nach der religiösen Zeremonie der Haussegnung und dauert von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang.

Kleidung

Khasi-Männer trugen traditionellerweise den Jympong, eine Art Überwurf, der Arme und Nacken frei ließ. Dazu eine Mütze, die die Ohren bedeckte. Die traditionelle Kleidung der Frauen besteht aus dem Jimpien, einem knielangen Stück Stoff, das um den Körper gewickelt und mit einem Gürtel und mit Spangen befestigt wird. Darüber wird eine weitere Stoffbahn geworfen, die frei über den Rücken und die Seiten fällt. Die traditionelle Tracht der Khasi - Männer wie Frauen - ist sehr bunt gefärbt, die Weberei wird mit komplexen, sehr bunten Mustern verziert.

Als Schmuck tragen sowohl Männer als auch Frauen schwere silberne und goldene Ohrringe und Halsketten. Frauen tragen zudem ebenfalls silberne oder goldene Armbänder am Oberarm.

Architektur

Die traditionellen Khasi bauten Holzhäuser auf Pfählen. Nägel waren tabu. Die manchmal bis zu 100 Meter langen Sippenhäuser hatten oft nur ein einziges Fenster, um das Licht hereinzulassen. Die Häuser waren oval und ohne Ecken gebaut. Im Zentrum befand sich der Herd mit einem aus religiösen Gründen immer brennenden Feuer, das unter keinen Umständen ausgehen durfte.

Die Khasi nach der Kolonisation

Als das Britische Empire Indien kolonisierte, stärkten die britischen Beamten gezielt die männlichen Häuptlinge, um die Autorität der Sippenmütter zu untergraben und an Einfluss zu gewinnen.

Manche Autoren vertreten die Ansicht, dass das Matriarchat bei den Khasi gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch christliche und moslemische Einflüsse so zersetzt wurde, dass es ein Ende fand. Andere hingegen berichten noch heute von Regionen, in denen nach wie vor die Sitte der Besuchsehe existiert und die jüngste Tochter die beste schulische Ausbildung bekommt, was auf ein gewisses Fortbestehen der ursprünglichen Sozialstruktur hindeutet. Die Sippenzugehörigkeit wird nach wie vor über die Mutterlinie vererbt.

Literatur

  • Sabine Herzog: Das Matriarchat als geschlechtssymmetrische Gesellschaftsform? : Die Khasi von Meghalaya /Indien. ISBN 3-825-854-043
  • Peter Gerlitz: Religion und Matriarchat : Zur religionsgeschichtlichen Bedeutung der matrilinearen Strukturen bei den Khasi von Meghalaya unter besonderer Berücksichtigung der national-religiösen Reformbewegungen. ISBN 3-447-024-275
  • Heide Göttner-Abendroth: Das Matriarchat, Bd.2/1, Stammesgesellschaften in Ostasien, Indonesien, Ozeanien. Stuttgart, 1999. ISBN 3-170-149-954

Film

  • Die Töchter der sieben Hütten - Matriarchat der Khasi in Indien (Deutschland 1997). Regie: Uschi Madeisky, Klaus Werner, Arte/ZDF (Info)

Weblinks


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