Killerweed

Killerweed
Strukturformel
Strukturformel von Phencyclidin
Allgemeines
Freiname Phencyclidin
Andere Namen

1-(1-Phenylcyclohexyl)piperidin

Summenformel C17H25N
CAS-Nummer 77-10-1
PubChem 6468
DrugBank EXPT03307
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Anästhetika

Fertigpräparate

Sernyl®

Verschreibungspflichtig: BtM
Eigenschaften
Molare Masse 243,39 g·mol−1
Schmelzpunkt

46–47 °C [1]

Siedepunkt

135–137 °C

pKs-Wert

8,29 [1]

Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung [2]

T
Giftig
R- und S-Sätze R: 25
S: 36/37-45
LD50

75 mg/kg (Maus, peroral) [1]

WGK 3 (stark wassergefährdend) [2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Phencyclidin (Abkürzung von Phenylcyclohexylpiperidin, kurz PCP) in der Drogenszene auch als Angel Dust (Engelsstaub), Londrea, Killerweed, Sherman Hemsley oder Peace Pill bekannt, ist ein missbräuchlich als Partydroge genutztes Dissoziativum. Die Firma Parke-Davis entwickelte es 1926 ursprünglich als Arzneistoff der Klasse der Anästhetika, seine Vermarktung wurde jedoch bald darauf auf Grund eines ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses eingestellt. Insbesondere nach Langzeitgebrauch besteht die Gefahr einer psychischen Abhängigkeit. Im Tierversuch schädigt es das Hirngewebe. Phencyclidin unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz.

Inhaltsverzeichnis

Pharmakologie

Wirkprofil

Phencyclidin wirkt als Kanalblocker an NMDA-Rezeptoren. Dies ist ein Merkmal, das es mit anderen Dissoziativa teilt. Hinsichtlich dieser Wirkungsweise ähnelt Phencyclidin am ehesten Ketamin, seine Wirkung ist jedoch stärker psychotisch und weniger analgetisch (schmerzdämpfend).

Nebenwirkungen

In Verbindung mit der Anwendung von Phencyclidin konnten insbesondere Benommenheit, Wahrnehmungsstörungen, Sprach- und Koordinationsstörungen, Störungen der Motorik (insbesondere Augenrollen, Gangstörungen), Speichelfluss, Paranoia, Halluzinationen und Aggressivität beobachtet werden. PCP ruft einen Rauschzustand hervor, welcher dem des akuten schizophrenen Schubs ähnlich sein soll. PCP löst dabei nicht nur die typische schizophrene Positiv-Symptomatik (z. B. Wahn, Halluzinationen, Ich-Störungen) aus, sondern auch die Negativ-Symptomatik (z. B. Apathie, Alogie, Affektverarmung, Anhedonie) und gilt daher in der psychiatrischen Forschung als das derzeit beste Krankheitsmodell für die Schizophrenie. Häufig sind ebenso Angstzustände in Form alptraumartiger psychotischer Episoden (Bad trips). Eine Schädigung des Nervensystems kann insbesondere bei längerer Anwendung eintreten.

Neurotoxizität

Phencyclidin kann, wie andere NMDA-Blocker auch, Hirnschädigungen verursachen. Phencyclidin ist toxischer und in seiner Toxizität komplexer als andere Dissoziativa. Die Schädigungen betreffen mehrere Hirnregionen und werden wahrscheinlich über verschiedene Rezeptorsysteme vermittelt.[3][4]

Langzeitkonsum

Nach häufigem Gebrauch von Phencyclidin wurden oft tagelang anhaltende Paranoia, Verwirrung, Aggressivität und unkontrollierte Halluzinationen - auch ohne Einnahme der Droge - beobachtet. Ob die Phencyclidinablagerung in Fettgewebe und Hirn (Depot-Wirkung) oder die Neurotoxizität dieser Substanz dies bedingt, ist nicht geklärt.

Wechselwirkungen

Der Mischkonsum von Phencyclidin und Alkohol kann unerwünschte Effekte verstärken und Halluzinationen, Ohnmacht, Atemdepression oder Atemstillstand bewirken.

Metabolismus

Etwa 80 % des Phencyclidins werden im menschlichen Organismus in der 4-Stellung der Ringe hydroxyliert und als Glucuronid im Harn ausgeschieden. Bei der Hydroxylierung entsteht auch N-Cyclohexyl-N-phenyl-5-aminopentansäure. Der hydroxylierte Metabolit hat keine psychotische Wirkung. Von den verbleibenden 20 % des Phencyclidin wird ein kleiner Teil oxidativ zu Phenylcyclohexamin gespalten.

Gegenmaßnahmen bei einer akuten Überdosis/bei Ausbruch einer (temporären) Drogenpsychose

Es gibt kein bekanntes Medikament/Antidot, das Phencyclidin aus seinen Rezeptorenbindungen löst, somit erfolgen die Gegenmaßnahmen rein symptomatisch. Meist wird der Patient fixiert, um aggressive und eventuell gefährdenden Handlungen gegenüber sich selbst und anderen auszuschließen. Danach wird meist intravenös ein schnell wirksames und hochpotentes Neuroleptikum verabreicht (häufig Haloperidol), um die Wahnvorstellungen und die Aggression zu mindern. Der Patient wird dann sediert, in der Regel mit mittellang wirksamen Benzodiazepinen. Meist muss der Konsument noch mehrere Tage in stationärer Überwachung bleiben, da 'Flashbacks' auftreten können, die eine erneute Gefahr für ihn und seine Umwelt darstellen.

Chemie

Phencyclidin in reiner Form ist ein weißes kristallines Pulver („Engelsstaub“). Es ist chemisch verwandt mit dem Anästhetikum Ketamin und dem Opioid Pethidin. Derivate: Tenocyclidin, Eticyclidin, Rolicyclidin.

Nachweis

Der Nachweis erfolgt durch eine modifizierte Fassung des Scott-Tests. Mit Marquis-Reagenz reagiert PCP wie alle anderen tertiären Phencyclidine zu einem roten Farbkomplex. Anschließend erfolgt eine Dünnschichtchromatografie zur Zerlegung in die Reinstoffe mit gekoppelter Spektralanalyse, die unter UV-Licht zwei Spitzen bei λ=257 nm und λ=261 nm und zwei Teilschultern bei λ=252 nm und λ=266 nm sichtbar macht.

Synthese

Die Synthese erfolgt in zwei Schritten. Zunächst reagieren Cyclohexanon und Piperidin zu einem Enamin. Durch eine Grignard-Reaktion mit Phenylmagnesiumbromid entsteht dann Phencyclidin.

Eine Alternative stellt die Strecker-Synthese mit Kaliumcyanid zum α-Aminonitril und anschließender Gringnard-Reaktion dar. Die Reaktion ist mechanistisch eine nucleophile Verdrängung, in dem das Cyanidions verdrängt wird und kein Angriff auf das Cyanidion selbst stattfindet.

Missbräuchliche Anwendung

PCP, sowohl in kristalliner Form, als auch in Wasser gelöst

Die Wirkung tritt bei nasaler Einnahme nach etwa 2–5 Minuten und beim Schlucken nach etwa 20–60 Minuten ein. Auch die intravenöse Anwendung ist möglich; die Wirkung setzt in diesem Fall sofort ein. Je nach Dosis hält der Rausch in der Regel zwischen 45 Minuten und 2 Stunden lang an. Bei hohen Dosierungen soll es im Einzelfall zu Trips bis zu 2 Tagen gekommen sein.

Phencyclidin wird hauptsächlich in den USA als Freizeitdroge genutzt. Die örtlich begrenzte Nachfrage wird dort durch illegale Produktion gedeckt. Phencyclidin wird als Pulver oder in gelöster Form insbesondere nasal („Schniefen“) oder peroral (Schlucken) angewendet. Ebenso wird mit Phencyclidin imprägniertes Blattmaterial (unter anderem Cannabis, Minze etc., so genannte „Hogs“ oder „Shermans“) zum Rauchen verwendet.

Geschichte

Die Stammsubstanz Phencyclidin wurde 1926 erstmals synthetisiert. Nachdem ihre ruhigstellende Wirkung an Affen erfolgreich erprobt war, wurde Phencyclidin 1956 in Deutschland unter dem Handelsnamen Sernylan® als Tieranästhetikum auf den Markt gebracht. 1963 erfolgte die Zulassung als dissoziatives Anästhetikum unter dem Markennamen Sernyl® zur Anwendung am Menschen, wurde jedoch wegen seinen starken psychischen Nebenwirkungen bereits zwei Jahre später wieder vom Markt genommen.

1967 tauchte es erstmals bei einem Rock-Festival in San Francisco in der Drogenszene auf und geriet wegen seiner falsch deklarierten Wirkung zunächst wieder in Vergessenheit. Aufgrund des Missbrauchspotentials wurde der Einsatz als Tieranästhetikum zeitgleich verboten. 1977 tauchte die Substanz bei in Deutschland stationierten US-Streitkräften wieder auf und erfuhr von dort eine Verbreitung in Untergrundlaboratorien, die Abwandlungen am Molekülgerüst vornahmen, um die halluzinogene Wirkung zu verstärken. Derzeit sind mehr als 125 Phencyclidin-Derivate bekannt.

Phencyclidin spielte auch bei dem Massaker an der Grover Cleveland Elementary School in San Diego (1979, bekannt durch den sich darauf beziehenden Bob-Geldof-Song I don't like Mondays), eine Rolle: Die Täterin Brenda Ann Spencer soll während ihrer Amok-Tat unter dem Einfluss von Phencyclidin gestanden haben.

Literatur

  • Karl-Artur Kovar: Designer-Drogen der Phencyclidin-Reihe. Pharmazie unserer Zeit. 23. Jahrg. 1994
  • Richard Seymour: The New Drugs. Look-Alikes, Drugs of Deception and Designer Drugs. San Francisco 1989.

Einzelnachweise

  1. a b c Phencyclidin bei ChemIDplus
  2. a b Sicherheitsdatenblatt für Phencyclidine hydrochloride – Sigma-Aldrich, 04.01.2008
  3. R. Nakki et al. (1995): Cerebellar toxicity of phencyclidine. In: J. Neurosci. Bd. 3, S. 2097-2108. PMID 7891155
  4. F.R. Sharp et al. (1994): Neuronal injury produced by NMDA antagonists can be detected using heat shock proteins and can be blocked with antipsychotics. In: Psychopharmacol. Bull. Bd. 30, S. 555-560. PMID 7770620

Weblinks

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