Klaus-Michael Grüber

Klaus-Michael Grüber

Klaus Michael Grüber (* 4. Juni 1941 in Neckarelz; † 22. Juni 2008 in Belle-Île, Bretagne, Frankreich) war ein deutscher Regisseur und Schauspieler, Ritter der französischen Ehrenlegion, Kommandeur des französischen Ordens des Arts et des Lettres und Mitglied der Akademie der Künste in Berlin.

Inhaltsverzeichnis

Theater

Nach zweijährigem Schauspielunterricht in Stuttgart – u.a. bei Siegfried Melchinger – erlernte der Sohn eines badischen Pfarrers ab 1962 sein Metier als Regieassistent und Mitarbeiter von Giorgio Strehler am Piccolo Teatro di Milano. Sein Regiedebüt gab er dort 1967 mit Brechts Il processo di Giovanna d'Arco a Rouen – 1431 (Der Prozess der Jeanne d’Arc zu Rouen) (Bühnenbild und Kostüme: Ezio Frigerio; Musik: Fiorenzo Carpi). 1969 inszenierte er an diesem Theater Off Limits von Arthur Adamov (Bühnenbild: Eduardo Arroyo).

Grüber inszenierte danach u.a. am Schauspielhaus Zürich, in Freiburg im Breisgau, Bremen (1969 William Shakespeares Der Sturm), Stuttgart (dort 1970 Heinrich von Kleists Penthesilea), Düsseldorf (1972 Adamovs Off Limits) und Frankfurt am Main (für Bertolt Brechts Im Dickicht der Städte) sowie in Berlin an der – damaligen – Schaubühne am Halleschen Ufer, wo seine Inszenierung von Ödon von Horváths Geschichten aus dem Wiener Wald am 18. August 1972 Premiere hatte. An der Schaubühne lernte Grüber auch die Regieassistentin Ellen Hammer kennen, die regelmäßig Regie-Mitarbeit bei seinen Inszenierungen leistete. Andere, für europaweites Aufsehen sorgende Berliner Regiearbeiten Grübers folgten – etwa 1974 Euripides' Die Bakchen (Bühnenbild: Gilles Aillaud, Eduardo Arroyo), 1975 Empedokles – Hölderlin lesen (Bühnenbild: Antonio Recalcati) oder 1977 Winterreise im Olympiastadion (Bühnenbild: Recalcati).

Rasch bildete sich ein Grundstock von Schauspielern heraus, mit denen Grüber bevorzugt arbeitete, darunter vor allem Bruno Ganz, Jutta Lampe, Angela Winkler und Otto Sander. Obwohl in der Öffentlichkeit nahezu überhaupt nicht präsent avancierte er rasch zum zweiten großen Fixstern der Schaubühne neben dem rational-klar arbeitenden Peter Stein. In den frühen 1980ern war Grüber an der Freien Volksbühne in Berlin tätig, wo er eine verzaubert-poetische Version von Luigi Pirandellos Sechs Personen suchen einen Autor (Bühnenbild: Titina Maselli) sowie einen Faust von Johann Wolfgang Goethe (Bühnenbild: Aillaud) erarbeitete, der mit seiner radikalen Reduktion für Widerspruch von Seiten einiger Zuschauer sorgte. Die Hauptrolle wurde dabei von Bernhard Minetti gespielt, der mit Grüber bereits 1973 Samuel Becketts Das letzte Band in Bremen erarbeitet hatte. Er begleitete seinen Regisseur auch zu Hamlet (1982; Schaubühne am Lehniner Platz; Bühnenbild: Aillaud; Titelrolle: Ganz; Minetti als 1. Schauspieler) und verkörperte die Hauptrolle in König Lear (Schaubühne 1985; Bühnenbild: Aillaud; Kostüme: Dagmar Niefind).

Weitere Berliner Arbeiten Grübers, die zum Teil bei Gastspielen europaweit gezeigt wurden, waren Anton Tschechows An der großen Straße (Bühnenbild: Aillaud), Eugène Labiches Die Affaire Rue de Lourcine (Bühnenbild: Francis Biras; Kostüme: Moidele Bickel; mit Udo Samel und Peter Simonischek) oder Heinrich von Kleists Amphitryon (Bühnenbild: Aillaud; mit Lampe und Sander). Bantam, ein Theaterstück seines Malerfreundes und Ausstatters Arroyo, brachte Grüber Anfang Februar 1982 am Münchener Residenztheater heraus, wobei seine anderen ständigen Partner Aillaud und Recalcati für Bühne und Kostüme verantwortlich zeichneten (Musik: Carpi; u.a. mit Heinz Bennent, Nicole Heesters, David Bennent, Karl Lieffen, Heinz Kraehkamp). In Frankfurt machten sich Grüber und Minetti 1987 an das Stück, das sie bereits 1973 in Bremen erstmals zusammengeführt hatte, nämlich Das letzte Band.

In den späten 1970er Jahren begann Grüber, seine Arbeit in Deutschland zu verringern und ins europäische Ausland zu verlagern. So gestaltete er 1975 einen viel beachteten Faust Salpetrière (Bühnenbild/Kostüme: Aillaud, Arroyo), wo Goethes Stück als mit ungewohnten, an Assoziationen erinnernde Bildern wucherndes Stationendrama in der Chapelle Saint Louis herauskam und irritierte Besucher sowie ratlose Rezensenten zurückließ. 1977 führte Grüber bei Fernando Arrabals Der Architekt und der Kaiser von Assyrien in Barcelona (Bühne und Kostüme: Arroyo) Regie. Einmal noch zu seinen Anfängen kehrte Grüber zurück, als er 1984 am Mailänder Piccolo Teatro Heimweh von Franz Jung inszenierte (Bühnenbild: Arroyo; Kostüme: Renata Bulgheroni; Musik: Carpi; mit Raf Vallone, Delia Boccardo und Lino Troisi) sowie 1988 mit La medesima strada eine Textcollage aus Fragmenten von Sophokles sowie der Vorsokratiker Heraklit, Parmenides und Empedokles vorstellte (Bühne: Aillaud; Kostüme: Aillaud, Bulgheroni; Musik: Carpi; u.a. mit Winkler, Tino Carraro, Lino Troisi, Raf Vallone).

1984 debütierte Grüber an der Comédie-Française, wo er seine Version von Jean Racines Bérénice (Bühnenbild: Aillaud; Kostüme: Niefind; mit Ludmila Mikael, Catherine Samie, Richard Fontana, Roland Bertin u.a.) präsentierte. Im Sommer 1986 war Grüber erstmals für die Salzburger Festspiele tätig, als er in der dortigen Felsenreitschule Prometheus, gefesselt (von Peter Handke nach Der gefesselte Prometheus von Aischylos; Bühnenbild und Kostüme: Recalcati; mit Ganz, Winkler, Simonischek, Samel u.a.) inszenierte. Im Dezember desselben Jahres bejubelte man in Paris die Hauptdarstellerin Jeanne Moreau in Grübers Regie bei Le récit de la servante Zerline von Hermann Broch (aus dessen Roman Die Schuldlosen; Bühnenbild und Kostüme: Biras). Diese für ihre große Intensität und Konzentration gelobte Arbeit wurde zu zahlreichen Gastspielen eingeladen. Die Erzählung wurde in den folgenden Jahren von zahlreichen europäischen Schauspielern in ihren Ländern aufgeführt.

1989, zur 200-Jahr-Feier der Französischen Revolution, erarbeitete Grüber eine dunkel-düstere Vision von Georg Büchners La mort de Danton (Dantons Tod) für Nanterre. Im Frühjahr 2001 inszenierte Grüber erstmals im Wiener Akademietheater sowie erstmals ein Stück von Bernard-Marie Koltés, nämlich Roberto Zucco (Bühnenbild: Recalcati; Titelrolle: August Diehl). Im Mai 2003 arbeitete Grüber dann am Wiener Burgtheater zum ersten Mal mit dem Maler Anselm Kiefer zusammen, der für den von Handke übersetzten Ödipus in Kolonos des Sophokles Bühnenbild und Kostüme entwarf (u.a. mit Ganz, Sander, Diehl, Birgit Minichmayr, Branko Samarovski, Johann Adam Oest, Martin Schwab, Mareike Sedl).

Für die Inszenierung von Adamovs Off Limits arbeitete er zum ersten Mal mit dem (damals exil-)spanischen Maler Eduardo Arroyo zusammen, der bis dahin noch nie ein Bühnenbild gestaltet hatte. Diese Kooperation dauert bis zu seinem Tod an – zuletzt bei Wolfgang Amadeus Mozarts Don Giovanni – ebenso wie jene mit den bildenden Künstlern Gilles Aillaud (seit 1974) und Antonio Recalcati (seit 1975). Diese Künstler – wie dann auch 2003 am Burgtheater Anselm Kiefer bei Ödipus in Kolonos – lieferten ihrem Regisseur keine schlichten Stückinterpretationen, sondern mächtige Bildentwürfe und Landschaften, die nicht auf Anhieb zu entschlüsseln waren.

Oper

Als Regieassistent Strehlers kam Grüber bald auch mit der Welt der Oper in Berührung. 1965 assistierte er in Salzburg bei Strehlers Version von Wolfgang Amadeus Mozarts Die Entführung aus dem Serail.

Die Anfänge

Seine erste eigene Opernregie führte Grüber 1971 in Bremen bei Alban Bergs Wozzeck. 1972 folgte Georg Friedrich Händels Giulio Cesare in Egitto, ebenfalls noch in Bremen. 1974 führte Grübers Weg an die Oper Frankfurt. Dort inszenierte er Béla Bartóks Herzog Blaubarts Burg und Arnold Schönbergs Erwartung (mit Anja Silja; Dirigent: Christoph von Dohnányi).

Wagner

Stark war die Verwunderung im Dezember 1976 bei Richard Wagners Die Walküre gewesen, die Grüber an der damals von Rolf Liebermann geleiteten Pariser Oper, dem Palais Garnier, vorstellte (Bühnenbild: Arroyo, Kostüme: Moidele Bickel). Die Verblüffung war dadurch gegeben, dass sich Grüber weder für die damals moderne – etwa bei Luca Ronconi oder Patrice Chéreau – politische, kapitalismuskritische Variante, noch für eine neu-romantische Sicht entschloss. Vielmehr konzentrierte er sich auf das Mythische, bei ihm trug man weder Frack oder Smoking noch den SS-Ledermantel oder das Business-Kostüm, sondern die Personen waren durch ihre Geschichte gezeichnet, waren mit großen Helmen ausgestattet, die an Wagner-Aufführungen des 19. Jahrhunderts erinnerten, die Kostüme schienen schwer, und Siegfried sollte auf dem Kopf einen Wolfsschädel haben. Die Bühnenlandschaft wurde von großen, steilen Bergen aus Sandsäcken dominiert, die von – künstlichen – Gemsen und Hirschen bevölkert waren. Dirigent der Aufführung war Sir Georg Solti.

Grübers Walküre war Teil eines Konzepts für die gesamte Ring-Tetralogie, das Grüber zusammen mit Peter Stein ursprünglich für die Bayreuther Festspiele entwickelt hatte. Das Projekt sollte dann an der Pariser Oper realisiert werden, aber nach Peter Steins Inszenierung von Das Rheingold und Grübers Walküre konnte es wegen Geldmangels nicht komplettiert werden und blieb ein Torso. Beide Regisseure haben noch andere Werke Wagners gestaltet, aber nie wieder den Ring.

1980er- und 1990er Jahre

So inszenierte Grüber in den 1980ern Wagners Tannhäuser in Florenz in den von Carlo Tommasi rekonstruierten Bühnenbildern der Uraufführung sowie den Parsifal in Amsterdam, der dann ebenfalls in Florenz, Paris, Brüssel, Madrid und zuletzt in London und in Strassburg aufgeführt wurde.

Ebenfalls in die 1980erjahre fällt Grübers Arbeit an Gioachino Rossinis La Cenerentola für das Pariser Theatre Chatelet. Weitere Operninszenierungen waren in den 1990ern Leos Janaceks Z mrtveho domu (Aus einem Totenhaus) (Bühnenbild: Arroyo; Dirigent: Claudio Abbado) sowie Tristan und Isolde (Bühne Arroyo; Dirigent Abbado) für die Salzburger Festspiele, La Traviata von Giuseppe Verdi am Théâtre du Châtelet in Paris (Dirigent: Antonio Pappano), Erwartung in Brüssel (wieder mit Anja Silja), Otello und Aida in Amsterdam, L’incoronazione di Poppea für das Festival von Aix-en-Provence und Il ritorno d'Ulisse in Patria am Opernhaus Zürich (Dirigent: Nikolaus Harnoncourt) Idomeneo von Mozart (Dirigent Christoph von Dohnanyi), Katarina Ismailowa von Shostakovich und Die Sache Makropulos von Janacek (Dirigent Philipp Jordan)am Opernhaus Zürich.

2003 bis 2005

2003 realisierte Grüber zusammen mit dem Dirigenten Pierre Boulez – mit dem er schon in Bayreuth den dann abgesagten Ring erarbeiten sollte – einen dreiteiligen Abend aus Manuel de Fallas El retablo de Maese Pedro, Igor Strawinskys Renard sowie Arnold Schönbergs Pierrot Lunaire (mit Silja). Diese Produktion (Bühnenbild: für de Falla und Strawinsky Maselli; für Schönberg Aillaud) machte auch in Luxemburg sowie bei den Wiener Festwochen Station.

Mit Anselm Kiefer als Ausstatter erarbeitete Grüber eine viel gepriesene Version von Richard Strauss' Elektra für das Teatro San Carlo von Neapel. In Wien gestaltete Grüber im Juni 2005 eine szenische Version Tagebuch eines Verschollenen von Janacek (Mitarbeit Ellen Hammer, Bühnenbild Aillaud, Kostüme Eva Dessecker, Licht Werner Chalubinski; mit Angela Winkler, Peter Straka, Lorena Espina; Klavier: Markus Hinterhäuser).

Grübers Inszenierung von Mussorgskis Boris Godunow hatte am 18. April 2006 im Theatre royal de la monnaie Premiere (Regiemitarbeit: Hammer; Bühnenbild: Arroyo; Kostüme: Sabounghi; Licht: Dominique Borrini; Choreographie: Giuseppe Frigeni; Dirigent: Kazushi Ōno). Dazu war in der F.A.Z. zu lesen: „Zar Boris droht, von der Glatze bis zur kleinen Zehe in Blattgold getaucht, an seinem Glanz fast zu ersticken. Die Insignien der Herrschaft, die er ungeschickt mit sich herumtragen muss, sorgen dafür, dass er keine Hand mehr frei hat zum Handeln. Dass der Sinn solcher Bilder sich nicht überall restlos auflösen lässt, sie manchmal kryptisch und idiosynkratisch in sich verharren, macht sie nicht weniger beredt. Ins Dekorative kippt Grübers erlesener Ästhetizismus jedenfalls an keiner Stelle. Das Bild, das er von Russland zeichnet, ist das eines ganz und gar disparaten Landes, vorgerführt in drastischen Tableaus, wie sie dem dramaturgischen Prinzip dieser Oper genau entsprechen […].“ (Julia Spinola: Von Feld zu Feld. Klaus Michael Grüber verzaubert Mussorgskis Boris Godunow in eine Schachpartie. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. April 2006)

Film

Grüber drehte als Regisseur einen einzigen Film, nämlich Fermata Etna (Buch: Bernard Pautrat, Grüber; Kamera: Tonino Nardi; Schnitt: Roberto Perpignani; Darsteller: Bruno Ganz, Gabriella Saitta).

Als Schauspieler wirkte er 1991 mit in Leos Carax' Die Liebenden von Pont Neuf (Les Amants du Pont Neuf) mit, wo er einen älteren Clochard namens Hans gibt. Carax meinte, angesprochen darauf, weshalb er Grüber besetzt habe: „Ich habe ihn kennengelernt, und er sowie sein Gesicht schienen mir passend. Ich mische gerne Schauspieler mit Nicht-Schauspielern.“ (Carax am 24. Juni 2005 bei einem Publikumsgespräch anlässlich einer Viennale-Retrospektive in Wien, Gartenbau-Kino).

Charakteristika und Trivia

Kennzeichnend für Grübers Arbeiten war, dass er sich fern von Theater- oder Bühnenklischees bewegte – weil er diese aufbrach und/oder zerstörte. Größte Komplexität vermochte jederzeit und ohne Vorwarnung in größte Einfachheit umzuschlagen sowie umgekehrt. Oberflächliche Effekte oder (tages-)politische Anspielungen, gleich welcher Natur, waren diesem Philosophen unter den Theaterregisseuren fremd sowie zuwider. Grübers Inszenierungen befriedigten die Zuschauer weniger als dass sie das Publikum mit Fragen belasteten, die sich sehr oft aus einer fehlenden Eindeutigkeit ergab. Selbst jenen Inszenierungen Grübers, denen bescheinigt wurde, nicht vollkommen geglückt bzw. gescheitert zu sein, eignete noch ein hohes Maß an Faszination. Dabei halfen ihm nicht zuletzt die Bühnenwelten, die ihm seine Malerfreunde anfertigten, und die wenig zu tun hatten mit dem, was sonst landläufig als Bühnenbild verstanden wird: Ein Übermaß an Poesie war wichtiger als jegliche Interpretation mit dem Zeigefinger. Exquisites Licht, durchaus auch sehr sparsam eingesetzt, durchflutete die Räume Grübers, diese Gabe hatte er von seinem Lehrer Giorgio Strehler gelernt.

Vieles unterschied Grüber von seinen inszenierenden Kollegen. Zunächst waren seine Probenzeiten – die nie vor zwölf Uhr mittags begannen – sehr knapp kalkuliert und überschritten selten sechs Wochen.[1] Die Zusammenarbeit mit Dramaturgen war reduziert, etwaige Strichfassungen wurden von ihm nicht akzeptiert, sondern mussten erst während der Proben gemeinsam erarbeitet werden. Dabei zeigte Grüber oft eine Vorliebe für gänzlich ungestrichene Texte (darunter auch den sechs Stunden dauernden Berliner Hamlet). Bei Ödipus in Kolonos 2003 am Wiener Burgtheater geriet dies zuletzt zum Problem, die Inszenierung erschien, als sie herauskam, unfertig und nicht ganz ausgearbeitet, und die Schauspieler wiederum waren mit den strichlosen Textmassen überfordert und wirkten erschöpft. Diese Inszenierung wurde nach Aufführungen im Mai und Juni sodann auf Eis gelegt, und im Dezember 2003 kam Grüber noch einmal zu Proben nach Wien. In der Folge fand diese aufgefrischte Version großen Beifall beim Publikum und wurde mehrere Monate lang gezeigt.

Auch Leseproben oder lange Konzeptionsgespräche mit Schauspielern und dem Leitungsteam verweigerte sich Grüber. Hinzu kam, dass Grüber seinen Schauspielern große Freiheiten einräumte, die von manchen wiederum als Alleingelassensein empfunden wurde. Zahlreiche seiner Darsteller – etwa Jeanne Moreau oder die Opernsänger Anja Silja und Peter Hofmann – waren von Grübers kargen Äußerungen überrascht und irritiert. Mit einem Regisseur, der beobachtet, um später eventuell zu kommentieren, waren sie bis dahin noch nicht konfrontiert gewesen. Grüber selbst gab an, kein dirigistischer Regisseur, sondern der erste Zuschauer sein zu wollen. Wichtig war Grüber auch der intime Kontakt zu den Schauspielern oder Sängern, er berührte sie, um sie zu führen, stand während der Probe direkt mit ihnen auf der Bühne und begleitete sie mit Gesten und Blicken.

Interviews mit Grüber liegen – mit einer Ausnahme, 1984 in Libération – nicht vor, entsprechende Anfragen blieben unbeantwortet. Er weigere sich grundsätzlich, wurde Grüber im selben Jahr in einem anderen Zusammenhang zitiert, über seine Arbeit zu sprechen. Allerdings gelang dem österreichischen Radiojournalisten Volkmar Parschalk doch ein Gespräch – vor der Premiere zu Z mrtveho domu –, indem er sich ganz einfach dem Regisseur im Zuschauerraum des Salzburger Großen Festspielhauses näherte und ihn in ein Gespräch verwickelte, das später bei der Live-Übertragung ausgestrahlt wurde (man bemerkte deutlich Grübers badischen Akzent).

Grüber lebte viele Jahre mit der beim Pariser Festival d'automne beschäftigten Marie Collin zusammen und besaß Wohnungen in Paris, Zürich und Belle-Ile-en-Mer.

Quellen

  1. http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/805901/

Literatur

  • Uwe B. Carstensen (1988): Klaus Michael Grüber. Frankfurt/Main: Fischer Taschenbuch Verlag. [Regie im Theater; hrsg. v. Claudia Balk] ISBN 3-596-27121-5
  • Friedemann Kreuder (2002): Formen des Erinnerns im Theater Klaus Michael Grübers. Berlin: Alexander Verlag. ISBN 3895810746
  • C. Bernd Sucher (1990): Theaterzauberer 2. Von Bondy bis Zadek. Zehn Regisseure des deutschen Gegenwartstheaters. München, Zürich: Piper.
  • Georges Banu und Mark Blezinger (1993): Klaus Michael Grüber … Il faut que le théâtre passe à travers les larmes. (Das Theater muss durch die Tränen gehen)- [Ed. du Regard – Académie Expérimentale]
  • Hans-Thies Lehmann: Postdramatisches Theater. Frankfurt/Main: Verlag der Autoren.

Weblinks


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