- Kleine Kehrwoche
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Die schwäbische oder korrekterweise württembergische Kehrwoche beruht auf einer Vielzahl von Erlassen, die seit Ende des 15. Jahrhunderts in Württemberg herausgekommen sind, um die Menschen zu Ordnung und Sauberkeit im häuslichen Umfeld anzuhalten.
So stand im Stuttgarter Stadtrecht von 1492:
- „Damit die Stadt rein erhalten wird, soll jeder seinen Mist alle Wochen hinausführen, (…) jeder seinen Winkel alle vierzehn Tage, doch nur bei Nacht, sauber ausräumen lassen und an der Straße nie einen anlegen. Wer kein eigenes Sprechhaus (WC) hat, muss den Unrath jede Nacht an den Bach tragen“.
In der Folge gab es diverse „Gassensäuberungs-Ordnungen“, die die Frequenz der erforderlichen Reinigung und die Art der Durchführung genauer regelten.
In der Zeit zwischen 1871 und 1918, als auch Elsass-Lothringen zum Deutschen Reich gehörte, versuchte man, die schwäbische Kehrwoche auch hier zu etablieren. Deshalb werden im Elsass heute noch deutsche oder vermeintlich deutsche Eigenarten scherzhaft oder abwertend als „Schwabenzeug“ bezeichnet. Auch das 1803 von Württemberg annektierte Oberschwaben konnte sich bis heute der Kehrwoche entziehen.
Gewöhnlich ist in Württemberg noch heute im Mietvertrag geregelt, welche Partei wann den Gehsteig zu fegen, den Winterdienst zu übernehmen und das Treppenhaus zu putzen hat. Noch heute gibt es in Miethäusern ein Schild mit der Fettdruckaufschrift Kehrwoche, das an der Wohnungstür des jeweils für die Kehrwoche zuständigen Mieters aufzuhängen ist. Hierdurch hat der Hausverwalter jederzeit den Überblick, wer für etwaige Mängel in der Reinigung verantwortlich ist.Unterschieden wird zudem zwischen einer kleinen Kehrwoche, welche das Putzen des Flurs und Treppenhauses zwischen Wohnungen auf einem Stockwerk regelt und der großen Kehrwoche, mit welcher das feinsäuberliche Reinigen des Trottoirs bezeichnet wird.
Außerhalb Württembergs ist die Reinigung von Gemeinschaftsflächen durchaus ähnlich organisiert, sofern nicht der zunehmende Einsatz bezahlter Hausmeister bzw. von Reinigungsdiensten die Wohnungsnutzer von Reinigungspflichten entbindet. So wird in anderen Gegenden das mieterseitige Reinigen des Hausflures als „kleine Hausordnung“, die Straßenreinigung als „große Hausordnung“ bezeichnet. Die Besonderheit der württembergischen Kehrwoche liegt – neben der Verwendung des Kehrwochen-Schildes – vor allem in einer ausgeprägten Erwartungshaltung der Nachbarschaft hinsichtlich Umfang und Intensität der Reinigungsarbeiten.
Die Kehrwoche führt als „typisch württembergische Erfindung“ immer wieder zu Scherzen auf Kosten der als „spießig“ verschrienen Schwaben. Oft wird die Kehrwoche als Musterexemplar für die sprichwörtliche württembergische Kleinbürgerlichkeit verwendet.Literatur
- Wolfgang Brenneisen, Peter Ruge: G'schimpft und g'lacht über d' Kehrwoch. Drw, 2003. ISBN 3871814903
- Christoph Sonntag, Gerhard Drexel: Schwäbische populäre Irrtümer. Ein Lexikon. Edition Q, 2006. ISBN 3861246031
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