Knickpleuelmotor

Knickpleuelmotor
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Als Mederer-Motoren werden Verbrennungsmotoren bezeichnet, die einen nach den Überlegungen von Gerhard Mederer veränderten Kurbeltrieb besitzen. Dieser veränderte Kurbeltrieb unterscheidet sich vom Standard-Kurbeltrieb durch ein, in der Regel zweiteiliges Pleuel (versehen mit Gelenk) und einen daran - in Form eines Stabes oder Dreiecks beweglich angebundenen Anlenkhebel (abgestützt am Motorengehäuse).

Solche Motoren wurden auch unter dem Namen Knickpleuelmotoren bekannt. Knickpleuel deshalb, weil die Arbeit des Standardpleuels, von dem zweigeteilten Pleuel übernommen wird, das während des Betriebs eine knickende Bewegung ausführt.

Gerhard Mederer ist, als ausgebildetem Statiker, der nachteilige Umstand von Otto- und Dieselmotoren mit herkömmlichen Kurbeltrieb aufgefallen, welche aufgrund ihrer Kinematik, während des Betriebs, beim Wechsel vom 2. in den 3. Takt (Zündung) - gerade bei Erreichen der maximalen Verdichtung (exakt am oberen Totpunkt) - kein nutzbares Drehmoment aufweisen!

Als weiteren Nachteil der herkömmlichen Kurbeltriebe hat Mederer die Tatsache empfunden, dass bei laufenden Verbrennungs-Motoren mit Standard- Kurbeltrieb, die übliche Frühzündung, vor dem oberen Totpunkt, also vor Beginn eines jeden Arbeitstaktes erfolgt. Die Folge dieser Frühzündung ist ein, bis zur Überwindung des oberen Totpunktes, der Drehrichtung entgegengesetzt wirkendes, also negatives Drehmoment. Weiterhin erfolgt in diesem, direkt zur Gewinnung von Kolbenarbeit noch nicht nutzbaren Kurbelwinkel- Bereich, vor dem oberem Totpunkt, bereits Energievernichtung durch die Kühlung. Diese, in allen Motoren der üblichen Bauweise vorhandenen, nachteiligen Effekte, wollte Mederer vermeiden. Er war der Ansicht, dass man nur mit konstruktiven Maßnahmen am Kurbeltrieb diesen Nachteilen abhelfen könne.

Er suchte deshalb nach einer Kinematik, die ohne Frühzündung, also erst nach dem Erreichen des oberen Totpunktes - wenn die Kolbenkraft ein nutzbares Drehmoment in Drehrichtung ergeben würde - noch eine wirkungsvolle Ausnutzung des Zündvorgangs und der Verbrennung ermöglichen sollte. Gleichzeitig sollte diese Anordnung von Pleuel - bzw. zusätzlichem Hilfspleuel - die, auf die Kurbelwelle wirkende Kraft und somit das mögliche Drehmoment, während der kurzen Arbeitsphase verstärken. Dies gelang ihm nachweislich nach vielen zeichnerischen Entwürfen und Versuchsmodellen. Er erhielt in den 1970er- Jahren das erste Patent auf seine Anordnung. Damit war mit dem Mederer-Motor ein besonderer "Knickpleuelmotor" entstanden.

Ausgangspunkt aller Versuche von Mederer waren immer theoretische Untersuchungen über das Verhalten der auftretenden Kräfte beim entsprechenden Kolbenhub. Dann baute er Modelle, in denen er die statischen Kräfte für alle Kurbelwinkel nachweisen konnte. Man kann sagen, bei allen Mederer-Motoren wurden herkömmliche Kurbeltriebe ersetzt durch Anordnungen, die ein verändertes, phasenweise größeres Drehmoment während des Arbeitstaktes zur Folge hatten.

Zum besseren Verständnis der Kräfteeinleitung soll folgende Überlegung beitragen. Eine, theoretisch als konstant angenommene Kolbenkraft soll während einer gesamten Kurbelwellenumdrehung von 360 °(Kurbelwinkel) wirken. Dabei gilt natürlich auch für die Kinematik des Mederer-Motors, der Formelausdruck für die Summe der Kolbenarbeit:

  • Summe von: (Kurbelwellendrehmoment x Kurbelwinkel-Inkrement)= 0 (ermittelt über 360°Kurbelwinkel).

Doch durch geschickte Ausnutzung der veränderten Kräfteverhältnisse während des Arbeitstaktes (nach dem oberen Totpunkt) kann die Wirkung der Gaskraft optimiert werden. Die längere Verweilzeit des Kolbens am unteren Totpunkt beim Mederer-Motor ermöglicht es zusätzlich, die Öffnung des Auslassventiles später erfolgen zu lassen, so dass die wirksame Arbeit des Kolbens über einen etwas längeren Hub ausgenutzt werden kann und trotzdem genügend Zeit für den Gaswechsel vorhanden ist. [1]

In gleicher Weise verweilt der Kolben beim Mederer-Motor auch länger am oberen Totpunkt, was eine Einspritzung und Verbrennung in der Nähe des oberen Totpunktes ermöglicht. Vorteile sind bei dieser Quasi-Gleichraumverbrennung die entstehenden, geringfügig höheren Verbrennungstemperaturen, der dadurch vollständigere Abbrand und die reduzierte Gegenkraft (kurz vor dem oberen Totpunkt). Durch Messungen am Kühlwasser konnten beim Mederer-Motor geringere thermische Abwärmeverluste nachgewiesen werden. Allerdings muss zur Vermeidung des -bei höheren Verbrennungstemperaturen entstehenden, höheren Anteils giftiger Stickoxide - die Einspritzung angepasst werden.

Als weiterer Vorteil kann die gute Eignung des Mederer-Motors für Brennstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen Rapsöl unverestert) gelten. Nachteilig ist die erhöhte Reibung durch die zwei zusätzlichen Gelenke. Die höhere Masse des Kurbeltriebs und die geänderten Beschleunigungskräfte führen zu einer höheren Belastung der Motorkomponenten, die durch höheren mechanischen Aufwand aufgefangen werden muss. Den somit reduziert möglichen Drehzahlen steht ein höheres Drehmoment zur Verfügung, das entsprechend dimensionierte Getriebe zur Drehmomentwandlung erforderlich macht. Besonderen Aufwand erforderte die Lagerung zwischen den beiden Pleueln des Mederer-Motors. So konnten die zusätzlich erforderlichen Bauteile (Hilfspleuel, Lager) und die Schmierung oft nur durch Änderungen in herkömmliche Motorblöcke integriert werden. Deshalb findet man in Mederer-Motoren immer Verwirklichungen, die Kompromisse zwischen praktischen Lösungen und den theoretisch gefundenen Anordnungen darstellen.

Mederer wurde so als bayerischer Erfinder bekannt und erhielt diverse Auszeichnungen. Dass der Mederer-Motor, einen höheren Wirkungsgrad und weniger Rußausstoß zeigte, ist durch TÜV-Messungen belegt.

Die Motorenindustrie verwarf seine Erfindung, obwohl eine Weiterentwicklung der vielen, noch nicht untersuchten möglichen Varianten des Mederer-Motors, noch großes Potential aufweisen würden. So könnte auf relativ einfache Weise noch eine Veränderung des Kompressionsverhältnisses für unterschiedliche Betriebszustände und Kraftstoffqualitäten vorgenommen werden. Aus heutiger Sicht würde mit Anwendung der modernen Elektronik, angepasst auf den Bereich der Einspritzung / Zündung des Mederer-Motors, in Verbindung mit aktueller Einspritztechnik, die Vorteile des späten Zündzeitpunktes - kombiniert mit optimiertem Einspritzverhalten - noch besser greifen.

Als Gegenargumente wurden angeführt: der technische Mehraufwand würde die Vorteile überschreiten. Mederer war, ohne den Hintergrund eines Entwicklungslabors, mit nur geringer wissenschaftlicher Unterstützung kaum in der Lage, alle Effekte seiner umgebauten Motoren mit den geforderten Untersuchungen zu belegen.

Der Behauptung, er führe die Wirkungen seiner Konstruktion auf esoterisch benennbare Betrachtungen zurück, stehen die anerkannten Messungen gegenüber. Aus den oben genannten Gründen (fehlende Unterstützung, Kompromisse) wurden die Motoren oft in ihrer Haltbarkeit überbeansprucht.

Er glaubte, es genüge bereits der Nachweis, dass Bau und Betrieb einer Kinematik mit verbessertem Wirkungsgrad in Kraftstoff- Motoren ausreichend sei, um die Aufnahme von Entwicklungsarbeiten für Mederer-Motoren, trotz größerem Aufwand, bei Motorenherstellern auszulösen.

Der Umbau von, zunächst Einzylinder- , dann PKW-Dieselmotoren, Traktor- Gas- und Generatormotoren mit einer Leistung bis zu etwa 200 kW zu Mederer-Motoren zeigte, dass der Einbau der - inzwischen in mehreren Patenten bestätigten - Technik möglich war. Doch ohne eine entsprechende Qualifizierung und Weiterentwicklung zur Serienreife, bestand von keinem Hersteller die Bereitschaft zur Übernahme.


Literatur

  • Versuche mit einem Seriendieselmotor nach Umrüstung auf ein Knickpleuel, in Motortechnische Zeitschrift, 49/1988
  • Der Trick mit dem Pleuel-Knick, in Focus, 1/1995
  • Ein Knickpleuel kann Wunder wirken, in FAZ, Ausgabe vom 1. September 1992
  • Neuartige Pleuelstange in Verbrennungsmotoren reduziert deutlich Konsum und Abgas, in VDI Nachrichten, Ausgabe 14. Juni 2002

Weblinks


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