Kohortenkastell Böckingen

Kohortenkastell Böckingen
Kastell Heilbronn-Böckingen
Alternativname Kastell Böckingen
ORL 56
Limesabschnitt Neckar-Odenwald-Limes
Neckarlinie
Datierung (Belegung) um 85/90
bis Mitte des 2. Jh.
Typ Kohortenkastell
Einheit A.a) unbekannte Kohorte
B.a) Cohors V Dalmatorum
B.b) Cohors I Helvetiorum
Größe 150 x 133 m = 2,0 ha
Bauweise A) Holzkastell
B.a) Holz-/Steinkastell
B.b) Steinkastell
Erhaltungszustand restaurierte Fundamente der Porta Principalis Sinistra
Ort Heilbronn-Böckingen
Geographische Lage 49° 8′ 45,5″ N, 9° 11′ 55,5″ O49.1459722222229.19875160Koordinaten: 49° 8′ 45,5″ N, 9° 11′ 55,5″ O
Höhe 160 m ü. NHN
Vorhergehend ORL 54/55 Kastell Wimpfen im Tal (nördlich)
Anschließend ORL 57 Kastelle von Walheim (südlich)

Das ehemalige römische Kastell Heilbronn-Böckingen (in der Literatur des Öfteren auch als Kastell Böckingen geführt) befindet sich im nördlichen Teil des gleichnamigen heutigen Heilbronner Stadtteils Böckingen in einem Bereich, in dem die Wohnbebauung in ein Industriegebiet übergeht, unmittelbar an der Straße nach Neckargartach.

Das Kohortenkastell gehört zur Neckarlinie des Neckar-Odenwald-Limes und war von etwa der Zeit um 85/90 unserer Zeitrechnung bis zur Mitte des 2. Jahrhunderts belegt.

Inhaltsverzeichnis

Forschungsgeschichte

Bereits 1615 war ein römischer Weihestein und im 17. und 18. Jahrhundert waren im Bereich des damaligen Dorfes Böckingen zahlreiche römische Inschriftensteine gefunden worden, die die 8. Legion und die 1. Kohorte der Helvetier erwähnten. Die Lage des Kastells konnte jedoch erst 1886 von K. Miller genau lokalisiert werden. Erste archäologische Ausgrabungen der Reichs-Limes-Kommission fanden 1895 und 1897 statt. Weitere wissenschaftliche Untersuchungen wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, oft als durch Baumaßnahmen bedingte Notgrabungen durchgeführt.

Kastell

Bei dem Kohortenkastell von Böckingen handelt es sich um ein in seiner letzten Ausbauphase etwa 2 Hektar großes, rechteckiges Auxiliarlager mit den Abmessungen 150 x 133 m. Die steinerne Umwehrung war an den Ecken abgerundet und von einem doppelten Spitzgrabensystem umgeben. Die Mauerecken besaßen keine Wehrtürme, jedoch waren alle vier Tore des mit der Porta Praetoria (Haupttor) zum Neckar hin ausgerichteten Kastells mit Doppeltürmen versehen. Die Fundamente der Porta Principalis Sinistra (linkes Seitentor) wurden konserviert und können in einer kleinen Grünanlage, die als archäologischer Miniaturpark gestaltet wurde, besichtigt werden [1]. Darüber hinaus ist von dem ehemaligen Kastell im heute völlig überbauten Gelände nichts mehr zu sehen.

Von den Innenbauten wurden im Wesentlichen nur Teile der Principia (Stabsgebäude) und eines Horreums (Getreidespeicher) festgestellt. Die anderen Bauten des Kastellinneren dürften aus Holz- oder Fachwerkbauten bestanden haben.

Ein in Holz-Erde-Technik errichteter Vorgängerbau wurde erst bei den Untersuchungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nachgewiesen. Seine Grundrisse decken sich im Wesentlichen mit denen des Steinkastells, ein nennenswerter Unterschied besteht in der Existenz eines Wehrturms an der Nordostecke des Kastells. Ferner konnten bei diesen Ausgrabungen auch zwei Steinbauphasen differenziert werden, eine erste Steinmauer in Holz-/Steintechnik scheint um das Jahr 120 herum durch eine reine Steinmauer ersetzt worden zu sein.

Das Kastell Böckingen wurde zunächst von der Cohors V Dalmatarum („5. dalmatische Kohorte“) belegt, einer Infanterie-Einheit von knapp 500 Mann Stärke. Sie wurde von der Cohors I Helvetiorum („1. helvetische Kohorte“) abgelöst, einer gleich großen Infanterietruppe. Daneben ist für Böckingen auch die Anwesenheit eines Numerus Brittonum Murensium („Einheit der Brittonen von der Murr“) bezeugt, der auch im Kastell Benningen nachgewiesen wurde.

Mit der Vorverlegung des Limes um die Mitte des 2. Jahrhunderts hatte das Kastell Böckingen keine Funktion mehr und wurde aufgelassen. Die Cohors I Helvetiorum wurde ins Kastell Öhringen verlegt. Über die sekundäre Verwendung des Lagers ist nichts bekannt.

Balineum und Vicus

Etwa 80 m südlich der südwestlichen Kastellecke, unmittelbar an der heutigen Karl-Marx-Straße, befand sich das Kastellbad (Balineum). Es handelte sich um einen limestypischen einachsigen Thermenbau.

Nördlich und südlich des Lagers, in Verlängerung der Via Principalis an den Straßen, die das Lager Böckingen mit den Kastellen Wimpfen im Tal im Norden und Walheim im Süden verbanden, wurde ein ausgedehnter Vicus nachgewiesen.

Von Kastellbad und Vicus ist im heutigen Stadtbild nichts mehr zu sehen.

Illustrationen

Denkmalschutz

Das Kastell Heilbronn-Böckingen ist ein Bodendenkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes des Landes Baden-Württemberg (DSchG). Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden.

Siehe auch

Literatur

  • Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. 4. Auflage. Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-7861-2347-0
  • Willi Beck und Dieter Planck: Der Limes in Südwestdeutschland. 2. Auflage. Theiss, Stuttgart 1980, ISBN 3-8062-0242-7
  • Böckingen am See. Ein Heilbronner Stadtteil – gestern und heute. Stadtarchiv Heilbronn, Heilbronn 1998 (Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Heilbronn, 37), ISBN 3-928990-65-9
  • Philipp Filtzinger, Dieter Planck und Bernhard Cämmerer (Hrsg.): Die Römer in Baden-Württemberg. 3. Auflage. Theiss, Stuttgart 1986, ISBN 3-8062-0287-7
  • Robert Koch: Heilbronn-Böckingen. In: Die Römer in Baden-Württemberg. S. 120f. Theiss, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1555-3

Grabungsbericht der Reichs-Limes-Kommission:

Anmerkungen

  1. Das sichtbare, restaurierte Nordtor befindet sich bei 49° 8′ 47,8″ N, 9° 11′ 57,55″ O49.1466111111119.19931944444457.

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