Kometenkoma

Kometenkoma
Der Plasmaschweif des Kometen Hyakutake (C/1996 B2) von 1996 war mindestens 500 Mio. km lang
Hale-Bopp, aufgenommen von Geoff Chester am 11. März 1997

Ein Komet (von griechisch kométes Haarstern, abgeleitet von kómē Haupthaar) oder Schweifstern ist ein kleiner Himmelskörper, der zumindest in den sonnennahen Teilen seiner Bahn eine durch Ausgasen erzeugte Koma aufweist.

In Sonnennähe ist der meist nur wenige Kilometer große Kometenkern von einer diffusen, nebeligen, Koma genannten Hülle umgeben, die eine Ausdehnung von bis zu 2,7 Millionen km erreichen kann. Kern und Koma zusammen nennt man auch den Kopf des Kometen. Das auffälligste Kennzeichen der von der Erde aus sichtbaren Kometen ist jedoch der Schweif, der bei großen und sonnennahen Objekten eine Länge von mehreren 100 Millionen Kilometern erreichen kann. Meistens sind es aber maximal nur einige 10 Millionen Kilometer.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der Kometenforschung

Mittelalterlicher Text über die Auswirkungen eines Kometen

Im Altertum und dem Mittelalter wurden Kometen häufig als Schicksalsboten oder Zeichen der Götter angesehen. Aristoteles und Ptolemäus hielten die Kometen für Ausdünstungen der Erdatmosphäre. Regiomontanus erkannte in ihnen erstmals selbständige Himmelskörper. Den Beginn der wissenschaftlichen Sichtweise bei der Kometenforschung kann man mit der Erkenntnis Tycho Brahes ansetzen, dass Kometen keine Erscheinungen der irdischen Atmosphäre sind. Er stellte anhand des Kometen von 1577 fest, dass Kometen mindestens 230 Erdradien entfernt sein müssen. Es dauerte jedoch noch einige Zeit, bis sich diese Annahme durchsetzen konnte. Selbst Galilei widersprach dieser Erkenntnis. Edmond Halley war es 1682 möglich, den in diesem Jahre auftauchenden Kometen als periodisch wiederkehrenden Himmelskörper nachzuweisen. Der auch 1607, 1531 und 1456 nachzuweisende Komet bewegt sich auf einer langgestreckten Ellipse in 76 Jahre um die Sonne. Heutzutage werden im Mittel 20–30 Kometen pro Jahr entdeckt.

Übersicht

Charakterisierung

Kometen werden aufgrund ihres Erscheinungsintervalls in aperiodische Kometen und periodische Kometen unterschieden. Zweitere werden nach ihren Umlaufzeiten in langperiodische und kurzperiodische Kometen eingeteilt.

Aperiodische Kometen
Kometen, die – aufgrund ihrer paraboloiden oder hyperboloiden Bahn – sicher nicht wiederkehren, oder Einzelbeobachtungen, über die wegen mangelnd genauer Bahnbestimmung – noch – keine Aussage getroffen werden kann.
Periodische Kometen
Kometen, deren Wiederkehr anhand ihrer Bahnelemente gesichert ist, die also auf einer – zumindest für einen gewissen Zeitraum – stabilen Umlaufbahn die Sonne umkreisen.
  • Langperiodische Kometen mit einer Umlaufzeit von mehr als 200 Jahren kommen vermutlich aus der Oortschen Wolke, ihre Bahnneigungen sind statistisch verteilt und sie umlaufen die Sonne sowohl im gleichen Umlaufsinn wie die Planeten (prograd) als auch in Gegenrichtung zu den Planetenbahnen (retrograd). Die Exzentrizitäten ihrer Bahnen liegen nahe bei 1 – die Kometen sind in der Regel aber noch durch die Schwerkraft an die Sonne gebunden, obwohl sie für ihren Umlauf bis zu 100 Millionen Jahre benötigen. Exzentrizitäten größer als 1 (Hyperbelbahnen) sind selten und werden vor allem durch Bahnstörungen bei der Passage an den großen Planeten hervorgerufen. Diese Kometen kehren dann theoretisch nicht mehr in Sonnennähe zurück, sondern verlassen das Sonnensystem. Jedoch reichen im Außenbereich des Planetensystems schon geringe Kräfte, um die Bahn wieder elliptisch zu machen.
  • Kurzperiodische Kometen mit Umlaufzeiten kleiner als 200 Jahre stammen vermutlich aus dem Kuipergürtel. Sie bewegen sich meist im üblichen Umlaufsinn und ihre Inklination liegt im Mittel bei etwa 20°, sie liegen also in der Nähe der Ekliptik. Bei mehr als der Hälfte der kurzperiodischen Kometen liegt der größte Sonnenabstand (Aphel) in der Nähe der Jupiterbahn bei 5 und 6 Astronomischen Einheiten (Jupiter-Familie). Es handelt sich dabei um ursprünglich längerperiodische Kometen, deren Bahnen durch den gravitativen Einfluss Jupiters verändert wurden.

Benennung

Hauptartikel: Benennung von Asteroiden und Kometen

Neu entdeckte Kometen erhalten von der Internationalen Astronomischen Union zuerst einen Namen, der sich aus dem Entdeckungsjahr und einem großen Buchstaben zusammensetzt, der beginnend mit A am 1. Januar und B am 16. Januar im Halbmonatsrhythmus nach dem Zeitpunkt der Entdeckung festgelegt ist. Zusätzlich kommt noch eine Ziffer, damit man mehrere Kometen im halben Monat unterscheiden kann. Sobald die Bahnelemente des Kometen genauer bestimmt sind, wird dem Namen nach der folgenden Systematik ein weiterer Buchstabe vorangestellt:

P die Umlaufzeit ist kleiner als 200 Jahre bzw. mindestens zwei bestätigte Beobachtungen des Periheldurchgangs (Periodischer Komet)
C die Umlaufzeit ist größer als 200 Jahre
X die Bahn ist nicht bestimmbar
D Periodischer Komet, der verloren ging oder nicht mehr existiert
A man stellt nachträglich fest, dass es sich nicht um einen Kometen, sondern um einen Asteroiden handelt

Einem periodischen Kometen wird zudem eine fortlaufende Nummer vorangestellt, sobald eine bestätigte Beobachtung eines zweiten Periheldurchgangs vorliegt – derzeit (Stand: 18. November 2005) sind 173 Kometen mit mindestens zwei bestätigten Periheldurchgängen bekannt, darunter sieben nicht mehr existierende (u. a. 3D Biela).

Der Komet Hyakutake zum Beispiel wird auch unter der Bezeichnung C/1996 B2 geführt. Hyakutake war also der zweite Komet, der in der zweiten Hälfte des Januars 1996 entdeckt wurde. Seine Umlaufzeit ist größer als 200 Jahre.

Üblicherweise wird ein Komet zusätzlich nach seinen Entdeckern benannt, so wird zum Beispiel D/1993 F2 auch unter der Bezeichnung Shoemaker-Levy 9 geführt – es handelt sich hierbei um den neunten Kometen, den Eugene und Carolyn Shoemaker zusammen mit David H. Levy entdeckt haben.

Kometenbahnen

Komet.ogg
Animation einer Kometenbahn

Da bei neu entdeckten Kometen nur kurze Bahnbögen beobachtet wurden, werden zuerst parabolische Bahnen berechnet. Da eine Parabel jedoch nur ein mathematischer Grenzfall ist und in der Natur nicht als solche vorkommen kann (jede noch so winzige Störung macht daraus eine Ellipse oder eine Hyperbel), laufen Kometen deren Bahnexzentrizität mit e = 1,0 (= Parabel) angegeben wird, in Wahrheit entweder auf Ellipsen (e < 1,0) oder auf Hyperbeln (e > 1.0). Bei längerer Beobachtung und der Gewinnung von zusätzlichen astrometrischen Positionen kann dann entschieden werden, ob es sich um Ellipsen oder Hyperbeln handelt.

Von zirka 660 untersuchten Kometen zeigt sich folgende Verteilung: 43 % Parabeln, 25 % langperiodische Ellipsen (Umlaufszeit über 200 Jahre), 17 % kurzperiodische Ellipsen (Umlaufszeit bis zu 200 Jahre) und 15 % Hyperbeln. Der hohe Anteil an Parabeln ist jedoch auf den zu kurzen Beobachtungszeitraum vieler Kometenerscheinungen zurückzuführen, bei denen langgestreckte Ellipsen nicht von einer Parabel unterschieden werden können. Bei einer längeren Sichtbarkeit von 240–500 Tage beschreiben nur mehr 3 % der Kometen scheinbar eine Parabelbahn. Somit dürften die Ellipsen vorherrschend sein.

Aufbau

Kern

Der 5 km große Kern von Wild 2 (Stardust, NASA)

In großer Entfernung von der Sonne bestehen Kometen nur aus dem Kern, der im Wesentlichen aus zu Glas erstarrtem Wasser, Trockeneis, CO-Eis, Methan und Ammoniak mit Beimengungen aus meteoritenähnlichen kleinen Staub- und Mineralienteilchen (zum Beispiel Silikate, Nickeleisen) besteht, man bezeichnet Kometen deshalb häufig als schmutzige Schneebälle oder dirty snowballs. Die Beobachtungen der Deep Impact Mission haben gezeigt, dass (zumindest in den Außenbereichen des Kerns des untersuchten Kometen Tempel 1) die festen Bestandteile gegenüber den flüchtigen Elementen überwiegen, so dass die Bezeichnung snowy dirtball (eisiger Schmutzball) zutreffender erscheint. Aus Beobachtungen der Raumsonde Giotto am Kometen Halley weiß man, dass Kometen von einer schwarzen Kruste umgeben sind, die nur zirka 4 % des Lichts reflektiert (Albedo) – obwohl Kometen als spektakuläre Leuchterscheinungen beobachtet werden, sind ihre Kerne somit ironischerweise die schwärzesten Objekte des Sonnensystems, wesentlich dunkler als zum Beispiel Asphalt, der ca. 7 % des Lichts reflektiert.

Da nur kleine Regionen des Kerns ausgasen, wie im Abschnitt Koma näher erläutert wird, geht man nach neueren Vorstellungen davon aus, dass die Oberfläche von einer Art Gesteinsschutt gebildet wird, der aus Gesteinsbrocken besteht, die zu schwer sind, um die gravitative Anziehung des Kerns zu überwinden. Giotto entdeckte auch winzige Partikel, die reich an den Elementen Kohlenstoff (C), Wasserstoff (H), Sauerstoff (O) und Stickstoff (N) sind und deswegen auch CHON-Partikel genannt werden. Diese könnten aus einer dünnen Rußschicht stammen, die die Oberfläche des Kerns überzieht und damit die niedrige Albedo erklären würde. Nähere Informationen soll die aktuelle Rosettamission liefern.

Einen besonderen Anteil an der Erklärung des Aufbaus der Kometen hatte Fred Whipple, der 1950 erstmals Kometenkerne als Konglomerat aus Eis und festen Bestandteilen beschrieb.

Koma

Zusammensetzung der Kometenkoma von Hale-Bopp (1997), normiert auf H2O
Molekül Häufigkeit
H2O 100
CO 20
CO2 6–20
H2CO 1
CH3OH 2
NH3 0,7–1,8
CH4 0,6
C2H2 0,1
C2H6 0,3
HCOOH 0,06
CH2CO <0,03
CH3CHO 0,02
CH3CH2OH <0,05
CH3OCH3 <0,45
HCOOCH3 0,06
HNCO 0,06–0,1
NH2CHO 0,01
HCN 0,25
HNC 0,04
CH3CN 0,02
HC3N 0,02
H2S 1,5
OCS 0,5
H2CS 0,02
SO 0,2–0,8
SO2 0,1

Sobald ein Komet bei der Annäherung an die Sonne in einem Abstand von etwa 5 AE die Jupiterbahn kreuzt, bildet die Wechselwirkung zwischen Sonnenwind und Komet eine schalenförmige Koma, die in Kernnähe auch strahlenartige Strukturen zeigt. Sie entsteht durch Sublimation leicht flüchtiger Substanzen auf der sonnenzugewandten Seite, die ins Eis eingebettete Staubteilchen mitreißen. Nach den Beobachtungen der Sonde Giotto findet diese Sublimation nur an etwa 10 bis 15 % der Kometenoberfläche statt, die flüchtigen Substanzen entweichen offenbar nur an brüchigen Stellen der schwarzen Kruste. Die an diesen Stellen entweichenden Muttermoleküle bilden die innere Koma. Durch weitere Aufheizung, Ionisation und Dissoziation vergrößert sich die Koma weiter und bildet die schließlich sichtbare Koma aus Ionen und Radikalen. Diese wird noch von einem im Ultravioletten strahlenden atomaren Wasserstoffhalo umgeben, der auch UV-Koma genannt wird und beim Kometen Hale-Bopp 1997 einen Durchmesser von 150 Millionen Kilometern erreichte. Da die atmosphärische Ozonschicht für die UV-Strahlung undurchlässig ist, kann die UV-Koma nur mit Satelliten untersucht werden.

Schweif

Die Bestandteile der Koma werden durch Strahlungsdruck und Sonnenwind „weggeblasen“, so dass sich etwa innerhalb der Marsbahn ein Schweif ausbildet, oder exakter zwei Schweife:

  • Ein schmaler, lang gestreckter Schweif (Typ-I Schweif), der im Wesentlichen aus Molekülionen besteht und auch Plasmaschweif genannt wird. Für diese Teilchen reicht der Strahlungsdruck als Erklärung nicht aus, sodass Ludwig Biermann 1951 eine von der Sonne ausgehende Partikelstrahlung, die heute Sonnenwind genannt wird, als Erklärung hierfür postulierte. Heute geht man davon aus, dass die kometaren Ionen durch eine Wechselwirkung mit dem solaren Magnetfeld angetrieben werden, das von den geladenen Teilchen des Sonnenwinds mitgeführt wird.
  • Ein diffuser, gekrümmter Schweif (Typ-II Schweif), der auch Staubschweif genannt wird. Die kleinen Staubteilchen, die diesen Schweif bilden, werden durch den Strahlungsdruck der Sonne beeinflusst, dessen Wirkung durch eine Aufspaltung in zwei Komponenten erklärt werden kann:
    • Eine radiale Komponente, die der Gravitationskraft entgegengerichtet ist und wie diese quadratisch mit der Entfernung zur Sonne abnimmt. Dies wirkt wie eine effektive Abnahme der solaren Gravitationskraft, die Staubteilchen bewegen sich deshalb auf „Pseudo-Keplerbahnen“, die sich für Staubteilchen verschiedener Größe unterscheiden, da der Strahlungsdruck von der Teilchengröße abhängig ist. Dies führt zu einer relativ starken Auffächerung des Staubschweifs im Vergleich zum Plasmaschweif.
    • Die andere wirksame Komponente des Strahlungsdruckes ist der Bewegungsrichtung der Staubteilchen entgegengerichtet und führt zu einer Abbremsung der Teilchen, die größer als die Wellenlänge des Lichtes sind, das heißt, größer als etwa 0,5 µm. Diese Teilchen bewegen sich langfristig genauso wie der sonstige interplanetare Staub auf Spiralbahnen Richtung Sonne (Poynting-Robertson-Effekt).
  • Sehr selten, bei besonderen Bahnkonstellationen, ist ein Gegenschweif (Typ-III Schweif) sichtbar. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um einen eigenständigen Schweif, sondern nur um einen geometrischen Projektionseffekt: Wenn sich die Erde zwischen Sonne und Komet hindurchbewegt, ragt ein Teil des Staubschweifs, bedingt durch seine Krümmung, scheinbar über den Kometenkopf hinaus.

Der Materialverlust eines Kometen wurde bei „neuen“ Kometen, die das erste Mal in Sonnennähe kommen, auf etwa 10 bis 50 Tonnen pro Sekunde geschätzt, nach mehrfacher Sonnenannäherung sinkt der Masseverlust auf weniger als 0,1 t/s. Diese geringen Materiemengen von maximal 0,03 bis 0,2 Prozent der Kometenmasse pro Sonnendurchgang bedeuten, dass die Schweife nur eine sehr geringe Dichte aufweisen. Die enorme Helligkeit der Schweife erklärt sich im Falle des Staubschweifs durch die große Oberfläche der mikroskopisch kleinen Staubteilchen, im Plasmaschweif trägt sogar jedes Atom bzw. Molekül zur Leuchtkraft bei. Dies führt im Vergleich zur Größe des Kometenkerns zu einer Erhöhung der Leuchtkraft um viele Größenordnungen.

Entstehung

Der hohe Anteil an leicht flüchtigen Substanzen wie zum Beispiel Wasser und Kohlenmonoxid bedeutet, dass die Kometenkerne im äußeren Bereich des Sonnensystems entstanden sein müssen. Die Planetesimale aus dem Bereich der äußeren Planeten, die nicht durch die Gasriesen aufgesammelt wurden, wurden dabei zu einem großen Teil so stark gestreut, dass sie das Sonnensystem verließen. Nur etwa 10 Prozent dieser gestreuten Körper bilden die Oortsche Wolke. Die Objekte jenseits der Neptunbahn unterlagen diesem Streuprozess nicht und bilden den Kuipergürtel.

Die Kometen verlieren mit jedem Umlauf um die Sonne einen kleinen Teil ihrer Masse. Bei diesen Masseverlusten handelt es sich vor allem um die flüchtigen Bestandteile der äußeren Schicht, sodass sie nach einigen hundert Sonnenumläufen kaum noch als Kometen zu erkennen sind. Diese Zeitspanne ist deutlich kürzer als das Alter des Sonnensystems. Die langperiodischen Kometen werden zudem bei ihrer Durchquerung des inneren Bereichs des Sonnensystems von den großen Planeten, vor allem durch Jupiter, so stark gestreut, dass sie nur für wenige Durchgänge als ehemalige Mitglieder der Oortschen Wolke identifiziert werden können. Es ist also ein Mechanismus notwendig, der die heute noch sichtbaren Kometen aus ihren sonnenfernen Bahnen in Sonnennähe bringt. Für die kurzperiodischen Kometen aus dem Kuipergürtel vermutet man hierfür Kollisionen originärer Kuipergürtelobjekte, wodurch Bruchstücke ins Innere des Sonnensystems gelangen. Der Streuprozess langperiodischer Kometen ist noch nicht bekannt, es wird allerdings häufig der Einfluss vorbeiziehender Sterne oder noch nicht entdeckte Planeten (Planet X) beziehungsweise ein noch unbekannter Begleitstern der Sonne (Nemesis) als Ursache genannt.

Verschiedenes

Abgrenzung zu anderen Himmelskörpern

Die Unterscheidung zwischen Asteroiden und Kometen ist nicht immer ganz eindeutig. Man vermutet, dass einige der als Asteroiden klassifizierten Objekte mit stark elliptischen Bahnen, zum Beispiel die Centauren, „ausgebrannte“ Kometenkerne sind, die von einer dicken Schicht nichtflüchtiger Substanzen bedeckt sind. Andererseits wird das ursprünglich als Asteroid 2060 Chiron eingestufte Objekt seit der Entdeckung einer Koma als Komet klassifiziert und gemäß der Kometennomenklatur 95P/Chiron genannt.

Heute wird der Begriff Komet sowohl im populärwissenschaftlichen als auch im wissenschaftlichen Sprachgebrauch entgegen seiner ursprünglichen Definition oft für alle vermutlich eisigen Kleinplaneten verwendet. Beispiele hierfür sind die Objekte des Kuipergürtels und der Oortschen Wolke, die zwar leichtflüchtige Substanzen enthalten, aber aufgrund ihrer Entfernung von der Sonne niemals stark genug erwärmt werden, um eine Koma zu bilden. Von solchen Objekten wird aber angenommen, dass ihr Aufbau eher den Kometenkernen gleicht als den Asteroiden aus dem Asteroidengürtel, aber erst bei Periheldistanzen innerhalb der Jupiterbahn ist die Sonnenstrahlung stark genug, dass durch einen Sublimationsprozess eine Koma gebildet werden kann.

Meteorströme und Meteoriten

Die Teilchen des Staubschweifs verteilen sich entlang der Kometenbahn um die Sonne. Wie Giovanni Schiaparelli gezeigt hat, treten Meteorströme auf, wenn die Erde diese Bahn kreuzt. Die bekanntesten Meteorströme sind die Leoniden und die Perseiden. Diese Ströme sind als Sternschnuppen leicht beobachtbar. Meist verglüht das Kometenmaterial beim Durchflug durch die Erdatmosphäre, und so wurden bisher noch keine Meteoriten entdeckt, die zweifelsfrei von Kometen stammen. Für einige sehr seltene Meteoritentypen, wie zum Beispiel die CI-Chondriten, wurde zwar eine Verbindung zu Kometen vorgeschlagen, ein Beweis konnte allerdings bisher noch nicht erbracht werden. Auch Mikrometeoriten stammen überwiegend aus dem Asteroidengürtel, obwohl auch hier eine kometare Komponente diskutiert wird.

Die direkte Untersuchung von Kometenmaterial ist jedoch für das Verständnis der Entstehung unseres Sonnensystem von großer Bedeutung, so dass komplexe Raumfahrtmissionen mit Raumsonden wie Deep Impact oder Rosetta durchgeführt werden, die das Kometenmaterial vor Ort untersuchen. Durch die Stardust-Mission ist es erstmal gelungen, Proben in Form von kleinsten Teilchen aus der Koma eines Kometen zur Erde zurück zu bringen und für Untersuchungen in irdischen Labors zur Verfügung zu stellen.

Besonders erwähnenswerte Kometen

Einschlag des Impaktors der Deep-Impact-Sonde auf dem Kometen Tempel 1
  • Der Halleysche Komet war der erste Komet, der (1705 von Edmond Halley) als periodisch erkannt wurde und dessen Kern von Raumsonden fotografiert werden konnte (1986).
  • Der Enckesche Komet hat mit 3,31 Jahren die kürzeste Umlaufzeit aller bekannten Kometen, kann aber nicht mehr mit bloßem Auge beobachtet werden.
  • Der Komet Ikeya-Seki gilt als einer der hellsten Kometen des letzten Jahrtausends. Er erreichte im Oktober 1965 die rund 60-fache Helligkeit des Vollmondes und war tagsüber deutlich neben der Sonne sichtbar.
  • Der Komet Shoemaker-Levy 9 zerbrach im Gravitationsbereich Jupiters. Seine Bruchstücke schlugen zwischen dem 16. und 22. Juli 1994 auf dem Planeten auf.
  • Der Komet Hale-Bopp war von 1996 bis 1997 mehr als 18 Monate mit bloßem Auge sichtbar und hält damit den Rekord unter allen bekannten Kometen.
  • Der Komet Wild 2 ist der erste Komet, aus dessen Koma von einer Sonde Teilchen eingesammelt wurden. Die Proben wurden im Jahre 2006 zur Erde zurückgebracht.
  • Der Komet Tempel 1 wurde das Ziel der Deep Impact Mission der NASA, bei der am 4. Juli 2005 ein 372 kg schweres, hauptsächlich aus Kupfer bestehendes Projektil mit einer relativen Geschwindigkeit von 10 km/s auf dem Kometen einschlug. Mit der Sonde selbst und mit zahlreichen erdgestützten Teleskopen, aber auch mit dem Weltraumteleskop Hubble und der ESA-Raumsonde Rosetta wurde die entstandene Partikelstaubwolke beobachtet.
  • Auf dem Kometen Tschurjumow-Gerasimenko soll 2014 während der Rosetta-Mission erstmals eine Sonde landen.
  • Der Komet 17P/Holmes steigerte Ende Oktober 2007 seine scheinbare Helligkeit von 17 auf 2,5mag innerhalb von etwa 36 Stunden.[1] Der Komet, der plötzlich 500.000-mal heller als gewöhnlich erschien, war als auffälliges Objekt mit bloßem Auge am Himmel sichtbar.[2]

Für weitere bemerkenswerte Kometen, siehe Liste der Kometen und Großer Komet.

Sungrazer (Sonnenstreifer)

Sonnenstreifer sind eine Gruppe von Kometen, die der Sonne extrem nahe kommen beziehungsweise sich durch die Sonnenkorona bewegen. Durch die Sonnensonde SOHO konnten über 1000 derartige Kometen fotografiert werden. Schätzungen ihrer Gesamtzahl belaufen sich auf über 200.000 Objekte. Durch die starken Gezeitenkräfte der Sonne werden die Sungrazer oft auseinander gerissen. Die meisten Sonnenstreifer sind daher kleine Bruchstücke mit einem Durchmesser von 10 m und weniger. Der auffällige Komet Ikeya-Seki war jedoch sogar bei Tageslicht zu sehen, so dass sein Durchmesser auf mehrere Kilometer geschätzt wurde. Der Großteil der Sungrazer gehören der Kreutz-Gruppe an.

Kometen und der Stern von Betlehem

Als Folge einiger eindrucksvoller Kometenerscheinungen wurde im 16. und 17. Jahrhundert ein Komet als Erklärung für den in der Bibel erwähnten Stern von Betlehem vorgeschlagen. Von den heute bekannten Kometen war keiner zur fraglichen Zeit (7 – 4 v. Chr.) am Himmel sichtbar, obwohl Chinesische Astronomen von einem Kometen im Jahr 5 v. Chr. berichten. Dies war aber ein eher unspektakuläres kleines Objekt und deshalb wahrscheinlich nicht mit dem Stern von Betlehem identisch. In früheren Zeiten galt ein Komet zudem meist als Unheilsbote und wäre kaum als Ankündigung für die Geburt des Messias gedeutet worden.

Offene Fragen

In den letzten 20 Jahren sind in der Erforschung der Kometen sowie des Kuipergürtels große Fortschritte erzielt worden, es gibt jedoch noch immer viele offene Fragen:

  • Durch Spektralanalysen ist die Zusammensetzung der Koma mittlerweile sehr gut verstanden, über die molekulare Zusammensetzung des Kerns und der vom Kern entweichenden Muttermoleküle ist jedoch noch sehr wenig bekannt. Möglicherweise kommen in Kometen organische Moleküle vor, die ähnlich oder sogar noch komplexer als diejenigen sind, die in Meteoriten gefunden wurden. In simulierten Kometen wurden in Vorbereitung auf die Rosetta-Mission bereits 16 verschiedene Aminosäuren identifiziert.[3] Viele Exobiologen setzen deswegen große Hoffnungen auf die weitere Erforschung der Kometen. Einige Theorien zur Entstehung des Lebens gehen davon aus, dass organische Moleküle aus Meteoriten oder Kometen die Entstehung des Lebens auf der Erde begünstigt oder gar erst ermöglicht haben. Die Anhänger der Panspermie vermuten sogar noch komplexere biologische Moleküle oder möglicherweise sogar einfache Lebensformen unter den CHON-Partikeln.
  • Nach den derzeitigen Theorien sind die Kometen aus der Oortschen Wolke in geringerer Entfernung zur Sonne entstanden als diejenigen aus dem Kuipergürtel. Um dies zu bestätigen, sollten Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung nachgewiesen werden.
  • Der Mechanismus, durch den die Objekte der Oortschen Wolke ins Innere des Sonnensystems gestreut werden, ist noch nicht bekannt.
  • Es gibt Anzeichen für eine leichte Häufung von langperiodischen Kometen in Richtung des Sonnenapex. Sollte sich dies bei genaueren Untersuchungen bestätigen, hätte dies nicht nur Auswirkungen auf unser Verständnis der Oortschen Wolke, sondern auch des interstellaren Mediums in der Umgebung des Sonnensystems.
  • Mindestens eines, vermutlich aber mehrere erdgeschichtliche Ereignisse wurde durch den Impakt großer außerirdischer Körper verursacht, für die neben Asteroiden auch Kometen in Betracht kommen. So etwa der erdgeschichtliche Übergang von der Kreide zum Tertiär als Folge des KT-Impakts.
  • Die Erde hat, verglichen mit anderen Körpern des inneren Sonnensystems, einen deutlich größeren Wasseranteil, wofür von einigen Wissenschaftlern große Kometeneinschläge verantwortlich gemacht werden (siehe Herkunft des irdischen Wassers). Allerdings stimmen bisherige Messungen der Wasserstoffisotopenverhältnisse in einigen Kometen nicht gut mit dem Wasserstoffisotopenverhältnis von irdischem ozeanischem Wasser überein, was aber auch daran liegen könnte, dass die gemessenen Kometen nicht repräsentativ waren.

Magisierung

Seit Jahrtausenden hat die Menschheit das plötzliche Auftauchen von Kometen als böse Omina kommenden Unglücks, von Kriegen und Katastrophen interpretiert. Selbst das wissenschaftlich bereits aufgeschlossenere 17. Jahrhundert war noch immer tief in diese Magisierung verstrickt, und selbst Astronomen vom Range Johannes Keplers interpretierten Kometen als ominöse Vorzeichen. Erst mit Edmund Halleys Entdeckungen von 1682 legte sich die Furcht vor Kometen. Ein Wiederkehr magischer Zuschreibungen ist jedoch auch heute noch vorhanden, wie die Massenselbsttötung der Sekte Heaven’s Gate beim Erscheinen des Kometen Hale-Bopp im Jahr 1997 zeigt.

Siehe auch

Literatur

  • Andreas Kammerer, Matthias Achternbosch, Mike Kretlow (Hrsg.): Kometen beobachten, Praktische Anleitung für Amateurbeobachter. Sterne und Weltraum Verlag, München 1998, 1999. ISBN 3-87973-924-2
  • John C. Brandt, Robert D. Chapman: Introduction to Comets. University Press, Cambridge ²2004. ISBN 0-521-00466-7
  • Gary W. Kronk: Cometography: A Catalog of Comets. Cambridge University Press, 2000-2008.
    • Bd. 1 Ancient – 1799
    • Bd. 2 1800 – 1899
    • Bd. 3 1900 – 1932
    • Bd. 4 1933 – 1959
  • S. V. M. Clube, W. M. Napier, M. E. Bailey: The Origin of Comets. Pergamon Press, Oxford 1990. ISBN 0-08-034858-0
  • Gerhard Dünnhaupt: Neue Kometen – Böse Propheten. Kometenflugschriften in der Publizistik der Barockzeit. in: Philobiblon. Hauswedell, Stuttgart 18.1974. ISSN 0031-7969
  • S. B. Charnley, S.D. Rodgers, Y.-J. Kuan, H.-C. Huang: Biomolecules in the Interstellar Medium and in Comets. Advances in Space Research. 2001 (astro-ph). (PDF, Diskussion über den Ursprung der nachgewiesenen organischen Moleküle)
  • J. Horner, N. W. Evans, M. E. Bailey, D. J. Asher: The Populations of Comet-Like Bodies in the Solar system. in: Monthly notices of the Royal Astronomical Society. Blackwell, Oxford 343.2003, 1057 (PDF, Vorschlag einer neuen Taxonomie für kometenähnliche Körper). ISSN 0035-8711
  • Thorsten Dambeck: Das neue Bild der Kometen. Bild der Wissenschaft, Dezember 2007, Seite 38 - 43, ISSN 0006-2375
  • Walter F. Huebner: Physics and chemistry of comets. Springer, Berlin 1990, ISBN 3-540-51228-4
  • Jacques Crovisier, Thérèse Encrenaz: Comet science. Cambridge Univ. Press, Cambridge 2000, ISBN 0-521-64179-9

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Komet 17P/Holmes weiterhin mit bloßem Auge zu sehen – Artikel bei www.suw-online.de
  2. Komet strahlt 500.000-mal heller – Artikel bei www.spiegel.de
  3. Munoz Caro G.M., Meierhenrich U.J., Schutte W.A., Barbier B., Arcones Segovia A., Rosenbauer H., Thiemann W., Brack A., Greenberg J.M. (2002): Amino acids from ultraviolet irradiation of interstellar ice analogues In: Nature Bd. 416, S. 403-406. doi:10.1038/416403a


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