- Konduktorin
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Ein Konduktor (Überträger) für ein bestimmtes Merkmal ist ein Individuum, das die Erbanlage für eine Eigenschaft trägt, ohne dass es diese Eigenschaft selbst besitzt. Der Begriff Überträger wird verwandt, weil der Konduktor die Eigenschaft an die folgenden Generationen weiter geben bzw. übertragen kann.
Konduktoren gibt es bei so genannten dominant-rezessiven Erbgängen, also solchen Erbgängen, bei denen eine Ausprägung für ein bestimmtes Merkmal schwächer (rezessiv) ist als eine andere (dominant). Ein Beispiel für zwei Ausprägungen eines Merkmals wären blaue und braune Augen für die phänotypische Eigenschaft „Augenfarbe“. Hat ein Individuum sowohl eine Erbanlage für die dominante Ausprägung als auch eine Erbanlage für die rezessive Ausprägung eines Merkmals, setzt sich die dominante Ausprägung durch. Das Erscheinungsbild (Phänotyp) des Individuums entspricht der dominanten Erbanlage. Die Individuen der meisten Arten (darunter alle höheren Tiere und Pflanzen) besitzen die Erbanlagen für ein Merkmal doppelt, weil auch die Chromosomen doppelt vorliegen (diploid).
Bei einem Individuum, das mischerbig (heterozygot) ist, also die Erbanlagen für die dominante und für die rezessive Ausprägung besitzt, ist äußerlich nicht erkenntlich, dass es auch die rezessive Erbanlage besitzt. Ein solches Individuum nennt man Konduktor. Wenn dieses Individuum aber Nachkommen hat, kann die rezessive Ausprägung zum Vorschein kommen. Das passiert dann, wenn der Nachkomme keine dominante Erbanlage besitzt, die die rezessive überdeckt. Der Konduktor hat dann die Eigenschaft an seine Nachkommen übertragen.
Besonders häufig wird der Begriff Konduktor in der Humangenetik verwendet, wenn die Rede von Erbgängen ist, bei denen das betrachtete Merkmal auf dem X-Chromosom liegt (X-chromosomaler Erbgang). Die Konduktoren sind hier immer weiblich und werden deshalb als Konduktorinnen bezeichnet. Männer können in solchen Erbgängen kein Konduktor sein, weil sie nur ein X-Chromosom besitzen. Deshalb liegt die Erbanlage für das betrachtete Merkmal nicht doppelt vor. Besitzen Männer die Erbanlagen für die rezessive Ausprägung, entspricht ihr Erscheinungsbild dieser Erbanlage. Frauen haben im Gegensatz dazu zwei Erbanlagen für das betrachtete Merkmal. Sie können deshalb die rezessive und die dominante Erbanlage besitzen und so Konduktorin sein. Ein Beispiel für ein Merkmal, das auf diese Weise vererbt wird, ist die Rot-Grün-Sehschwäche. Männer sind von dieser Krankheit sehr viel häufiger betroffen als Frauen.
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