Kovariationsmodell

Kovariationsmodell

Attributionstheorien der Psychologie versuchen zu beschreiben, wie und wann Menschen Ursachenzuschreibungen vornehmen, um sich das Verhalten von anderen Menschen oder ihr eigenes Verhalten zu erklären.

Hierbei wird zwischen Attributionstheorien und attributionalen Theorien unterschieden.

Im Folgenden werden drei Theorien kurz vorgestellt:

  • Kelleys Kovariationsmodell
  • Attributionstheorie nach Heckhausen
  • Theorie korrespondierender Inferenzen

Bedeutende Beiträge zu den Attributionstheorien erbrachten außerdem Fritz Heider und Bernard Weiner.

Inhaltsverzeichnis

Kelleys Kovariationsmodell

Harold Kelley geht in seinem Kovariationsmodell von drei Dimensionen aus, auf denen der Mensch Effekte auf Ursachenfaktoren zurückführt.

  • Konsensusinformation: Beschreibt, wie andere Personen auf die gleiche Entität bzw. Stimulus reagieren. Der Konsensus ist hoch, wenn viele andere Personen ähnlich reagieren und niedrig, wenn wenige andere Personen so reagieren.
  • Distinktheitsinformation: Beschreibt, wie sich die Person gegenüber anderen (ähnlichen) Entitäten verhält. Die Distinktheit ist hoch, wenn sich die Person nur gegenüber dieser Entität so verhält und niedrig, wenn sich die Person auch gegenüber vielen anderen Entitäten so verhält.
  • Konsistenzinformation: Beschreibt, ob das Verhalten über verschiedene Zeitpunkte hinweg auftritt. Die Konsistenz ist hoch, wenn das Verhalten über verschiedene Zeitpunkte hinweg auftritt und gering, wenn das Verhalten nur zu wenigen Zeitpunkten auftritt.

Das Modell hat seinen Namen von der Art und Weise, wie Menschen die Attribution durchführen. Kelley nimmt an, dass der Mensch diejenigen Ursachen für ein Verhalten verantwortlich macht, die mit dem Verhalten kovariieren.

Ist es etwa so, dass alle den Paul mögen, und nur den Paul und das auch schon seit längerer Zeit, dann kann man dies sicher auf die Eigenschaften von Paul (der Entität) zurückführen.

Warum ist das so? Nur die Auswertung der Attributionsdimensionen Konsensus, Distinktheit und Konsistenz liefert die gewünschte Attribution auf die Entität. Denn die Konsensusinformation ist hoch und liefert keine Information darüber, ob es vielleicht an der Person liegt, die Paul mag (etwa an seinen Freunden). Ferner liefert die Konsistenzinformation auch keine weiteren Informationen, da Paul über einen größeren Zeitraum gemocht wird. Also bleibt nur die Attribution auf die Entität.

Kelley postuliert, dass bei bestimmten Konstellationen bestimmte Attribuierungen vorgenommen werden. Diese sind in der folgenden Tabelle aufgelistet:

Konsensusinformation Distinktheitsinformation Konsistenzinformation
Interne Attribution (Person) niedrig niedrig hoch
Externe Attribution (Entität/Stimulus) hoch hoch hoch
Situationale Attribution (Umstände) niedrig hoch niedrig

Attributionstheorie (Ursachenzuschreibung) nach Heckhausen

Verschiedene Geschehnisse können verschieden attribuiert werden, also durch verschiedene Gründe erklärt werden,

  • global: allgemein (ALLE hassen mich),
  • spezifisch: eine Person oder Sache betreffend (DIESER Lehrer hasst mich),
  • stabil: es ist immer so (mein ganzes Leben...),
  • variabel: heute, veränderlich,
  • intern: meinetwegen, in mir, von mir ausgehend, Grund liegt in meiner Person,
  • extern: von außen, die Umgebung betreffend, Grund liegt nicht in meiner Person.

Wenn man gute Erfahrungen IMMER INTERN, und schlechte IMMER EXTERN attribuiert, kann es sein, dass man an Größenwahn leidet.

Menschen mit Depressionen neigen dazu, gute Erfahrungen IMMER EXTERN, und schlechte IMMER INTERN zu attribuieren.

Für ein gutes Selbstvertrauen ist es wichtig, dass man gute Erfahrungen EHER INTERN und negative Erfahrungen EHER EXTERN attribuiert.

Theorie korrespondierender Inferenzen

Die von Edward Jones und Keith Davis entwickelte Theorie korrespondierender Inferenzen ist eine Attributionstheorie aus dem Bereich der Sozialpsychologie und beschäftigt sich damit, wie Beobachter einer Handlung auf eine Disposition des oder der Handelnden schließen. Dabei ist die Korrespondenz zwischen vermuteter Ursache und beobachtetem Effekt umso größer, je stärker der Einfluss der Handlung auf ihr Ergebnis ist.

Einer Handlung wird dabei immer zugesprochen, dass der Handelnde um die Effekte, die die Handlung auslöst, wusste - die Kenntnis um den Effekt besitzt - und/oder die Fähigkeit besitzt, die Handlung auszuführen. Nun vermutet der Beobachter dass dies aus einer Intention heraus geschah, die Ausdruck einer im Handelnden manifestierten Disposition war.

Dabei unterliegt die Attribuierung auf eine konkrete Ursache einem Prozess, der in mehrere Schritte zerfällt:

  1. Zunächst wird abgeschätzt, welche möglichen Alternativen es für eine Handlung gab und welche Effekte diese Alternativen hatten, diese werden quasi in einer Art mentalen Liste zusammengetragen.
  2. Nun werden gemeinsame Effekte aus dieser Liste gestrichen, da sie nicht ausschließlich ursächlich waren. Wenn verschiedene Ursachen gemeinsame Effekte haben, dann ist die Wahl einer bestimmten Ursache nicht auf diesen gemeinsamen Effekt zurückzuführen; sondern vielmehr muss etwas anderes den Ausschlag für die Entscheidung gegeben haben.
  3. Nun treten Abwertungsprinzipien und Aufwertungsprinzipien in Kraft, die den Wert verschiedener Ursachen beeinflussen. Dieses Prinzip der Auf- bzw. Abwertung findet sich auch in anderen Attributionstheorien wieder - etwa bei Kellys Kovariationsmodell.
    1. Aufwertungsprinzip: Stellt sich der Erreichung eines Effektes ein Hindernis entgegen, das die Zielerreichung erschwert, so wird die Ursache, die für diesen Effekt verantwortlich ist, aufgewertet und gewinnt im Attributionsprozess an Bedeutung.
    2. Abwertungsprinzip: Gibt es mehrere Ursachen für einen Effekt, so werden die einzelnen Ursachen in ihrer Bedeutung abgeschwächt.

Ferner gibt es noch andere Einflüsse auf den Attributionsprozess. So etwa den der Wahlfreiheit und den der sozialen Erwünschtheit.

Wahlfreiheit

Besteht bei den Handlungsalternativen keinerlei Wahlfreiheit, so gewinnt der Beobachter hieraus keinerlei Informationen. Wird die Wahlfreiheit dagegen nicht eingeschränkt, so tendieren Beobachter dazu, das gezeigte Verhalten verstärkt auf Dispositionen zurückzuführen als dies bei nicht bestehender Wahlfreiheit der Fall wäre.

Empirische Belege hierfür liefert ein Experiment[1], bei dem Versuchspersonen einen Aufsatz über Fidel Castro bewerten sollten. Der einen Gruppe wurde gesagt, dass der Autor gezwungen wurde, den Aufsatz zu schreiben und sich für Fidel Castro auszusprechen. Der anderen Gruppe wurde gesagt, dass sich der Autor aus freien Stücken für seine Pro-Haltung entschied. Der Aufsatz mit der freiwilligen Haltung wurde nun als extremer eingeschätzt als der Aufsatz mit der gezwungenen Haltung. Gleiche Belege gab es bei einem Aufsatz, der sich gegen Fidel Castro aussprach.

Soziale Erwünschtheit

Wird eine Handlung ausgeführt, weil sie in der Situation erwünscht ist, so beurteilen Beobachter diese Handlung eher als weniger extreme Einstellung des Handelnden. Wird die Handlung jedoch entgegen sozialen Konventionen durchgeführt, so wird die Disposition des Handelnden von Beobachtern als extremer eingestuft.

Auch hierfür gibt es empirische Befunde. Es sei auf einen Versuch mit vermeintlichen Bewerbern als Astronauten und U-Bootkapitänen verwiesen, bei dem Versuchspersonen ein vermeintliches Vorstellungsgespräch beurteilen sollten und die Kandidaten als extremer in ihren Einstellungen sahen, die sich einem vorgegebenen Rollenwunsch widersetzten.

Literatur

  • Jones, E. & Davis, K. (1965). A theory of correspondent inferences. From acts to dispositions, in: L. Berkowitz (Hrsg.), Advances in experimental social psychology, Academic Press(New York), Vol. 2 S. 219-266
  • Kelley, H.H. (1967): Attribution theory in social psychology, in: Levine, D. (Hrsg.), Nebraska symposium on motivation, University of Nebraska Press (Lincoln), S. 192-238
  • Kelley, H.H. (1972): Causal schemata and the attribution process, in E. E. Jones, Kanouse, D.E., Kelley, H.H., Nisbett, R.E., Valins, S., & Weiner, B. (Hrsg.), Attribution: Perceiving the causes of behavior. Morristown, N.J.: Gerneral Learning Press, S. 1-26
  • Kelley, H.H. (1973): The process of causal attribution. American Psychologist, 28, 107-128.

Quellen

  1. Jones, E. E. & Harris, V. A. (1967). The attribution of attitudes. Journal of Experimental Social Psychology 3, 1-24.

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