Kraftmesser

Kraftmesser

Bei der Kraftmessung wird mit Hilfe technischer Einrichtungen herausgefunden, welche Kraft auf einen Körper wirkt. Als Kraftmesser oder auch Dynamometer (von griech.: dynamis - Kraft) werden Geräte zur Kraftmessung bezeichnet. Dieser Artikel bietet eine Übersicht der Wirkprinzipien. Eine ausführliche Beschreibung steht in den verlinkten Artikeln. Die Artikel Messgerät und Kraftaufnehmer listen die Messgeräte.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeine Begriffe

Formel-
zeichen
Größe
F Kraft
m Masse
g Gravitationskonstante
p Druck
A Fläche
a Beschleunigung
Statische Kraftmessung

Das zu messende Objekt befindet sich in Ruhe. Die Kraft bleibt lange Zeit konstant.

 F = m \cdot g
 F = p \cdot A
Dynamische Kraftmessung

Die Kraftwirkung auf beschleunigte oder gebremste Massen wird gemessen.

 F = m \cdot a

Die Kraft ist eine vektorielle Größe die in alle 3 Richtungen des Raumes wirken kann. Deshalb unterscheidet man:

Einkomponenten Kraftmessung

Die meisten Kraftsensoren messen die Kraft in nur in einer Richtung. Die Kraftflussrichtung und Messrichtung des Sensors müssen übereinstimmen.

Mehrkomponenten Kraftmessung

Die Kraft wird mindestens in 2, meist in allen 3 Raumrichtungen gemessen.

Abhängig vom Einbau unterscheidet man:

Direkte Kraftmessung

Der Sensor wird direkt in den Kraftfluss eingebaut. Der eingebaute Kraftsensor muss daher den Anforderungen an die Festigkeit und Steifigkeit des Bauteils genügen. Der Messbereich des Sensors muss größer sein als die zu messende Kraft. Diese Einbauart hat aber den großen Vorteil dass die einwirkende Kraft unabhängig vom Kraftangriffspunkt immer genau und mit guter Linearität erfasst wird.

Anwendung: Ein- und Mehrkomponenten Kraftmessung im Labor, Messen von kleinen Kräften, Überall dort wo das Messen der Absolutkraft gefordert wird.

Indirekte Kraftmessung

Der Sensor wird an einer geeigneten Stelle in den Kraftfluss des Bauteils montiert. Der Sensor erfasst nur noch einen Teil der zu messenden Kraft (Kraftnebenschlussmessung). Der Vorteil dieser Einbauart ist der relativ geringe Eingriff in die vorhandene Struktur. Es wird nur noch ein Sensor mit einem kleineren Messbereich benötigt. Im eingebauten Zustand verlangt dieser Einbau eine Kraftkalibrierung vor Ort um die Empfindlichkeit des Messaufbaus zu bestimmen.

Anwendung: Nur für Kraftmessungen mit ortsfestem Kraftangriffspunkt, zum Beispiel für die Prozessüberwachung an Pressen.

Wiegen

Wo ein Gravitationsfeld vorhanden ist (also nicht im Weltraum), kann man mittels einer Waage die zu messende Kraft mit einem bekannten (kalibrierten) Gewicht vergleichen.

Elastische Verformung mit Wegmessung

Ein moderner 6-achsiger Kraft-/Momentensensoren, der sowohl Kräfte als auch Drehmomente in allen drei Raumrichtungen erfasst.
Der Sensor ist dazu mit sechs oder mehr Dehnungsmessstreifen ausgestattet, die Verformungen im Mikrometerbereich erfassen. Diese Verformungen werden über eine Kalibrationsmatrix in jeweils drei Kraft- und Drehmoment-Komponenten umgerechnet.

Die meisten Sensoren nutzen die elastische Verformung von Metall und wandeln die Kraft linear in einen Weg um. Das hookesche Gesetz beschreibt den Zusammenhang; vereinfacht gilt:

 F = D\cdot\Delta l
(F Federkraft, D Federkonstante, Δl Wegdifferenz nach Krafteinwirkung)

Im Ruhezustand (statische Kraftmessung) ist die Federkraft gleich der zu messenden Kraft. Die Wegdifferenz wird mit den Methoden der Entfernungsmessung für sehr kleine Wege ermittelt und als Kraft angezeigt. Dazu gehören:

  • Federkraftmesser häufig im Schulunterricht eingesetzt, Ringkraftmesser, Drehwaage, Gravimeter
  • induktiver Sensor: Wegmessung mit Tauchanker
  • kapazitiver Sensor: Durch die Verformung ändert sich der Abstand zweier Kondensatorplatten. Die Kapazität ändert sich nicht linear zur Kraft. Diese Sensoren sind für Temperaturen bis 700°C und besonders für Langzeitmessungen über mehrere Jahre geeignet.
  • optische Abtastung im Rasterkraftmikroskop
  • interferenzoptische Kraftsensoren: Ein Laserinterferometer misst den Abstand zum Verformungskörper. An der Messtelle ist keine Elektronik nötig, kein Kleber erforderlich, optische Quantisierung ohne A/D-Wandler. Die TH Ilmenau hat 1984 solche Sensoren entwickelt.

veraltet:

  • Spiegel-Feindehnungsmessgerät nach Martens: Der Verformungskörper bewegt über Hebel einen Spiegel. Ein Lichtzeiger zeigt den Messwert an.
  • Messen der Wegdifferenz mit einem Feinmessmikroskop an einem Strichmaßstab.
  • Proving Ring: Ein Ring wandelt die Kraft in eine Längenänderung. Im Innern des Ringes ist eine Blattfeder angebracht die manuell zum Schwingen gebracht wird. Mit einer Messschraube wird sie einmal ohne und einmal mit Krafteinwirkung wieder gedämpft. Die Kraft wird an der Messschraube als Differenz der beiden Einstellungen abgelesen.

Elastische Verformung mit Widerstandsmessung

  • Dehnungsmessstreifen (DMS) vergrößern ihren elektrischen Widerstand bei Dehnung. Sie werden auf Verformungskörper oder direkt auf das Messobjekt aufgeklebt und elektrisch ausgewertet. Frequenzen bis 8 MHz sind möglich, sie benötigen eine Temperaturkompensation, das Langzeitverhalten ist nicht so gut wegen des Kriechens. Es wird unterschieden in:
    • Metall-Dehnungsmessstreifen: Die Längendehnung und Querkontraktion erhöht den elektrischen Widerstand.
    • Halbleiter-Dehnungsmessstreifen: Der spezifische elektrische Widerstand erhöht sich bei Dehnung infolge innerer Kräfte (Piezoresistiver Effekt). Dieser Effekt bringt eine wesentlich größere Empfindlichkeit gegenüber metallischen DMS.

veraltet:

  • Tasimeter: Widerstandsänderung von Kohle durch Druck.

Magnetoelastischer Effekt

Durch den Einfluss der Kraft wird die magnetische Permeabilität µ verändert (inverse Magnetostriktion). Damit ändert sich der von der primären Spule auf die sekundäre Spule übertragene magnetische Fluss.

F = f(μ)

Dieser Sensor hält hohen Überlastungen stand. Die Firma ABB vermarktet unter dem Namen Pressductor® dieses seit 1954 patentierte Messprinzip. [1]

Piezoelektrische Sensoren

Hauptartikel: Piezoelektrischer Sensor

In einem Piezokeramik-Element entsteht durch Krafteinwirkung eine Ladungsverteilung Q, die proportional zur Kraft ist.

F \thicksim Q

Piezoelektrische Kraftaufnehmer können sehr steif ausgelegt werden und auch hochdynamische (bis zu 60 kHz) Kräfte messen. Durch das Abfließen der Ladung werden bei statischer und quasistatischer Last keine guten Ergebnisse erzielt. Durch Übereinanderschichten von 3 Scheiben mit unterschiedlicher Messrichtung sind auch Mehrkomponenten-Kraftaufnehmer möglich.

Elektromagnetische Kompensation

Sie arbeiten wie ein elektrodynamischer Lautsprecher. In einem Magnetfeld befindet sich eine bewegliche Spule. Der Strom durch die Spule ist proportional zur Kraft auf die Spule wenn die Auslenkung kompensiert wird. Eine Lageregelung mit Abstandssensor hält die Spule an einer festen Position. Aus der allgemeinen Formel der Lorentzkraft ergibt sich:

F = B \cdot I \cdot l \quad\mid \text{wenn}\ B \perp l
(B magnetische Flussdichte, I Strom, l wirksame Leiterlänge)

Solche Kraftsensoren können nur sehr kleine Kräfte (max. 20…30 N) messen und werden daher u. a. in Präzisionswaagen eingesetzt.

Schwingsaiten Prinzip

Die Periodendauer einer gespannten Saite oder eines Riemens ist von der Spannkraft abhängig.

F = 4 \cdot m_b \cdot l^2 \cdot f^2
(F statische Spannkraft (Trumkraft), mb bezogene Riemenmasse in kg/m, l freie Trumlänge, f Eigenfrequenz)
  • Die Riemenspannung von Treibriemen kann durch optische Frequenzmessung der Schwingung eingestellt werden. [2]

Sonstige Verfahren

  • Im Rasterkraftmikroskop kann zur Kraftmessung die Schwingfrequenz des Trägers der Abtastnadel gemessen werden, nähert sich diese der Probe, ändert sich die Dämpfung und Resonanzfrequenz aufgrund der van-der-Waals-Kraft.
  • Wellenleiterkraftmikroskopie
Sie ist eine Methode zur Messung mechanischer Kräfte in biologischen Systemen. Dabei werden in einem planaren elastischen Schichtsystem Wellenleiter-Resonanzmoden angeregt. Wird das System an der Oberfläche etwa durch Zell-Adhäsionskräfte lokal deformiert, kann nun mithilfe der Resonanzverschiebung der Moden die Größe der wirkenden Kräfte bestimmt werden. Auflösung bis 20 nN. [3]


Literatur und Quellen

  • Wolfgang Weiler: Handbuch der physikalisch-technischen Kraftmessung. Viehweg Verlag, 1993, ISBN 3-528-08945-8

Quellen

  1. Pressductor®
  2. Riemenspannkraft messen
  3. Giebel, Karl-Friedrich: Wellenleitermikroskopie: eine neue Methode zur Kraftmessung in biologischen Systemen. Doktorarbeit Universitätsbibliothek Konstanz, 17. Juli 2003

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