- Kreuzfesselung
-
Die Fesselung im Schachspiel ist eine Stellung, in der eine Figur nicht ziehen kann, da sie sich in der Wirkungslinie zwischen gegnerischer Figur und eigenem König oder einem wichtigen Feld (ggf. mit eigener Figur darauf) befindet. Man unterscheidet drei Arten von Fesselungen:
- Echte Fesselung: die gefesselte Figur kann überhaupt nicht regelkonform ziehen
- Fast echte Fesselung: die gefesselte Figur kann nur innerhalb der Wirkungslinie der gegnerischer Figur ziehen oder eventuell die fesselnde Figur schlagen.
- Unechte Fesselung: die gefesselte Figur ist streng nach Spielregeln durch die Fesselung selbst nicht in ihrer Bewegung eingeschränkt.
Fesselungen sind eine der häufigsten Elemente einer Schachtaktik. Das Fesseln einer Figur bedeutet meist deren Schwächung. Auch muss man damit rechnen, dass der Gegner die gefesselte Figur mehrfach angreift.
Inhaltsverzeichnis
Prinzipielle Darstellungen
Echte Fesselung
Bei einer echten Fesselung kann die gefesselte Figur überhaupt nicht regelkonform ziehen, weil sonst der König im Schach stände.
Hier wird der schwarze Springer auf c6 durch den weißen Läufer auf b5 gefesselt. Der Sc6 kann nicht ziehen.
Weiß droht im nächsten Zug den Bauer d4 nach d5 zu ziehen und den Springer zu erobern.
Schwarz kann die Fesselung aufheben, indem er entweder den Läufer nach d7 stellt oder indem er den König aus der Wirkungslinie des weißen Läufers wegzieht, zum Beispiel nach d8. Auch mit Sb8-d7 wäre die Fesselung aufgehoben, allerdings ist das ein schwacher Zug, da dann wegen Lb5xc6 ein Springer verloren geht.
Fast echte Fesselung
Bei einer fast echten Fesselung kann die gefesselte Figur nur innerhalb der Wirkungslinie der gegnerischer Figur ziehen. Die Wirkungslinie der gegnerischen Figur kann sie nicht verlassen, da sie sonst den König einem Schach aussetzen würde.
In dieser Stellung ist der schwarze Läufer b5 durch den weißen Läufer a4 gefesselt. Dennoch hat er die Möglichkeit zu ziehen: Er kann nach c6 oder nach d7 ziehen oder aber den Läufer auf a4 schlagen. Andere Züge sind für den schwarzen Läufer nicht möglich.
Unechte Fesselung
Bei einer unechten Fesselung ist die gefesselte Figur laut Spielregeln durch die Fesselung selbst nicht in ihrer Bewegung eingeschränkt, ein Wegziehen der gefesselten Figur kann jedoch den Verlust der dahinterstehenden Figur zur Folge haben. In diesem Falle ist die Figur nicht an den König, sondern z. B. an die Dame gefesselt.
Im Diagramm ist der schwarze Springer c6 durch den weißen Turm c1 gefesselt. Würde der Springer ziehen, dann könnte der Turm die schwarze Dame schlagen.
Schwarz kann die Fesselung aufheben, indem er seine Dame von der c-Linie wegzieht.
a b c d e f g h 8 8 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 a b c d e f g h Fesselung vor einem wichtigen Feld
Schwarz am Zuge
In diesem Diagramm ist die schwarze Dame durch den weißen Turm angegriffen. Dahinter steht keine Figur. Trotzdem sollte die Dame nicht von der b-Linie wegziehen, weil sonst Tb8# mit Matt droht. Schwarz muss deshalb die Dame für den Turm opfern und steht auf Verlust.
In dieser Stellung taugt die Fesselung nichts. Der gefesselte schwarze Springer zieht mit Schachgebot nach d3. Danach verliert Weiß den Turm auf c1.
Beispiele
Aus der Turnierpraxis
Moe - Whiteley
Studentenolympiade, 1966a b c d e f g h 8 8 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 a b c d e f g h Stellung nach dem 21.Zug von Schwarz Moe - Whiteley
Studentenolympiade, 1966a b c d e f g h 8 8 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 a b c d e f g h Stellung nach dem 23.Zug von Schwarz Im linken Diagramm fesselt der weiße Läufer auf b3 den schwarzen Bauern auf f7. Daher trägt dieser Bauer nicht zur Deckung des Bauern g6 bei. Der Bauer auf g6 ist einerseits zweimal angegriffen, nämlich durch die Dame auf g4 und - verdeckt - durch den Turm auf d6, andererseits ist er nur einmal gedeckt, nämlich durch die schwarze Dame (nicht aber durch den Bauern auf f7). In der Partie folgte daher 22.Dxg6+ Dxg6 23.Txg6+ Sg7
Nun ist auch der schwarze Springer auf g7 gefesselt (rechtes Diagramm). Nach 24.Th1-g1 gab Schwarz auf, weil er den Springer verliert
Weitere Beispiele
Interessante Beiträge zur Thematik:
- Manfred Zucker, Der Tagesspiegel, 30. September 1990 Entfesselung und erneute Fesselung
- Hans-Peter Rehm, Probleemblad, 1959 Vermeidung einer Fesselung
- Emanuel Lasker, Deutsches Wochenschach, 1890 Das Lasker-Manöver, eine Endspieltechnik im Turmendspiel
- Hermanis Matisons, Wiener neueste Nachrichten, 1931 Gewaltsame Entfesselung und Gegenfesselung
- Wolfgang Weber, Schach, 1959 Häufung von Fesselungen im Selbstmatt
- Willy Popp, Mittelfränkischer Schachverband, 1940 Halbfesselungen
Kreuzfesselung
In manchen Fällen kann man eine Fesselung auch abwehren, indem man die fesselnde Figur selbst fesselt.
Plaskett - Hempson
Meisterschaft der British Chess Federation, 1988a b c d e f g h 8 8 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 a b c d e f g h Stellung nach dem 22.Zug von Schwarz Plaskett - Hempson
Meisterschaft der British Chess Federation, 1988a b c d e f g h 8 8 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 a b c d e f g h Stellung nach dem 25.Zug von Schwarz Im linken Diagramm ist der weiße Turm auf e3 von der schwarzen Dame angegriffen und gefesselt. Es folgte: 23.Tae1 (deckt den angegriffenen Turm auf e3) Sc3! nun ist der gefesselte Turm nochmals angegriffen, nämlich durch den schwarzen Turm auf e5 24.Dg3 deckt den Turm nochmals Txe3 25.Dxe3 Te8! Dies ist eine Kreuzfesselung. Die weiße Dame ist sowohl durch die schwarze Dame gefesselt (fast echte Fesselung) als auch durch den schwarzen Turm (unechte Fesselung, weil beim Wegzug der Dame der weiße Turm e1 hängt).
Plaskett gab die Partie an dieser Stelle auf. Auf 26.Dxb6 folgt Txe1+ 27.Kf2 Te2+ nebst axb6. Nach 29.Lxc3 Txa2 hat Schwarz eine Gewinnstellung.
Entfesselung
Fast immer ist es ratsam, eine Fesselung möglichst bald aufzuheben, damit die gefesselte Figur wieder beweglich wird. Das kann folgendermaßen geschehen:
- Angriff oder Abtausch der fesselnden Figur,
- Aufhebung des Fesselungsgrundes (meist ist das der Wegzug der hinter der gefesselten Figur stehenden Figur aus der Wirkungslinie, wird gegen ein wichtiges Feld gefesselt, wie zum Beispiel ein Mattfeld, dann kann durch Deckung dieses Feldes auch der Fesselungsgrund wegfallen),
- Zwischenstellen einer weiteren Figur in die Wirkungslinie. Es entsteht dann eine Halbfesselung, die allerdings nicht die vollständige Bewegungsfähigkeit beider Figuren garantiert und nach Abzug einer der beiden Figuren durch die Fesselung der anderen wieder von Nachteil sein kann.
Beispielvariante aus der Tschigorin-Verteidigung: 1. d2-d4 d7-d5 2. c2-c4 Sb8-c6 3. c4xd5 Dd8xd5 4. e2-e3 e7-e5 5. Sb1-c3 Lf8-b4 (Fesselung) 6. Lc1-d2 (Entfesselung) Lb4xc3 7. Ld2xc3 e5xd4 8. Sg1-e2 (Aufrechterhaltung der Fesselung) Lc8-g4 (Fesselung) 9. f2-f3 (Entfesselung)
Fesselung ignorieren
In manchen Fällen kann man eine unechte Fesselung auch ignorieren, nämlich wenn es gelingt, Gegendrohungen aufzustellen. Ein Beispiel hierfür ist das Seekadettenmatt in der Partie Kermuy Sire de Legal - St. Brie, Paris 1750. Weiß ignoriert die Fesselung, opfert seine Dame und setzt im Gegenzug matt.
Ulrich Pixa - Przemysław Piotrowski
6. Internationale Meisterschaft U8
Sebnitz, 23. Oktober 2006a b c d e f g h 8 8 7 7 6 6 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 a b c d e f g h Stellung nach dem 10.Zug von Schwarz
Im folgendem Beispiel tritt ein sehr ähnliches Motiv auf. Beide Spieler waren höchstens acht Jahre alt.
1. e4 c5
2. d4 cxd4
3. c3 dxc3
4. Sxc3 Sc6
5. Lc4 Sf6
6. Sf3 d6
7. Le3 Lg4?
8. h3 Lh5
9. O-O a6
10. De2 Se5? (siehe Diagramm)
11. Sxe5 Lxe2?
12. Lxf7 mattWeblinks
Wikimedia Foundation.