Angiolino Giuseppe Pasquale Borrini

Angiolino Giuseppe Pasquale Borrini

Lino Ventura (* 14. Juli 1919 in Parma/Italien; † 22. Oktober 1987 in Saint-Cloud/Frankreich; eigentlich Angiolino Giuseppe Pasquale Borrini) war ein italienischer Filmschauspieler. Er zählte jahrelang zu den populärsten französischen Charakterdarstellern.

Inhaltsverzeichnis

Frühe Jahre

Lino Ventura kam im Alter von zehn Jahren mit seinen Eltern nach Frankreich. Er arbeitete unter anderem als Buchhalter, Vertreter und Catcher. 1953 bekam Ventura ohne vorherige Schauspielerfahrung eine Rolle als schweigsamer Unterweltler im Krimidrama Wenn es Nacht wird in Paris. Ventura freundete sich mit dem Hauptdarsteller Jean Gabin an, der in den nächsten Jahren seine Karriere förderte.

Der Charakter-Star

Dank seiner eindrucksvollen Statur wurde der ehemalige Catcher zunächst gerne als „Gorilla“ besetzt, trat aber auch schnell in der Paraderolle des wortkargen Kommissars im Trenchcoat auf. Mit Beginn der 60er Jahre konnte Ventura sein Rollenspektrum erheblich erweitern und avancierte in der Nachfolge Gabins zu einem der populärsten Charakterdarsteller Frankreichs und Europas. Ventura spielte wichtige Rollen unter internationalen Spitzen-Regisseuren wie Louis Malle, Claude Sautet, Vittorio de Sica, Carlos Saura oder Jean-Pierre Melville. Regelmäßig stand er mit den größten Stars des französischen Kinos vor der Kamera (Jean Gabin, Alain Delon, Jean-Paul Belmondo, Simone Signoret). Er brillierte in Meisterwerken wie Fahrstuhl zum Schafott (1957), Die Abenteurer (1966) oder Armee im Schatten (1969), wo er in der Rolle eines Résistancekämpfers auftrat.

Im Top-Hit Der Clan der Sizilianer (1969) komplettierte er eine attraktive Besetzung und agierte neben Alain Delon und Jean Gabin. In der grotesken Komödie Die Filzlaus (1973) parodierte Ventura sein Image und spielte einen Profikiller, dem ein Schwätzer den letzten Nerv raubt. 1976 übernahm er die Hauptrolle in Francesco Rosis Polit-Drama Die Macht und ihr Preis. Im Psychothriller Der Schrecken der Medusa (1978) überzeugte er neben Richard Burton. 1981 lieferte er sich in dem kriminalistischen Kammerspiel Das Verhör ein faszinierendes Schauspielduell mit Michel Serrault. 1982 spielte er die bekannte Rolle des Galeerensträflings Jean Valjean in Die Legion der Verdammten (Les Misérables). Legendär bleibt auch seine Rolle als Kommissar Verjeat in Adieu Bulle.

Tod mit 68 Jahren

Lino Ventura starb 1987 im Alter von 68 Jahren an den Folgen eines Herzanfalls. Zu diesem Zeitpunkt war er längst eine lebende Legende und der laut Umfragen populärste Darsteller seines Heimatlandes. Der politisch konservative Ventura führte mit seiner Frau Odette viereinhalb Jahrzehnte lang eine Ehe ohne Schlagzeilen und setzte in seinem Privatleben auf äußerste Diskretion. Der Schauspieler wurde oft als Einzelgänger geschildert, der am Film-Set kaum Freundschaften oder Kontakte pflegte.

Ventura war nicht nur durch seine darstellerischen Leistungen sehr populär geworden. Mitte der 60er Jahre hatten er und seine Frau, veranlasst durch die schwere Behinderung ihrer jüngsten Tochter, die Stiftung „Schneeglöckchen“ gegründet, deren Ziel es war, Spenden zur Einrichtung von Behindertenheimen zu sammeln. Der Schauspieler nutzte seine Popularität gezielt, um bei seinen Landsleuten für die Stiftung zu werben, was seinen Status als französisches Monument noch untermauerte. Tausende folgten Venturas Sarg durch die Straßen von Paris.

Der Schauspieler Ventura

Ventura gestaltete seine Rollen mit sparsamen Mitteln. Seine Charaktere handelten in der Regel wortkarg, aber entschlossen und intelligent. Venturas Figuren umgab eine Aura der Melancholie, unter der ruppigen Schale spürte man ihre Menschlichkeit und Sensibilität. Ventura reicherte seine Rollen gerne mit subtilem Humor an, indem er die Rolle des notorischen Griesgrams gezielt auf die Spitze trieb. Der Darsteller mit dem markanten Charakterkopf vertrat eine altmodisch-unbeirrbare Moral und war ein Mann, der sich in seinen Handlungen und Gesten ausdrückte, statt zu psychologisieren. Er konnte einen Film lang als wortkarger Muffel auftreten und dann in einer einzigen Szene mit großer Präzision emotional agieren.

Lino Ventura ist ein Kult-Star des französischen Kinos. Er genoss bei vielen seiner internationalen Kollegen wie Richard Burton oder Jack Nicholson höchsten Respekt.

Filmographie

  • 1953: Wenn es Nacht wird in Paris
  • 1955: Razzia in Paris, Das Gesetz der Straße
  • 1956: Dem Satan ins Gesicht gespuckt, Schuld und Sühne, Spione
  • 1957: Fahrstuhl zum Schafott, Kommissar Maigret stellt eine Falle, Morphium, Mord und kesse Motten/Eddi küßt mit Blei, Der Gorilla lässt schön grüßen, Die Nacht bricht an, Du hast noch drei Tage, Auf schiefer Bahn
  • 1958: Guten Tag, ich bin Ihr Mörder, Montparnasse 19, Das Raubtier rechnet ab, Marie-Octobre
  • 1959: Der Panther wird gehetzt, 125 Rue Montmartre, Ihr Verbrechen war Liebe, Der Mörder kam um Mitternacht, Die Schüler u.a mit Jean Paul Belmondo
  • 1960: Herrin der Welt, Herrin der Welt II, Mädchen im Schaufenster, Taxi nach Tobruk
  • 1961: Das Jüngste Gericht findet nicht statt, Vor Salonlöwen wird gewarnt, Der König von Poggio Reale
  • 1962: Madeleine und der Seemann, Wir bitten zu Bett, Der Teufel und die zehn Gebote, Die Dreigroschenoper, Carmen von Trastevere
  • 1963: Mein Onkel, der Gangster, El Cordoba - Schrei des Rebellen, 100.000 Dollar in der Sonne
  • 1964: Mordrezepte der Barbouzes
  • 1965: Nimm's leicht, nimm Dynamit, Schieß, solange du kannst, Ganoven rechnen ab
  • 1966: Der zweite Atem, Die großen Schnauzen, Die Haut des Anderen
  • 1967: Die Abenteurer, mit Alain Delon, Joanna Shimkus
  • 1968: Im Dreck verreckt
  • 1969: Der Clan der Sizilianer, Armee im Schatten
  • 1970: Der Kommissar und sein Lockvogel
  • 1971: Rum-Boulevard
  • 1971: Die Filzlaus kehrt zurück, Die Entführer lassen grüßen
  • 1972: Ich - Die Nummer eins, Die Valachi-Papiere
  • 1973: Die Filzlaus, Ein glückliches Jahr, Zwei Fäuste des Himmels
  • 1974: Die Ohrfeige, Der Ehekäfig
  • 1975: Adieu Bulle,
  • 1976: Die Macht und ihr Preis (Cadaveri eccellenti)
  • 1978: Ein Mann in Wut, Der Schrecken der Medusa, Mord in Barcelona
  • 1980: Les séducteurs, Vier Asse hauen auf die Pauke
  • 1981: Der Maulwurf, Das Verhör
  • 1982: Der Rammbock, Die Legion der Verdammten
  • 1984: Die 100 Tage von Palermo, Tödliche Angst
  • 1986: La rumba
  • 1986: Gesetz des Terrors (TV-Spielfilm über das Attentat auf das Olympiateam Israels in München 1972)

Sonstiges

In dem Asterix-Band Streit um Asterix (orig. La Zizanie) von 1970 trägt Zenturio Aerobus die unverkennbaren Züge von Lino Ventura.

Literatur

  • Meinolf Zurhorst, Lothar Just: Lino Ventura. Seine Filme - sein Leben. Heyne-Filmbibliothek, Band 65. Heyne, München 1984, ISBN 3-453-86065-9
  • Philippe Durant: Lino Ventura - Biografie. Bastei-Lübbe, Bergisch-Gladbach 1989, ISBN 3-404-61142-X
  • Odette Ventura: Lino: Das Leben des Lino Ventura. Beltz-Quadriga, Berlin 1993, ISBN 3-88679-217-X

Weblinks


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