Kulturraumforschung

Kulturraumforschung

Unter einem Kulturraum versteht man im Allgemeinen das Verbreitungsgebiet (Region oder Land) einer bestimmten Kultur; beispielsweise der bairische Kulturraum in Bayern und Österreich oder der mitteleuropäische Kulturraum, der katholische Kulturraum usw.

Unter Kulturraumformung versteht man die Gestaltung des mentalen Wahrnehmungsbildes eines Kulturraumes mit dem Ziel, eine Identifikation des Raumes mit seiner Bevölkerung durch Bewohner und Außenbeobachter erreichen zu können, um dessen Bild zu kontrollieren und (zumeist territoriale) Ansprüche zu legitimieren.

Von Kulturraumverdichtung spricht man, wenn einander ergänzende oder miteinander konkurrierende Kulturräume sich am selben Ort oder in derselben Region überschneiden (z. B. in Grenzgebieten).

In der DDR bezeichnete man darüber hinaus einen Werksaal für Betriebsfeiern, Versammlungen, Jugendweihen und sonstige Veranstaltungen als Kulturraum.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung für die Volkskunde

Im Rahmen der volkskundlichen Erforschung regionaler Unterschiede wird nach der Charakteristik und Entstehung einzelner Kulturräume gefragt. Unterschieden wird dabei in Reliktgebiete und Novationsräume: In einem Reliktgebiet wurden altartige Kulturphänomene über größere Zeiträume hinweg tradiert; in einem Novationsraum hingegen konnten sich technische Errungenschaften sehr rasch durchsetzen und ausbreiten.

Die Kulturraumforschung entwickelte sich in den 1920er Jahren im Rheinland, breitete sich dann aber in großen Teilen Europas aus. Das Hauptaugenmerk der beteiligten Wissenschaftler lag bis in die 1980er Jahre auf der Erstellung so genannter Volkskunde-Atlanten, um die gewonnenen Erkenntnisse optimal veranschaulichen zu können (siehe Hauptartikel: Atlas der deutschen Volkskunde). Durch die nationalsozialistische Instrumentalisierung des Begriffs war die Kulturraumforschung derart in Misskredit geraten, dass sie nach dem zweiten Weltkrieg in bescheidenerem Rahmen betrieben wurde. Heinrich L. Cox, Gerda Grober-Glück und insbesondere Günter Wiegelmann schenkten ihr größere Aufmerksamkeit.

Literatur

  • Atlas der deutschen Volkskunde – Neue Folge.
    • 1.–3. Kartenlieferung hrsg. von Matthias Zender. Marburg 1958–1962.
    • 4.–5. Lieferung in Zusammenarbeit mit Gerda Grober-Glück und Günter Wiegelmann hrsg. von Matthias Zender. Marburg 1965–1973.
    • 6.–7. Lieferung in Zusammenarbeit mit Heinrich L. Cox, Gerda Grober-Glück und Günter Wiegelmann hrsg. von Matthias Zender. Marburg 1977–1979.
    • 3 Erläuterungsbände hrsg. von Matthias Zender. Marburg 1959–1985.
  • Atlas der schweizerischen Volkskunde. Begründet von Paul Geiger und Richard Weiss, weitergeführt von Walter Escher, Elisabeth Liebl und Arnold Niederer. Basel 1950–1988.
  • Heinrich L. Cox, Günter Wiegelmann (Hrsg.): Volkskundliche Kulturraumforschung heute. Münster 1984.

Siehe auch

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Institut für Kulturraumforschung Ostbaierns und der Nachbarregionen — Verein und Institut für Ostbairische Heimatforschung wurden 1926 in Passau gegründet und haben dort bis heute ihren Sitz. Maßgeblich zu ihrer Gründung beigetragen haben Carl Sittler, Max Heuwieser sowie Rudolf Guby. Das Institut für Ostbairische… …   Deutsch Wikipedia

  • Kulturraum — Unter einem Kulturraum versteht man im Allgemeinen das Verbreitungsgebiet (Region oder Land) einer bestimmten Kultur; kultur wissenschaftlich beispielsweise dem überstaatlichen deutschen Kultur und Sprachraum oder enger gefasst, dem bairischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Kulturraumformung — Unter einem Kulturraum versteht man im Allgemeinen das Verbreitungsgebiet (Region oder Land) einer bestimmten Kultur; beispielsweise der bairische Kulturraum in Bayern und Österreich oder der mitteleuropäische Kulturraum, der katholische… …   Deutsch Wikipedia

  • Kulturregion — Unter einem Kulturraum versteht man im Allgemeinen das Verbreitungsgebiet (Region oder Land) einer bestimmten Kultur; beispielsweise der bairische Kulturraum in Bayern und Österreich oder der mitteleuropäische Kulturraum, der katholische… …   Deutsch Wikipedia

  • Novationsraum — Unter einem Kulturraum versteht man im Allgemeinen das Verbreitungsgebiet (Region oder Land) einer bestimmten Kultur; beispielsweise der bairische Kulturraum in Bayern und Österreich oder der mitteleuropäische Kulturraum, der katholische… …   Deutsch Wikipedia

  • Franz Petri — (* 22. Februar 1903 in Wolfenbüttel; † 8. März 1993 in Münster) war ein deutscher Geschichtswissenschaftler. Er beschäftigte sich vor allem mit regionalgeschichtlichen Themen (Rheinland, Westfalen, Niederlande). Er bestimmte die… …   Deutsch Wikipedia

  • Institut für Ostbairische Heimatforschung — Verein und Institut für Ostbairische Heimatforschung wurden 1926 in Passau gegründet und haben dort bis heute ihren Sitz. Maßgeblich zu ihrer Gründung beigetragen haben Carl Sittler, Max Heuwieser sowie Rudolf Guby. Das Institut für Ostbairische… …   Deutsch Wikipedia

  • Passauer Jahrbuch — Das Passauer Jahrbuch (genau Passauer Jahrbuch: Beiträge zur Geschichte und Kultur Ostbaierns ), vormals Ostbairische Grenzmarken , ist das Sprachrohr des Instituts für Kulturraumforschung Ostbaierns und der Nachbarregionen (IKON) in Passau,… …   Deutsch Wikipedia

  • Verein für Ostbairische Heimatforschung — Verein und Institut für Ostbairische Heimatforschung wurden 1926 in Passau gegründet und haben dort bis heute ihren Sitz. Maßgeblich zu ihrer Gründung beigetragen haben Carl Sittler, Max Heuwieser sowie Rudolf Guby. Das Institut für Ostbairische… …   Deutsch Wikipedia

  • Verein und Institut für Ostbairische Heimatforschung — wurden 1926 in Passau gegründet und haben dort bis heute ihren Sitz. Maßgeblich zu ihrer Gründung beigetragen haben Carl Sittler, Max Heuwieser sowie Rudolf Guby. Das Institut für Ostbairische Heimatforschung widmet sich als landesgeschichtliches …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”