Königin Augusta

Königin Augusta
Kaiserin Augusta in Baden-Baden

Augusta Marie Luise Katharina von Sachsen-Weimar-Eisenach (* 30. September 1811 in Weimar; † 7. Januar 1890 in Berlin) war als Ehefrau Kaiser Wilhelms I. Deutsche Kaiserin und Königin von Preußen.

Inhaltsverzeichnis

Frühe Jahre

Augusta war die zweite Tochter des Großherzogs Carl Friedrich und der Großfürstin Maria Pawlowna Romanowa, einer Schwester Zar Alexanders I. von Russland. Während ihr Vater ein geistig beschränkter Mensch war, dessen bevorzugte Lektüre bis zum Ende seines Lebens Märchen blieben, nannte Johann Wolfgang von Goethe ihre Mutter „eine der besten und bedeutendsten Frauen ihrer Zeit“. Augusta selbst erhielt eine umfassende Bildung, die darauf ausgerichtet war, später höfische Repräsentationspflichten wahrzunehmen. Dazu gehörte auch Zeichenunterricht, den ihr die Hofmalerin Louise Seidler erteilte, sowie ein gründlicher Musikunterricht, für den der Hofkapellmeister Johann Nepomuk Hummel zuständig war.

Auguste von Sachsen-Weimar als Prinzessin von Preußen, Lithografie von Clarot um 1830
Friedrich Wilhelm IV. als Kronprinz, Lithografie von Clarot um 1830

Der Hof in Weimar, an dem Augusta aufwuchs, galt als einer der liberalsten; als erstes Land in Deutschland hatte man bereits 1816 eine Verfassung verabschiedet. Weimar war darüber hinaus – dank des weiterwirkenden Einflusses der 1807 verstorbenen Herzogin Anna Amalie von Sachsen-Weimar-Eisenach – gegenüber Kunst und Literatur sehr aufgeschlossen. Goethe war ein gern gesehener Gast am herzoglichen Hof; er widmete Augusta unter anderem anlässlich ihres neunten Geburtstages ein Gedicht, das mit den Zeilen begann:

Alle Pappeln hoch in Lüften
jeder Strauch in seinen Düften,
alle sehn sich nach Dir um…

Begegnung mit Wilhelm

Augusta war erst fünfzehn Jahre alt, als sie 1826 erstmals ihrem späteren Mann, dem Prinzen Wilhelm von Preußen, begegnete. (Wilhelms jüngerer Bruder Karl heiratete Augustas ältere Schwester Marie.) Wilhelm empfand die junge Augusta als „ausgezeichnete Persönlichkeit“, allerdings auch als äußerlich weniger reizvoll als ihre ältere Schwester. Es war vor allem sein Vater, der ihn bedrängte, Augusta als potenzielle Ehepartnerin in Erwägung zu ziehen.

Wilhelm selbst war zu diesem Zeitpunkt noch heftig in die polnische Prinzessin Elisa Radziwill verliebt. Eine eheliche Verbindung mit ihr wäre jedoch aus der Sicht des preußischen Königshofs eine Mesalliance gewesen, da Elisa nicht ebenbürtig war. Kronprinz war zu diesem Zeitpunkt zwar Wilhelms älterer Bruder, Friedrich Wilhelm (der spätere Friedrich Wilhelm IV.), doch die Ehe des Kronprinzenpaares war bis dato kinderlos geblieben. Wilhelm war damit präsumtiver Thronanwärter. Wilhelms Vater, Friedrich Wilhelm III. untersagte daher im Juni 1826 die Verbindung mit Elisa Radziwill endgültig, und Wilhelm hielt die nächsten Monate Ausschau nach einer passenderen Verbindung, ohne seine emotionale Bindung an Elisa Radziwill aufzugeben. Erst ein Eingreifen des königlichen Vaters sorgte dafür, dass Wilhelm am 29. August 1828 schriftlich um die Hand Augustas bat; Augusta selbst willigte freudig ein, am 25. Oktober 1828 verlobten sich die beiden miteinander.

Die Historikerin Karin Feuerstein-Praßer hat anhand von Auswertungen der brieflichen Korrespondenz der beiden Verlobten gezeigt, mit welch unterschiedlichen Erwartungen die beiden die Ehe eingingen: Seiner Schwester Charlotte, der Gemahlin von Zar Nikolaus I., schrieb Wilhelm mit Bezug auf Elisa Radziwill „Man kann nur einmal im Leben wirklich lieben“ und gestand bezüglich Augusta sogar ein „Die Prinzessin ist schön und klug, aber sie läßt mich kalt“. Augusta dagegen war in ihren zukünftigen Mann verliebt und voll Hoffnung auf eine glückliche Ehe. Ihr war die unglückliche Liebe zu Elisa Radziwill bekannt, doch gab sie sich der Illusion hin, dass sie ihm diese ersetzen könne.

Am 11. Juni 1829, am Tag nach ihrer Ankunft von der dreitägigen anstrengenden Reise von Weimar nach Berlin, heiratete Wilhelm seine vierzehn Jahre jüngere Verlobte in der Kapelle von Schloss Charlottenburg.

Erste Ehejahre und die Geburt der zwei Kinder

Die ersten Ehewochen waren durchaus harmonisch; Augusta wurde am preußischen Königshof wohlwollend aufgenommen, sie begann sich jedoch bald an dem militärisch-nüchternen Berliner Hof zu langweilen. Die Wahrnehmung karitativer Aufgaben und Funktionen, die dieser Langeweile hätte entgegenwirken können, blieb ihrer Schwägerin, der Kronprinzessin Elisabeth, vorbehalten. Gleichzeitig fing Wilhelm an, sich am regen Geist seiner nicht einmal zwanzigjährigen Gattin zu stören. Aufschlussreich ist ein Brief, den er im März 1830 an seine Schwester Alexandrine schrieb:

König Wilhelm I. v. Preußen in großer Generalsuniform; nach 1870.
Wenn Du glaubst, daß Augusta mich oft, als zu kindisch, nicht ganz befriedigt, so ist das nicht der Fall, da sie, ganz im Gegenteil, eigentlich zu wenig die Tendenz ihres Alters hat und mich eher in dieser Hinsicht impatieren könnte. Ihr Verstand ist so gereift und ihre Urteilskraft so scharf, daß sie sich zu oft auf Diskussionen einläßt, die sie allerdings mit voller Umfassung des Gegenstandes durchführt, die aber eigentlich über ihre Sphäre gehen, was ihr dann natürlich nicht nur Selbstgefühl gibt, dergleichen Diskussionen zu suchen, sondern ihr einen Anstrich von femme d’esprit gibt, der nicht erwünscht für sie ist. Weil sie überhaupt schon in der Reputation immer stand, daß der Verstand über das Herz regiert.
Dies ist nun glücklicherweise nicht der Fall, wie ich mit voller Wahrheit versichern kann; aber wer sie nur jene Diskussionen führen hört, wird jene Reputation begründet zu glauben finden, und das ist mir unlieb. Ich habe sie schon oft darauf aufmerksam gemacht und ihr auch namentlich empfohlen, ihre sehr gereiften Geistesgaben wenigstens dadurch in Einklang mit ihrem Alter und ihrem Geschlecht zu halten, daß ihre Äußerungen weniger als festes Urteil erscheinen, als vielmehr als ihre Meinung.

Auch sexuell schienen die zwei Ehepartner nicht miteinander zu harmonieren. In einem Brief, den Wilhelm am 22. Januar 1831 an seine Schwester Charlotte schrieb, beklagte er sich über die mangelnde Weiblichkeit seiner Frau.
Das erste Kind, der spätere Deutsche Kaiser Friedrich, kam am 18. Oktober 1831 zur Welt. Wilhelm und Augusta waren zu diesem Zeitpunkt schon mehr als drei Jahre verheiratet. Bis zum zweiten Kind Luise, der späteren Großherzogin von Baden, die am 3. Dezember 1838 das Licht der Welt erblickte, vergingen mehr als sieben Jahre. 1842 und 1843 erlitt Augusta jeweils eine Fehlgeburt. Wilhelm hatte früh seine Liebschaften wieder aufgenommen; so diskret diese Beziehungen zu Damen unterschiedlichster Kreise auch abliefen, wird Augusta doch davon Kenntnis gehabt haben. In jedem Fall litt Augusta seit 1840 immer wieder an manisch-depressiven Phasen; sie empfand ihr Leben als reizlos, war niedergeschlagen und litt unter dem enormen Druck, der auf ihr lastete.

Die Politikerin Augusta

Augusta war ein politisch sehr interessierter Mensch; insbesondere ab dem Jahre 1845 begann sie sich sehr intensiv mit politischen Fragen auseinanderzusetzen. Wie so viele andere liberal gesinnte Menschen hatte sie hoffnungsvoll auf die Thronbesteigung Friedrich Wilhelms IV., ihres Schwagers, reagiert, der als moderner, aufgeschlossener Mensch galt. Doch Friedrich Wilhelm IV. weigerte sich, seinem Land eine Verfassung zu geben und regierte weit konservativer, als seine Kronprinzenjahre hatten vermuten lassen. Den Vereinigten Landtag, den Friedrich Wilhelm angesichts der am 22. April 1847 ausgebrochenen Hungerrevolte einberief und dessen Mitbestimmung sich auf finanzielle Fragen beschränkte, löste er schon wenige Monate später wieder auf. Für die blutigen Auseinandersetzungen der Märzrevolution 1848, als das Militär mit Kartätschen und Granaten auf die demonstrierende Berliner Bevölkerung losging, machte die Bevölkerung Wilhelm verantwortlich. Auf Bitten seines königlichen Bruders floh Wilhelm, mittlerweile 51 Jahre alt, nach London. Augusta zog sich mit den zwei Kindern nach Potsdam zurück. In Berlin sang man spöttisch über ihren Mann, der seit Friedrich Wilhelms Thronbesteigung Kronprinz war:

Schlächtermeister Prinz von Preußen
komm doch, komm doch nach Berlin!
Wir wollen Dich mit Steinen schmeißen
und die Barrikaden ziehn

In liberalen Kreisen wurde ernsthaft die Idee diskutiert, ob das Königspaar nicht abdanken, der Kronprinz auf den Thron verzichten und stattdessen Augusta, die „edle und freisinnige Fürstin“, die Regentschaft bis zur Volljährigkeit ihres Sohnes übernehmen sollte. Da die Briefe und Tagebücher jener Zeit später durch Augusta vernichtet wurden, ist heute nicht mehr nachvollziehbar, ob sie diesen Plan ernsthaft erwogen hat. Nachdem im Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche über 800 Abgeordnete zur Nationalversammlung zusammengetreten waren, konnte Wilhelm bereits im Juni 1848 wieder nach Preußen zurückkehren. Er wurde 1849 zum Generalgouverneur der Rheinprovinz ernannt, und im Frühjahr 1850 bezog Augusta gemeinsam mit Wilhelm ihre neue Residenz in Koblenz. Sie bewohnten das am Rhein gelegene Schloss des letzten Kurfürsten von Trier.

Die Koblenzer Jahre

Kaiserin Augusta-Monument von Friedrich Moest und Bruno Schmitz in den Rheinanlagen in Koblenz

Augusta fühlte sich in Koblenz wohl; hier hatte sie endlich die Gelegenheit, ein Hofleben zu gestalten, wie sie es aus ihrer Kindheit am Weimarer Hof gewöhnt war. Sie ließ nach ihrem Einzug in das Kurfürstliche Schloss 1856 die nach ihr benannten Koblenzer Kaiserin-Augusta-Anlagen von den beiden bedeutendsten preußischen Gartenbaukünstlern Peter-Joseph Lenné und Hermann Fürst von Pückler-Muskau planen und realisieren. Ihr Sohn Friedrich studierte derweil im nahen Bonn Rechtswissenschaften und war damit der erste preußische Thronfolger, der eine akademische Ausbildung erhielt. Auch daran war Augustas Einfluss maßgeblich beteiligt.

Am Koblenzer Hof verkehrten liberale Menschen wie der Historiker Maximilian Duncker, die Rechtsprofessoren August Moritz von Bethmann-Hollweg und Clemens Theodor Perthes sowie Alexander von Schleinitz. Auch Wilhelm nahm unter dem Eindruck der 48er Revolte eine politisch gemäßigtere Haltung an, die bei seinem regierenden Bruder auf Unwillen stieß. Kritisch wurde Augustas tolerante Haltung gegenüber dem Katholizismus beäugt, die in der Koblenzer Zeit besonders offensichtlich wurde – eine Haltung, die man in einer Zeit, als die religiöse Konfession noch eine große Bedeutung hatte, bei einer preußisch-protestantischen Prinzessin als unpassend empfand. So unterstützte sie beispielsweise den Bau eines Wallfahrtsorts in Arenberg durch Pfarrer Kraus. Ihre vorurteilsfreie Anerkennung der Arbeit katholischer Wohlfahrtsvereine und Krankenhäuser legten insbesondere ihre Gegner im protestantischem Berlin zu ihren Ungunsten aus. Bismarck vermerkte über ihre offene Haltung gegenüber Katholiken:

[Der] fremdartige Katholicismus hatte etwas Anziehendes für eine Fürstin, welche überhaupt das Fremde mehr interessierte als das Näherliegende, Alltägliche, Hausbackne. Ein katholischer Bischof erschien vornehmer als ein General-Superintendent. Ein gewisses Wohlwollen für die katholische Sache, welches ihr schon früher eigen und z.B. in der Wahl ihrer männlichen Umgebung und Dienerschaft erkennbar war, wurde durch ihren Aufenthalt in Coblenz vollends entwickelt. Sie gewöhnte sich daran, die localen Interessen des alten Krummstab-Landes und seiner Geistlichkeit als ihrer Fürsorge besonders zugewiesen anzusehen und zu vertreten. Das moderne confessionelle Selbstgefühl auf dem Grunde geschichtlicher Tradition, welches in dem Prinzen die protestantische Sympathie nicht selten mit Schärfe hervortreten ließ, war seiner Gemahlin fremd.

1856 heiratete Augustas und Wilhelms erst siebzehnjährige Tochter Luise den Großherzog Friedrich von Baden; im Januar 1858 gaben sich Friedrich und die ebenfalls erst siebzehnjährige Viktoria, genannt Vicki, die Tochter der Königin Viktoria von England, das Eheversprechen. Diese Heirat zählte Augusta zu den wenigen Triumphen, die sie erringen konnte. Sie sah in England das Beispiel einer zeitgemäßen Monarchie und war sich sicher, dass ihre Schwiegertochter hinreichend von ihrer Herkunft geprägt sein würde, um auch Friedrich in Richtung einer liberalen Monarchie zu beeinflussen.

Rückkehr nach Berlin

Gleichfalls im Jahre 1858 wurde Wilhelm als Regent eingesetzt, nachdem sein Bruder nach mehreren Schlaganfällen nicht mehr regierungsfähig war. Augusta musste das von ihr geschätzte Koblenz wieder verlassen und kehrte gemeinsam mit ihrem Mann nach Berlin zurück.

Otto von Bismarck – erst kurz vor ihrem Tod lernte die liberale Augusta den konservativen Politiker schätzen

Wilhelm entließ das alte Ministerium und benannte Minister, die für eine liberalere Politik einstanden und von denen viele am Koblenzer Hof verkehrt hatten: Alexander von Schleinitz, dem Augusta - ebenso wie seiner späteren Gattin, der liberalen Salonière und Bismarck-Kritikerin Marie von Schleinitz - sehr vertraute, wurde Außenminister, August Moritz von Bethmann-Hollweg wurde Kulturminister und zum Ministerpräsidenten wurde Karl-Anton Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen berufen. Die konservativen Gegner sahen in dieser Auswahl das Wirken Augustas, tatsächlich war ihr politischer Einfluss auf Wilhelm jedoch eher gering. Sie konnte auch nicht verhindern, dass Wilhelm, seit dem 2. Januar 1861 nun König von Preußen, 1862 ein sich seinen Absichten nicht beugendes Parlament wieder auflöste. Gleichfalls konnte sie nicht verhindern, dass ihr Mann Otto von Bismarck als preußischen Ministerpräsidenten berief. Augusta betrachtete Bismarck als ihren Todfeind und Bismarck wiederum verachtete Augusta für ihren Einfluss auf Mann und Sohn und sah in ihr den „Kristallationspunkt“ aller politischen Kräfte, die gegen ihn arbeiteten. Bismarck schrieb viele Jahre später in seiner Autobiografie „Gedanken und Erinnerungen“ über Wilhelms eigenwillige Gemahlin:

„Feuerkopf“, so pflegte Kaiser Wilhelm I. in vertraulichen, aus Verdruß, Respekt und Wohlwollen gemischten Stimmungen die Gemahlin zu bezeichnen und diesen Ausdruck mit einer Handbewegung zu begleiten, die etwa sagen wollte: „Ich kann nichts ändern.“ Ich fand diese Bezeichnung außerordentlich treffend; die Königin war, solange nicht physische Gefahren drohten, eine mutige Frau, getragen von einem hohen Pflichtgefühl, aber auf Grund ihres königlichen Empfindens abgeneigt, andere Autoritäten als die ihrige währen zu lassen.

Augusta war insbesondere über Bismarcks Politik entsetzt, die keinem Krieg aus dem Weg ging. Gleichzeitig entfremdete sie sich immer mehr von ihrem Mann. Bismarck wiederum bezeichnete sie als „alte Fregatte“, hetzte Zeitungen gegen die liberale Königin auf und äußerte sich selbst im Parlament negativ über Augusta. In seinen eigenen Lebenserinnerungen ist der Konflikt mit der Prinzessin und späteren Königin bzw. Kaiserin immer wieder spürbar. An einer Stelle schreibt Bismarck: Gewiß ist, daß der antirussische Einfluß dieser hohen Frau auch in den Zeiten, wo sie Königin und Kaiserin war, mir die Durchführung der von mir für nothwendig erkannten Politik bei Sr. Majestät häufig erschwert hat.

Zu dieser Situation trug wesentlich bei, dass Augusta zwar intelligent und politisch neugierig war, ihr jedoch jegliches Fingerspitzengefühl und diplomatisches Vorgehen abging. Bismarck verprellte sie auch dadurch, dass sie seine Frau Johanna unhöflich behandelte; ihren Mann quälte sie mit ihren schulmeisterlichen Belehrungen. Ihre Umgebung litt außerdem so an ihren manisch-depressiven Phasen, dass der Hofstaat erleichtert reagierte, wenn die Königin immer häufiger nach Baden-Baden zur Kur fuhr. Und während der überwiegende Teil der preußischen Bevölkerung über den Sieg bei Königgrätz jubelte, betrauerte Augusta die Gefallenen und Verletzten. Auch das wurde ihr übelgenommen. Mit ihrer intelligenten Schwiegertochter, der Kronprinzessin Victoria verstand sie sich gleichfalls nicht, obwohl beide dieselben politischen Überzeugungen vertraten und Bismarck ablehnend gegenüberstanden. Die gläubige und ausgeprägt pflichtbewusste Augusta empfand Victoria als zu religionslos, nahm ihr gelegentliches Fernbleiben von offiziellen Anlässen übel und fühlte sich durch die vitale Britin von ihrem Sohn entfremdet. Eine gute Beziehung hatte sie lediglich zu ihrem Enkel Wilhelm.

Immerhin war es ihr als Königin von Preußen nun möglich, sich karitativ zu betätigen. Augusta, die Krieg verabscheute, gründete 1864 den Vaterländischen Frauenverein, der sich um verwundete und erkrankte Soldaten kümmerte. Ihre Besuche in England nutzte sie unter anderem zum Austausch mit Florence Nightingale, deren Arbeit wesentlich zur Verringerung der Sterblichkeitsziffern in englischen Lazaretten beigetragen hatte. Auf Augustas Initiative gingen mehrere Krankenhausgründungen zurück; dazu zählt auch das noch heute existierende Langenbeck-Virchow-Haus, das Sitz der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie ist. Nach dem Tod des Chirurgen Bernhard von Langenbeck setzte sich Augusta ein, dieser Gesellschaft einen eigenen Wirkungsort einzurichten:

„Nicht ein Standbild irgendwelcher Art, und wäre es auch von des größten Künstlers Hand gefertigt und an offener Stelle aufgestellt, könnte den großen Meister der Chirurgie so ehren wie ein Haus, welches der Pflege der von ihm so mächtig geförderten Wissenschaft gewidmet sei; nicht eine Bildsäule Langenbeck’s, sondern ein Langenbeck-Haus solle errichtet werden, den Kranken Heil, der Heilkunst Pflege!“

lautete es in der Kabinettsorder Augustas. Noch heute existieren auch die bedeutenden Augusta Krankenanstalten in Bochum, ein stolz ihren Namen tragendes Akutkrankenhaus von überregionalem Gewicht. Das Andenken der Kaiserin wird hier gepflegt.

Deutsche Kaiserin

Proklamation Wilhelms I. zum Deutschen Kaiser – Augusta empfand die durch einen Krieg errungene Krone als Niederlage

So wie Augusta den Deutschen Einigungskriegen ablehnend gegenüberstand und für diese vor allem Bismarck verantwortlich machte, war sie auch eine Gegnerin des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71, der ihr jedoch am 18. Januar 1871 die Kaiserkrone eintrug. Bismarck berichtet: Man hat mir erzählt, daß die Königin Augusta ihren Gemahl vor ihrer Abreise von Ems nach Berlin in Thränen beschworen habe, den Krieg zu verhüten im Andenken an Jena und Tilsit und fährt bissig weiter fort: Ich halte die Angabe für glaubwürdig bis auf die Thränen.

Augusta empfand die Krone als persönliche Niederlage; sie wollte die Einigung Deutschlands unter preußischer Vorherrschaft durch „moralische Eroberungen“ erreichen, nicht durch Blutvergießen. Ihre Haltung gegen den Krieg fand auch Ausdruck in der Errichtung der Kaiserin-Augusta-Stiftung in Potsdam, die 1872 „als ein Heim zur Erziehung hilfsbedürftiger Töchter von auf dem Felde der Ehre gebliebenen oder infolge des Krieges von 1870/71 gestorbenen deutschen Offizieren, Militärbeamten, Geistlichen und Ärzten“ gegründet wurde.

Ihre persönlichen Auseinandersetzungen mit Bismarck setzten sich auch nach 1871 fort. Im Kulturkampf, der sich vornehmlich gegen die katholische Kirche richtete, ergriff sie entschieden Partei für die katholische Kirche. Es gelang ihr, Wilhelm dazu zu überreden, die katholischen Orden, die krankenpflegerische Dienste versahen, nicht wie die anderen Orden zu vertreiben. Diesem ersten kleinen Teilsieg folgten weitere, und bis 1878 musste Bismarck nahezu alle Zwangsmaßnahmen gegen die katholische Kirche wieder zurücknehmen. Bismarck empfand dies als persönliche Niederlage und sah die Schuld bei der Kaiserin, auf die er immer wieder die Presse hetzte. Augusta begrub ihre Abneigung gegen Bismarck erst in ihren letzten Lebensjahren. Ausgerechnet Bismarck schien ihr der geeignete Mann, ihren geliebten Enkel Wilhelm auf seine Regierungstätigkeit vorzubereiten.

Die letzten Jahre

Die schon seit Jahren von Rheuma gequälte Augusta erlitt im Juni 1881 bei einem Sturz so schwere Verletzungen, dass sie fortan auf Krücken und Rollstuhl angewiesen war. Dies hinderte sie nicht daran, weiterhin ihre Pflichten zu erfüllen. Auch das Verhältnis zu ihrem Ehemann, der 1887 seinen 90. Geburtstag feierte, besserte sich nun endlich. Ihr Mann, der Deutsche Kaiser, starb am 9. März 1888. Nur 99 Tage später erlag ihr Sohn, der als Friedrich III. den Thron bestiegen hatte, seinem Kehlkopfkrebs. Sie konnte noch erleben, dass ihr geliebter Enkel Wilhelm Kaiser wurde. Kaiserin Augusta besuchte alljährlich bis wenige Wochen vor ihrem Tod die Stadt Koblenz, ihr "rheinisches Potsdam". Am 7. Januar 1890 starb sie. Augusta wurde im Mausoleum im Schlosspark Charlottenburg neben ihrem Ehemann beigesetzt.

Literatur

  • Karin Feuerstein-Praßer: Die deutschen Kaiserinnen 1871–1918. Regensburg 1997, ISBN 3-492-23641-3
  • Wilhelm Treue (Hrsg.): Drei Deutsche Kaiser – Ihr Leben und Ihre Zeit 1858 – 1918. Ploetz, Würzburg 1987, ISBN 3-87640-192-5

Weblinks


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