Köpenicker Straße 137

Köpenicker Straße 137
Köpenicker Straße 137

Die Köpi (auch Køpi) ist ein 1990 besetztes und 1991 legalisiertes Haus in der Köpenicker Straße 137 im Berliner Ortsteil Mitte, das heute als autonomes Wohnprojekt und Kulturzentrum bezeichnet wird. Hof und Garten werden als Wagenplatz genutzt.

Inhaltsverzeichnis

Allgemein

Das heute noch bestehende Gebäude ist ein fünfgeschossiges, ehemaliges Hinterhaus mit Resten von zwei Seitenflügeln. Die Grundstücksfläche des Hauses beträgt 1904 m². Da das Gebiet vom Stadtplanungsamt Mitte als „Mischgebiet“ ausgewiesen ist, sind bis zu 50 % gewerbliche Nutzung möglich.[1]

Auf dem Gebäude war die Aufschrift „Die Grenze verläuft nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen oben und unten“ in metergroßer Schrift auf Höhe der obersten Etage bis zur Errichtung eines benachbarten Neubaus sichtbar. Das Köpi ist international ähnlich bekannt wie das im März 2007 abgerissene Ungdomshuset in Kopenhagen.[2]

Nach der Renovierung durch die Besetzer ist Wohn- und Lebensraum für rund 60 Personen sowie diverse Veranstaltungsräume vorhanden. Laut Polizeiangaben sind lediglich 29 Bewohner gemeldet.[3]

Geschichte

Hofeinfahrt der Köpi

1905 wurde das Gründerzeit-Gebäude von einem jüdischen Bauherrn errichtet. 1934 wechselte das Haus den Eigentümer. In der DDR war das Gebäude Volkseigentum, nach der Wende wurde das Grundstück dem ehemaligen Eigentümer rückübereignet.

Besetzung und Legalisierung

Kurze Zeit nach der Maueröffnung wurden leerstehende Häuser in Ost-Berlin, auch von West-Berlinern besetzt. Am 23. Februar 1990 besetzten sie das Haus in der Köpenicker Straße 137, das kurz zuvor entmietet wurde und abgerissen werden sollte. Weder die Kommunale Wohnungsverwaltung als Verwalter des Hauses, noch die Ost-Berliner Polizei gingen gegen die Besetzung vor.

Nach der endgültigen Vereinigung erfolgten die ersten Räumungen in Ost-Berlin. Als Reaktion auf die heftigen Straßenschlachten bei der Räumung der Mainzer Straße rief der Bezirk Mitte einen runden Tisch ein, der eine Legalisierung der Besetzungen erreichen sollte. Im Sommer 1991 wurde die Köpi durch den Abschluss eines Vorvertrages zwischen Bewohnern und der Wohnungsbaugesellschaft Berlin Mitte mbH, als Nachfolger der KMV, legalisiert. Dieser Vorvertrag umfasste alle gemeinschaftlich bzw. gewerblich genutzten Räume der Köpenicker Straße 137 und beinhaltete die bauliche Selbsthilfe und Einzelmietverträge.
Im gleichen Jahr entstand in der Nähe das autonome Wohnprojekt Schwarzer Kanal. Am 1. Mai 1993 übernahm die Gesellschaft für Stadtentwicklung (GSE) im Auftrag der WBM die Verwaltung der Köpenicker Straße 137. Die Einzelmietverträge wurden mit der GSE abgeschlossen.

Rückübertragung

1995 wurde das Gebäude an Volquard Petersen rückübertragen. Ab dem 1. Oktober 1995 übernahm die Petersen und Partner KG die Verwaltung im Auftrag des neuen Besitzers. Ein Jahr darauf wurde der Köpi fristlos gekündigt und sie wurden aufgefordert das Haus innerhalb einer Woche zu verlassen. Nachdem die Bewohner auch auf eine zweite Kündigung zum November 1996 nicht reagierten, reichte die Petersen und Partner KG im Dezember 1996 eine Räumungsklage beim Amtsgericht Berlin-Tempelhof ein. Dieses erklärte sich allerdings zunächst für nicht zuständig und schließlich wurde die Klage abgewiesen.

Der Grund für die fristlose Kündigung waren die Baupläne der Petersen und Partner KG, die auf dem Grundstück ein Bürogebäude mit Tiefgarage errichten und das Hinterhaus modernisieren wollte. Obwohl die Baugenehmigungen vom Bezirk Mitte vorlagen, wurden sie nicht umgesetzt, da Petersen Insolvenz anmelden musste.

Zwangsversteigerung

Eine Zwangsverwaltung des Objektes im April 1998 scheiterte. Auf Antrag der Gläubigerbanken der Petersen und Partner KG sollte die Köpenicker Straße 137 und die umliegenden Gelände am 16. Februar 1999 zwangsversteigert werden. Bei der Versteigerung im Amtsgericht Mitte fand sich jedoch kein Interessent.[4] Eine weitere Versteigerung am 2. November 1999 wurde wegen Mangel an Interessenten abgesagt.[5]

Im Jahr 2006 hat die Commerzbank einen erneuten Antrag auf Zwangsversteigerung beim Amtsgericht gestellt. Der Termin wurde auf den 8. Mai 2007 gelegt. Die Versteigerung wurde weder in Zeitungen noch im Internet bekanntgemacht, lediglich im Amtsblatt wurde sie angekündigt.[6] Trotzdem berichten die Morgenpost[3] am 24. April 2007, der Tagesspiegel[6] und das Neues Deutschland[7] am 4. Mai 2007 von der anstehenden Versteigerung.

Das Grundstück gilt auf Grund seiner Lage an der Spree in der Nähe des Ostbahnhofs als äußerst attraktiv. Als Umlaufwert wurden 1.670.000 Euro für das Hauptgrundstück und insgesamt 1.815.000 Euro für das in drei Versteigerungsposten aufgeteilte Wagenplatz-Gelände festgelegt.

In der Nacht vom 12. auf den 13. Januar 2007 fand eine Hausdurchsuchung in der Köpi statt. Ziel war die Schließung einer „illegalen Diskothek“. Nach einer halben Stunde wurde die Hausdurchsuchung abgebrochen.[8]

Am 5. Mai 2007 fand eine Demonstration gegen die Versteigerung der Köpi statt. Sie begann um 15 Uhr am Breitscheidplatz und endete vor der Zentrale der Commerzbank an der Potsdamer Straße. Laut Angaben der Veranstalter nahmen über 2000 Personen an der Demonstration teil, die Polizei sprach von 1200 Teilnehmern.[9][10] Am 7. Mai 2007 wurden an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet mit Transparenten für den Erhalt der Köpi demonstriert. Gegen die damit einhergehenden Hausfriedensbrüche ging die Berliner Polizei noch am gleichen Tag vor[11]. Am Vormittag des 7. Mai baute die Polizei an Straßen in der Nähe des Amtsgerichts Absperrungen auf und führte Kontrollen durch, die angekündigte Kundgebung um 18:00 Uhr konnte jedoch ungehindert stattfinden.

Demonstration am 8. Mai 2007 gegen den Verkauf

Am 8. Mai 2007 gegen 9 Uhr wurde die Köpenicker Straße 137 für das geringste Gebot von rund 835.000 Euro verkauft. [12]

Nach Verhandlungen der Bewohner und ihres Anwalts Moritz Heusinger mit Besnik Fichter wurde im März 2008 ein Mietvertrag über 30 Jahre ausgehandelt, der von Fichter unterschrieben und vom Plenum der Köpi 137 abgesegnet wurde. Obwohl Fichter die Immobilie im Auftrag eines Berliner Immobilienentwicklers gekauft hatte, war er zur Unterschrift berechtigt, weil offenbar kein schriftlicher Treuhändervertrag zwischen Fichter und dem Immobilienentwickler existierte, auf Grund dessen Letzterem die Entscheidungsgewalt zugestanden hätte.[13]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.scheinschlag.de/archiv/1999/01_1999/texte/news04.html
  2. Tagesspiegel: Aufmarsch gegen Zwangsversteigerung, 4. Mai 2007
  3. a b http://www.morgenpost.de/content/2007/04/24/bezirke/896152.html
  4. http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/1999/0217/lokales/0200/index.html
  5. http://www.scheinschlag.de/archiv/1999/11_1999/texte/news1.html
  6. a b Tagesspiegel: Demo gegen heimlichen „Köpi“-Verkauf, 4. Mai 2007
  7. Neues Deutschland: Widerstand gegen Immobiliendeal, 4. Mai 2007
  8. http://de.indymedia.org/2007/01/166082.shtml
  9. http://www.welt.de/berlin/article853601/Demonstration_gegen_Koepi-Versteigerung.html
  10. http://www.jungewelt.de/2007/05-07/045.php
  11. http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/77408/index.html
  12. http://www.welt.de/berlin/article858583/Koepi_fuer_834.000_Euro_zwangsversteigert.html
  13. Der Spiegel: Die Autonomen und ihr "Plutonium"-Deal, 13. August 2008

52.50777777777813.4261111111117Koordinaten: 52° 30′ 28″ N, 13° 25′ 34″ O


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