Küssen

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Der heimliche Kuß“ gemalt um 1788 von Jean-Honoré Fragonard
Szenenfoto aus dem Kurzfilm Der Kuss von 1896
Der Kuss von Frischvermählten als Hochzeitsbrauch. Oft eingeleitet mit dem Satz "Sie dürfen sich jetzt küssen".

Ein Kuss ist der orale (lat os, oris = Mund) Körperkontakt mit einer Person oder einem Gegenstand. In der westlichen Kultur wird der Kuss meistens genutzt, um Liebe oder (sexuelle) Zuneigung auszudrücken. Meist sind dabei zwei Personen beteiligt, die sich gegenseitig auf die Lippen oder andere Körperstellen küssen. Liebesküsse sind oft lang und intensiv (z. B. Zungenkuss).

Der Kuss gilt in vielen Kulturen als Ausdruck einer Emotion (der Liebe), der Freundschaft und der Ehrerbietung. Die Bedeutung des Kusses, insbesondere des in der Öffentlichkeit erbotenen Kusses, ist jedoch kulturell unterschiedlich.

Inhaltsverzeichnis

Physiologisches

An den Lippen sind besonders viele Nervenden vorhanden, wodurch beim Küssen besonders der Gefühlssinn beteiligt ist. Weiterhin werden durch die Nähe beim Kuss Pheromone besonders gut übertragen. Ein Kuss kann so die Lust steigern.

Kulturelle Unterschiede

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Kuss aus partnerschaftlicher Liebe

Im europäischen Westen und in den meisten Ländern Nordamerikas gilt es heutzutage meist nicht mehr als anstößig, sich in der Öffentlichkeit zu küssen, in anderen Kulturkreisen dagegen schon. In einigen Ländern ist sogar das Küssen unter Erwachsenen verschiedenen Geschlechts, die nicht miteinander verwandt oder verheiratet sind, eine strafbare Handlung.

In Asien und der Arktis weit verbreitet ist der Riechgruß (häufig auch Nasenkuss oder Eskimokuss genannt. Dieses Verhalten ist vom Beschnüffeln des Gegenübers ableitbar. Dass es in der Arktis üblich ist, sich mit der Nase zu küssen, zählt zu den zahlreichen populären Irrtümern über die Inuit. Damit gemeint ist der sogenannte „Riechgruß“, der keine ethnische Variante des Küssens darstellt, sondern eine Geste eigener Art.[1]

Symbolisch angedeutet überbrückt der Luftkuss von den Lippen über die Handfläche geblasen größere Distanzen.

Kuss als Teil des Sexualverhaltens

Ein Kuss kann je nach dem kulturellen Umfeld und den Umständen als sexuelle Handlung angesehen werden. Zu den Umständen, die dabei zu bewerten sind, gehören Intensität und Dauer des Kusses sowie begleitende Worte und Handlungen, wie Berührungen des Körpers, das Verhältnis zwischen den Beteiligten und die damit verbundene Zielsetzung. In Japan und Indien werden Küsse in der Öffentlichkeit nicht gerne gesehen, weil sie nach der dort vorherrschenden öffentlichen Meinung zum sexuellen Vorspiel gehören und somit nur hinter verschlossenen Türen stattfinden sollen. Inwieweit ein Kuss eine sexuelle Belästigung darstellen kann, wurde auch in Deutschland juristisch mehrfach geprüft [2]. Dabei zeichnet sich ein Wandel des Verständnisses im Laufe der Zeit innerhalb einer Kultur ab. Während noch im 20. Jahrhundert ein Zungenkuss in Deutschland eindeutig als Zeichen sexuellen Verlangens verstanden wurde, gilt dies in der Gegenwart nicht mehr uneingeschränkt. Demgegenüber stellt der Kuss für viele Menschen die Verbindung zwischen der (rein körperlichen) Sexualität und der partnerschaftliche Lieben dar, weshalb er in weiten Kreisen der Prostitution als unerwünscht galt. Aufgrund von Erziehung und kultureller Prägung gibt es Vorlieben und Abneigungen gegenüber den zahlreichen Spielarten bei der rein sexuellen Form des Kusses.

Begrüßung

Küssen kann auch eine Grußform zwischen Menschen sein. Je nach verschiedener Kultur ist der Begrüßungskuss auf den Familienkreis beschränkt oder wird auch im engeren oder weiteren Bekanntenkreis gepflegt. In Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, der Türkei, Serbien, Argentinien, Polen, Österreich und der Schweiz sowie in Teilen Süddeutschlands ist es zum Beispiel üblich Familienmitglieder und Freunde mit einem beso (Küsschen) bzw. beijo, bacio, bisou zu begrüßen und zu verabschieden. Dabei wird typischerweise auf die Wange (Wangenkuss) „geküsst“. Eine Akkolade (französisch "accolade" - Umarmen) ist ein angedeuteter „Wangenkuss“ links und rechts. In Ungarn ist die gängige Grußformel der Kinder für Erwachsene "csókolom" - "ich küsse".

Für Missverständnisse sorgt oft die korrekte Zahl der Wangenküsse. Während in Deutschland meist zwei Küsse reichen müssen, wird in der Schweiz oder den Niederlanden bei Begrüßung und Abschied durchgängig ein dritter Kuss erwartet. In Frankreich variiert die Zahl der üblichen Wangenküsse je nach Region zwischen zwei (z.B. in Paris, im Elsass, Zentralfrankreich und im Südwesten) und vier (entlang der Loire, in der Champagne).[3]

Beim Abschied wird der Abschiedskuss ausgetauscht. Dieser kann je nach sozialer Stellung, Enge der Beziehung, Länge der Trennung usw. unterschiedlich erfolgen (als Wangenkuss, als intimer Kuss oder als flüchtiger Kuss).

Christentum

Die alte christliche Kirche kannte den Friedenskuss; in der griechischen Kirche ist noch heute der Osterkuss üblich.

Judas küsst Jesus (Ausschnitt eines Freskos von Giotto di Bondone, Capella degli Scrovegni, Padua, 1304-1306)
Der Judaskuss aus der Fassade der Abteikirche in Saint-Gilles (Gard) (12.Jh.)

Nach Mt 26,48ff EU verriet der von Jesus von Nazaret berufene Apostel Judas Ischariot diesen an die von den Hohenpriestern ausgesandte Truppe mit einem Kuss, der als vereinbartes Erkennungszeichen vorher verabredet worden sei. Daher bezeichnet man heute einen geheuchelten Kuss oder eine andere derartige Geste, in der sich statt Freundschaft Feindschaft und böse Absicht verbergen, als „Judaskuss“.

Siehe auch

Bruderkuss und „Schwesternkuss“

Gegenbeispiele für echte Mundküsse sind einerseits der sozialistische Bruderkuss, der vor allem bei Staatsbesuchen oder Parteiversammlungen des ehemaligen Ostblocks gepflegt wird.

Daran angelehnt ist der schwule „Schwesternkuss“ als demonstrative Geste in der Szene, dazuzugehören. Weiterhin ist der Schwesternkuss das Symbol für „Auf Leben und Tod - wir halten zueinander“ auf sog. Kiss-Ins bei AIDS-Demonstrationen.

Verehrung

Auch den Kuss aus Gründen der Ehrerbietung gibt es. Beispiele sind der Handkuss, wobei sich der Mann vor der Dame zum Handkuss respektvoll verneigt oder niederkniet. Noch ehrerbietigere Formen sind der Kuss des Ringes, des Kleidsaumes der Dame oder auch der Fußkuss als Zeichen der absoluten Ergebenheit eines Mannes gegenüber einer Dame, wobei der Mann das Knie vor ihr beugt. Zu nennen ist auch der Kuss eines repräsentativen Symbols (Ring oder Zepter des Herrschers bzw. kirchlichen Würdenträgers). Hier wird der Kuss zu einer symbolischen Handlung. Sehr bekannt sind auch die Szenen, in denen Papst Johannes Paul II. den Boden küsste, wenn er ein Land zum ersten Mal betrat.

Den Kuss als Zeichen der Verehrung gibt es auch in der christlichen Liturgie; so küsst im katholischen eucharistischen Gottesdienst der Priester zu Beginn der Feier den Altar und nach der Verkündigung des Evangeliums das Evangelienbuch, beide sind Zeichen der Gegenwart Christi. In den orthodoxen Kirchen werden die Ikonen mit einem Kuss verehrt.

Todeskuss

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Als Todeskuss bezeichnet man auch einen Kuss, der dem Geküssten zeigt, dass der Küssende ihn töten (lassen) wird. Dieser Kuss ist angeblich in der kriminellen Unterwelt verbreitet und wird in mehreren Filmen gezeigt, z. B. Der Todeskuß/Kiss of Death, Der Pate.

Trivia

  • Die wissenschaftliche Erforschung des Kusses nennt man Philematologie. Es werden sowohl physiologische als auch soziale und kulturelle Aspekte des Küssens erforscht.
  • Das Küssen unter dem Mistelzweig ist ein Weihnachtsbrauch aus den USA.
  • Der 6. Juli ist der jährliche Tag des Kusses.
  • Der laut Guinness-Buch der Rekorde (online-Version) längste Kuss der Welt fand vom 6. Juli zum 7. Juli 2005 in London zwischen James Belshaw und Sophia Severin statt und dauerte 31 Stunden, 30 Minuten und 30 Sekunden.[4]
  • Zwei Drittel aller Menschen drehen beim Küssen ihren Kopf nach rechts.[5]

Zitate

  • Ingrid Bergman: „Ein Kuss ist ein reizender Trick der Natur, den Redefluss zu beenden, wenn Worte überflüssig werden.“
  • Joachim Fuchsberger: „Ein Kuss ist Mund-zu-Mund-Beatmung ohne medizinischen Anlass.“
  • Mark Twain: „Ein Kuss ist eine Sache, für die man beide Hände braucht.“
  • Jerry Lewis: „Mit Humor kann man Frauen am leichtesten verführen, denn die meisten Frauen lachen gerne, bevor sie anfangen zu küssen.“
  • Robert Lembke: „Ein Kuss ist eine Anfrage im ersten Stock, ob das Parterre frei ist.“
  • Ähnlich Hans Werner Olm: „Küssen ist, wenn oben einer klingelt und unten einer aufmacht.“
  • Johann Wolfgang Goethe: „Eine richtige Antwort ist wie ein lieblicher Kuss.“

Quellenangaben

  1. NZZ FOLIO 7/2004: Küssen Eskimo mit der Nase?
  2. Urteil zum Kuss zwischen erwachsenen Personen verschiedenen Geschlechts OLG München 20.10.2008 5St RR 180/08
  3. Eine Karte der Departements mit der "korrekten" Kuss-Anzahl findet sich hier.
  4. Guinness World Records „Big Love Records“ (englisch)
  5. Nature 421, 711 (13 February 2003)

Literatur

  • Otto F. Best: Vom Küssen. Ein sinnliches Lexikon. Reclam, Leipzig 2003, ISBN 3-379-20056-5 (Reclam-Bibliothek Leipzig; Bd. 20056).
  • Julie Enfield: Kiss and tell. An intimate history of kissing. Harper Collins, Toronto 2004, ISBN 0-002-00634-0.
  • Sylva Harst: Der Kuß in den Religionen der Alten Welt. Ca 3000 v. Chr. - 381 n. Chr. LIT-Verlag, Münster 2004, ISBN 3-825-87600-4.
  • Alain Montandon: Der Kuss. Eine kleine Kulturgeschichte („Le baiser“). Wagenbach Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-803-12549-9 (Wagenbachs andere Taschenbücher, WAT; Bd. 549).
  • Kiril Petkov: The kiss of peace. Ritual, self and society in the high and medieval west. Brill, Leiden 2003, ISBN 9-004-13038-1.
  • Hans-Wolfgang Strätz: Der Verlobungskuß und seine Folgen, rechtsgeschichtlich gesehen. Universitätsverlag, Konstanz 1979, ISBN 3-879-40138-1.
  • Di Massi; A.J. Kremer: Küssen in Köln. Ein Kusswegweiser durch die Domstadt. Emons: Köln 2008. ISBN 978-3897055940.

Weblinks


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