- Anlaufstrombegrenzung
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Als Sanftanlauf (engl. Softstart) werden Maßnahmen zur Leistungsbegrenzung beim Einschalten eines elektrischen Gerätes, meist eines größeren Netzteiles oder elektrischen Motors bezeichnet.
Zum einen wird dadurch der Einschaltstrom des Gerätes verringert (Einschaltstrombegrenzung), zum anderen werden die von Motoren angetriebenen mechanischen Komponenten vor allzu großen Drehmomenten und Beschleunigungen geschützt.
Inhaltsverzeichnis
Einschaltstrombegrenzung
Mit Widerstand
Eine Einschaltstrombegrenzung kann durch einen in Reihe zum Verbraucher geschalteten Widerstand erreicht werden. Ist dies ein ohmscher Widerstand, darf er nur beim Einschalten in der Stromleitung liegen und muss später im Normalbetrieb durch ein Relais, einen Thyristor oder einen Triac überbrückt werden. Solche Einschaltstrombegrenzer werden auch als „spannungsgesteuert“ bezeichnet, weil die Überbrückung kurz nach Einschalten der Spannung durch diese bewirkt wird.
Vorteil dieser Variante im Vergleich zur Einschaltstrombegrenzung mit Heißleitern ist, dass auch beim Einschalten kurz nach dem Ausschalten der Strom begrenzt wird. Allerdings kann sich der Widerstand sowohl bei häufigem Aus- und Einschalten in kurzer Folge als auch bei defekter oder ausbleibender Überbrückung überhitzen und schlimmstenfalls einen Brand verursachen. Deswegen sollten Maßnahmen dagegen getroffen werden, wie beispielsweise die Verwendung von schwer entflammbaren Widerständen, solchen mit eingebauter Sicherungswirkung (z. B. Schmelzdrahtwiderstand) oder einer separaten Sicherung im Widerstandskreis. Außerdem sind solche Einschaltstrombegrenzer während des Einschaltens nicht Kurzschlussfest.
Eine recht seltene Abart der Widerstandsüberbrückung sind Einschalter mit einem pneumatisch verzögertem zweiten Schaltweg. Der zweite, verzögert schließende Schalter überbrückt im Betrieb den der Einschaltstrombegrenzung dienenden Widerstand. Diese Schalter funktionieren nur, wenn sie selbst ausgeschaltet werden, nicht jedoch, wenn das Gerät anderweitig vom Netz getrennt und wieder zugeschaltet wird.
Mit Heißleiter (NTC)
Bei Netzteilen wird als Einschaltstrombegrenzer meist ein Heißleiter (NTC-Widerstand) verwendet, der ebenfalls in Serie zum Verbraucher geschaltet wird, jedoch nicht überbrückt zu werden braucht. Er begrenzt wegen seines hohen Widerstands im kalten Zustand den Strom nach dem Einschalten. Später erwärmt er sich durch den Stromfluss, verringert seinen Widerstand und verursacht dann nur noch geringe Verluste, um seine Eigentemperatur aufrechtzuerhalten.
Nach dem Ausschalten des Geräts muss eine gewisse Zeit (oft mehrere Minuten) gewartet werden, bis der Heißleiter wieder abgekühlt ist, ansonsten wird beim erneuten Einschalten der Strom nicht mehr ausreichend begrenzt. Diese Zeit kann man erheblich verkürzen, wenn man wenige Millisekunden nach dem Einschalten den NTC mit einem Relais überbrückt, wie im Bild gezeigt wird.
Overhead-Projektoren werden oft mehrmals täglich ein- und ausgeschaltet, deshalb halten die NTC meist nur ein Jahr, dann zerbröseln sie und nichts geht mehr. Wenn zwei parallel geschaltet sind, geht immer nur einer kaputt, weil der andere geschont wird. Nach dem Ausfall des ersten ist aber der nächste schon einsatzbereit und die Zeitspanne bis zur nächsten Reparatur verdoppelt sich.
NTC-Einschaltstrombegrenzer sind in der Regel im Gerät eingebaut, da der NTC-Typ auf die Last abgestimmt sein muss. Sie können seltener aber auch ein eigenes Gehäuse in Form eines Zwischensteckers haben.
Zur Einschaltstrombegrenzung vorgesehene Heißleiter bzw. NTC-Widerstände sind durch ihren maximalen Betriebsstrom (Nennstrom), den Kaltwiderstand und die Einschaltcharakteristik des angeschlossenen Verbrauchers spezifiziert. Hierzu wird vom Hersteller neben dem Nennstrom und dem Kaltwiderstand das maximale Stromintegral I2·t oder der maximal zulässige Wert des nachfolgenden Lade- bzw. Siebkondensators angegeben. Der Kaltwiderstand (meist als R25 für 25 °C angegeben) bestimmt den maximalen Einschaltstrom, wenn das Bauteil abgekühlt ist. Typische Widerstandswerte sind 5…25 Ohm, so dass Leitungsschutzschalter gerade noch nicht ansprechen.
Mit Phasenanschnitt
Zur Einschaltstrombegrenzung induktiver Verbraucher (u. a. Transformatoren, Motoren von Winkelschleifern und Staubsaugern) werden oft phasenanschnittgesteuerte Thyristoren oder Triac benutzt. Diese Baugruppen steuern den Stromflusswinkel allmählich in Form einer Rampe auf den vollen Wert. Oft können sie gleichzeitig als Leistungssteller dienen.
Eine Variante zum Begrenzen der Einschaltströme von Transformatoren sind elektronische Einschaltstrombegrenzer oder Trafoschaltrelais. Bei ihnen werden die Thyristoren nach dem Einschalten mit einem Relaiskontakt überbrückt. Solche Vorschaltgeräte vermeiden den Einschaltstrom auch bei wiederholtem Einschalten und beherrschen auch Ausfälle nur einer Netz-Halbwelle.
Einschaltstrombegrenzung und Softstart bei Netzteilen
Bei Netzteilen wird beim Einschalten ein hoher Strom zum Aufladen von Kondensatoren benötigt. Auch Netz-Transformatoren können einen hohen Einschaltstromstoß verursachen.
Mögliche Maßnahmen gegen den hohen Einschaltstrom bei primärseitig schaltenden Schaltnetzteilen und auch großen Netztransformatoren sind Einschaltstrombegrenzer mit Widerstand oder Heißleitern, wie sie oben beschrieben wurden.
Die Steuerung von Schaltnetzteilen erhöht die Ausgangsspannung darüber hinaus meist langsam (soft start), sodass der Einschaltstrom nicht noch zusätzlich durch die Last und die Ausgangskondensatoren erhöht wird.
Einschaltstrombegrenzer mit Phasenanschnittsteuerung werden bei primär getakteten Schaltnetzteilen nur in dafür angepasste Sonderbauformen eingesetzt, weil ein Schaltnetzteil eine kapazitive Last darstellt, die bei einer nicht angepassten Phasenanschnittsteuerung hohe Stromspitzen verursacht.
Schaltnetzteile mit aktiver elektronischer Leistungsfaktorkorrektur (PFC) besitzen einen hohen Einschaltstrom, der im Moment des Einschaltens über die Drossel und die Diode in den Ladekondensator der Gleichstrom-Zwischenschiene fließt, bis dieser auf die Scheitelspannung geladen ist. Obwohl die Drossel den Strom etwas begrenzt, besitzen sie daher ebenfalls meist NTC als Einschaltstrombegrenzung.
Werden mehrere Schaltnetzteile zusammen eingeschaltet, ist diese eingebaute Einschaltstrombegrenzung jedoch nahezu wirkungslos. Abhilfe bringen kann hier die Sonderbauform von einem Trafoschaltrelais. Netzteile mit passiver Leistungsfaktorkorrektur besitzen hingegen eine Netzdrossel im Eingang, die den Einschaltstrom oft ausreichend wirksam begrenzt.Sanftanlauf von Motoren
Ein Universalmotor bzw. Reihenschlussmotor beschleunigt ohne Sanftanlauf mit hoher Leistung und liefert dabei das höchste Drehmoment – das Haltemoment – aus dem Stillstand heraus. Der Anlaufstrom ist hoch, trägt jedoch sofort zum Drehmoment bei. Ein Start ohne Sanftanlauf führt hier nur selten zum Ansprechen einer Sicherung. Sanftanlauf wird jedoch auch bei diesen Motoren angewendet, um die Strombelastung von Schaltern zu verringern oder das Drehmoment auf der Antriebswelle oder auf anderen Übertragungselementen – z. B. einer Kupplung – zu begrenzen, so dass sie vor mechanischer Überbeanspruchung geschützt werden. Sanftanlauf kann auch aus Sicherheitsgründen eine entscheidende Rolle spielen, v. a. zur besseren und gefahrloseren Handhabung von mit solchen Motoren ausgerüsteten elektrischen Handgeräten (Bohrmaschine, Winkelschleifer, Handkreissäge), bei Geräten zur Beförderung von Personen (Karussell und Riesenrad auf dem Jahrmarkt) und Gegenständen (Gepäckband am Bahnhof, von dem durch zu ruckartiges Anlaufen u. U. Gepäckstücke herunterfallen würden).
Bei Motoren für Einphasen-Wechselstrom, z. B. große Winkelschleifer und Kreissägen, bei denen relativ lange ein hoher Strom fließt, bis der Motor die Schleifscheibe bzw. das Sägeblatt auf Nenndrehzahl beschleunigt hat, werden oft Einschaltstrombegrenzer benötigt; diese werden in diesem Kontext auch als Anlaufstrombegrenzer bezeichnet und können im Gerät eingebaut sein oder ein eigenes Gehäuse als Zwischenstecker zwischen der Steckdose und dem Netzstecker des Geräts haben.
Asynchronmotoren verursachen sehr hohe Einschaltströme bei zunächst geringem Drehmoment. Kurz vor Erreichen der Nenndrehzahl steigt das Drehmoment jedoch sehr stark an. In manchen Fällen, wie bei Transportbändern, Kränen und Aufzugsanlagen wird ein sanftes Starten und Halten des Motors gewünscht, um Beschleunigungen zu reduzieren, die z. B. zu Schwingungen oder zum Umfallen von transportierten Gütern führen könnten. Hier werden oft Frequenzumrichter eingesetzt.
Sanftanlaufschaltungen
Asynchronmotoren werden oft durch Stern-Dreieck-Schaltungen, durch die unten beschriebenen Sanftanlaufgeräte oder mit Frequenzumrichtern gestartet.
Staubsauger besitzen oft eine Sanftanlaufschaltung in Form eines Triacstellers mit „soft start“-Verhalten. Dieser kann mit oder ohne einstellbare Leistung ausgeführt sein – oft wird die gleiche Baugruppe verwendet, auch wenn am Gerät kein Leistungsregler vorhanden ist.
Sanftanlauf wird bei Handgeräten oft mit einem „Gasgriff“ (einem im Griffschalter untergebrachten Triacsteller) oder durch eine ebenfalls mit Triac arbeitende Sanftanlaufschaltung ohne Leistungsstellung erreicht.
Sanftanlaufgeräte
Für große Asynchronmotoren gibt es elektronische Sanftanlaufgeräte. Ein solches Sanftanlaufgerät reduziert beim Einschalten mittels Phasenanschnitt die Spannung und erhöht diese langsam bis zur vollen Netzspannung. Jedoch geht bei Asynchronmotoren bei kleinerer Spannung das Drehmoment des Motors quadratisch zurück, auch ist das Drehmoment bei sehr niedriger Drehzahl gering. Deshalb ist ein derartiger Sanftanlauf nur im lastlosen Zustand oder bei geringer Last möglich. Beim Erreichen der vollen Spannung wird bei manchen Sanftanlaufgeräten die Elektronik mittels Relais bzw. Schütz überbrückt, um die Verlustleistung zu verringern. Sanftanlaufgeräte werden beispielsweise für große Ventilatoren und Maschinen in der Industrie verwendet. Hier ist auch ein Anlaufen mit Nennlast möglich.
Manche Sanftanlaufgeräte haben auch eine Funktion für die langsame Verringerung der Motorspannung beim Ausschalten (Sanftauslauf) oder sind mit elektronischen Bremsgeräten kombiniert, um den Motor rasch zum Stillstand zu bringen. Auch sind Geräte auf dem Markt erhältlich, die während er Auslaufphase des Motors ein Bremsmoment erzeugen können -die Auslaufzeit der Last wird so deutlich verringert (z. B. beim Abbremsen großer Ventilatoren).
Häufig werden Sanftanlaufgeräte auch mit Überlastrelaisfunktion angeboten.
Sanftanlaufgeräte ersetzen oft die früher weit verbreiteten Stern-Dreieck-Schalter, bei denen die Motorspannung in zwei Stufen erhöht wird.
Frequenzumrichter
Eine andere Methode, bei Asynchronmotoren einen Sanftanlauf zu erreichen, ist die Verwendung eines Frequenzumrichters, mit dem die Drehzahl mit einer programmierbaren Rampenfunktion langsam auf den vollen Wert gesteigert werden kann. Im Gegensatz zur Reduktion der Spannung mit einem Sanftanlaufgerät hat der Motor bei Betrieb mit einem Frequenzumrichter schon bei geringen Drehzahlen ein hohes Drehmoment. Daher kann die Drehzahl ggf. auch sehr langsam gesteigert werden, z. B. um große Trägheitsmomente zu bewältigen. Das Drehmoment darf dabei kurzzeitig auch höhere Werte haben als bei Nennbetrieb, so dass auch Anlauf unter Vollast möglich ist. Das ist wichtig beim Start u. a. von Kompressoren, wenn diese gegen noch vorhandenen Druck anlaufen müssen.
Ein weiterer Vorteil von Frequenzumrichtern ist die Möglichkeit, die Drehzahl des Motors im Betrieb variieren zu können und auch beim Ausschalten je nach Anforderungen die Drehzahl langsam zu senken bzw. den Motor gesteuert abzubremsen.
Außerdem sind moderne Frequenzumrichter oft mit einer Leistungsfaktorkorrektur ausgestattet; im Gegensatz zu Phasenanschnittsteuerungen entstehen dann kaum Oberwellen im Stromnetz.
Elektronische Frequenzumrichter sind wesentlich aufwändiger und daher teurer als Sanftanlaufgeräte mit Phasenanschnittschaltung, werden wegen ihrer Vorteile aber zunehmend eingesetzt.
Literatur
- Wolfgang E. Schmidt: Lernsituationen Energie- und Gebäudetechnik für Elektroniker und Elektroinstallateure. 1. Auflage, Verlag Handwerk und Technik GmbH, Hamburg, 2005, ISBN 3-582-03671-5
- Gert Hagmann: Leistungselektronik. 3. Auflage, AULA-Verlag GmbH, Wiebelsheim, 2006, ISBN 978-3-89104-700-2
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