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Der Begriff Schwäbischer Gruß ist ein Euphemismus für den derben umgangssprachlichen Ausdruck „Leck mich am Arsch“ beziehungsweise „Leck mich im Arsch“.
Ein literarisches Denkmal setzte ihm Johann Wolfgang von Goethe im dritten Aufzug seines Schauspiels Götz von Berlichingen mit dem sogenannten Götz-Zitat: „Er aber, sag's ihm, er kann mich im Arsche lecken!“.
Des Weiteren griff Wolfgang Amadeus Mozart den Schwäbischen Gruß auf und komponierte zwei Kanons. Köchelverzeichnis Nr.: 231, Jahr: 1782, Kanon Leck mich im Arsch und Köchelverzeichnis Nr.: 382d, Jahr: 1782, Kanon Leck mir den Arsch fein recht schön sauber.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft
Der Gruß stammt wohl von einem alten Nacktheits- und Abwehrzauber. Zeigt man Dämonen, Hexen oder persönlichen Feinden sein bloßes Gesäß, so können sie einem nichts anhaben. Hinzu kommt hier noch der Huldigungskuss als äußeres Zeichen der Unterwürfigkeit.
Darstellungen des Abwehrzaubers, im Schwäbischen sogenannte Lecksfiedle, finden sich an Stadt- und Burgtoren, Stadtmauern, aber auch an Kirchen und Klöstern, z. B. an der Schallaburg bei Melk, an der Churburg bei Schluderns, an den Münstern in Ulm, Freiburg im Breisgau und Straßburg. Sie finden sich aber auch in Brünn, Bologna, Burgos, La Rochelle oder Tarragona.
Verwendung
Der Schwäbische Gruß ist eine in Schwaben, in anderen, nichtschwäbischen Teilen Baden-Württembergs, in Südbayern und in Österreich verbreitete Redewendung.
Nach einer Urteilsbegründung dient er dazu,
- um an ein Gespräch anzuknüpfen
- um eine ins Stocken geratene Unterhaltung wieder in Fluss zu bringen
- um einem Gespräch eine neue Wendung zu geben
- um ein Gespräch endgültig abzubrechen
Thaddäus Troll nannte als weitere Verwendungszwecke noch:
- „um eine Überraschung zu vermelden“
- „um der Freude über ein unvermutetes Wiedersehen zweier Schwaben [...] Ausdruck zu geben“
- „um eine als Zumutung empfundene Bitte zurückzuweisen“
(Troll 1975, S. 202f)
Der Gruß findet desgleichen Anwendung, wie auch im übrigen deutschen Sprachraum üblich, um heftiges Missfallen zu bekunden. Dies geschieht gelegentlich durch Ausbuchstabieren der Abkürzung „LmaA“ bzw. „LmiA“. Eine (steigernde) Modulation seiner Intensität kann durch Hinzufügen der Modaladverbialen „kreuzweise“ oder „kreuzweise und überzwerch“ erzielt werden. Diese stehen manchmal auch – zwar elliptisch bis hin zur Ungrammatizität, aber gleichwohl jedem verständlich – alleine nach dem Modalverb: Du kannst mich kreuzweise, bzw. gesteigert kreuzweise und überzwerch.
Es gibt zahlreiche Umschreibungen für den Gruß, z.B. „Du kannst mir auf die Kirbe (Kirchweih) kommen“, „...den Buckel hinunterrutschen“, „...mich im Adler treffen, am hintersten Tisch“, „...mich im Adler in Lustnau treffen“, „...am Abend besuchen“, „...am Buckel küssen“, „...buglfinferln“ (wienerisch), „Den Schritt schamponieren“ .
Wenn beleidigend verwendet, lautet die Replik nicht selten „Du mich auch“. Die feinere Form besteht in der Floskel: „Vor meinem ist auch kein Gitter“, die deftige: „Dafür ist er mir zu dreckig“ oder „Geht nicht, das habe ich schon einer anderen Sau versprochen“. Etwas dezenter sind die Repliken: „Ich werde mir wegen Dir nicht das Naschen angewöhnen.“ und: „Davon wirst Du nicht sauber und ich nicht satt.“, „Dann hast du einen sauberen Arsch und ich zwei Wochen Sodbrennen.“ oder „Nicht solange Schokolade noch so billig ist.“
Das „Du mich auch!“ wird auch selbständig verwendet, um dem Kontrahenten die gedankliche, aber unausgesprochene Verwendung des Grußes zu unterstellen – und ihr die gebührende Antwort nicht zu versagen.
Der Einheimische erkennt auf Grund des pragmatischen Kontextes, der Prosodie und der syntaktischen Einbettung, insbesondere etwa daran, ob die Interjektion „ja“ dem Gruße vorangestellt wird oder nicht, welche der obigen Bedeutungen wohl gemeint sein möchte, während dies dem Zugereisten öfters verschlossen bleibt. So kommt es gelegentlich sogar zu Strafanzeigen der so Gegrüßten, die vor Gericht aber in mehreren Fällen abgewiesen wurden. Bei Verwendung gegenüber Amtspersonen und Vorgesetzten wird aber regelmäßig die unmildere Aussageabsicht angenommen und dann entsprechend judiziert.
In anderen Regionen wird der Schwäbische Gruß dagegen meist uneingeschränkt als Beleidigung gedeutet.
Im plattdeutschen Sprachraum lautet das Pendant „Klei mi ann Mors“ ("Kratz mich am Hintern") bzw. „Klei/Leck mi anne Fööt“ ("Kratz/Leck mich an den Füßen"). Obwohl es sich bei der ersten Variante um einen Euphemismus handelt und bei der zweiten sogar um eine ganz offensichtliche Untertreibung, finden solche Ausdrücke dort nur äußerst selten Verwendung. Denn trotz der abgeschwächten Form wird die in der Floskel enthaltene Aufforderung als äußerst beleidigend empfunden, und zieht in der Regel ein längerfristiges, zuweilen sogar lebenslanges Zerwürfnis der streitenden Parteien nach sich.
Verwendung im öffentlichen Raum
Bis zu seiner Zerstörung im Dezember 1944 befand sich an dem Heilbronner Bürgerhaus, in dem Götz von Berlichingen 1519 bis 1522 gewohnt hat, eine Tafel mit folgenden Versen:
- Unser großer Landsmann Götz
- sprach: jetzt geht die Sache letz,
- aber - eh ich soll verrecken,
- könnt ihr mich am Arsche lecken.
- Goethe hört dies große Wort,
- gibt ihm einen Dichterhort,
- und er schafft mit dieser Tat
- Deutschlands häufigstes Zitat.
Der Verfasser dieser Verse ist laut Schramm der junge Theodor Heuss. (Schramm 1979, S. 72f)
Der umstrittene Heilbronner Oberbürgermeister Paul Hegelmaier soll sich mit einem mehrfach Götz zitierenden Gedicht aus dem Amt verabschiedet haben. Einer seiner späteren Nachfolger, Paul Meyle, hat einen in Stein gehauenen Schwäbischen Gruß humorvoll ebenfalls in Stein gehauen beantworten lassen.
Vom Ulmer Fischermarsch existieren zwei Textversionen, aus dem letzten Jahrhundert: „Der Schiffer muß steuern ins Leben hinaus...“, und dann: „Leck me henda, leck me vorna, leck me kreizweis am Arsch“
Bei der alljährlich zu den Jahrgangsfesten auf dem Schwäbisch Gmünder Marktplatz von den Gmünder Jubilaren gesungenen Hymne, dem „Alois“, lautet die dritte Strophe: „Leck mi am Arsch, Alois“
Die Kurzform "Leck mich!" ist ebenfalls gebräuchlich.
Literatur
- Sebastian Blau, Schwäbisch, München 1936, Neue Ausgabe von 1946
- Heinz-Eugen Schramm, L.m.i.A.! Des Ritters Götz von Berlichingen denkwürdige Fensterrede oder die bewußten vier Buchstaben hinterrücks enthüllt, ins rechte Licht gesetzt und mit dankenswerter Unterstützung der Herren Dante, Mozart, Schubart, Goethe, Schiller u.a. in Verbindung mit dem Internationalen Götz-Sprachenführer als Handbuch zur weltweiten Pflege des Götz-Zitats für nachsichtige Zeitgenossen bearbeitet und herausgegeben von Heinz-Eugen Schramm. Gerlingen, 1960.
- Heinz-Eugen Schramm, ... Er kann mich hinden lecken. Eine ergötzlich-hinterlecktuelle Dokumentation. Reutlingen, 1998. ISBN 3874211509
- Heinz-Eugen Schramm, Schwäbisch für Reingeschmeckte, Würzburg 2002, Flechsig-Verlag, ISBN 3881894705
- im Text zitierte Ausgabe: München 1979, Goldmann-Taschenbuch, ISBN 3442265207
- Thaddäus Troll, Preisend mit viel schönen Reden, Reinbek 1975. ISBN 3499118645
- Schwäbisch. Polyglott Sprachführer. Verschiedene Ausgaben. ISBN 3493611439
Weblinks
(gekürzt: Er aber, sag’s ihm, er kann mich --- / Seite 109)
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