Lady Jane Grey

Lady Jane Grey (* 1537 in Bradgate in Leicestershire (Mittelengland); † 12. Februar 1554 im Tower in London, hingerichtet) beanspruchte im Jahr 1553 für kurze Zeit den Titel einer Königin von England. Seither hat sie den Beinamen Neuntagekönigin oder Dreizehntagekönigin (je nach Thronfolgedatum; engl. The Nine Days' Queen bzw. The Thirteen Days' Queen). Ihre Eltern waren Henry Grey, 1. Herzog von Suffolk, und dessen Ehefrau Frances Brandon.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jane wurde auf dem Gebiet des heutigen Bradgate Park nahe Newtown Linford geboren. Ihr genaues Geburtsdatum ist unbekannt, nur das Jahr ist überliefert. Sie war die älteste Tochter von Henry Grey, Marquess of Dorset und seiner Frau Frances Brandon. Sie hatte zwei jüngere Schwestern, Lady Catherine Grey und Lady Mary Grey.

Sie wuchs im Haushalt von Catherine Parr auf und erhielt dort für eine Frau ihrer Zeit eine ausgezeichnete Erziehung, die später bei ihren Eltern fortgesetzt wurde. Sie war eine Schülerin von John Aylmer, dem späteren Bischof von London, und 1550 berichtete der Humanist Roger Ascham, dass er sie bei einem Besuch in ihrem Elternhaus Plato im griechischen Original lesend vorfand. Ascham lobte in seinen Briefen ihre Beherrschung der griechischen Sprache; zusätzlich soll sie auch Französisch, Italienisch sowie Latein und Hebräisch beherrscht haben. Sie soll Ascham erzählt haben, dass ihre Familie ihren Lerneifer nicht zu schätzen wisse und sie des Öfteren damit ärgere, dass sie nicht gut genug sticken könne. So muss es für die junge Frau eine große Erleichterung gewesen sein, als sie unter die Aufsicht ihres neuen Lehrers John Aylmer kam, der ihre Interessen förderte. Bereits als Fünfzehnjährige korrespondierte Jane mit dem Reformator Heinrich Bullinger in Zürich. Dessen Schüler John Ulmer besuchte Jane und schrieb anschließend seinen Schweizer Freunden Briefe voller Bewunderung über ihren hohen Bildungsgrad.[1]

Lady Jane Grey, spätere Königin von England für 9 Tage

Die beiden ehrgeizigen Familien Grey und Dudley beschlossen, sich durch eheliche Bande zu vereinen und betrieben die Heirat zwischen Jane und Guilford Dudley. Zwar wehrte sich Jane gegen diese Hochzeit, wurde aber von ihrem Vater gezwungen zuzustimmen. Am 21. Mai 1553 fand in Durham House die Hochzeit der beiden statt. [1]

Unter dem Einfluss seiner Ratgeber legte Eduard VI. fest, seine älteste Schwester Maria an der Thronfolge zu hindern: Zum einen hatte sein Vater die Ehe mit Marias Mutter Katharina von Aragón, einer spanischen Prinzessin, für ungültig erklärt (Maria galt in England lange Zeit als nichtehelich), zum anderen gehörte Maria wie ihre Mutter der katholischen Kirche an.[2] Eduard VI. und seine Ratgeber wollten dagegen die Reformation in England erhalten. Besonders Eduards Berater John Dudley, Viscount Lisle, war bestrebt, die Erbfolge der Tudors auf sein eigenes Haus zu übertragen. In Jane hatte er die ideale Kandidatin dafür gefunden, die nun mit seinem Sohn verheiratet war. Dudley gehörte der protestantischen Partei an und wollte eine Katholikin, wie Eduards Halbschwester Maria, auf dem englischen Thron vermeiden. Die Thronfolge war allerdings von Heinrich VIII. testamentarisch festgelegt. Zuerst erbte sein Sohn Eduard das Königreich, danach dessen Halbschwester Maria und danach sollte Elisabeth den Thron besteigen. Vierte in der Thronfolge war Jane. Sie war über ihre Mutter, die Tochter von Mary Tudor, eine Urenkelin König Heinrichs VII. von England.

Als Eduard VI. am 6. Juli 1553 starb, übernahm Dudley als Lordprotektor die Regierungsgeschäfte und hielt zunächst den Tod des Königs geheim. Auf dem Sterbelager hatte der 15-jährige Eduard VI. die Tochter seiner Cousine Frances, Jane, an Stelle von Maria zu seiner Erbin bestimmt. Dieser letzte Wille von Eduard stand im Widerspruch zum Act of Succession von 1543, in dem sein Vater die Thronerbfolge festgelegt hatte.[3] Dudley verheimlichte den Tod des Königs und versuchte Maria Tudor zu verhaften. Diese wurde von Henry FitzAlan, dem Earl of Arundel, gewarnt und konnte deswegen rechtzeitig nach Norfolk zu den katholischen Howards flüchten. Am 10. Juli 1553 wurde Jane Grey im Tower of London hastig und ohne jedes Zeremoniell zur Königin gekrönt. Guilford Dudley wurde nicht gekrönt, da Jane sich weigerte, ihn als König zu benennen, um die Angelegenheit später durch das Parlament prüfen zu lassen. [1]

Maria sammelte ihre Anhängerschaft und wurde am 10. Juli 1553 in Norfolk zur Königin ausgerufen. Dudley zog mit seinem Heer nach Norfolk. Aber das Heer löste sich auf. Viele Soldaten desertierten und liefen zu Maria über. Das Volk war nicht bereit, die Legitimität Marias anzuzweifeln. Der Regentschaftsrat nutzte die Abwesenheit Dudleys zu dessen Sturz. Am 18. Juli 1553 wurde Dudley in Cambridge verhaftet. Der Regentschaftsrat begann, mit Maria die Machtübergabe zu verhandeln. Henry Grey flüchtete aus London und überließ Jane und Guildford ihrem weiteren Schicksal.

Die Herrscher
des Hauses Tudor 1485–1603
1485–1509 Heinrich VII.
1509–1547 Heinrich VIII.
1547–1553 Eduard VI.
1553–1553 Lady Jane Grey
1553–1558 Maria I.
1558–1603 Elisabeth I.

Jane und ihr Mann wurden umgehend in den Tower of London gebracht. Beide Familien baten um das Leben ihrer Männer und Söhne, aber dass sie sich für Jane einsetzten oder sie besuchten, kann nicht nachgewiesen werden. Maria verzieh Janes Vater und setzte ihn auf freien Fuß. Danach schickte sie John de Feckenham zu Jane, um sie zur Konvertierung zum katholischen Glauben zu bewegen. Am 14. November 1553 wurden Jane und Guildford wegen Hochverrats verurteilt, ihr Todesurteil wurde nicht vollzogen.

Die Hinrichtung von Lady Jane Grey von Paul Delaroche, 1833, National Gallery, London

Die protestantische Rebellion von Sir Thomas Wyatt im Januar 1554 besiegelte das Schicksal von Jane, obwohl sie keinen Anteil daran hatte. Wyatts Rebellion begann als Aufstand gegen die Heirat von Maria mit dem katholischen Prinzen von Spanien Philipp. Janes Vater schloss sich der Rebellion an und forderte die Einsetzung seiner Tochter als englische Königin. Jane war für Maria nun zu einem machtpolitischen Risiko geworden: wenn sie auch den Thronanspruch dynastisch nicht begründen konnte – der Linie Heinrichs VIII. gebührte nach englischem Hausgesetz fraglos der Vorrang vor derjenigen seiner Schwester, aus der Jane hervorgegangen war – war sie immerhin eine protestantische Fürstin von königlicher Abstammung und durch den früh verstorbenen König Eduard VI. legitimiert. Jane wurde von Maria des Verrats beschuldigt und am 12. Februar 1554 im Tower enthauptet. Augenzeugen zufolge ging Jane sehr gefasst zum Schafott, obwohl ihr vorher noch der Karren mit der Leiche ihres Mannes Guilford begegnete. John de Feckenham, der Jane nicht dazu bewegen konnte, zum katholischen Glauben überzutreten, soll sie zu ihrer Hinrichtung begleitet haben.

Auf dem Gerüst des Schafotts hielt Jane eine letzte Rede [4]:

„Ihr guten Leute, ich stehe hier, um zu sterben, und nach dem Gesetz bin ich auch dazu verurteilt. Mein Vergehen gegen Ihre Königliche Hoheit, welches nun als Hochverrat erachtet wird, geschah ausschließlich auf Anordnung anderer; aber es war niemals mein eigenes Bestreben, sondern herbeigeführt durch den Rat derjenigen, von denen man ein größeres Verständnis der Angelegenheit hätte erwarten dürfen, als ich es habe, die ich wenig vom Gesetz weiß, und noch weniger von den Ansprüchen auf die Krone (...) Daher wasche ich heute meine Hände in Unschuld vor Gott und auch vor euch guten Christenmenschen.[1]

Die „Neun-Tage-Königin“ wurde nur 16 Jahre alt. Es sind keine Quellen überliefert, die belegen, dass ihre Mutter oder Schwiegermutter versucht haben, ihr zu helfen. Ihr eigener Vater erwartete bereits seine Exekution, da er an der Wyatt-Rebellion teilnahm und verurteilt wurde. Jane und Guildford wurden in der Kirche von St. Peter ad Vincula an der Nordseite des Towers begraben. Königin Maria überlebte sie um nur vier Jahre.

Fortleben

Theodor Fontane schrieb 1852 das Gedicht Johanna Grey.[5] Die Rolling Stones hatten mit Lady Jane einen großen Verkaufserfolg.

Literatur

  • Allison Plowden: Lady Jane Grey – Nine Days Queen. Sutton Publishing, 2004, ISBN 0750937696.
  • Ann Rinaldi: Nine Days a Queen: The Short Life and Reign of Lady Jane Grey. Harper Collins, 2005, ISBN 0060549238.
  • Rebecca Michele: Königin für neun Tage. Ullstein, 2006, ISBN 978-3-548-26341-0
  • Marita A. Panzer: Englands Königinnen Piper Verlag, München 2003,ISBN 3-492-23682-0
  • Hester Chapman: Lady Jane Grey, HarperCollins Publishers Ltd, 1985, ISBN 0586068643

Verfilmungen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Vergl. auch Marita A. Panzer, Englands Königinnen
  2. http://www.royal.gov.uk/output/Page45.asp
  3. Da Eduard unter 21 Jahre alt war, als er diese Anordnung traf, war er noch unmündig und konnte keine legalen Anordnungen bezüglich der Thronfolge treffen.
  4. http://englishhistory.net/tudor/exjane.html, Originaltext der Rede
  5. Vgl. Fontane, Sämtliche Romane, Erzählungen und Gedichte, Bd. 6, München ³1995, S. 93 ff.


Vorgänger Amt Nachfolger
Eduard VI. Königin von England
1553
Maria I.
Königin von Irland
1553

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