- Landsmannschaft der Westfalen
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Das Corps Hildeso-Guestphalia Göttingen ist ein Corps (Studentenverbindung) im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV), dem ältesten Dachverband deutscher Studentenverbindungen. Das Corps ist pflichtschlagend und farbentragend. Es vereint Studenten und ehemalige Studenten der Georg-August-Universität Göttingen.
Die Corpsmitglieder werden „Hildesheimer Westfalen“ genannt (Spitzname „Hilden“, „Hidalgen“ oder „Hidalgos“).
Inhaltsverzeichnis
Couleur
Hildeso-Guestphalia hat die Farben lindgrün-weiß-schwarz mit silberner Perkussion. Dazu wird eine kleine lindgrüne Mütze („Hinterhauptcouleur“) getragen.
Wie bei allen Göttinger Corps tragen auch bei Hildeso-Guestphalia die Füchse kein Fuchsenband.
Der Wahlspruch lautet „Fortuna iuvat audacem“ (deutsch: „Das Glück hilft dem Wagemutigen!“), der Wappenspruch „Gladius ultor noster! Pectus amico, cuspis hosti!“ (deutsch: „Das Schwert ist unser Rächer! Die Brust dem Freund, die Lanze dem Feind!“)
Geschichte
Das Corps führt sich zurück auf eine 1772 in Göttingen gegründete Landsmannschaft der „Westfälinger“, deren Mitglieder blaue Uniformen mit roten Aufschlägen trugen. Eine Darstellung findet sich Stammbuch Rupstein, das in Göttingen verwahrt wird.[1] Ihr Wahlspruch war „Pro salute Guestphalorum“. Die westfälische Tradition wurde nach dem Untergang der Landsmannschaften alten Typs von dem 1801 gestifteten Corps Guestphalia Göttingen weitergeführt, dessen Existenz bis 1845 belegt ist und das bereits die Farben grün-weiß-schwarz trug. Mitglied des Corps wurde 1802 auch Karl von Bodelschwingh-Velmede, der spätere preußische Finanzminister. Eine Constitution dieser Guestpalia aus dem Jahr 1814 ist überliefert[2]. Im Jahre 1824 schloss sich der Jurastudent Heinrich Heine den Westfalen an, denen er in seinen späteren Werken (Die Harzreise, Deutschland. Ein Wintermärchen) mehrfach literarische Denkmäler setzen sollte. Auch als Jurastudent aus dem Westfälischen trat Wilhelm Emmanuel Freiherr von Ketteler, der spätere Bischof von Mainz und katholische Sozialreformer, dem Corps bei.
Erste Verbindungen mit dem Namen Hildesia mit den Farben rot-gelb, später rot-gelb-gold, sind für Göttingen aufgrund von Constitutionen der Jahre 1825 und 1836, einer Renoncen-Constitution des Jahres 1843 und einer Constitution der Mitkneipanten belegt[3].
Der engere Kreis von Privatdozenten und Studenten um den Dozenten v. Rauschenplatt gehörte zum Kern der Göttinger Revolution vom Januar 1831 und bestand aus Angehörigen der Guestphalia wie der Hildesia. Mit Steckbriefen wurden anschließend vier Dozenten und fünf Studenten aus beiden Corps behördlich verfolgt.[4]
Später schlossen sich offenbar viele Westfalen der Verbindung Hildesia an, die sich am 6. August 1852 gegründet hatte. Deren Farben waren schwarz-rot-weiß, der Wahlspruch lautete „Fortuna iuvat audacem!“. Durch die große Mitgliederzahl - vor allem durch die vielen Studenten aus Westfalen - und aufgrund der Reputation, die sich die Hildesheimer auf der Mensur erworben hatten, kam der Gedanke auf, sich in ein Corps umzuwandeln. Der entsprechende Antrag wurde am 10. Juni 1854 gestellt und vom Göttinger Senioren-Convent (SC), der örtlichen Vereinigung der Corps, einstimmig genehmigt.
Weil im Corps so viele Westfalen Mitglied waren, wurde der Name in Hildeso-Guestphalia geändert und die als typisch westfälisch empfundenen Farben grün-weiß-schwarz angenommen [5]. Am 12. Juni 1854 trat Hildeso-Guestphalia in den Göttinger SC ein.
Das offizielle Stiftungsdatum des Corps Hildeso-Guestphalia ist damit der 10. Juni 1854. Durch den Eintritt in den Göttinger SC ist das Corps Mitglied im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV).
In den Jahren 1895/96 baute sich Hildeso-Guestphalia ein Haus in der heutigen Wilhelm-Weber-Straße 36 und war damit das dritte Corps, das in Göttingen über ein eigenes Corpshaus verfügte. Im Jahre 1911 erfolgte ein größerer Aus- und Umbau.
Wie alle Corps und Verbindungen traf das Dritte Reich das Corps Hildeso-Guestphalia schwer. 1933 wurde durch die Nationalsozialisten ein Farbenverbot erlassen, 1934 wurde vom Göttinger S.C. die letzte Demonstration veranstaltet. Letztlich wurden 1934 die Corps verboten und wurde gezwungen NS-Kameradschaftsbünden beitreten. Dadurch wurde die Aktivität des Corps äußerst gehemmt, was im letzten Zug eine Suspension am 5. Oktober 1935 bedeutete.
Vom 30. auf den 31. August 1947 fand das erste Corpstreffen nach dem Krieg in Hameln statt. Dort wurde der Wunsch geäußert, das Corps solle sich ohne Fusion mit einem anderen Corps wieder auftun. Daraufhin fand im Frühsommer 1949 das erste Stiftungsfest nach dem zweiten Weltkrieg in Göttingen statt. Am 2./3. Juni 1950 wurde das Corps Hildeso-Guestphalia nun wieder in alter Form rekonstituiert und konnte damit den normalen Aktivenbetrieb wieder aufnehmen.
In der weiteren Entwicklung gab es auch Rückschläge. So musste das Corps vom 21. April 1979 bis zum 19. Juli 1984 suspendieren, das heißt, den Aktivenbetrieb einstellen.
Gemeinsam mit den Kösener Corps Saxonia Jena, Corps Borussia Tübingen, Marcomannia Breslau zu Köln, Corps Saxonia Bonn sowie seinem (langjährigen Traditions-) Corps Vandalia Rostock bildet Hildeso-Guestphalia den „Roten Kreis“ innerhalb des KSCV.
Bekannte Mitglieder
- Fritz Bacmeister (1840-1886), einer der renommiertesten studentischen Fechter des 19. Jahrhunderts
- Ludwig Enneccerus (1843-1928), einer der wichtigsten Coautoren des BGB
- Heinrich Heine (1797-1856), Dichter
- Dietrich H. Hoppenstedt (* 1940), Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes
- Wilhelm Emmanuel Freiherr von Ketteler (1811-1877), Erzbischof von Mainz
- Wilhelm Kiesselbach (1839-1902), HNO-Professor in Erlangen
- Wilhelm Knappe (1855-1910), Kaiserlicher Generalkonsul und Auslöser des Konflikts um Samoa
- Richard Koenigs (1853-1921), Landrat des Kreises Lennep, Ehrenbürger von Lennep und Wermelskirchen
- Johann Ernst Arminius von Rauschenplatt (1807-1868), Privatdozent, Mitglied des Corps Hildesia (1826)
- Carl Spude (1852-1914), Landrat des Kreises Bochum
- Wolfgang Wippermann (* 1945), Professor für Neuere Geschichte
Literatur
Heinrich Heine Guestphaliae Göttingen, "Deutschland. Ein Wintermärchen":
- Ich dachte der lieben Brüder,
- Der lieben Westfalen, womit ich so oft
- In Göttingen getrunken,
- Bis wir gerührt einander ans Herz
- Und unter die Tische gesunken!
- Ich habe sie immer so liebgehabt,
- Die lieben, guten Westfalen,
- Ein Volk, so fest, so sicher, so treu,
- Ganz ohne Gleißen und Prahlen.
- Wie standen sie prächtig auf der Mensur
- Mit ihren Löwenherzen!
- Es fielen so grade, so ehrlich gemeint,
- Die Quarten und die Terzen.
- Sie fechten gut, sie trinken gut,
- Und wenn sie die Hand dir reichen
- Zum Freundschaftsbündnis, dann weinen sie;
- Sind sentimentale Eichen.
Quellen
- Franz Stadtmüller: Geschichte des Corps Hildeso-Guestphalia zu Göttingen, Göttingen 1954
Anmerkungen
- ↑ Vgl. Abb. aus: Hans-Georg Schmeling: Göttingen im 18. Jahrhundert. Katalog Göttingen 1987, S. 168
- ↑ abgedruckt bei Rainer Assmann: Constitutionen der Corps und ihrer Vorläufer 1810-1820 in Sonderheft Einst und Jetzt 1983 S.41-54
- ↑ auszugsweise bei Rainer Assmann: Constitutionen der Corps III in Sonderheft Einst und Jetzt 1988, S.76-85
- ↑ Franz Stadtmüller: Geschichte des Corps Hannovera zu Göttingen. Göttingen 1963, S. 88 ff. mit Fußnote 50
- ↑ Zur Entstehung der „Westfalenfarben“ siehe auch: Couleur#Speziell_studentische_Farbkombinationen
Siehe auch: Corps, Kösener Senioren-Convents-Verband, Liste Kösener Corps, Studentenverbindung
Weblinks
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