Larantuqueiros

Larantuqueiros

Die Topasse (auch Schwarze Portugiesen oder Bidau) sind Nachkommen von indischen und malaiischen Frauen und hauptsächlich portugiesischen Soldaten, Seeleuten und Händlern. Der Begriff wurde im Laufe der Zeit für verschiedene Mischbevölkerungen verwendet, bezeichnete aber schließlich nur die Larantuqueiros, die katholische Mischbevölkerung auf den Kleinen Sundainseln. Dort gelang es den Topasse sich innerhalb einer Generation im 17. Jahrhundert de facto unabhängige, kleine Reiche zu schaffen, die bis ins 19. Jahrhundert nur noch nominell der portugiesischen Krone unterstanden.[1]

Die Bezeichnung Topasse leitet sich vermutlich vom malaiischen topashe oder Hindi-Wort dobashi ab, was soviel wie „zwei Sprachen“ oder „Übersetzer“ bedeutet.[1] Eine weitere Erklärung leitet sich vom Wort Topi für einen Hut ab. Demnach bezeichneten sich die Topasse auch als Gente de Chapeo (port.: Leute der Hüte). [2]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Erste Berichte

1604 berichtet der Dominikanermönch Gabriel Quiroga de San Antonio erstmals von „Topasse“ an der Koromandelküste. 1619 berichtet der Vizekönig von Indien dem portugiesischen Hof in einem Brief, dass aufgrund des Mangels an portugiesischen Soldaten, topazes im Fort von Malakka „lästige“ Japaner, Javaner und Malaiien ausschalten würden.

Holländische Aufzeichnungen von 1648 berichten von einer Gruppe der toupas, neben den Mestizen und nach der portugiesischen Niederlage am 7. Januar 1663 in Kochin wurde gefangenen Toepassen ihre Rechte eingeschränkt. 1690 berichtete der im niederländischen Dienst stehende Deutsche Engleburt Kämpfer von einem Dorf bei Ayutthaya im heutigen Thailand, in dem eine „portugiesische Rasse mit schwarzen Frauen“ zusammen lebe. Der englische Kapitän Alexander Hamilton schreibt in seinem Buch 1727 von 200 Topasse oder indischen Portugiesen, die in Kambodscha siedelten.

Kleine Sundainseln

Die Topasse der Kleinen Sundainseln stammen von Frauen aus Larantuka auf den heute indonesischen Inseln Flores und Solor und Portugiesen, aber auch Holländern ab. Hier bezeichnen sie sich selbst als Larantuqueiros.[1][3]

Einen Aufbruch erlebten die Topasse mit Ankunft von Jan da Hornay (auch João de Hornay, d’Ornay, da Ornai, de Horney). Selbst Mestize war er ab 1627 niederländischer Kommandant der Festung auf Solor, doch zwei Jahre später lief er zu den Portugiesen über, woraufhin die portugiesischen Dominikaner wieder die Kontrolle über Solor übernahmen. Hornay ging nach Larantuka, heiratete eine timoresische Sklavin und gründete mit seinen zwei Söhnen António und Francisco[2] einen mächtigen Familienclan. Mateus da Costa, ein Waffengefährte von António da Hornay, heiratete die Tochter eines westtimoresischen Herrschers (je nach Quelle von Amanuban oder Ambeno) und gründete den rivalisierenden Clan der Costas.[2]

Die Topasse gründeten auf Flores einen eigenen losen, aber mächtigen Staat, der im Kern aus dem Dreierbund Larantuka, Wureh und Konga bestand. Die Oberhoheit Portugals bestand nur nominell. Es gab keine portugiesischen Beamten und es wurden keine Steuern abgeführt. Briefe der Regierung in Lissabon wurden ignoriert. Die Topasse übten über die ursprünglichen Völker von Flores die Kontrolle aus, indem sie diese zu ihren „Verbündeten“ machten. Die Eroberung der einzelnen Völker lief immer nach dem gleichen Muster ab: Der angesehenste Raja wurde durch militärischen Druck zum Katholizismus bekehrt. Er musste einen Treueeid auf den König von Portugal schwören und bekam daraufhin den Titel Dom verliehen. Der Raja konnte sein Volk weiter autonom regieren, aber bei Kriegen mussten Hilfstruppen gestellt werden. Diese Methode wandten auch die Portugiesen in ihren Kolonien an. Da die Topasse die Herrschaft ausübten führten sie Portugiesisch als Amtssprache ein, um sich von den Einheimischen abzugrenzen. Als Handelssprache verwendeten sie das Malaiische, das auf den umliegenden Inseln verstanden wurde.

Von Larantuka aus siedelten die Topasse zusammen mit den Portugiesen ab 1640 in Lifau im heutigen osttimoresischen Distrikt Oecussi-Ambeno. Von hier aus übernahmen die Topasse die Kontrolle über den Sandelholzhandel. Um 1642 lebte bereits eine große Anzahl von Topasse auf Timor und drangen in das Inselinnere vor. Durch starke Truppen wurden Verhandlungen mit den dortigen Liurais (Kleinkönige) erzwungen. Dabei drangen sie in das Machtvakuum ein, dass nach Zerstörung von Wehale durch den in portugiesischen Diensten stehenden Topasse Francisco Fernandes zurückgeblieben war. Viele ehemalige Verbündete von Wehale schlossen sich nun den Topasse an. Gegen die Lieferung von Musketen erhielt man die Kontrolle über den größten Teil der Sandelholz-Produktion und konnte die Preise bestimmen.[4] Auch hier kämpften die Familienclans Costa und Hornay um die Vorherrschaft.[1]

Die Topasse sahen sich von mehreren Seiten bedroht. Einmal durch portugiesische Händler, die durch die Krone eine Erlaubnis erhielten die Kontrolle über den Sandelholzhandel zu übernehmen, durch die Dominikaner, die versuchten eine eigene unabhängige Machtbasis auf Timor zu schaffen und durch die einheimischen Liurais, die regelmäßig rebellierten, sowohl gegen die Topasse, als auch die Portugiesen. Jedoch einte alle der Kampf gegen die Expansion der Niederländer. 1656 vernichteten die Topasse unter António da Hornay und Mateus da Costa eine niederländische Militärexpedition beim Dorf Amarasi, die gegen sie ausgeschickt worden war und zwangen sie so, die gerade eroberte Festung von Kupang wieder aufzugeben. Der portugiesische Vizekönig in Goa nutzte schließlich die Rivalität zwischen den Familienclans. Er sandte sowohl an António da Hornay, als auch Mateus da Costa den gleichen Brief, in dem er sie zu seinen Repräsentanten erklärte, sofern derjenige die Macht inne habe. Diese lag zu diesem Zeitpunkt bei António, Mateus akzeptierte dies aber nicht und berief sich dabei auf eine frühere Ernennung.[2] Ein blutiger Machtkampf zwischen den Familien begann und führte später zur Machtteilung innerhalb der Topasse. Von 1673 bis 1693 regierte António da Hornay als Fürst über Larantuka, Solor und Teile Timors. Er wurde von Mateus’ Sohn Domingos da Costa abgelöst.[2][1]

Als 1697 António de Mesquita Pimentel als erster portugiesischer Gouverneur seinen Dienst antreten sollte, wurde er, kaum dass er Timor betreten hatte, von Domingos da Costa in Ketten wieder zurück auf sein Schiff und nach Goa geschickt. Pimentels Nachfolger „André Coelho Vieira“ wurde von Costa bereits in Larantuka gefangen genommen und nach Macao zurückgeschickt. 1702 trat als erster Gouverneur António Coelho Guerreiro sein Amt auf Timor an. Guerreiro machte Lifau 1702 zum Verwaltungssitz der Kolonie, der aber ständig von den Topasse belagert wurde. Bis 1705 hielt Guerreiro durch, bevor er von den Topasse vertrieben wurde. Die Portugiesen kehrten nach Lifau zurück, aber ihre Macht war eingeschränkt. 1708 herrschte zeitweise Frieden zwischen Portugiesen und Topasse. 1722 wurde António de Albuquerque Coelho zum Gouverneur ernannt, wurde aber drei Jahre lang in Lifau von den Topasse unter Francisco da Hornay in Lifau belagert, ebenso Coelhos Nachfolger António Moniz de Macedo (1725 bis 1729 und 1734 bis 1739) für eine längere Zeit.[2] Die Topasse kontrollierten weiterhin den Sandelholzhandel im Inselinneren und den Großteil des Westen Timors. Besser wurde die Lage für die Portugiesen als 1734 Gouverneur Macedo seine zweite Amtszeit antrat. Der amtierende Capitão-Mor Gaspar da Costa empfing Macedo freundlich. Gaspar residierte zu diesem Zeitpunkt in Animata, einem Ort mit 1800 Hütten, wenige Kilometer südlich von Lifau, in dem Portugiesen und Einheimische lebten. Gaspar ermöglichte auch den Bau des ersten Priesterseminars auf Timor in Lifau. Laut einiger pikaresker, französischer Berichte soll Gaspars Sohn Balthazar-Pascal Celse den Hof von Louis XV. von Frankreich besucht haben.

Der Niedergang auf Timor

Dreimal versuchten die Topasse die Niederländer von Timor zu vertreiben: 1735, 1745, 1749.[5] Der gemeinsame Angriff von Portugiesen und Topasse auf Kupang am 18. Oktober 1749 endete, trotz Übermacht, in einem Desaster. Die Niederländer riefen ihre timoresischen Verbündeten und Marjdikers von Solor, Roti und Semau zur Hilfe. Die Marjdikers waren eine Mischbevölkerung aus verschiedenen „indischen Völkern“, die im Gegensatz zu den Topasse sich nicht zum katholischen Glauben bekannten. Sie etablierten sich im Handel zwischen den Inseln und unterstützten die Niederländer. Bei der Schlacht von Penfui wurden Gaspar und viele weitere Führer der Topasse getötet. Insgesamt sollen 40.000 Krieger der Topasse und ihrer Verbündeten umgekommen sein. In Folge der Niederlage brach die Herrschaft von Portugiesen und Topasse in Westtimor zusammen. Im April 1751 erhoben sich Liurais von Servião; einer Quelle nach soll Gaspar erst hier den Tod gefunden haben. 1752 griffen die Niederländer das Reich von Amarasi an und das Topasse-Reich von Noimuti. Diesen Angriff führte der Deutsche Hans Albert von Plüskow. Die Niederländer nutzten diesen Feldzug auch zur Sklavenjagd, um den Bedarf der Plantagen auf den Molukken zu bedienen. Der Bischof von Malakka brandmarkte im selben Jahr den holländischen Handel von Sklaven, die auch an Chinesen und Araber verkauft wurden, als Verbrechen, dass bei Katholiken zur Exkommunikation führen würde. 1755 schickte die Niederländische Ostindien-Kompanie (VOC) den Italiener Johan Paravacini um mit den Herrschern von Timor, Solor und Sumba Verträge auszuhandeln. 1756 schloss ein Großteil der Kleinkönige Westtimors im Vertrag von Paravacini mit der VOC ein Bündnis. Dies war der Beginn der niederländischen Herrschaft im heute indonesischen Westtimor.[1]

Gouverneur Manuel Doutel de Figueiredo Sarmento (1751 bis 1759) entschied sich 1759 aufgrund der Situation aufzugeben und Lifau eigenmächtig an die Niederländer zu verkaufen. Als die Niederländer 1760 unter Hans Albert von Plüskow aber Besitz von dem Ort ergreifen wollten, sahen sie sich einer Streitmacht der Topasse gegenüber. Von Plüskow wurde von Francisco da Hornay, dem neuen Topasse-Herrscher, und António da Costa ermordet. Doch Francisco da Hornay wechselte schließlich die Seiten. Francisco schloss 1766 im niederländischen Malakka ein Bündnis mit seinem Verwandten António da Hornay und beendete damit die zeitweilige Teilung der Topasse. Ziel war es nun die Portugiesen zu vertreiben und Timor den Niederländern zu sichern. Der Erfolg dieses Plans sollte begrenzt sein, da die Liurais im Osten Timors sowohl gegen Portugiesen, als auch Niederländer feindlich gesinnt waren.

Das erste Opfer des Seitenwechsels Franciscos war Gouverneur Dionisio Gonçalves Rebelo Galvão (1760 bis 1766), der am 8. November 1766 von Francisco da Hornay, António da Costa, Quintino da Conceição und Lourenço de Mello vergiftet wurde. Über die Umstände ist aber nur wenig überliefert. Die Dominikanermönche António de Boaventura und José Rodrigues Pereira übernahmen daraufhin die Verwaltung der Kolonie, bis der neue Gouverneur António José Teles de Meneses eintraf. Teles de Meneses Situation sah sich 1769 aufgrund der schlechten Versorgungslage in der belagerten Kolonie gezwungen, Macao um Reislieferungen zu bitten, doch das Schiff erreichte Lifau nicht. Die Verbindungen zum Landesinneren wurden durch die Topasse und lokale Timoresen unterbrochen. In der Nacht des 11. August 1769 gab Teles de Meneses Lifau auf und verlegte die Hauptstadt der Kolonie nach Dili. In Lifau übernahmen Francisco da Hornay und António da Costa endgültig die Herrschaft über die Region. Zwischen dem niederländischen Kupang und dem portugiesischen Gebiet kontrollierten sie nun 25 bis 30 Leguas der Küste mit mehreren wichtigen Ankerplätzen. Francisco da Hornay bot den Niederländern Lifau an, doch diese lehnten nach reiflicher Überlegung ab.[2] Die Topasse, die sich in Dili ansiedelten wurden Bidau genannt und nach ihnen ihr Stadtviertel Bidau im Osten der Stadt. Die Bidau bildeten neben den Sica und den Moradores einen der drei Teile, aus denen sich die portugiesischen Streitkräfte der Kolonie bildeten. Auch die beiden anderen Volksgruppen lebten in eigenen Vierteln der Hauptstadt.[1]

1854 bot Afonso de Castro, der damalige portugiesische Gouverneur für die Besitzungen auf den Kleinen Sundainseln, den Holländern die Hoheitsrechte unter anderem über Larantuka zum Verkauf an. Der Vertrag wurde 1859 ratifiziert. Die Holländer schickten zwar einen Kommandanten und einen Verwaltungsbeamten, die in einem kleinen Fort residierten, aber diese verhielten sich gegenüber der Bevölkerung eher zurückhaltend. Da Larantuka nach dem Niedergang des Sandelholz-Handels wirtschaftlich nicht mehr attraktiv war, wechselten die dortigen Topasse zur Landwirtschaft. Vom ehemals profitablen Außenhandel blieb nicht mehr viel übrig.

Die Topasse heute

Formal waren die Topasse zwar Katholiken, aber die Kontrolle des Glaubens war auf Laien-Organisationen übergegangen, die dem Glauben eine eigene Richtung gaben. In Larantuka war die mächtigste La Confraria da Rainha do Rosário, die Bruderschaft der Rosenkranz-Königin, die bis heute existiert. Im holländisch-portugiesischen Vertrag war der katholischen Bevölkerung die freie Ausübung ihrer Religion zugesichert worden. Deswegen wurde in Larantuka nicht der bei den Holländern übliche Calvinismus verbreitet. Stattdessen konnten sich nun die holländischen Jesuiten bei der Kolonialarbeit engagieren. In Larantuka errichteten sie das erste Pfarrgebäude und führten wieder die orthodoxe Form des Glaubens ein. Beispielsweise durfte man jetzt nur noch mit einer Frau verheiratet sein. Die Missionare bauten auch Schulen und stellten die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicher.

Durch die Unabhängigkeit Indonesiens konnten die Topasse in Larantuka wieder an Einfluss gewinnen. Da sie einen höheren Bildungsstand als andere Einheimische hatten, konnten sie leicht in Spitzenpositionen gelangen. Auch die neue Amtssprache Indonesisch war für sie kein Problem, da diese dem Malaiisch sehr ähnlich ist.[4]

In Osttimor bilden die Topasse und Bidau unter den Mestizen des Landes keine besondere Volksgruppe mehr. Hier sprachen sie ein kreolisches Portugiesisch, das Português de Bidau, das aber in den 1960ern ausstarb, da die Sprecher immer mehr zum Standard-Portugiesisch wechselten.[4] Mitglieder der Familien Hornay und Costa sind auch heute noch Liurais oder Rajas in Westtimor. So Antonio da Costa in Oecussi-Ambeno und Antonius da Costa in Noimuti.[6]

Quellen

  1. a b c d e f g History of Timor – Technische Universität Lissabon
  2. a b c d e f g James J. Fox: “The Paradox of Powerlessness: Timor in Historical Perspective”, 9. Dezember 1996, Department of Anthropology, Research School of Pacific and Asian Studies, The Australian National University
  3. Luis Filipe Thomas: DE CEUTA A TIMOR
  4. a b c The languages of East Timor
  5. James J. Fox: The Paradox of Powerlessness: Timor in historical perspective, Australian National University
  6. Royal Timor - Noimuti

Literatur

  • Monika Schlicher: Portugal in Osttimor. Eine kritische Untersuchung zur portugiesischen Kolonialgeschichte in Osttimor 1850 bis 1912. Aberag, Hamburg 1996, ISBN 3-934376-08-8.
  • Ronald Daus: Die Erfindung des Kolonialismus. Wuppertal:Peter Hammer Verlag, 1983, ISBN 3-87294-202-6

Siehe auch


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